Entscheidungsdatum
26.04.2018Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W153 2188700-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christoph KOROSEC als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX alias XXXX, StA. Senegal, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 26.01.2018, ZI. 1090045002-151499766, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger des Senegal, reiste illegal in das österreichische Bundesgebiet ein und stellte am 06.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Bei der niederschriftlichen Erstbefragung vom 06.10.2015 gab er zu seinen Fluchtgründen zusammengefasst an, dass Rebellen in sein Heimatdorf gekommen seien und die Einwohner überfallen hätten. Sie hätten junge Personen mitgenommen und in den Dschungel gebracht, wo sie diese als Rebellen ausgebildet oder getötet hätten. Aus diesem Grund seien der Beschwerdeführer sowie seine Schwester und sein Bruder aus der Heimat geflohen.
Aufgrund der Angaben zu seinem Reiseweg und der vorliegenden
Eurodac-Informationen zu Italien (IT1 ... 11.03.2014) wurde zunächst
ein Konsultationsverfahren mit den italienischen Behörden geführt und Italien stimmte auch der Übernahme des Beschwerdeführers ausdrücklich zu. Nachdem jedoch in weiterer Folge - nach einem Röntgen der linken Hand (AS 111) und einer Altersfeststellung (AS 149 bis 161) - die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers zum Asylantragszeitpunkt festgestellt wurde, wurde sein Asylantrag in Österreich zugelassen. Mit Beschluss eines näher bezeichneten Bezirksgerichts vom 24.08.2016 wurde das Magistrat Wien als Kinder- und Jugendhilfeträger des Landes Wien mit der Obsorge des minderjährigen Beschwerdeführers betraut (AS 191 bis 192).
Am 29.11.2017 wurde der Beschwerdeführer vom zuständigen Beamten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) einvernommen.
Es folgen die entscheidungsrelevanten Auszüge aus der Einvernahme:
"...
LA: Wie geht es Ihnen gesundheitlich? Haben Sie gröbere gesundheitliche Probleme?
VP: Nein, ich bin gesund.
LA: Sind Sie in ärztlicher Behandlung? Nehmen Sie irgendwelche Medikamente?
VP: Nein.
LA: Welche Staatsangehörigkeit besitzen Sie?
VP: Ich bin Staatsangehöriger von Senegal.
LA: Besitzen Sie irgendwelche Dokumente, die Ihre Identität bestätigen könnten?
VP: Nein.
LA: Welcher Volksgruppe gehören Sie an?
VP: Mandinka.
LA: Welcher Religion gehören Sie an?
VP: Ich bin Moslem.
LA: Wo sind Sie geboren?
VP: Ich bin in der Stadt Ziquinchor in der Region Kafountine in der Casamance.
LA: Wo sind Sie aufgewachsen?
VP: Als ich drei Jahre alt war, ist meine Mutter verstorben. Mein Vater brachte mich, dann zu meiner Großmutter nach Gambia, mein Vater selbst kehrte wieder zurück, mein älterer Bruder und zwei ältere Schwestern blieben bei meinem Vater im Senegal. Nachgefragt gebe ich an, dass ich bei meiner Großmutter mütterlicherseits in Basse aufgewachsen bin. Meine Mutter stammte aus Gambia, mein Vater ist Senegalese.
LA: Wann genau haben Sie Gambia verlassen?
VP: 2012, als meine Großmutter verstorben ist, holte mich mein Vater wieder zu sich in den Senegal.
LA: Wo haben Sie danach im Senegal bis zu Ihrer Ausreise gelebt?
VP: In XXXX. Nachgefragt gebe ich an, dass ich im Senegal immer nur in dieser Stadt gelebt habe.
LA: Können Sie Ihre letzte genaue Wohnadresse im Senegal angeben?
VP: Ich kann die Straße nicht sagen, ich war nicht so lange dort und weiß nicht, wie die Straße heißt, ich weiß nur, dass ich in der Stadt XXXX gewohnt habe.
LA: Wann genau haben Sie den Senegal verlassen?
VP: Am 01.02.2013 habe ich den Senegal verlassen.
LA: Wo waren Sie die letzte Nacht vor Ihrer Ausreise?
VP: Ich war zu Hause, im Haus meines Vaters.
LA: Wer genau wohnte im Haus Ihres Vaters?
VP: Mein Vater und meine älteren Geschwister. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Vater nicht mehr geheiratet hat und ich auch keine Halbgeschwister habe.
LA: Haben Sie die Schule besucht?
VP: Ich habe fünf Jahre die Grundschule namens "XXXX" in der Stadt XXXX in Gambia besucht, ich begann im Alter von fünf Jahren mit der Schule.
LA: Sind Sie verheiratet, haben Sie Kinder?
VP: Ich bin ledig und habe keine Kinder.
LA: Wann hatten Sie zuletzt Kontakt zu Ihrer Familie?
