TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/26 W157 2172436-1

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Veröffentlicht am 26.04.2018
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Entscheidungsdatum

26.04.2018

Norm

AVG §66 Abs4
B-VG Art.133 Abs4
TKG 2003 §107 Abs2 Z1
TKG 2003 §107 Abs3
TKG 2003 §109 Abs3 Z20
TKG 2003 §113 Abs5a
VStG 1950 §19 Abs1
VStG 1950 §19 Abs2
VStG 1950 §44a Z1
VStG 1950 §5 Abs1
VStG 1950 §64 Abs2
VStG 1950 §9 Abs1
VStG 1950 §9 Abs7
VwGVG §24
VwGVG §27
VwGVG §38
VwGVG §42
VwGVG §50 Abs1

Spruch

W157 2172436-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Margret KRONEGGER über die Beschwerde des XXXX, vertreten durch RA Mag. Günther Eybl, Schlagenstraße 17, 4810 Gmunden, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 28.08.2017, XXXX, nach mündlicher Verhandlung am 18.04.2018 zu Recht:

A)

Gemäß § 50 Abs. 1 VwGVG iVm §§ 19 und 44a VStG iVm §§ 107 Abs. 2 Z 1 und 109 Abs. 3 Z 20 Telekommunikationsgesetz 2003 (TKG 2003) wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis dahingehend abgeändert, dass es insgesamt zu lauten hat:

"XXXX, hat als außenvertretungsbefugte Person zu verantworten, dass die FirmaXXXX entgegen § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 eine elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung der Empfängerin zugesendet hat, indem ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX an die E-Mail-Adresse XXXX, am 20.01.2017 um 12:46 Uhr eine E-Mail-Nachricht mit Informationen betreffend den ‚XXXX' und einem Link zur Webseite XXXX zugesendet wurde.

XXXX hat dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 begangen und wird dafür eine Geldstrafe iHv EUR 100,-

(Ersatzfreiheitsstrafe: 1 Tag) verhängt. Weiters hatXXXX gemäß § 64 VStG als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens 10% der verhängten Strafe, das sind EUR 10,-, zu bezahlen. Der zu zahlende Gesamtbetrag beträgt somit EUR 110,-.

Die Firma XXXX haftet für die verhängte Strafe und die Kosten gemäß § 9 Abs. 7 VStG im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand."

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis entschied die belangte Behörde, dass XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer) es als zur Vertretung der Firma XXXX, diese wiederrum als unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma XXXX nach außen berufene Person, zu verantworten habe, dass diese eine elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung der Empfängerin bzw. trotz mehrmaliger ausdrücklicher Untersagung zugesendet habe, indem "ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX, [...] an die E-Mail-Adresse

XXXX) am 20.01.2017 um 12:46 Uhr eine E-Mail-Nachricht [...], und 2) am 06.04.2017 um 14:08 Uhr eine E-Mail-Nachricht, und 3) am 18.07.2018 um 13:07 Uhr eine E-Mail-Nachricht [...], und 4) am 26.07.2017 um 14:40 Uhr eine E-Mail-Nachricht [...] zugesendet wurde.".

Dadurch habe der Beschwerdeführer gegen § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003, BGBl. I 70/2003 idF BGBl. 6/2016, verstoßen und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretungen über den Beschwerdeführer eine Geldstrafe iHv EUR 200,- pro E-Mail (Ersatzfreiheitsstrafe 1 Tag) gemäß § 109 Abs. 3 Z 20 TKG 2003 verhängt. Inklusive des Beitrags zu den Kosten des Strafverfahrens iHv EUR 80,- (§ 64 VStG) wurde der zu zahlende Gesamtbetrag für den Beschwerdeführer mit EUR 880,- festgesetzt. Gemäß § 9 Abs. 7 VStG wurde verfügt, dass die FirmaXXXXfür die verhängten Geldstrafen und Kosten im angeführten Ausmaß zur ungeteilten Hand haftet.

In ihrer Begründung führte die belangte Behörde aus, dass XXXX (im Folgenden: Anzeigerin), XXXX, die oben genannten E-Mail-Nachrichten ohne ihre Einwilligung erhalten habe. Die Anzeigerin habe mitgeteilt, dass sie sich bereits im Jahr 2016 durch den "Unsubscribe Button" vom Newsletter-Versand durch die Firma XXXXabgemeldet habe. Außerdem habe sie nach jedem einzelnen oben genannten Newsletter-Versand mittels - in Folge im Straferkenntnis ersichtlicher - E-Mails ausdrücklich widersprochen und den Beschwerdeführer aufgefordert, keine Newsletter mehr an sie zu richten.

Absender der E-Mails sei die Firma XXXX, der Beschwerdeführer sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma XXXX, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma XXXX sei, verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Mit Schreiben vom 01.08.2017 sei der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung hinsichtlich der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen aufgefordert worden. In der Rechtfertigung vom 03.08.2017 habe er mitgeteilt wie folgt: "[...] Ich [...] möchte mich hiermit für unser Vergehen entschuldigen. Wir haben unseren Betrieb in den letzten 2 Monaten übersiedelt und auch teilweise ein dadurch bedingtes EDV Problem gehabt. Wir haben die Abmeldung der XXXX vom Newsletter definitiv übersehen. Haben soeben unsere Agentur beauftragt diese mail Adresse zu löschen. [...]".

