TE Vwgh Beschluss 2018/4/16 Ra 2018/06/0032

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Veröffentlicht am 16.04.2018
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Index

L37158 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Vorarlberg;
L80008 Raumordnung Raumplanung Flächenwidmung Bebauungsplan
Vorarlberg;
L81708 Baulärm Umgebungslärm Vorarlberg;
L82000 Bauordnung;
L82008 Bauordnung Vorarlberg;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §8;
BauG Vlbg 2001 §26 Abs1;
BauG Vlbg 2001 §5;
BauG Vlbg 2001 §6;
BauG Vlbg 2001 §7;
BauRallg;
RPG Vlbg 1996 §18 Abs5;
RPG Vlbg 1996 §58 Abs2;

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2018/06/0033

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision 1. der A S, 2. der S S, beide in H und vertreten durch die Vogl Rechtsanwalt GmbH in 6800 Feldkirch, Hirschgraben 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom 6. Dezember 2017, LVwG- 318-58/2017-R1, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Berufungskommission der Stadt Hohenems; mitbeteiligte Partei: G GmbH; weitere Partei:

Vorarlberger Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg (LVwG) wurde der Beschwerde (u.a.) der Revisionswerberinnen gegen den Bescheid der Berufungskommission der Stadt Hohenems (Behörde) vom 9. August 2017, mit welchem der mitbeteiligten Partei (Bauwerberin) die Baubewilligung für die Errichtung eines Betriebsgebäudes (Zentrallager) auf dem Grundstück Nr. X, KG H, unter Auflagen erteilt worden war, keine Folge gegeben und der Bescheid der Behörde bestätigt. Weiters wurde ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

5 Zur Begründung führte das LVwG, soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung, aus, das genannte Grundstück weise großteils die Widmung Baufläche-Betriebsgebiet Kategorie II (BBII) sowie im Grenzbereich zur benachbarten Wohnbebauung in einer Tiefe von 15 m die Widmung Freifläche-Freihaltegebiet (FF) auf. Die Errichtung des Betriebsgebäudes samt Nebenanlagen erfolge ausschließlich auf jenen Flächen, die als BBII gewidmet seien. Für das Baugrundstück bestehe kein Bebauungsplan. Die Feuerwehrumfahrt verlaufe um das gesamte Betriebsgebäude, im südlichen Bereich teilweise auf jenen Flächen, die im Flächenwidmungsplan als FF ausgewiesen seien.

6 Soweit die Revisionswerberinnen geltend machten, die FF sei bei der Berechnung des gesetzlichen Abstandes zum nächsten Anrainer nicht zu berücksichtigen, dieser müsse vielmehr in der dafür ausgewiesenen Widmung BBII errechnet werden, sei ihnen zu entgegnen, dass das Grundstück Nr. X, KG H, im Sinne des § 2 Abs. 2 lit. c Vorarlberger Baugesetz 2001 - BauG 2001 das Baugrundstück bilde. Die gesetzlich vorgeschriebene Abstandsfläche liege unbestritten zur Gänze auf dem Baugrundstück. Es gebe keine gesetzliche Regelung, dass jener Bereich, in dem die Abstandsfläche liege, eine bestimmte Widmung aufweisen müsse. Diese Einwendung sei daher unberechtigt.

7 Zum weiteren Einwand, eine als FF gewidmete Fläche habe gemäß § 18 Abs. 5 Vorarlberger Raumplanungsgesetz - RPG von jeglicher Bebauung frei zu bleiben, sei auszuführen, dass die Revisionswerberinnen hinsichtlich der Feuerwehrumfahrung keine Bedenken hinsichtlich des Immissionsschutzes geltend gemacht hätten, sondern sich nur pauschal gegen deren Errichtung aussprächen. Hinsichtlich der Frage, ob diese auf im Flächenwidmungsplan als FF gewidmeten Flächen errichtet werden dürften, hätten sie allerdings kein Mitspracherecht. Diese Einwendung sei daher unzulässig.

8 Zur Zulässigkeit der Revision machen die Revisionswerberinnen geltend, es fehle - soweit überblickbar - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage der Einbeziehung einer als FF gewidmeten Fläche in die Berechnung der Bauabstände. Auch liege eine "massive Fehlbeurteilung" in der Frage der Benützung der FF für betriebliche Zwecke (Feuerwehrumfahrt, Retentionsbecken, Bepflanzung) vor.

9 Die Revision ist nicht zulässig.

10 Die Abstandsbestimmungen ergeben sich entweder aus den §§ 5 bis 7 BauG oder aus einem Bebauungsplan. Die FF sind in § 18 Abs. 5 RPG normiert. Eine normative Anordnung, dass eine als FF gewidmete (Teil)Fläche des Baugrundstückes in die Berechnung der Abstandsfläche nicht einzubeziehen ist, ergibt sich weder aus der festgelegten Widmung noch aus § 5 BauG (arg.: "Innerhalb der Abstandsflächen auf dem Baugrundstück ..." in Abs. 5 erster Satz bzw. "Innerhalb desselben Baugrundstückes dürfen Abstandsflächen ..." in Abs. 6 erster Satz). Eine andere Rechtsgrundlage für ihre erkennbare Auffassung, bei der Berechnung der Abstandsflächen sei nicht vom Baugrundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. c BauG auszugehen, können die Revisionswerberinnen nicht nennen. Auch aus dem in der Revision genannten Erkenntnis vom 20. September 2012, 2012/06/0091, welches die Ausnahmeregelung des § 58 RPG betraf, ergibt sich nur, dass gemäß § 18 Abs. 5 RPG FF von Bebauung freizuhalten sind, soweit nicht eine Ausnahmeregelung wie etwa § 58 Abs. 2 RPG eingreift.

11 Ist die Rechtslage nach den in Betracht kommenden Normen klar und eindeutig, dann liegt keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG vor, und zwar selbst dann, wenn zu einer der anzuwendenden Normen noch keine Rechtsprechung des VwGH ergangen wäre (vgl. VwGH 12.10.2017, Ra 2017/08/0046, mwN).

12 Bezüglich der "Benützung der FF für betriebliche Zwecke" kommt den Revisionswerberinnen über die in § 26 Abs. 1 Baugesetz genannten Rechte, auf welche sich die Revisionswerberinnen hinsichtlich der in diesem Zusammenhang genannten Feuerwehrumfahrt, des Retentionsbeckens und der Bepflanzung nicht berufen, hinaus mangels Aufzählung im Katalog des § 26 Abs. 1 BauG kein Mitspracherecht zu.

13 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 16. April 2018

Schlagworte

Planung Widmung BauRallg3Baurecht Nachbar

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060032.L00

Im RIS seit

16.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

29.05.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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