VP: Ich habe ca. vor einer Woche mit meiner älteren Schwester telefoniert.
LA: Wo genau befindet sich Ihre Familie derzeit?
VP: Die Schwester, mit der ich telefonierte befindet sich in Gambia, meine andere Schwester ist in Angola verheiratet. Ich habe den Senegal gemeinsam mit meinem Bruder verlassen und meinen Bruder in Libyen aus den Augen verloren, ich habe seit damals nichts mehr von meinem Bruder gehört. Mein Vater befindet sich in Guinea-Bissau.
LA: Wie haben Sie bzw. Ihre Familie im Senegal den Lebensunterhalt bestritten?
VP: Mein Vater hat als Tischler gearbeitet und für uns gesorgt.
LA: Was haben Sie für Ihre Ausreise bezahlt?
VP: Ich weiß es nicht, mein Bruder hat alles bezahlt. Nachgefragt gebe ich an, dass mein Bruder zum Zeitpunkt der Ausreise 21 Jahre alt war.
LA: Haben Sie Familienangehörige oder sonstige Verwandte in Österreich?
VP: Nein.
LA: Leben Sie mit jemand in Familiengemeinschaft oder in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft?
VP: Nein.
LA: Haben Sie in Österreich Kurse oder sonstige Ausbildungen absolviert? Wie war das Ergebnis, bzw. was resultierte daraus?
VP: Als ich hergekommen bin, ging es mir sehr schlecht, ich konnte nichts essen. Ich bekam appetitanregende Medikamente, davon wurde ich sehr müde und war deshalb nicht in der Lage die Schule zu besuchen, ich ging lediglich zwei Wochen in die Schule. Letztes Jahr habe ich einen Deutschkurs begonnen, aber nicht fertig gemacht. Derzeit bin ich auf der Warteliste für einen Deutschkurs.
LA: Wie schätzen Sie Ihre Deutschkenntnisse ein?
VP: Wenn sie sprechen, verstehe ich sie ein bisschen, aber Deutsch zu sprechen fällt mir schwer.
LA: Sind bzw. waren Sie in Österreich jemals Mitglied in irgendwelchen Vereinen oder Organisationen?
VP: Nein.
LA: Was machen Sie in Ihrer Freizeit? Wen treffen Sie gewöhnlich?
VP: In meiner Freizeit treffe ich österreichische Freunde, wir gehen Spazieren im Wald, wir unternehmen sehr viel gemeinsam, auch mit Manfred unternehme ich viel.
LA: Schildern Sie bitte alle Gründe, warum Sie Ihr Herkunftsland verlassen haben.
VP: Als ich drei Jahre alt war, ist meine Mutter verstorben, weshalb mich mein Vater zu meiner Großmutter nach Gambia brachte, wo ich bis 2012 wohnte. Als meine Großmutter im Jahr 2012 verstarb, holte mich mein Vater wieder zurück in den Senegal. Als ich bei meinem Vater in der Casamance wohnte, durfte ich nie aus dem Haus, weil mein Vater und meine älteren Geschwister Angst um mich hatten. Es war deshalb gefährlich, weil oft Rebellen in die Stadt kamen und Frauen vergewaltigten und Leute auf der Straße überfielen. Am 1. Februar 2013 bekam ich von meinem älteren Bruder die Erlaubnis, auf einen Fußballfeld zu gehen, um mit Freunden Fußball zu spielen. An diesem Tag kamen die Rebellen in unsere Stadt, um eine Bank zu überfallen. Es kamen viele Rebellen in die Stadt, sie machten sehr viel Lärm, schossen mit ihren Gewehren. Als mein Bruder die Rebellen hörte, wollte mich mein Bruder vom Fußballfeld abholen. An diesem Tag war ein totales Chaos, alle Leute liefen wild herum. Als mein Bruder zum Fußballfeld kam, sagte er, dass wir auch davonlaufen müssten. Er sagte, die Rebellen würden manchmal jüngere Burschen entführen und zwingen, sich den Rebellen anzuschließen. Deshalb sagte mein Bruder, wir müssten uns in Sicherheit bringen. Ich folgte meinem Bruder, wir nahmen ein Taxi, das uns zur Busstation brachte. Von dort sind wir mit dem Bus nach Mali gefahren. Wir hielten uns eine Woche in Mali auf und reisten weiter nach Burkina Faso. Wir sind einige Monate in Burkina Faso geblieben und danach in den Niger gereist, wo wir ebenfalls länger geblieben sind. Von Niger sind wir dann nach Libyen gereist, ich war ca. 14 Jahre alt, als wir dort angekommen sind. In Libyen habe ich meinen Bruder aus den Augen verloren und ich reiste alleine über Italien nach Österreich.
LA: Hätten Sie die Möglichkeit gehabt, außerhalb der Casamance, in einem anderen Teil des Senegal zu leben?