Die belangte Behörde führte weiter aus, dass der Beschwerdeführer es jedenfalls zu verantworten habe, dass die oben genannten E-Mails zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung der Anzeigerin zugesendet wurden. Die belangte Behörde gehe aufgrund der glaubwürdigen Angaben der Anzeigerin davon aus, dass keine vorherige Einwilligung zum Erhalt der Nachrichten vorliege. Dies sei ja vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten worden und habe er auch keine diesbezüglichen Unterlagen zur Vorlage bringen können, aus denen sich eine allfällige Einwilligung ergeben würde.

Zur objektiven Tatseite führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund eines sehr weiten Begriffs der Werbung die Zusendung der gegenständlichen Nachrichten das Kriterium der elektronischen Post zu Zwecken der Direktwerbung erfülle. Durch die vom Beschwerdeführer zu verantwortende Zusendung der gegenständlichen E-Mails an die Anzeigerin sei ihm der objektive Tatbestand des § 107 Abs. 2 TKG 2003 anzulasten.

Zur subjektiven Tatseite gab die belangte Behörde an, dass es dem Beschwerdeführer als Unternehmer zumutbar gewesen sei, sicherzustellen, dass eine Zusendung von Werbemails nur an jene Personen erfolge, die ihr Einverständnis dazu erklärt haben. Komme es zu einem Rechtsverstoß, dann habe der verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche für diese Rechtsverletzung einzustehen, soweit er nicht durch geeignete Maßnahmen entsprechende Vorsorge zu Vermeidung solcher Rechtswidrigkeiten getroffen habe. Insbesondere komme die Einrichtung eines der Verhinderung von Rechtsverstößen dienenden Regel- und Kontrollsystems in Betracht.

Die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen gehörten zu den Ungehorsamsdelikten, bei denen der Täter zu beweisen habe, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich gewesen wäre. Aus der Judikatur ergebe sich, dass es bei einem Ungehorsamsdelikt am Beschwerdeführer gelegen wäre, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Der Beschwerdeführer hätte zu seiner verwaltungsstrafrechtlichen Entlastung das Bestehen eines wirksamen Regel- und Kontrollsystems dartun und nachweisen müssen. Er hätte sich vor Durchführung des inkriminierten E-Mail-Versandes vergewissern müssen, dass eine Zustimmung der Anzeigerin vorliege. Es sei ihm daher zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Der Beschwerdeführer habe die Tatbestände daher voll zu verantworten.

Es sei nicht von einem fortgesetzten Delikt, sondern von vier separat strafbaren Verwaltungsübertretungen auszugehen. Für die Beurteilung als fortgesetztes Delikt seien nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Tathandlungen in zeitlich nicht weit auseinander liegenden Fällen erforderlich. Im gegenständlichen Verfahren habe der rechtswidrige Newsletterversand bereits am 20.01.2017 begonnen. Zwischen den einzelnen E-Mail-Nachrichten seien jeweils Wochen bzw. Monate gelegen. Hinzu komme die Tatsache, dass zwischen den einzelnen Nachrichten immer wieder ein Widerruf durch die Anzeigerin erfolgt sei. Die E-Mails seien außerdem nicht inhaltsgleich, sondern würden sich wesentlich unterscheiden. Es könne daher nicht von einem vorgefassten einheitlichen Willensentschluss in Form eines Gesamtvorsatzes ausgegangen werden, vielmehr habe der Beschwerdeführer für jede der im Spruch genannten Verwaltungsübertretungen einen neuen Willensentschluss gefasst. Die Familien-, Vermögens- und Einkommensverhältnisse seien bei der Strafbemessung insofern berücksichtigt worden, als mangels Bekanntgabe eine Einschätzung vorgenommen worden sei. Es sei darauf hinzuweisen, dass die Geldstrafe ohnehin im unteren Bereich des bis zu einem Betrag von EUR 37.000,- reichenden Strafrahmens verhängt worden sei. Sie erscheine daher tat- und schuldangemessen und keinesfalls als überhöht. Es würden keine Erschwerungsgründe vorliegen, mildernd sei die einschlägige Unbescholtenheit und die reumütige Verantwortung des Beschwerdeführers in der Rechtfertigung vom 03.08.2017 gewesen.

2. Gegen dieses Straferkenntnis wendet sich das mit Schriftsatz vom 25.09.2017 rechtzeitig erhobene Rechtsmittel, welches das Straferkenntnis anficht; dies mit dem Begehren, das Bundesverwaltungsgericht möge

"1. Eine mündliche Verhandlung durchführen und

2. in der Sache selbst erkennen und den angefochtenen Bescheid [...] dahingehend abändern, dass die gegen den Beschuldigten geführte Verwaltungsstrafsache eingestellt wird,

in eventu

3. den angefochtenen Bescheid aufheben und die Verwaltungsstrafsache zur Verfahrensergänzung an die Behörde 1. Instanz zurückverweisen."

Begründend führte der Beschwerdeführer aus, dass die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht von ihm verschuldet seien.

