TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/7 W124 1438265-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.05.2018
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Entscheidungsdatum

07.05.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W124 1438265-2/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Felseisen als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch XXXX gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX beschlossen:

A) In Erledigung der Beschwerde wird der angefochtene Bescheid

behoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Vorverfahren

1.1. Der damals minderjährige Beschwerdeführer (nunmehr BF) reiste illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am XXXX einen Antrag auf internationalen Schutz. Am selben Tag fand vor einem Organ der Bundespolizei die niederschriftliche Erstbefragung des BF statt.

1.2. Am XXXX wurde der BF vor dem Bundesasylamt niederschriftlich einvernommen.

1.3. Mit Eingabe vom XXXX wurde eine Schulbesuchsbestätigung des BF vorgelegt.

1.4. Mit Bescheid des Bundesasylamt vom XXXX wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 wurde dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan zuerkannt (Spruchpunkt II.) und ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt (Spruchpunkt III.).

Das Bundesasylamt stellte fest, dass der BF der Volksgruppe der Hazara angehöre. Er sei minderjährig, ledig und strafrechtlich unbescholten. Seine beiden Elternteile seien verstorben und habe er keine Geschwister. Er spreche Dari und Farsi. Er habe im Kleinkindalter gemeinsam mit seiner Tante Afghanistan verlassen und sei in den Iran gereist, wo er den Großteil seines Lebens verbracht habe.

Der BF lebe in der Grundversorgung und besuche eine Sporthauptschule.

Der BF habe keine familiären und/oder sozialen Anknüpfungspunkte in Afghanistan und es könne nicht festgestellt werden, dass die notwendigen Existenzgrundlagen im Falle einer Rückkehr als Minderjähriger nach Afghanistan gesichert seien.

Unter Berücksichtigung der fehlenden familiären Anknüpfungspunkte in Afghanistan und der Minderjährigkeit komme die Behörde zu dem Schluss, dass der BF im Falle einer Rückkehr derzeit noch in eine ausweglose Lage geraten könne.

1.5. Die dagegen behobene Beschwerde wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom XXXX gemäß § 3 AsylG abgewiesen.

Das Bundesverwaltungsgericht stellte fest, dass der BF im Alter von zwei Jahren von seiner Tante in den Iran gebracht worden sei, wo er in weiterer Folge mit seiner Tante gelebt habe. Der BF sei in seinen Herkunftsstaat Afghanistan nicht mehr zurückgekehrt. Der BF habe im Iran zwei Jahre lang die Schule besucht und danach in einer Firma, die Schuhe produziert habe, gearbeitet.

Das Vorbringen des BF zu einer möglichen Gefährdung im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat sei nicht glaubhaft.

2. Gegenständliches Verfahren

2.1. Mit Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX wurde der BF wegen des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB und die Vergehen der Sachbeschädigung nach § 125 StGB unter Anwendung des § 28 StGB und § 5 JGG zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen verurteilt.

Der BF habe am XXXX gemeinsam mit einem anderen Täter dem Opfer Faustschläge und Fußtritte gegen Kopf und Körper versetzt, wodurch dieses leichtgradige Verletzungen, nämlich eine Kopfprellung, eine Nasenbeinprellung, eine Brustkorbprellung sowie ein Abdominaltrauma erlitten habe.

Am XXXX habe der BF in der Jugendasylunterkunft mit der Faust gegen das Türtelefon im ersten Stock geschlagen, wodurch ein Schaden von EUR 30,- entstanden sei.

Außerdem habe der BF am XXXX gemeinsam mit anderen Tätern im bewussten und gewollten Zusammenwirken bei insgesamt neun parkenden PKWs Außenspiegel vorsätzlich beschädigt, wodurch insgesamt ein Schaden von EUR 2.260,48 entstanden sei.

Bei der Strafbemessung sei die Unbescholtenheit, das junge Alter und die überwiegende Geständigkeit des BF zu werten. Als erschwerend sei das Zusammentreffen von mehreren Vergehen zu werten.