VP: Ich konnte gar nichts machen, alles machte mein Bruder, ich kannte mich weder im Senegal, noch in der Casamance aus.
LA: Verfügen Sie durch die Herkunft Ihrer Mutter auch über die Staatsangehörigkeit von Gambia?
VP: Nein, ich war bei meiner Großmutter, aber ich hatte keine Papiere von Gambia.
LA: Wissen Sie, welchen Aufenthaltstitel Sie in Gambia hatten?
VP: Ich hatte Dokumente vom Senegal.
LA: Wer von Ihren Angehörigen befindet sich in Gambia?
VP: Nur meine Schwester lebt in Gambia.
LA: Wer von Ihren Angehörigen befindet sich im Senegal?
VP: Das weiß ich nicht, die Familie meines Vaters kenne ich nicht, mein Vater war Einzelkind.
LA: Hatten Sie jemals Probleme mit den Behörden im Senegal?
VP: Nein.
LA: Waren Sie bzw. jemand aus Ihrer Familie im Senegal politisch aktiv?
VP: Nein, das weiß ich nicht. Ich bin in Gambia aufgewachsen und war noch zu jung, um mitzubekommen, ob jemand aus meiner Familie politisch aktiv ist.
LA: Wissen Sie, warum Ihr Vater in Guinea-Bissau lebt?
VP: Meine Schwester, die in Gambia lebt hat mir erzählt, mein Vater hat Probleme, weil die Rebellen in der Casamance immer wieder Probleme machen und Leute töten.
LA: Hatten Sie im Senegal jemals Probleme aufgrund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit oder Religion?
VP: Nein.
LA: Haben Sie im Senegal oder hier Strafrechtsdelikte begangen?
VP: Nein.
LA: Hatten Sie im Senegal jemals persönlich Probleme mit den Rebellen?
VP: Nein, ich hatte nie Probleme.
LA: Wie oft kamen die Rebellen in Ihre Heimatstadt?
VP: Ich weiß nicht wie oft, aber mein Bruder sagte damals, sie würden oft kommen. Mein Bruder sagte, die Rebellen würden immer wieder kommen und man würde nie wissen, wann die wieder kommen. Mein Bruder sagte, ich müsste sehr vorsichtig sein, da die Rebellen immer wieder kommen würden und auch junge Leute zwangsrekrutieren.
LA: Haben Sie sämtliche Gründe, welche Sie zum Verlassen Ihres Herkunftsstaates veranlasst haben, vollständig und ausführlich geschildert?
VP: Ja, das war das Problem. Deswegen habe ich den Senegal verlassen.
Anmerkung. Ihnen wird das Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des BFA zum Senegal vom 22.02.2016 (letzte Kurzinformation eingefügt am 17.08.2017) ausgehändigt. Weiters werden Sie darauf aufmerksam gemacht, dass Sie dazu innerhalb von drei Wochen Stellung nehmen können, anderenfalls aufgrund der Aktenlage entschieden wird.
LA: Möchten Sie zu Ihren Fluchtgründen noch etwas angeben, was Ihnen besonders wichtig erscheint?
VP: Nein.
LA: Was glauben Sie, würde passieren, wenn Sie jetzt in den Senegal zurückkehren müssten?
VP: Die Probleme mit den Rebellen gibt es dort schon lange, es ist dazwischen immer wieder ruhiger und dann fängt es wieder an. Ich habe dort noch nie gearbeitet, ich habe niemanden dort, meine ganze Familie ist ausgereist.
LA: Wissen Sie, seit wann sich mein Vater in Guinea-Bissau befindet?
VP: Nein, meine Schwester hat mir nur erzählt, dass er sich in Guinea-Bissau befindet.
LA: Haben Sie die Dolmetscherin während der gesamten Einvernahme einwandfrei verstanden?
VP: Ja."
Der Einvernahme wurden einige Unterstützungsschreiben für den Beschwerdeführer beigefügt.
Mit Bescheid vom 26.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Senegal abgewiesen (Spruchpunkt II.). Dem Beschwerdeführer wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG nach Senegal zulässig ist (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen festgelegt (Spruchpunkt VI.).