Zur behaupteten Übertretung vom 20.01.2017 sei zu sagen, dass die Anzeigerin in ihrer E-Mail vom 22.01.2017 selbst zugestanden habe, dass sie ihre Visitenkarte in der Betriebsstätte der Firma XXXX hinterlassen habe. Unrichtig sei an der Darstellung lediglich, dass sie zur Hinterlegung der Visitenkarte aufgefordert worden sei. Diese Vorgangsweise sei vollkommen unüblich und werde von den Verkäuferinnen im Geschäft der Firma XXXX nicht gehandhabt. Die Hinterlegung einer Visitenkarte mit der E-Mail-Anschrift stelle eine konkludente Einwilligung in die Zusendung einer elektronischen Post im Sinne des § 107 Abs. 2 TKG 2003 dar, jedenfalls sei die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf bzw. der Dienstleistung "Einkaufsberatung" im Geschäft erbracht worden. Der Vorwurf der Verwaltungsübertretung vom 20.01.2017 gehe ins Leere, weil diese Zusendung noch von der Einwilligung der Sendungsempfängerin dadurch umfasst gewesen sei, dass diese ihre Visitenkarte im Geschäft der Firma XXXX hinterlassen habe.

Zur behaupteten Übertretung vom 06.04.2017 sei zu sagen, dass die inkriminierte E-Mail, wie sich aus den Feststellungen im Straferkenntnis ergebe, nicht von der E-Mail-Adresse XXXX, sondern von der E-Mail Anschrift XXXX abgefertigt worden sei. Bezüglich dieser E-Mail-Anschrift habe die Zeugin nie den "Unsubscribe Button" gedrückt und sich daher von dieser Mailingliste nie abgemeldet (erst mit E-Mail vom 18.07.2017). Dazu käme, dass es Serverprobleme vor bzw. beim Umzug der Firma XXXX gegeben habe. Diese Übersiedlung sei von einem Serverabsturz begleitet gewesen und seien bei Installation des neuen Servers am neuen Standort die Daten aufgrund der Sicherungskassette wieder installiert worden. Dabei dürfte die E-Mail Anschrift der Anzeigerin irrtümlich neuerlich installiert worden sein. Dieser Umstand sei dem Beschwerdeführer aber nicht erkennbar gewesen, da diese Einspielung von einem IT-Unternehmen vorgenommen worden sei. Auch aus diesem Grund wäre die Zusendung der persönlichen Einladung zum Sample Sale am 20.01.2017 ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX nicht vorwerfbar. Dies gelte auch für die angenommene Übertretung vom 20.01.2017, sollte man fälschlich davon ausgehen, dass keine Einwilligung vorgelegen sei bzw. diese widerrufen worden sei.

Auch die Zusendungen vom 18.07.2017 und vom 26.07.2017 seien entgegen den Feststellungen im Straferkenntnis nicht von der E-Mail-Anschrift XXXX, sondern von der Anschrift XXXX aus erfolgt. Dieser Umstand belaste den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Des Weiteren sei darauf hinzuweisen, dass von dieser E-Mail-Adresse aus der Beschwerdeführer keine direkten Werbesendungen versandt habe, sondern lediglich persönliche Einladungen ins XXXX (am 18.07.2017 zu einem Umtrunk und zur Darlegung eines Beteiligungsmodells nach dem Alternativfinanzierungsgesetz). Keinesfalls seien damit aber Waren und Dienstleistungen aus dem Betrieb der FirmaXXXX beworben worden. Auch handle es sich um keine Massenaussendung, die an über 50 Personen gerichtet gewesen wäre. Dazu komme, dass die E-Mail-Adresse nicht auf die Firma XXXX zugelassen sei, sondern auf die Firma XXXX. Damit habe der Beschwerdeführer nicht als Vertreter der Firma XXXX, diese wiederum unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma XXXX gehandelt, sondern lediglich als Geschäftsführer der Firma XXXX. Dieser Umstand komme im Tenor des angefochtenen Straferkenntnisses nicht richtig zum Ausdruck und belaste dies den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

3. Am 04.10.2017 langten beim Bundesverwaltungsgericht die Beschwerdevorlage sowie der Verwaltungsakt ein. Die belangte Behörde verzichtete auf eine Beschwerdevorentscheidung und verwies auf die Begründung im angefochtenen Straferkenntnis.

4. Am 18.04.2018 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht statt, an der der Beschwerdeführer und sein Rechtsvertreter sowie die Anzeigerin (als Zeugin) teilnahmen. Die belangte Behörde hatte ihre Nichtteilnahme mit E-Mail vom 09.04.2018 bekanntgegeben. Der Beschwerdeführer brachte ergänzend zur Beschwerde vor, dass im gegenständlichen Fall von einem fortgesetzten Delikt auszugehen sei und ergänzte seine Anträge in der Beschwerde darum, in eventu eine schuldangemessene Strafe nur für das E-Mail vom 20.01.2017 auszusprechen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Folgender Sachverhalt steht fest:

Der Beschwerdeführer ist und war im Jahr 2017 als Geschäftsführer der Firma XXXX, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Firma XXXX ist, zur selbstständigen Vertretung der Firma XXXX nach außen befugt. Hinsichtlich der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beschwerdeführers können mangels konkreter Angaben des Beschwerdeführers keine Feststellungen getroffen werden. Er ist sorgepflichtig für zwei Kinder.