Mit Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde die dagegen erhobene Berufung wegen vorliegender Nichtigkeitsgründe zurückgewiesen und der Berufung wegen des Ausspruchs über die Strafe teilweise Folge gegeben.

2.2. Mit Urteil des Landesgerichts XXXX als (Jugend)Schöffengericht vom XXXX wurde der BF unter Bedachtnahme des Urteils des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX unter Anwendung der §§ 28 Abs. 1 und 40 erster Satz StGB sowie § 5 Z 4 JGG nach dem zweiten Strafsatz des § 87 Abs. 2 StGB zu einer zusätzlichen Freiheitsstrafe in der Dauer von 22 Monaten und 20 Tagen verurteilt.

Der BF habe am XXXX in verabredeter Verbindung mit anderen Tätern dadurch, dass sie mit zumindest vier Messern, zahlreichen Gasflaschen und Holzstöcken bewaffnet den XXXX Park aufgesucht hätten und dort gegen andere Personen tätlich vorgegangen seien, indem sie unter Einsatz ihrer Fäuste und der mitgeführten Waffen auf die genannten Personen eingeschlagen hätten, einen anderen in Form einer oberflächlichen längsgezogenen ca. 7 bis 8 cm langen Wunde am linken Oberarm und einer Schwellung am Kopf und eine weitere Person in Form von zwei minimalen oberflächlichen Verletzungen im Bereich des Hinterkopfes, am Körper verletzt sowie zwei weitere Personen am Körper zu verletzen versucht. Der BF habe mit anderen Tätern jemanden dadurch absichtlich schwer am Körper verletzt, dass sie im bewussten und gewollten Zusammenwirken einen anderen mit Fäusten, Flaschen, Holzstöcken und Ästen gegen den Kopf und Körper des zuletzt bereits schwer verletzt und hilflos am Boden liegenden Opfers eingeschlagen und mit den Füßen getreten hätten, wobei die Tat den Tod des Opfers durch die von einem anderen Täter angeführte Handlung zur Folge gehabt habe.

Der BF und ein anderer Täter hätten am XXXX in XXXX in verabredeter Verbindung mit weiteren unbekannt gebliebenen Mittätern einen anderen durch Versetzen von Schlägen mit Gürtelschnallen und Fäusten in Form einer Kopfprellung sowie eines Monokelhämatoms samt Abschürfungen im Bereich des rechten Auges am Körper verletzt.

Der BF habe außerdem am XXXX einem anderen zwei Faustschläge ins Gesicht versetzt und eine Wodka-Flasche gegen die linke Kopfhälfte zu Bruch geschlagen, wodurch das Opfer eine Schädelprellung, eine Rissquetschwunde an der linken Schläfenregion sowie eine Verletzung am 3. Finger der rechten Hand erlitten habe.

Am XXXX habe er einen anderen durch die Äußerung, er werde ihn schlagen und ihm den Kopf abschneiden, zumindest mit einer Verletzung am Körper gefährlich bedroht, um ihn in Furcht und Unruhe zu versetzen.

Außerdem habe der BF am XXXX einen anderen mehrere Faustschläge versetzt, wodurch das Opfer eine Kopfprellung, eine blutende Wunde an der Lippe und eine Beule an der linken Schläfe erlitten habe.

2.3. Mit Beschluss des Landesgerichts XXXX vom XXXX wurde aus den Haftgründen der Flucht- und Tatbegehungsgefahr gegen den BF die Untersuchungshaft verhängt. Der BF sei dringend verdächtig, das Verbrechen der versuchten absichtlichen schweren Körperverletzung sowie das Vergehen der Nötigung begangen zu haben.

2.4 Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (nunmehr BFA) vom XXXX wurde der BF von der Einleitung des Aberkennungsverfahren aufgrund der Verurteilungen durch das Bezirksgerichts XXXX vom XXXX und durch das Landesgerichts XXXX vom XXXX verständigt.

