Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätinnen und Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Dehn, Dr. Hargassner, Mag. Korn und Dr. Stefula in der Rechtssache der klagenden Partei L***** L*****, vertreten durch Dr. Claus Hofmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** L*****, vertreten durch Dr. Hans Kulka, Rechtsanwalt in Wien, wegen Herausgabe (Streitwert 50.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. Februar 2018, GZ 13 R 60/17i-129, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können in der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden (RIS-Justiz RS0042963). Eine Ausnahme besteht dann, wenn das Berufungsgericht das Vorliegen eines wesentlichen Verfahrensmangels erster Instanz mit einer bloßen Scheinbegründung abtut und die Mängelrüge in Wirklichkeit daher gar nicht erledigt, oder ein krasser Fall einer unhaltbaren Begründung vorliegt, der jedes Beurteilungsspielraums entbehrt (RIS-Justiz RS0041032 [T13, T14]; RS0042963 [T63]; 9 Ob 74/17y).
Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Die in der Berufung erhobene Mängelrüge betreffend die von der Klägerin beantragte, vom Erstgericht aber unterlassene Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens hat das Berufungsgericht mit der (Haupt-)Begründung als nicht berechtigt angesehen, dass ohnedies zu dem von der Klägerin geführten Beweisthema ein Sachverständigengutachten eingeholt worden sei. Da die Revision nur die Richtigkeit der Hilfsbegründung (nicht gesetzmäßige Ausführung des Berufungsgrundes) des Berufungsgerichts in Zweifel zieht, liegt der behauptete Mangel des Berufungsverfahrens nicht vor.
Mit der Behauptung der Klägerin, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht ihrer Mängelrüge in Bezug auf zahlreiche von ihr beantragten, vom Erstgericht aber nicht durchgeführten Beweise (Einvernahme von Zeugen, Beiziehung weiterer Sachverständiger) nicht gefolgt sei, umgeht sie in unzulässiger Weise den vorstehend zitierten Grundsatz, dass vom Berufungsgericht verneinte Verfahrensmängel erster Instanz im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht mehr geltend gemacht werden können (RIS-Justiz RS0042963 [T58]).
In der Würdigung eines Sachverständigen-gutachtens liegt, solange – wie hier – weder ein Verstoß gegen die Denkgesetze vorliegt noch erheblicher Verhandlungsstoff vom Sachverständigen außer Acht gelassen wurde, eine im Revisionsverfahren nicht mehr anfechtbare Frage der Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043219 [T3]; 9 ObA 8/11h). Die vom Sachverständigen eingeholte Auskunft des Herstellers stimmt mit dessen Schreiben vom 9. 11. 2012 (Blg ./2), das das Erstgericht in der Beweiswürdigung als richtig beurteilt hat, überein. Die Frage, welche Bedeutung die Tatsacheninstanzen einem von einer Partei vorgelegten Privatgutachten beigemessen haben, betrifft ebenfalls nur die in dritter Instanz nicht mehr angreifbare Beweiswürdigung (RIS-Justiz RS0043291 [T3]).
Der Oberste Gerichtshof kann die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts nicht überprüfen, weil das Berufungsgericht den von der Klägerin in der Berufung geltend gemachten Anfechtungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung als nicht gesetzmäßig ausgeführt erachtet hat (vgl RIS-Justiz RS0043480; 9 ObA 129/17m; Kodek in Rechberger, ZPO4 § 503 Rz 23).
Mangels Darlegung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO war daher die außerordentliche Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Textnummer
E121397European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0090OB00028.18K.0425.000Im RIS seit
16.05.2018Zuletzt aktualisiert am
16.05.2018