Es bestehen hinsichtlich des Beschwerdeführers keine Strafvormerkungen in Bezug auf § 107 Abs. 2 und 5 TKG 2003.

Die E-Mail-Adresse XXXX ist der Firma XXXX zugewiesen und somit dem Beschwerdeführer zuzurechnen.

Von der E-Mail-Adresse XXXX aus wurde am 20.01.2017 um 12:46 Uhr eine E-Mail betreffend den "XXXX" an die Anzeigerin, E-Mail-Adresse XXXX, versendet.

Von einer anderen dem Beschwerdeführer zuzurechnenden E-Mail-Adresse aus wurden am 06.04.2017 um 14:08 Uhr, am 18.07.2017 um 14:07 Uhr und am 26.07.2017 um 14:40 Uhr Emails betreffend Informationen über die Firma XXXX sowie über ein Beteiligungsmodell im Rahmen des Alternativfinanzierungsgesetzes an die Anzeigerin, E-Mail-Adresse XXXX, versendet.

Die Anzeigerin hat im Dezember 2016 ihre E-Mail-Adresse in der Betriebsstätte der Firma XXXX in eine Liste mit E-Mail-Adressen eingetragen, damit die Firma XXXX sie betreffend den Einkauf von Produkten des Ehemannes der Anzeigerin kontaktieren hätte können. Es war der Anzeigerin nicht bewusst und wurde ihr nicht mitgeteilt, dass ihre E-Mailadresse infolge in eine Kundendatei aufgenommen wird, die für die Versendung von Werbe-E-Mails verwendet wird.

Nach dem 20.01.2017 kam es in der Firma XXXX zu einem Serverabsturz und infolge zu einer (fehlerhaften) Neueinspielung der Kundendatei inklusive der E-Mail-Adresse der Anzeigerin.

Das Schreiben der belangten Behörde vom 01.08.2017, mit dem der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung aufgefordert wurde, lautet auszugsweise wie folgt:

"[...] Es wird ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

Sie haben [...] zu verantworten, dass [XXXX] entgegen § 107 Abs. 2 Z 1 Telekommunikationsgesetz [...] eine elektronische Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung der Empfängerin bzw. trotz mehrmaliger ausdrücklicher Untersagung zugesendet hat, indem, ausgehend von der E-Mail-Adresse XXXX, an XXXX, [...], an die E-Mail-Adresse XXXX, 1) am 20.01.2017 um 12:46 Uhr eine E-Mail-Nachricht [...], und 2) am 06.04.2017 um 14:08 Uhr eine E-Mail-Nachricht, und 3) am 18.07.2018 um 13:07 Uhr eine E-Mail-Nachricht [...], und 4) am 26.07.2017 um 14:40 Uhr eine E-Mail-Nachricht [...] zugesendet wurde."

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben mittels Einsichtnahme in den Verwaltungsakt, insbesondere in das angefochtenen Straferkenntnis und die dagegen erhobene Beschwerde, sowie durch Befragung des Beschwerdeführers und der Anzeigerin (als Zeugin) in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Weiters wurde über Anfrage bei der belangten Behörde Einsicht in die Strafvormerkung genommen.

Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers ergaben sich aus dem Verwaltungsakt und seinen Angaben in der Beschwerdeverhandlung.

Die Feststellung zu den Strafvormerkungen ergab sich aus der Einsichtnahme in die Strafvormerkung.

Die Feststellungen betreffend die Zurechnung der E-Mail-Adressen und die Versendung der verfahrensgegenständlichen E-Mails ergaben sich aus der Beschwerde und insbesondere dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung betreffend die Bekanntgabe ihrer E-Mail-Adresse durch die Anzeigerin durch Eintragung in eine Liste in der Betriebsstätte der Firma XXXX ergab sich aus ihrer Aussage in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht.

Die Feststellung betreffend den Serverabsturz und die (fehlerhafte) Neueinspielung der Kundendatei in der Firma XXXX nach dem 20.01.2017 ergab sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht

Die Feststellung zum Schreiben der belangten Behörde vom 01.08.2017 (Aufforderung zur Rechtfertigung) ergab sich aus dem Verwaltungsakt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A)

3.1. Zur Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte in Verwaltungsstrafsachen legt § 50 VwGVG idF BGBl. I Nr. 24/2017 Folgendes fest:

"Erkenntnisse

§ 50. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden.

(2) Die gekürzte Ausfertigung des Erkenntnisses hat überdies zu enthalten:

1. im Fall der Verhängung einer Strafe die vom Verwaltungsgericht als erwiesen angenommenen Tatsachen in gedrängter Darstellung sowie die für die Strafbemessung maßgebenden Umstände in Schlagworten;

2. im Fall des § 45 Abs. 1 VStG eine gedrängte Darstellung der dafür maßgebenden Gründe."

3.2. § 9 VStG lautet:

"Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9. (1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, daß ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

(6) Die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs. 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 bleiben trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten - unbeschadet der Fälle des § 7 - strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

(7) Juristische Personen und eingetragene Personengesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen haften für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand."