Es werde festgestellt, dass der BF mittlerweile volljährig sei und einer Rückkehr nach Afghanistan derzeit nichts entgegenstehe. Der BF neige zu spontanen, massiven Gewalttätigkeiten. Die Vermutung, dass eine Gefahr für die Allgemeinheit vom BF ausgehe, werde dadurch gestützt, dass das Landesgericht XXXX über ihn die Untersuchungshaft verhängt habe.

2.5. In einer Stellungnahme vom XXXX führte der bevollmächtigte Vertreter des BF aus, dass sich der BF des Unrechts seiner Tat bewusst sei und Reue zeige. Der BF habe sich von seinen Freunden, welche einen schlechten Einfluss auf ihn gehabt hätten, bereits distanziert.

Der BF werde von einer Familie in Österreich unterstützt und sei im XXXX bei dieser eingezogen. Die Familie habe einen sehr guten Einfluss auf den BF. Der BF habe das Deutsch A1 Zertifikat erworben und bereite sich derzeit auf die A2 Prüfung vor. In der Justizanstalt besuche er einen Deutsch- und Mathematikkurs und wolle nach der Haftentlassung seinen Pflichtschulabschluss nachholen.

Der BF kenne Afghanistan nicht und habe dort keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte. Eine Rückkehr nach Afghanistan sei unzumutbar.

Der Stellungnahme wurden zwei Unterstützungsschreiben beigelegt.

2.6. Mit Schreiben vom XXXX wurde eine weitere Unterstützungserklärung für den BF eingebracht.

2.7. Mit Urteil des Geschworenengerichts beim Landesgericht XXXX vom XXXX wurde der BF wegen des Verbrechens der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs. 1 und 87 Abs. 1 StGB unter Anwendung des § 19 Abs. 1 JGG iVm § 5 Z 4 JGG zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von drei Jahren verurteilt.

Der BF habe am XXXX dadurch, dass er einem anderen eine Glasflasche derart wuchtig auf den Kopf oder dessen Oberarm oder dessen Rückenbereich geschlagen habe, dass diese zerbrach, versucht, einem anderen eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen.

Als mildernd wurde das teilweise Geständnis, der Umstand, dass es beim Versuch geblieben sei und das Alter unter 21 Jahren gewertet. Erschwerend seien die einschlägige Vorstrafe und die Tatbegehung trotz Anhängigkeit eines Verfahrens mit erstinstanzlichem Urteil am XXXX , wobei diesbezüglich lediglich der Ausspruch über die Strafe sowohl vom Angeklagten, als auch vom öffentlichen Ankläger bekämpft worden sei.

Weiters wurde ausgeführt, dass gegen die Gewährung einer auch nur teilweise bedingten Strafnachsicht sowohl spezial- als auch (besondere) generalpräventive Bedenken sprechen würden. Eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass er keine weiteren strafbaren Handlungen mehr begehen werde, sei schon unter Hinweis auf seine neuerliche Straffälligkeit, die auf erhebliche Charaktermängel schließen lasse, nicht begründbar. Der Angeklagte habe die gegenständlichen Straftaten nur zwei Wochen nach der mündlichen Verkündung eines Urteils am Ende eines sehr aufwändigen Verfahrens, indem er sich auch in Untersuchungshaft befunden habe, begangen, sodass nicht anzunehmen sei, dass die bloße Androhung des Strafvollzugs genügen werde, um den Rechtsbrecher von weiteren strafbaren Handlungen abzuhalten. Die offensichtliche Ignoranz des Angeklagten gegenüber staatlichen Reaktionen und Sanktionen erfordere vielmehr den sofortigen und gänzlichen Strafvollzug.

Mit Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom XXXX wurde die dagegen erhobene Berufung zur Entscheidung dem Oberlandesgericht XXXX zugeleitet.

Mit Urteil des Oberlandesgerichts XXXX vom XXXX wurde der Berufung nicht Folge gegeben und festgestellt, dass die gegen den BF verhängte Freiheitsstrafe tat- und schuldadäquat sei.