Zusammengefasst führte das BFA aus, dass der Beschwerdeführer im Wesentlichen lediglich die allgemeine Sicherheitslage in seiner Herkunftsregion zum Zeitpunkt seiner Ausreise im Jahr 2013 vorgebracht habe, ohne eine individuell gegen seine Person gerichtete Verfolgung geltend zu machen. Dem Beschwerdeführer stehe zudem bezüglich allfälliger Probleme im Falle lokal begrenzter Konflikte in der Casamance eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung. Eine weitere Verfolgung aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen habe der Beschwerdeführer nicht vorgebracht, weshalb nicht abgeleitet werden könne, dass ihm in seinem Herkunftsland eine asylrelevante Verfolgung drohen würde. Da dem Beschwerdeführer im Herkunftsstaat keine asylrelevante Verfolgung drohe, er dort über familiäre Anknüpfungspunkte verfüge und weder unter einer akut lebensbedrohenden Erkrankung leide noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen außergewöhnlichen Umstand behauptet oder bescheinigt habe, gehe die Behörde davon aus, dass ihm im Herkunftsstaat auch keine Gefahren drohen würden, die eine Erteilung des subsidiären Schutzes rechtfertigen würden. Bei Berücksichtigung sämtlicher bekannter Tatsachen hätten auch keine Hinweise dafür gefunden werden können, welche den Schluss zulassen würden, dass durch die Rückkehrentscheidung auf unzulässige Weise im Sinne von Art. 8 EMRK in sein Recht auf Schutz des Familien- und Privatlebens eingegriffen werden würde.
In der Beschwerde vom 02.03.2018 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und führte weiters ins Treffen, dass es die belangte Behörde unterlassen habe, sich hinreichend mit der Lage in seiner Herkunftsregion - insbesondere im Lichte der individuellen Merkmale des Beschwerdeführers (keinerlei familiärer Anschluss, keine Berufsausbildung, keine Kenntnis der örtlichen Gegebenheiten, weil er den Großteil seines Lebens außerhalb des Senegal verbracht habe) - auseinanderzusetzen. Der seit 1982 andauernde Konflikt in der Casamance bestehe nicht nur aus den bewaffneten Auseinandersetzungen im engeren Sinn, sondern habe in der Region auch eine äußerst schlechte öffentliche und private Infrastruktur, Gewalt und Drogenhandel hinterlassen. Der Konflikt habe auch die desolate wirtschaftliche Situation der Region mitverursacht. Die Herkunftsregion des Beschwerdeführers sei nach wie vor noch ein Krisenherd. Im vorliegenden Fall habe der Beschwerdeführer durch seine Flucht vor dem Zugriff der Rebellen eine politische Gesinnung zum Ausdruck gebracht, aufgrund welcher ihm bei einer Rückkehr in den Senegal eine asylrelevante Verfolgung drohen würde. Zusammengefasst sei daher zu sagen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in den Senegal aufgrund einer Kumulation verschiedener Gefährdungspotenziale - insbesondere aufgrund der zum Ausdruck gebrachten politischen Gesinnung und aufgrund seiner langjährigen Abwesenheit vom Senegal, ohne soziale Anknüpfungspunkte - mit einer existenziellen Notlage zu rechnen hätte, die als Verletzung von Art. 3 EMRK zu werten wäre. Eine innerstaatliche Fluchtalternative im Senegal würde dem Beschwerdeführer nicht zur Verfügung stehen, weil er - wie auch in seiner Herkunftsregion - nirgends über soziale oder familiäre Anknüpfungspunkte verfüge und seit dem Kleinkindalter nicht mehr dauerhaft im Herkunftsstaat Senegal aufhältig gewesen sei. Ihm sei daher der Status des Asylberechtigten, in eventu der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen. Im Übrigen sei der Beschwerdeführer seit 2 1/2 Jahren in Österreich aufhältig, unbescholten, habe keinerlei familiäre oder sonstige Bindungen zu seinem Herkunftsstaat und sei um eine Integration in Österreich bemüht, wie auch die mit der Beschwerde übermittelten Dokumente bestätigen würden. Die belangte Behörde habe eine mangelhafte Interessenabwägung vorgenommen und sei daher zu Unrecht zu dem Schluss gelangt, dass die Verhängung einer Rückkehrentscheidung zulässig wäre.
Der Beschwerde ist eine Anmeldebestätigung für einen Deutschkurs A1 sowie eine Bestätigung über die Mitgliedschaft des Beschwerdeführers in einem Kunst- und Sozialverein beigefügt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Zur Person und den Fluchtgründen des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest. Auf Grund der Angaben des Beschwerdeführers ist er Staatsbürger des Senegal, Angehöriger der Volksgruppe der Mandinka und er bekennt sich zum muslimischen Glauben. Er ist ledig und hat keine Kinder.
Der Beschwerdeführer lebte seit dem Kleinkindalter, nach dem Tod seiner Mutter, bis 2012 im Nachbarstaat Gambia bei seiner Großmutter. Er besuchte dort fünf Jahre lang die Schule. Nach dem Tod seiner Großmutter kehrte der Beschwerdeführer in den Senegal zurück und lebte dort gemeinsam mit seinem Vater und seinen älteren Geschwistern in einem Haus.
Der Beschwerdeführer reiste schlepperunterstützt nach Europa und stellte am 06.10.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich. Seither hält er sich nunmehr nur aufgrund der vorläufigen Aufenthaltsberechtigung als Asylwerber im Bundesgebiet auf.
Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in der Casamance/Senegal aktuell eine Zwangsrekrutierung durch Rebellen droht und er von diesen konkret verfolgt wird.
Dem Beschwerdeführer steht im Falle einer Verfolgung durch einzelne Gruppen in seiner Heimat auch eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung.
Zur Rückkehrsituation des Beschwerdeführers wird Folgendes festgestellt:
Es konnten im konkreten Fall auch keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, im Herkunftsstaat einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr ausgesetzt zu sein. Insbesondere ist im Herkunftsstaat die Basisversorgung der Bevölkerung mit Grundnahrungsmitteln grundsätzlich gewährleistet und herrscht keine Hungersnot. Der Beschwerdeführer selbst ist nunmehr volljährig und arbeitsfähig, sodass er sich dort zumindest durch einfache Arbeit das nötige Einkommen erzielen kann, um sich eine Existenzgrundlage zu schaffen.
Eine schwere Erkrankung liegt beim Beschwerdeführer nicht vor. Außergewöhnliche Gründe, die eine Rückkehr ausschließen könnten, konnten beim Beschwerdeführer nicht festgestellt werden.
Zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers wird festgestellt:
Der Beschwerdeführer verbrachte nach eigenen Angaben den Großteil seines Lebens nicht in seinem Heimatstaat, sondern im Nachbarland Gambia, wo noch seine Schwester wohnhaft ist.
Er ist ledig und befindet sich in einem arbeitsfähigen Alter. In Österreich hat der Beschwerdeführer keine Familienangehörigen oder Verwandten.
Der Beschwerdeführer ist Mitglied in einem Kunst- und Sozialverein und besuchte Deutschkurse. Das erfolgreiche Ablegen einer Deutsch-Sprachprüfung wurde jedoch nicht einmal behauptet. Der Beschwerdeführer ist nicht selbsterhaltungsfähig und lebt von der Grundversorgung. Er ist unbescholten.
Nicht festgestellt werden kann, dass eine ausgeprägte und verfestigte entscheidungserhebliche individuelle Integration des Beschwerdeführers vorliegt.
Hinweise auf das Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen für einen Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen kamen nicht hervor.
Zur Lage im Herkunftsstaat wird Folgendes festgestellt:
Zur Situation in Senegal werden folgende Feststellungen aus dem BFA-Länderinformationsblatt der Staatendokumentation zitiert:
"...
Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen
KI vom 17.8.2017, Parlamentswahlen am 31.7.2017 (relevant für Abschnitt 2/Politische Lage)
Bei der Parlamentswahl am 31.7.2017 im Senegal hat das Parteienbündnis von Präsident Macky Sall nach vorläufigen Ergebnissen die meisten Sitze gewonnen. Es habe 125 der 165 Sitze erhalten, meldete die senegalesische Nachrichtenagentur APS unter Berufung auf die Wahlbehörde. Das stärkste Oppositionsbündnis war demnach das des früheren Präsidenten Abdoulaye Wade mit 19 Mandaten. Das Bündnis des Bürgermeisters der Hauptstadt Dakar, Khalifa Sall, habe sieben Sitze erhalten (DS 5.8.2017; vgl. JA 5.8.2017). Die Wahlergebnisse wurden unter Ablehnung einer Petition der Oppositionsparteien am 14.8.2017 durch das senegalesische Verfassungsgericht bestätigt (TP 16.8.2017).
Der Wahlkampf war von Gewalt überschattet. Bei Zusammenstößen zwischen Unterstützern des Präsidenten und des wegen Veruntreuung von Geldern inhaftierten Bürgermeisters der Hauptstadt Dakar, Khalifa Sall, hatte die Polizei in den vergangenen Tagen dutzende Menschen festgenommen und Tränengas eingesetzt (DS 5.8.2017; vgl. NZZ 2.8.2017). Wades Anhänger waren offenbar an der Zerstörung von 145 Wahllokalen beteiligt, unter den Dutzenden von Verhafteten am Wahltag waren auch mindestens drei seiner Anhänger (NZZ 2.8.2017).