§ 19 VStG lautet:

"Strafbemessung

§ 19. (1) Grundlage für die Bemessung der Strafe sind die Bedeutung des strafrechtlich geschützten Rechtsgutes und die Intensität seiner Beeinträchtigung durch die Tat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen."

Zu den Anforderungen an den Spruch eines Straferkenntnisses legt § 44a VStG fest:

"§ 44a. Der Spruch hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist;

3. die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung;

4. den etwaigen Ausspruch über privatrechtliche Ansprüche;

5. im Fall eines Straferkenntnisses die Entscheidung über die Kosten."

3.3. § 107 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 102/2011 lautet auszugsweise wie folgt:

"Unerbetene Nachrichten

§ 107. [...]

(2) Die Zusendung einer elektronischen Post - einschließlich SMS - ist ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig, wenn

1.-die Zusendung zu Zwecken der Direktwerbung erfolgt oder

2.-an mehr als 50 Empfänger gerichtet ist.

(3) Eine vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 ist dann nicht notwendig, wenn

1. der Absender die Kontaktinformation für die Nachricht im Zusammenhang mit dem Verkauf oder einer Dienstleistung an seine Kunden erhalten hat und

2. diese Nachricht zur Direktwerbung für eigene ähnliche Produkte oder Dienstleistungen erfolgt und

3. der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine solche Nutzung der elektronischen Kontaktinformation bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen und

4. der Empfänger die Zusendung nicht von vornherein, insbesondere nicht durch Eintragung in die in § 7 Abs. 2 E-Commerce-Gesetz genannte Liste, abgelehnt hat.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 133/2005)

(5) Die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ist jedenfalls unzulässig, wenn

1. die Identität des Absenders, in dessen Auftrag die Nachricht übermittelt wird, verschleiert oder verheimlicht wird, oder

2. die Bestimmungen des § 6 Abs. 1 E-Commerce-Gesetz verletzt werden, oder

3. der Empfänger aufgefordert wird, Websites zu besuchen, die gegen die genannte Bestimmung verstoßen oder

4. keine authentische Adresse vorhanden ist, an die der Empfänger eine Aufforderung zur Einstellung solcher Nachrichten richten kann.

[...]"

§ 109 TKG 2003 idF BGBl. I Nr. 134/2015 lautet auszugsweise wie folgt:

"Verwaltungsstrafbestimmungen

§ 109. (1) [...]

(2) [...]

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 37 000 Euro zu bestrafen, wer

[...]

20. entgegen § 107 Abs. 2 oder 5 elektronische Post zusendet;

[...]

(4) [...]

(5) Bei der Bemessung der Geldstrafen gemäß Abs. 1 bis 4 ist auch darauf Bedacht zu nehmen, ob die Tat gewerbsmäßig oder wiederholt begangen wurde. Wurde die Tat gewerbsmäßig begangen, so ist der dadurch erzielte unrechtmäßige Vorteil gemäß dem Ergebnis des Ermittlungsverfahrens bei der Bemessung zu berücksichtigen.

(6) Eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 bis 4 liegt nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist.

(7) [...]

(8) Die nach diesem Bundesgesetz durch die Fernmeldebüros verhängten Geldstrafen fallen dem Bund zu.

(9) [...]"

Zu den E-Mail-Nachrichten vom 06.04.2017, 18.07.2017 und 26.07.2017:

3.4. Den Feststellungen ist zu entnehmen, dass die verfahrensgegenständlichen E-Mail-Nachrichten vom 06.04.2017, 18.07.2017 und 26.07.2017 nicht wie im Spruch des Straferkenntnisses angeführt von der E-Mail-Adresse XXXX aus, sondern von einer anderen dem Beschwerdeführer zuzurechnenden E-Mail-Adresse aus versendet wurden.

Ebenso ist den Feststellungen zu entnehmen, dass das Schreiben der belangten Behörde vom 01.08.2017, mit dem der Beschwerdeführer zur Rechtfertigung aufgefordert wurde, die E-Mail-Adresse XXXX als Absender-Adresse für die E-Mail-Nachrichten zu den Terminen 06.04.2017, 18.07.2017 und 26.07.2017 anführte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 05.11.2014, ZI. Ra 2014/09/0018, zur Beschränkung der Abänderungsbefugnis durch die Verwaltungsgerichte ausgesprochen wie folgt:

"Nach den Materialien zu § 27 VwGVG 2014 (EB RV 2009 BlgNR, 24. GP, 6) legt § 27 VwGVG 2014 den Prüfungsumfang des VwG fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des VwG durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein. Auch in Verwaltungsstrafverfahren richtet sich der Prüfungsumfang des VwG grundsätzlich nach § 27 VwGVG 2014. Zudem ist in Verwaltungsstrafverfahren - im Gegensatz zu administrativen Verwaltungsverfahren (vgl. B 9. September 2014, Ra 2014/11/0044; E 20. Juni 2006, 2003/11/0184) - das in § 42 VwGVG 2014 normierte Verbot der reformatio in peius zu berücksichtigen, das nur dann nicht gilt, wenn die Beschwerde nicht zu Gunsten des Bestraften erhoben wird. Es kann dahingestellt bleiben, inwiefern durch die neuen Verfahrensbestimmungen eine Einschränkung der Überprüfungsbefugnis der VwG im Allgemeinen und in Verwaltungsstrafverfahren im Speziellen gegenüber der Kognitionsbefugnis der UVS eingetreten ist. Eine Befugnis des VwG zur Ausdehnung des Gegenstands des Verfahrens über die Sache des Verwaltungsstrafverfahrens iSd § 50 VwGVG 2014 hinaus, etwa durch Ausdehnung des Tatzeitraums, wurde nicht geschaffen. Eine Ausdehnung des Tatzeitraums erst im Beschwerdeverfahren in Verwaltungsstrafsachen vor dem VwG stellt daher (weiterhin) eine unzulässige Erweiterung des Tatvorwurfs und der Sache des Verfahrens iSd § 50 VwGVG 2014 dar."

Diese Rechtsprechung muss ebenso für die nunmehr geltende, insofern wortgleiche Bestimmung in § 50 Abs 1 VwGVG (BGBl. I Nr. 24/2017) gelten.

In seinem Erkenntnis vom 23.10.2014, Zl. 2011/07/0205, hat der Verwaltungsgerichtshof zu § 44a Z 1 VStG ausgesprochen:

"Nach der dazu ergangenen hg. Judikatur muss die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der angeführten Rechtsvorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Es ist grundsätzlich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der Berufungsbehörde, einen allenfalls fehlerhaften Abspruch der ersten Instanz richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2010/09/0155, mwN). Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG 1991 eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 leg. cit. vorliegt oder nicht. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. April 2006, Zl. 2004/15/0030, mwN)."

Auch wenn das Bundesverwaltungsgericht also prinzipiell verpflichtet ist, einen fehlerhaften Ausspruch der belangten Behörde richtig zu stellen, so gilt dies nur dann, wenn durch die belangte Behörde eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung gesetzt wurde.

Eine solche Verfolgungshandlung liegt gegenständlich nicht vor, da die belangte Behörde sowohl in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 01.08.2017 als auch im angefochtenen Straferkenntnis nicht die korrekte Absender-E-Mail-Adresse betreffend die vorgeworfenen Tathandlungen vom 06.04.2017, 18.07.2017 und 26.07.2017 angegeben hat. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass dadurch die Möglichkeit des Beschwerdeführers, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren - im konkreten Fall v.a. durch ein etwaiges Vorbringens betreffend eine Einwilligung der Anzeigerin - nicht beeinträchtigt war. Die Angabe einer anderen Absender-E-Mail-Adresse als der inkriminierten E-Mail-Adresse für die E-Mail-Nachrichten vom 06.04.2017, 18.07.2017 und 26.07.2017 durch das Bundesverwaltungsgericht würde also über eine zulässige Richtigstellung des Spruchs hinausgehen und eine unzulässige Erweiterung (Änderung) des Tatvorwurfs und der Sache des Verfahrens iSd § 50 Abs.1 VwGVG darstellen.

Der Beschwerde war daher hinsichtlich der vorgeworfenen Tathandlungen vom 06.04.2017, 18.07.2017 und 26.07.2017 Folge zu leisten.

Zur E-Mail-Nachricht vom 20.01.2017:

3.5. Objektiver Tatbestand:

3.5.1. Vom Beschwerdeführer wurde der objektive Tatbestand hinsichtlich dessen, dass von der E-Mail-Adresse XXXX aus am 20.01.2017 um 12:46 Uhr eine E-Mail betreffend den "XXXX" an die Anzeigerin, E-Mail-Adresse XXXX, versendet wurde, nicht bestritten. Es handelt sich dabei zweifelsohne und ebenfalls unbestritten um die Zusendung elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung (vgl. zum Begriff der Direktwerbung Riesz/Schilchegger (Hrsg.) TKG (2016) § 107 Rz 29f).

Wenn der Beschwerdeführer davon ausgeht, dass eine Einwilligung der Anzeigerin zum Erhalt der E-Mail-Nachricht vom 20.01.2017 vorgelegen sei, so ist ihm Folgendes entgegenzuhalten:

Wie festgestellt hat die Anzeigerin in der Betriebsstätte der Firma XXXX ihre E-Mail-Adresse durch Eintragung in eine Liste hinterlassen, um betreffend den Einkauf von Produkten ihres Ehemannes kontaktiert werden zu können. Es war der Anzeigerin nicht bewusst und wurde ihr nicht mitgeteilt, dass ihre E-Mailadresse infolge in eine Kundendatei aufgenommen wird, die für die Versendung von Werbe-E-Mails verwendet wird.

Eine ausdrückliche Einwilligung ist durch diese Eintragung nicht erfolgt, was im Übrigen auch vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht wurde.