2.8. Mit dem nun angefochtenen Bescheid des BFA vom XXXX wurde dem BF der zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 Z 1 AsylG aberkannt (Spruchpunkt I.). Dem BF wurde gemäß § 9 Abs. 4 AsylG die Aufenthaltsberechtigung entzogen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. Z 5 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 4 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass eine Abschiebung gemäß § 46 FPG nach Afghanistan derzeit zulässig sei (Spruchpunkt V.). Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG betrage die Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung. Im Fall des BF beginne die Frist mit der Entlassung aus der Strafhaft, sofern der Bescheid zu diesem Zeitpunkt bereits in Rechtskraft erwachsen sei (Spruchpunkt VI.). Gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erde gegen den BF ein auf 10 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen.

Das BFA stellte fest, dass der BF wiederholt straffällig geworden sei und auch zweimal wegen eines Verbrechens iSd § 17 StGB verurteilt worden sei. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten sei dem BF lediglich aufgrund der damaligen Minderjährigkeit in Verbindung mit dem damit möglicherweise verbundenen erhöhten Risiko in eine ausweglose Situation zu geraten, zuerkannt worden. Der BF sei mittlerweile volljährig. Die Lage für Rückkehrer in Afghanistan habe sich jedenfalls im Vergleich zur Situation im Jahr 2000 maßgeblich gebessert. Die Gründe für die seinerzeitige Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten würden nicht mehr vorliegen. Der BF sei in Afghanistan keiner asylrelevanten Verfolgung ausgesetzt. Der BF leide an keiner Krankheit. Aufgrund seines Alters, seiner Sprachkenntnisse, seines Gesundheitszustandes, seiner Ausbildung und seiner Arbeitsfähigkeit könne dem BF zugemutet werden, seine Lebensbedürfnisse in Afghanistan zu befriedigen und dort einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. In Afghanistan herrsche aktuell keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder der dorthin zurückkehre, einer Gefährdung ausgesetzt sei.

Die Zulässigkeit einer Rückführung nach Afghanistan werde zum Zeitpunkt seiner tatsächlichen Haftentlassung anhand der zukünftigen Situation erneut geprüft werden.

Der BF lebe seit XXXX in Österreich und habe den Deutsch A1 Kurs positiv abgeschlossen. In der Justizanstalt bereite er sich auf die A2 Prüfung vor. Der BF verbüße derzeit eine Haftstrafe. Er habe keine weiteren familiären Anknüpfungspunkte in Österreich und kenne die in Afghanistan herrschenden sozialen und kulturellen Werte. Er beherrsche die dort gesprochenen Sprachen auf Muttersprachenniveau. Der BF sei dreimal rechtskräftig verurteilt worden.

Beweiswürdigend wurde ausgeführt, dass sich die Lage in Afghanistan seit dem Jahre XXXX maßgeblich verbessert habe. Dem BF sei der Status des subsidiär Schutzberechtigten lediglich aufgrund seiner damaligen Minderjährigkeit zuerkannt worden. Es sei unglaubwürdig, dass der BF sein beinahe ganzes Leben im Iran verbracht habe und über keine Verwandten in Afghanistan verfüge.

Den Ausführungen des bevollmächtigten Vertreters sei zu entgegnen, dass der Rechtsprechung des VwGH zu entnehmen sei, dass die pauschale Annahme, dass ein junger, gesunder arbeitsfähiger Mann ohne familiäres Netzwerk generell nicht nach Afghanistan abgeschoben werden könne, nicht den Tatsachen entspreche. Eine drohende Gefahr im Sinne des Art. 3 EMRK wäre hingegen konkret zu begründen gewesen und sei eine solche Situation nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Der BF sei bereits im Alter von 11 Jahren erwerbstätig gewesen und habe seinen Lebensunterhalt selbständig bestreiten können. Dies würde von einer außergewöhnlichen Anpassungsfähigkeit zeugen. Der BF könne zudem finanzielle Rückkehrhilfe in Anspruch nehmen. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass der BF auch ohne familiäres Netzwerk in der Lage sei, sich selbst in Afghanistan zu versorgen. Der genaue Herkunftsort des BF könne nicht festgestellt werden. Dem BF stehe eine innerstaatliche Fluchtalternative nach Kabul, Herat oder Mazar e- Sharif offen. XXXX sei relativ sicher und sei auch sicher mittels Flugzeug zu erreichen.