Quellen:
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DS - Der Standard (5.8.2017): Regierungskoalition im Senegal gewinnt Wahl,
http://derstandard.at/2000061996084/Parlamentswahl-in-Senegal, Zugriff 17.8.2017
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JA - Jeune Afrique (5.8.2017): Sénégal : la majorité présidentielle remporte haut la main les législatives, http://www.jeuneafrique.com/depeches/464037/politique/senegal-la-majorite-presidentielle-remporte-haut-la-main-les-legislatives/, Zugriff 17.8.2017
-
NZZ - Neue Zürcher Zeitung (2.8.2017): Parlamentswahlen in Senegal
-
Die Koalition in Senegal gewinnt, https://www.nzz.ch/international/parlamentswahlen-in-senegal-sieg-der-regierungspartei-ld.1308946, Zugriff 17.8.2017
-
TP - The Point (16.8.2017): Senegal's parliamentary election results validated,
http://thepoint.gm/africa/gambia/article/senegals-parliamentary-election-results-validated, Zugriff 17.8.2017
Politische Lage
Der Senegal ist eine Präsidialdemokratie nach französischem Vorbild. Der Präsident wird in allgemeiner, direkter und freier Wahl vom Volk für sieben Jahre gewählt. Den Regierungsvorsitz hält der Premierminister, welcher, so wie auch die Fachminister, direkt vom Präsidenten ernannt wird (GIZ 6.2015a, vgl. AA 10.2015a). Das Land verfügt über ein lebendiges Mehrparteiensystem, das 1976 etabliert wurde und in dem etwa 180 Parteien zugelassen sind. Artikel 3 der senegalesischen Verfassung garantiert das allgemeine Wahlrecht. Über Wahlkämpfe berichten die Medien umfassend und fair. Die Gewaltenteilung ist in Senegal rechtlich garantiert. In der Praxis kann eine Einflussnahme durch die Exekutive nicht ausgeschlossen werden (AA 21.11.2015).
Die senegalesische Bevölkerung hat in einem von internationalen Beobachtern anerkannten und demokratisch glaubwürdigen Wahlprozess am 25.3.2012 den bisherigen Präsidenten Wade abgewählt, dessen dritte Kandidatur umstritten war. Neuer Präsident wurde der erfolgreichste Oppositionskandidat Macky Sall. Am 1.7.2012 wurde ein neues Parlament gewählt, in dem die Koalition um Präsident Sall die Mehrheit erringen konnte, aber auch die Opposition vertreten ist (AA 21.11.2015). Die Regierung begann auf Grundlage ihres Regierungsprogramms "Yonnu Yokkute" zahlreiche Reformen. Sie hat ferner Verfahren eingeleitet, in denen Korruption und Unterschlagungen der vergangenen Jahre aufgearbeitet werden sollen. Seit Juli 2014 liegt der Schwerpunkt der Regierung auf der Umsetzung eines umfangreichen Programms zur Entwicklung der Infrastruktur ("Plan Sénégal Emergent") (AA 10.2015a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Senegal - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Senegal/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.2.2016
-
GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015a): Senegal - Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 19.2.2016
Sicherheitslage
Das französische Außenministerium empfiehlt erhöhte Aufmerksamkeit im ganzen Land (FD 19.2.2016). Gemäß französischem Außenministerium, dem deutschen Auswärtigen Amt sowie dem eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten besteht in den Regionen der Casamance [innerstaatliches Konfliktgebiet, seit 2012 weitgehend Waffenruhe] sowie den Grenzgebieten zu Mali und Teilen des Grenzgebiets zu Mauretanien [in beiden letztgenannten Regionen erhöhtes Sicherheitsrisiko aufgrund von Operationen terroristischer Gruppen in der Sahelzone, zu der Mali und Mauretanien gehören] erhöhtes Sicherheitsrisiko (FD 19.2.2016, vgl. AA 19.2.2016, EDA 19.2.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (19.2.2016): Senegal - Reise- und Sicherheitshinweise,
http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Laenderinformationen/00-SiHi/Nodes/SenegalSicherheit_node.html, Zugriff 19.2.2016
-
EDA - Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (19.2.2016): Reisehinweise für Senegal, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungen-und-reisehinweise/senegal/reisehinweise-fuersenegal.html, Zugriff 19.2.2016
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FD - France Diplomatie (19.2.2016): Sénégal - Sécurité, http://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays/senegal/, Zugriff 19.2.2016
Konflikt in der Casamance
Eine Herausforderung für die Regierung bleibt der seit drei Jahrzehnten ungelöste bewaffnete Konflikt in der Casamance. In diesem südlichen, durch Gambia geografisch nahezu abgetrennten Teil des Landes kämpfen Rebellengruppen des "Mouvement des Forces démocratiques de la Casamance (MFDC)" mit dem Ziel der Unabhängigkeit der Region. Die Casamance unterscheidet sich vom Rest des Landes in ihrer historischen, wirtschaftlichen und ethnisch-religiösen Prägung. Seit dem Machtwechsel 2012 herrscht ein weitgehend eingehaltener de facto-Waffenstillstand. Die Regierung hat einer Vermittlung durch die mediationserprobte Laienorganisation Sant'Egidio zugestimmt (AA 10.2015a). Präsident Sall hat die Befriedung und wirtschaftliche Förderung der Casamance zur Priorität erklärt. Die noch im Winter 2011/2012 zu beklagenden gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Armee und Rebellen der MFDC haben seit 2012 deutlich nachgelassen (AA 21.11.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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AA - Auswärtiges Amt (10.2015a): Senegal - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/Senegal/Innenpolitik_node.html, Zugriff 19.2.2016