Eine konkludente Einwilligung darf nur angenommen werden, wenn eine Handlung eindeutig zu verstehen ist und es keinen vernünftigen Grund daran zu zweifeln gibt, dass ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung gedeutet werden kann (vgl. z.B. VwGH 24.03.2010, 2007/03/0177). Das BVwG hat ausgesprochen, dass eine bloße Kontaktaufnahme auf einer Messe oder ähnlichen Veranstaltung keine solche Einwilligung bewirkt (BVwG 11.03.2015, W120 2012498-1). Der Verwaltungsgerichtshof sah in der freiwilligen Eintragung von E-Mail-Adressen in ein online abrufbares Mitgliederverzeichnis der Wirtschaftskammer keine konkludente Einwilligung zum Erhalt eines Ersuchens um eine Unterstützungserklärung hinsichtlich der bevorstehenden WKO-Wahl (VwGH 19.12.2013, 2011/03/0198). Vor dem Hintergrund dieses strengen Maßstabs stellt die im vorliegenden Fall erfolgte Eintragung der E-Mail-Adresse der Anzeigerin in eine Liste in der Betriebsstätte der Firma XXXX mit der Intention, wegen der Produkte ihres Ehemannes kontaktiert zu werden, jedenfalls keine Einwilligung zum Erhalt von elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung dar.

3.5.2. Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorbringt, dass die Kontaktinformation für die E-Mail-Nachricht vom 20.01.2017 im Zusammenhang mit dem Verkauf bzw. der Dienstleistung "Einkaufsberatung" im Geschäft der Firma XXXX erbracht worden sei, weshalb gemäß § 107 Abs. 3 TGK 2003 die vorherige Zustimmung für die Zusendung elektronischer Post gemäß Abs. 2 nicht notwendig sei, so ist für ihn daraus ebenso nichts zu gewinnen:

§ 107 Abs 3 TKG 2003 erlaubt unter Einhaltung spezifischer, kumulativ zu erfüllender Bedingungen die zustimmungslose Versendung von elektronischer Post zu Direktwerbezwecken. Eine der kumulativ zu erfüllenden Bedingungen ist gemäß § 107 Abs 3 Z 3 TKG 2003, dass der Empfänger klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine Nutzung der elektronischen Kontaktinformation für Zusendungen zu Zwecken der Direktwerbung bei deren Erhebung und zusätzlich bei jeder Übertragung kostenfrei und problemlos abzulehnen (vgl. zu den Voraussetzungen im Detail Riesz/Schilchegger, TKG, § 107 Rz 106ff).

Im vorliegenden Fall kann jedoch wie dargestellt nicht davon ausgegangen werden, dass die Anzeigerin klar und deutlich die Möglichkeit erhalten hat, eine Nutzung der elektronischen Kontaktinformation zu Zwecken der Direktwerbung bereits bei deren Erhebung abzulehnen (weil sie gar nicht darüber informiert wurde, dass ihre E-Mailadresse in die Kundendatei für Werbezwecke aufgenommen wird). Die Tatbestandsvoraussetzung des § 107 Abs. 3 Z 3 ist daher jedenfalls nicht erfüllt und kann eine Prüfung der weiteren (kumulativen) Tatbestandsvoraussetzungen des § 107 Abs 3 TKG 2003 - insbesondere der vom Beschwerdeführer geltende gemachten Z 1 - damit unterbleiben.

3.5.3. Der Tatbestand des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 ist damit hinsichtlich der E-Mail-Nachricht vom 20.01.2017 in objektiver Hinsicht erfüllt.

3.6. Subjektiver Tatbestand:

Bei der im Beschwerdefall vorgeworfenen Verwaltungsübertretung des § 107 TKG handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da zum Tatbestand dieser Verwaltungsübertretung nicht der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr gehört. In einem solchen Fall besteht gemäß § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG von Vornherein die Vermutung eines Verschuldens (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters, welches aber von ihm widerlegt werden kann (vgl. u.a. VwGH 13.12.1990, 90/09/0141; 12.03.1990, 90/09/0066).

Bei einem Ungehorsamsdelikt iS des § 5 Abs. 1 VStG liegt es daher am Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (zu § 107 Abs. 2 Z 1 TKG vgl. VwGH 24.05.2012, 2010/03/0056). Zu einer solchen Glaubhaftmachung ist es erforderlich, dass der Beschuldigte initiativ von sich aus in substantiierter Form alles darlegt, was für seine Entlastung spricht (vgl. VwGH 19.01.1994, 93/03/0220; 14.10.1976, 1497/75; 20.05.1968, 0187/67). Dazu gehört u.a. die Darlegung, dass er Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift mit gutem Grund erwarten haben lassen. Bloß allgemein gehaltene Behauptungen sind nicht geeignet, um diese Entlastungsbescheinigung für mangelndes Verschulden zu erbringen (vgl. VwGH 25.07.2013, 2012/07/0079).

Im vorliegenden Fall hat der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebracht, dass ihn kein Verschulden an der Versendung der E-Mail-Nachrichten treffe, weil im Zuge eines Umzugs der Firma XXXX Kundendaten durch eine externe IT-Firma fehlerhaft eingespielt worden seien. Jedoch wurde festgestellt, dass es erst nach dem 20.01.2017 zu einem Serverabsturz und infolge zu einer (fehlerhaften) Neueinspielung der Kundendatei inklusive der E-Mail-Adresse der Anzeigerin gekommen ist. Eine weitere Prüfung der Frage, inwieweit ein etwaiger Fehler einer externen IT-Firma bei der Neuinstallation der Kundendatei dem Beschwerdeführer zuzurechnen wäre, kann daher unterbleiben.