Der BF verbüße derzeit eine Haftstrafe in der Justizanstalt. Ein Familienleben mit der angegebenen Familie insbesondere ein Mutter-Kind-Verhältnis sei nicht glaubwürdig. Der BF habe bis XXXX auch regelmäßig Zahlungen aus der GVS erhalten und sei deshalb von keinem finanziellen Abhängigkeitsverhältnis auszugehen. Der BF befinde sich seit 5 Jahren im Bundesgebiet, wobei er bereits im Jahre XXXX das erste Mal strafrechtlich in Erscheinung getreten sei. Der BF sei dreimal verurteilt worden und handle es sich überwiegend um Gewaltakte, die mit einem hohen Maß an Brutalität verbunden seien. Die vorgebrachten Integrationsschritte würden in der Gesamtbetrachtung des übrigen Verhaltens keine besondere Relevanz entfalten. Der BF sei nie erwerbstätig gewesen. Er könne sich auf Deutsch ausreichend verständigen.

2.9. Mit Verfahrensanordnung vom XXXX wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die XXXX amtswegig als Rechtsberater zur Seite gestellt.

2.10. Mit fristgerecht eingebrachter Beschwerde wurde der im Spruch genannte Bescheid angefochten.

Der BF sei nach dem Tod seiner Eltern im Kleinkindalter mit seiner Tante von Afghanistan in den Iran gereist und habe dort gelebt. Der BF kenne Afghanistan nicht und habe dort keine familiären oder sozialen Anknüpfungspunkte. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Behörde von der Unglaubwürdigkeit des Aufenthalts im Iran ausgehe.

Die Sicherheitslage in Afghanistan habe sich entgegen der Behauptung der Behörde seit XXXX verschlechtert und setze sich dieser Trend auch im XXXX fort. Familiäre und soziale Kontakte in Afghanistan seien für eine menschenwürdige Existenzsicherung unerlässlich.

Bei der Rückkehrentscheidung sei das Privatleben des BF nicht ausreichend gewürdigt worden. Die Beziehung zur Familie XXXX zu relativieren sei unsachlich. Der BF werde außerdem von der Familie regelmäßig in der Justizanstalt besucht.

Der BF sei im Alter von 14 Jahren eingereist und habe als Minderjähriger noch nicht die Möglichkeit gehabt, selbsterhaltungsfähig zu sein. Bei den bedauerlicherweise begangenen Straftaten handle es sich um Jugendstraftaten.

Es werde beantragt eine mündliche Verhandlung durchzuführen, den Bescheid ersatzlos zu beheben, hilfsweise eine Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG auf Dauer für unzulässig zu erklären und dem BF eine Aufenthaltstitel gemäß § 55 AsylG zu erteilen, hilfsweise den Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückzuverweisen.

2.11. Mit Beschwerdevorlage vom XXXX , eingelangt am XXXX wurde dem Bundesverwaltungsgericht der Verfahrensakt übermittelt.

Zu der in der Beschwerdeschrift kritisierten mangelhaften Erhebung betreffend das Familienleben des BF führte das BFA aus, dass bekannt geworden sei, dass Frau XXXX sexuelle Beziehungen zu minderjährigen Afghanen pflege und gehe die Behörde daher nicht von einer Mutter-Kind-Beziehung aus.

Zu dem vom BF vorgebrachten fehlenden Bezug zur afghanischen Kultur wurde ausgeführt, dass der BF in der afghanischen Community fest verwurzelt sei und fast ausschließlich afghanische Freunde habe.

2.12. Mit ergänzendem Vorbringen des bevollmächtigten Vertreters des BF vom XXXX wurde mitgeteilt, dass der BF am XXXX aus der Haft entlassen worden sei und derzeit unter elektronischem Hausarrest im Haushalt der Familie XXXX lebe. Der BF habe während der Haft an einem Gewaltpräventionsprogramm teilgenommen und Deutschkurse sowie Unterricht in verschiedenen Fächern besucht.