Rechtsschutz/Justizwesen
Das Rechtssystem weist große Ähnlichkeit mit dem französischen System auf. Formal ist die Justiz natürlich unabhängig von Exekutive und Legislative, in der Praxis ist die Rechtsprechung aber wie in vielen anderen Ländern Problemen unterworfen. Politische Einflussnahme, Klientelismus und Korruption stören immer wieder die Unabhängigkeit der Justiz (GIZ 6.2015a). Alle Richter werden vom "Conseil Supérieur de la Magistrature" (CSM) berufen und befördert, dessen Vorsitzender der Präsident und dessen Vizepräsident der Justizminister ist. Auch die im Verhältnis zum gesellschaftlichen Status niedrigen Gehälter, schlechte Arbeitsbedingungen sowie familiäre Verpflichtungen lassen vermuten, dass Richter nicht immer frei von Beeinflussung durch staatliche Stellen oder Privatpersonen sind. Die Regierung strebt eine Justiz-Reform an, die u.a. die Untersuchungshaft neu regeln und die Haftbedingungen deutlich verbessern soll. Obwohl Richter und Anwälte in Senegal gut ausgebildet und nach strengen Kriterien ausgewählt werden, sind die Justizbehörden personell und materiell so schlecht ausgestattet, dass sie ihre Aufgaben nicht immer angemessen und umfassend erfüllen können. Die fehlende bzw. unzureichende Ahndung krimineller Delikte wird von vielen internationalen Beobachtern kritisiert. Berufungsmöglichkeiten sind im Prinzip für alle Gerichte vorgesehen, mit Ausnahme der militärischen Gerichtshöfe und des Korruptionsgerichtshofs (AA 21.11.2015).
Bemerkenswert ist, dass für die breite Masse der Bevölkerung das offizielle Zivilrecht, das ebenfalls auf der Grundlage französischer Gesetzestexte geschaffen wurde, keine Rolle spielt: Erbschaften, Bodenangelegenheiten oder auch Scheidungen werden zumeist nach dem traditionellen Recht geregelt (GIZ 6.2015a). Für einige Rechtsbereiche (Familien- und Erbrecht) können Muslime zwischen der Anwendung der Scharia und des säkularen Rechts wählen. Allerdings werden auch die Entscheidungen nach Grundsätzen der Scharia von Zivilrichtern getroffen, so dass die einheitliche Rechtsordnung gewahrt bleibt. Versuche seitens muslimischer Kräfte, der Scharia stärkeres Gewicht im Familien- und Erbrecht einzuräumen, sind bisher stets abgewehrt worden (AA 21.11.2015).
Für Mitglieder der Streitkräfte und der (paramilitärischen) Gendarmerie gibt es ein separates Militärgerichtssystem. Zivilisten werden nur vor Militärgerichten vernommen, wenn sie in ein durch militärisches Personal begangenes Vergehen gegen Militärgesetze verwickelt sind. Eine Strafverfolgungs- und Strafzumessungspraxis, die allein aufgrund der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, Religion, Nationalität, sozialen Gruppe oder politischen Überzeugung diskriminiert, ist nicht erkennbar. Es ist aber nicht auszuschließen, dass einzelne Verfahren auf Motiven dieser Art beruhen (AA 21.11.2016).
Gerichtsverhandlungen sind öffentlich. In Strafverfahren gilt die Unschuldsvermutung. Angeklagte haben das Recht, persönlich anwesend zu sein, die Aussage zu verweigern, Zeugen zu befragen, Entlastungsmaterial vorzulegen und einen Rechtsbeistand hinzuzuziehen. Sind sie nicht in der Lage, die Kosten hierfür selbst zu übernehmen, scheitert eine effiziente Verteidigung häufig daran, dass es keine Prozesskostenhilfe aus öffentlichen Mitteln gibt. Nur bei Kapitalverbrechen werden den Angeklagten Pflichtverteidiger zur Seite gestellt, die jedoch das Mandat wegen Überlastung oft nicht zufriedenstellend betreuen können. Von Beweiserhebungen können Öffentlichkeit und Medien ausgeschlossen werden, nicht jedoch Angeklagte und ihr Rechtsbeistand (AA 21.11.2016).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015a): Senegal - Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 19.2.2016
Sicherheitsbehörden
Polizei und Gendarmerie (letztere untersteht dem Verteidigungsministerium) sind für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit verantwortlich. Im Ausnahmezustand ist auch die Armee mitverantwortlich. Korruption und Straffreiheit innerhalb des Sicherheitsapparates stellen ein Problem dar (USDOS 25.6.2015). Der Schutz der Privatsphäre ist rechtlich und tatsächlich weitgehend gesichert. Die Verfassung verbietet Hausdurchsuchungen ohne einen richterlichen Beschluss. Die Polizei hält sich in der Regel an diese Vorschrift (AA 21.11.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Senegal, http://www.ecoi.net/local_link/306283/443556_de.html, Zugriff 22.2.2016
Folter und unmenschliche Behandlung