Weiters hat der Beschwerdeführer auch nicht vorgebracht, dass ein Kontrollsystem vorliege, dass ihn von seiner Verantwortung für die vorliegende Verwaltungsübertretung befreien kann, sondern hat ganz im Gegenteil ausgesagt, dass er von einer Zustimmung der Anzeigerin zum Empfang der E-Mail- Nachricht vom 20.01.2017 zu Werbezwecken ausgegangen sei.

Der Tatbestand des § 107 Abs. 2 Z 1 TKG 2003 ist sohin auch in subjektiver Hinsicht (fahrlässiges Verschulden des Beschwerdeführers) erfüllt.

3.7. Strafbemessung:

3.7.1. Der Beschwerdeführer stellte in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Hinweis, dass die Strafe "jedenfalls sehr hoch" sei das Eventualbegehren, eine schuldangemessene Strafe für das E-Mail vom 20.01.2017 auszusprechen.

Wird ein ordentliches Verfahren (§§ 40-46 VStG) geführt, sind zusätzlich zu den objektiven Kriterien des § 19 Abs. 1 VStG auch die subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat bei der Strafbemessung miteinzubeziehen. Demzufolge sind folgende drei subjektive, d.h. in der Person des Täters gelegene, Umstände bei der Strafbemessung zu berücksichtigen: Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten (vgl. Weilguni in Lewisch/Fister/Weilguni, VStG [2013] § 19 VStG Anm 8). Betreffend die Einkommens-, Vermögensverhältnisse und allfällige Sorgepflichten sind die Umstände im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides maßgeblich, sodass auch allfällige Veränderungen im Laufe des Berufungsverfahrens zu berücksichtigen sind (vgl. VwGH 29.01.2007, 2006/03/0155). Diese Umstände sind von der Behörde im Rahmen des ordentlichen Verfahrens zu erheben. Verweigert der Beschwerdeführer die dafür notwendigen Angaben und können diese von der Behörde von Amts wegen nicht festgestellt werden, hat die Behörde die finanziellen Verhältnisse des Beschwerdeführers letztlich zu schätzen (vgl. VwGH 30.06.2004, 2001/09/0120).

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde zunächst zutreffend die einschlägige Unbescholtenheit und die reumütige Verantwortung des Beschwerdeführers mildernd gewürdigt. Ebenfalls hat die belangte Behörde in ihre Beurteilung die Einkommens- und Vermögensverhältnisse (mangels Angaben des Beschwerdeführers anhand einer Einschätzung) miteinbezogen.

In der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht legte der Beschwerdeführer keine Unterlagen betreffend seine Einkommensverhältnisse vor , weshalb es diesbezüglich bei einer Schätzung zu bleiben hat. Hinweise, dass auf die als durchschnittlich eingestuften Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Beschwerdeführers nicht Bedacht genommen worden wäre, sind aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht hervorgekommen, weshalb die diesbezügliche Einschätzung durch die belangte Behörde vom Bundesverwaltungsgericht nicht als rechtswidrig erkannt werden kann.

Jedoch sind in der mündlichen Beschwerdeverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht Sorgepflichten des Beschwerdeführers für zwei Kinder hervorgekommen. Vom Bundesverwaltungsgericht war daher die verhängte Strafe auf EUR 100,- herabzusetzen, um eine tat-, täter- und schuldangemessene Bestrafung zu erreichen.

3.8. Ergebnis:

Der Beschwerde waren aus den genannten Gründen teilweise stattzugeben und das angefochtene Straferkenntnis abzuändern.

Aufgrund der Herabsetzung der Strafhöhe war gemäß § 38 VwGVG iVm § 64 Abs. 2 VStG auch der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren vor der belangten Behörde neu festzusetzen.

Zu Spruchpunkt B):

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig, da der gegenständliche Fall nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhing, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Gesetzeslage erschien im entscheidungswesentlichen Zusammenhang insgesamt klar und eindeutig, und die vorliegende Entscheidung folgte der oben zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung (zur Unzulässigkeit einer Revision aus diesem Grunde vgl. VwGH 27.08.2014, Ra 2014/05/0007 mwN).

Schlagworte

Abänderung eines Bescheides, Belästigung, Bescheidabänderung,
Direktwerbung, Einwilligung des Empfängers, Fahrlässigkeit,
fortgesetzes Delikt, Geldstrafe, Glaubhaftmachung, Irrtum,
Kognitionsbefugnis, Kontrollsystem, Kostenbeitrag, Kumulierung,
Milderungsgründe, mündliche Verhandlung, Prüfumfang, Prüfungsumfang,
Rechtsschutzinteresse, Solidarhaftung, Strafbemessung,
Unbescholtenheit, Ungehorsamsdelikt, Verfolgungshandlung,
Verschulden, Verwaltungsstrafverfahren, Verwaltungsübertretung,
vorherige Einwilligung, Werbemail, Werbung, Widerspruch,
Zustimmungserfordernis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W157.2172436.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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