Der BF sei seit XXXX als Küchenhilfe in Vollbeschäftigung tätig und verdiene monatlich EUR 1.460,- brutto.

Der BF habe bereits seit mehreren Jahren ein Interesse zum christlichen Glauben entwickelt und strebe die Taufe an. Er habe aufgrund seines langjährigen Aufenthalts eine sehr moderne und westliche Lebensausführung angenommen. Darüber hinaus habe sich der BF auf Rücken und Brust großflächig tätowieren lassen, was in der afghanischen Kultur nicht akzeptiert werde und nach dem islamischen Glauben strikt verboten sei.

Des Weiteren folgten Ausführungen zur Sicherheitslage in Afghanistan, zur Verfolgung von Hazara, der Situation von Rückkehrern und zur Konversion.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchteil A):

2.1. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist. Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hierbei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat. Zur Anwendung des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG durch die Verwaltungsgerichte hat der Verwaltungsgerichtshof ausgehend von einem prinzipiellen Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht durch das Verwaltungsgericht präzisierend wie folgt festgehalten (VwGH vom 06.07.2016, Ra 2015/01/0123):

"In § 28 VwGVG 2014 ist ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz leg cit vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist (Hinweis E vom 17. Dezember 2014, Ro 2014/03/0066, mwN). Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden (Hinweis E vom 27. Jänner 2015, Ra 2014/22/0087, mwN). Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (Hinweis E vom 12. November 2014, Ra 2014/20/0029, mwN)."

Ebenso hat der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass willkürliches Verhalten einer Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, dann anzunehmen ist, wenn in einem entscheidenden Punkt jegliche Ermittlungstätigkeit unterlassen wird oder ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren gar nicht stattfindet, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteienvorbringens oder dem Außer- Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (vgl. VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001). Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (vgl. VfSlg. 13.302/1992 m. w. N., 14.421/1996, 15.743/2000).

Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. Erkenntnis des VwGH vom 10.04.2013 zu Zl. 2011/08/0169 sowie dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahren Band I2, E 84 zu § 39 AVG).

2.2. Im gegenständlichen Fall liegt eine Mangelhaftigkeit im Sinne des § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vor.

2.2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass die Behörde den BF zu keinem Zeitpunkt einvernommen hat und somit gegen ihre Pflicht, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen, verstoßen hat.

In seiner ständigen Rechtsprechung betont der Verwaltungsgerichtshof, dass die Frage der Intensität der privaten und familiären Bindungen in Österreich nicht auf die bloße Beurteilung von Rechtsfragen reduziert werden kann, sondern der Verschaffung eines persönlichen Eindrucks in Bezug auf die für die Abwägung nach Art. 8 EMRK relevanten Umstände besondere Bedeutung zukommt (zuletzt Ra 2017/22/0007 vom 27.07.2017 mit Hinweis auf Ra 2014/22/0181 vom 23. Juni 2015).

Entgegen dieser Judikatur hat es das BFA jedoch unterlassen, den BF im gegenständlichen Verfahren zu seinem Privat- und Familienleben persönlich zu befragen. Im gegenständlichen Fall erscheint die Beurteilung des Privat- und Familienlebens iSd § 9 BFA-VG unerlässlich, zumal eine Abwägung von privaten und öffentlichen Interessen zwingende Voraussetzung für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung nach § 52 FPG und eines Einreiseverbots gemäß § 53 FPG darstellt.

Auch das dem BF übermittelte Schreiben über das eingeleitete Aberkennungsverfahren vom XXXX war nicht geeignet, die Behörde von ihrer Pflicht, sich einen persönlichen Eindruck zu verschaffen, zu entbinden. Dieses Schreiben enthielt lediglich die Wiedergabe der begangenen Straftaten und den Hinweis, dass der BF aufgrund seiner Volljährigkeit und der geänderten Situation in Afghanistan den Schutz der Republik Österreich nicht mehr bedürfe. Gezielte Fragestellungen an den BF blieben gänzlich aus, sondern erfolgte der lediglich allgemeine Hinweis, binnen einer Frist von einem Monat eine Stellungnahme abgeben zu können.