Übergriffe und Gewalt gegenüber Häftlingen kommen immer wieder vor. In Einzelfällen wird auch über Folter berichtet. Angehörige von Militär und Polizei werden bei solchen Vorwürfen häufig nicht zur Rechenschaft gezogen (AA 21.11.2015). Die Regierung verfügt nicht über effektive Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Misshandlungen sowie Korruption (USDOS 25.6.2015). Bei Demonstrationen ist es zu einzelnen tödlichen Übergriffen von Sicherheitsbehörden gegen Zivilisten gekommen. Die Verhängung grausamer oder erniedrigender Strafen erfolgt nicht. Körperstrafen nach der Scharia sind ausgeschlossen, da das islamische Recht nur im Familien- und Erbrecht, nicht aber im Strafrecht Anwendung findet (AA 21.11.2015).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Senegal, http://www.ecoi.net/local_link/306283/443556_de.html, Zugriff 22.2.2016
Korruption
Die Aufarbeitung von Korruptionsfällen und Veruntreuungen des alten Regimes gehört zu einer der Prioritäten von Präsident Macky Salls (GIZ 6.2015a). Im Kampf gegen Korruption und Amtsmissbrauch reaktivierte die neue Regierung das bereits bestehende Sondergericht gegen illegale Bereicherung ("Cour de répression contre l'enrichissement illicite" - CREI. Laufende Ermittlungen wurden in Einzelfällen in die Öffentlichkeit getragen, auch von Regierungsmitgliedern (AA 21.11.2015, vgl. GIZ 6.2015a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015a): Senegal - Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 19.2.2016
Nichtregierungsorganisationen (NGOs)
Der Senegal verfügt seit langem über eine lebendige zivilgesellschaftliche Landschaft (GIZ 6.2015a). Eine große Anzahl an nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen kann im Wesentlichen ohne Einschränkungen durch die Regierung arbeiten und Berichte veröffentlichen (USDOS 25.6.2015, vgl. AA 21.11.2015). Die NGOs sind im nationalen Dachverband CONGAD vereint (GIZ 6.2015a). Vertreter von Menschenrechtsgruppen können sich kritisch in der Öffentlichkeit äußern. Von Drangsalierungen, wie sie teilweise vor dem Machtwechsel 2012 vorkamen, ist nichts bekannt (AA 21.11.2015). Die Menschenrechtsorganisationen RADDHO (Rencontre Africaine pour la Défense des Droits de l'Homme) und ONDH (Organisation Nationale des Droits de l'Homme au Sénégal) sowie einige andere Organisationen, die sich zu einem Netzwerk zusammengeschlossen haben, verteidigen die Wahrung der Menschenrechte im Land (GIZ 6.2015a).
Quellen:
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AA - Auswärtiges Amt (21.11.2015): Bericht im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG (Stand: August 2015)
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GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (6.2015a): Senegal - Geschichte&Staat, http://liportal.giz.de/senegal/geschichte-staat/, Zugriff 19.2.2016
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USDOS - U.S. Department of State (25.6.2015): Country Report on Human Rights Practices 2014 - Senegal, http://www.ecoi.net/local_link/306283/443556_de.html, Zugriff 22.2.2016
Allgemeine Menschenrechtslage
Der Senegal gilt als weitgehend demokratisches und stabiles Land, in dem die grundlegenden Menschenrechte geachtet werden (GIZ 6.2015a). Die Republik Senegal zeichnet sich durch rechtsstaatliche und demokratische Strukturen aus. Sie gewährleistet grundlegende Freiheitsrechte, insbesondere die in der laizistischen Verfassung ausdrücklich geschützte Religionsfreiheit sowie Meinungs-, Presse- und Versammlungsfreiheit (AA 10.2015a). Die Menschenrechtslage ist für weite Bevölkerungsgruppen weiterhin befriedigend und hat sich nach dem demokratischen Machtwechsel im Frühjahr 2012 deutlich entspannt. Senegal hat eine aktive Zivilgesellschaft, die Medienlandschaft ist diversifiziert und zum Teil regierungskritisch. Senegal ist ein säkularer Staat. Bisher zeigten Versuche religiöser Kreise in oder außerhalb Senegals, dies zu ändern, keine erkennbare Wirkung, es gibt jedoch im Land eine spürbare, substanzielle Besorgnis vor islamistischem Terrorismus (AA 21.11.2015).
Senegal ist Vertragsstaat der Afrikanischen Menschenrechtscharta und der folgenden UN-Menschenrechtskonventionen:
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Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte (Zivilpakt) einschließlich dessen ersten Zusatzprotokolls;
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Internationaler Pakt über die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte;
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Internationales Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung;
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Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau einschließlich
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Zusatzprotokoll;
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Übereinkommen gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende
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Behandlung oder Strafe;