Die letzte persönliche Einvernahme des BF erfolgte im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht am XXXX , wobei diese Befragung lediglich im Rahmen einer Prüfung gemäß § 3 AsylG erfolgte. Eine persönliche Einvernahme zu seinem Privat- und Familienleben fand zuletzt am XXXX vor dem Bundesasylamt und somit vor fünf Jahren statt.

Anzumerken ist auch, dass sich die Behörde ihrer unterlassen Ermittlungsschritte betreffend das Privat- und Familienleben des BF bewusst war, indem sie in der Beschwerdevorlage auf eine mögliche Liebesbeziehung zwischen dem BF und Frau XXXX hinwies und anmerkte, dass sich die Erhebung von in die Sexualsphäre reichende Ermittlungen im Falle eines Aberkennungsverfahrens grundsätzlich als schwierig erweisen würde. Den Schwierigkeiten dieser Ermittlungen wäre jedenfalls durch die persönliche Einvernahme des BF entgegenzutreten gewesen. Die pauschale Annahme, dass einer bestehenden Beziehung ohnehin keine Relevanz zugekommen wäre, stellt jedenfalls einen Verstoß gegen die Ermittlungspflicht der Behörde dar.

2.2.2. Aufgrund der fehlenden Einvernahme wurde dem BF nicht nur die persönliche Darstellung seines Privat- und Familienlebens in Österreich verwehrt, sondern setzte die Behörde dadurch auch nicht die nötigen Schritte zur Ermittlung der persönlichen Umstände des BF im Herkunftsstaat, um eine Rückkehr des BF nach Afghanistan ausreichend beurteilen zu können.

Wie in der Beschwerdeschrift ausgeführt, ist es nicht nachvollziehbar, warum die Behörde den Umstand, dass der BF nahezu sein ganzes Leben im Iran verbrachte, nunmehr als nicht glaubhaft erachtet, zumal im Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX eben diese Feststellungen getroffen und auch im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgericht vom XXXX bestätigt wurden.

Ebenso wurden im Bescheid des Bundesasylamtes vom XXXX die mangelnden familiären und sozialen Anknüpfungspunkte des BF in Afghanistan festgestellt. Die dem entgegenstehenden beweiswürdigenden Ausführungen der Behörde im nun angefochtenen Bescheid, wonach aufgrund der derzeitigen Fertiliätsrate von 5,22 Kindern pro Frau die Aussage des BF, über keine Angehörigen in Afghanistan zu verfügen, unglaubwürdig sei, stellen unsubstantiierte und ungeeigneten Ermittlungsschritt dar.

2.2.3. Des Weiteren ist es nicht nachvollziehbar, auf welche Ermittlungen die Behörde ihre Feststellungen stützt, wonach sich die Lage in Afghanistan seit dem Jahre XXXX maßgeblich verbessert habe bzw. sich die Lage für Rückkehrer in Afghanistan im Vergleich zur Situation im Jahr XXXX jedenfalls maßgeblich gebessert habe. Die bloße Heranziehung aktueller Länderberichte als Entscheidungsgrundlage, ohne sich mit den Länderfeststellungen zum Zeitpunkt der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten auseinanderzusetzen, ist jedenfalls nicht geeignet, eine Änderung der Lage in Afghanistan zu begründen.

2.2.4 In der am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht eingelangten Stellungnahme führte der BF aus, seit mehreren Jahren ein Interesse zum christlichen Glauben entwickelt zu haben und die Taufe anzustreben sowie auf Brust und Rücken ein Tattoo zu tragen. Die Behörde hat somit auch in diesem Zusammenhang Ermittlungsschritte unterlassen, als es dem BF aufgrund der fehlenden Einvernahme nicht möglich war, das zumindest bereits zum Zeitpunkt der Aberkennung bestehende Interesse für das Christentum vorzubringen.

2.3. Angesichts derart gravierender Ermittlungslücken erscheint eine sachgerechte Beurteilung der Beschwerde hinsichtlich der erlassenen Rückkehrentscheidung auf Grundlage der Ermittlungsergebnisse der belangten Behörde als völlig ausgeschlossen, wobei hinsichtlich der Beurteilung ein vom bekämpften Bescheid abweichendes Ergebnis nicht auszuschließen ist.

Die Durchführung einer Einvernahme erscheint unvermeidlich. Der maßgebliche Sachverhalt stellt sich mangels entsprechender Ermittlungen - auch in Verbindung mit der Beschwerde - als ungeklärt dar. Das Verfahren vor dem BFA ist - wie oben dargestellt - mit massiven Mängeln behaftet. Zentrale Ermittlungsschritte, welche grundsätzlich von der belangten Behörde durchzuführen sind, wären demnach erstmals durch das Verwaltungsgericht zu tätigen. Indem das Bundesamt keine Einvernahme des BF durchgeführt hat, um sich einen persönlichen Eindruck des BF zu verschaffen, nötige Ermittlungen betreffend das Privat- und Familienleben in Österreich nicht unternommen hat und keine Ermittlungen zu den persönlichen Umständen des BF im Herkunftsstaat durchgeführt hat, erweist sich das Ermittlungsverfahren als völlig unzureichend. Unter Zugrundelegung des bisher Ausgeführten konnte in Summe nur der Eindruck entstehen, dass das Bundesamt völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt bzw. bloß ansatzweise ermittelt hat, sodass vom Vorliegen besonders gravierender Ermittlungslücken auszugehen ist.

Besondere Gesichtspunkte, die aus der Sicht des Verwaltungsgerichtes gegen eine Kassation des angefochtenen Bescheides sprechen würden, sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar. So können keine Anhaltspunkte dafür erkannt werden, dass eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes in der Sache im Interesse der Raschheit gelegen wäre. Das Verfahren würde durch eine Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht keine Beschleunigung erfahren, zumal das BFA als asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde anzusehen ist und wesentlich rascher und effizienter die notwendigen Ermittlungen nachholen kann. Aus der Aktenlage ergeben sich weiters auch keine Hinweise, wonach die Entscheidung durch das Bundesverwaltungsgericht mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden wäre. Vielmehr ist angesichts der Einrichtung und Ausstattung des Bundesamtes als asyl- und fremdenrechtliche Spezialbehörde vom Gegenteil auszugehen.

Unter Zugrundelegung des unter Punkt II.2.2. im Detail Ausgeführten wird das BFA den BF zur Einvernahme zu laden haben, um sich den nötigen persönlichen Eindruck des BF zu verschaffen bzw. um die persönlichen und aktuellen Verhältnisse in Österreich und im Herkunftsland Afghanistan, auch hinsichtlich einer möglichen innerstaatlichen Fluchtalternative zu erörtern und um den BF zu seiner Glaubensrichtung und der behaupteten westlichen Lebenseinstellung zu befragen. Ebenso wird das BFA die notwendigen Ermittlungen hinsichtlich der Tätowierung durchführen müssen.

2.4. Im gegebenen Zusammenhang handelt es sich sohin um einen wesentlichen Verfahrensmangel, der mit besonders gravierenden Ermittlungslücken einhergeht, deren Behebung nur durch Befragung des BF und einer Nachholung der verabsäumten Ermittlungen zu bewirken ist. Auch vor dem Hintergrund verwaltungsökonomischer Überlegungen und den Effizienzkriterien des § 39 Abs. 2 AVG macht das Bundesverwaltungsgericht von dem ihm in § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eingeräumten Ermessen Gebrauch.

Der angefochtene Bescheid ist daher gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit an das Bundesamt zurückzuverweisen.

2.5. Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 leg. cit. kann eine Verhandlung entfallen, wenn u.a. bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zum Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im vorliegenden Fall ist die ordentliche Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung abhängt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen zu den einzelnen Spruchpunkten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Kassation, mangelnde
Sachverhaltsfeststellung, Parteiengehör, Privat- und Familienleben

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W124.1438265.2.00

Zuletzt aktualisiert am

17.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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