TE Bvwg Erkenntnis 2018/5/3 G302 2148650-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.05.2018
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Entscheidungsdatum

03.05.2018

Norm

ASVG §410
AVG §10
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

G302 2148650-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Manfred ENZI als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX, geboren am

XXXX, vertreten durch: XXXX, gegen den Bescheid der Steiermärkischen

Gebietskrankenkasse vom 22.11.2016,Zl. XXXX, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Mit Bescheid der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse (im Folgenden: belangten Behörde) vom 16.12.2015, Zl. XXXX, hat diese festgestellt, dass Herr XXXX, geb. am XXXX (im Folgenden: Beschwerdeführer oder kurz BF), als ehemaliger Geschäftsführer der "XXXX" (in der Folge: R GmbH), welche die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der XXXX (im Folgenden: Primärschuldnerin) für den Zeitraum November 2013 bis April 2014 der belangten Behörde gemäß § 67 Abs. 10 ASVG iVm § 58 Abs. 5 ASVG sowie § 83 ASVG aushaftende Sozialversicherungsbeiträge in der Höhe von EUR € 41.825,10 zuzüglich Verzugszinsen im gemäß § 59 Abs. 1 ASVG gültigen Satz von derzeit 7,88 % p.a. ab 16.11.2015 aus dem Betrage von € 39.062,84 schulde und verpflichtet sei, diese Schuld binnen 15 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu bezahlen.

Der Bescheid wurde mittels RSb-Brief an den rechtsfreundlichen Vertreter zugestellt. Die Rechtsmittelfrist verstrich ungenutzt.

Am 17.05.2016 beantragte die rechtsfreundliche Vertretung des BF die Neuzustellung des Haftungsbescheides. Der BF verfüge seit 24.08.2015 über keinen Wohnsitz in Österreich und sei somit eine Zustellung des Haftungsbescheides sowie das Erwachsen in Rechtskraft nicht möglich gewesen. Am 23.08.2016 langte bei der belangten Behörde der neuerliche Antrag auf Neuzustellung des Haftungsbescheides an den rechtsfreundlichen Vertreter ein. Dies mit der Begründung, dass es nie zu einer rechtmäßigen Zustellung des Bescheides gekommen sei, da die rechtsfreundliche Vertretung über keine Zustellvollmacht verfügt habe und weiters zum Zeitpunkt der ersten Kontaktaufnahme noch gar kein Verfahren bei der belangten Behörde anhängig gewesen sei. Weiters habe die belangte Behörde um Weiterleitung des Bescheides ersucht und habe der Rechtsvertreter durch seine Mitteilung, dass dies mangels Kenntnis der Adresse des BF nicht möglich sei, klar ersichtlich gemacht, dass keine Zustellvollmacht gegeben sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.11.2016, Zl. XXXX, wurde der Antrag des BF auf Neuzustellung des Haftungsbescheides vom 16.12.2015, Zl. XXXX, als unbegründet abgewiesen wurde.

Die dagegen erhobene rechtzeitige Beschwerde langte am 21.12.2016 bei der belangten Behörde ein. In der Beschwerde wurde moniert, dass im Haftungsbescheid der Beschwerdeführer sowohl als Adressat als auch im Spruch persönlich angeführt sei. Weiters sei der rechtsfreundliche Vertreter im Begleitschreiben auch um Weiterleitung des Bescheides ersucht worden. Durch die Mitteilung, dass keine Adresse des Beschwerdeführers bekannt sei und somit keine Weiterleitung erfolgen könne, sei klar dargelegt, dass keine Zustellvollmacht vorliege. Eine rechtswirksame Zustellung sei daher nicht erfolgt. Die Vollmacht sei weiters nur für ein bestimmtes Verfahrensstadium erteilt worden. Zum Zeitpunkt der Versendung des Schriftstücks vom 10.07.2015 habe es sich noch um das Vorverfahren gehandelt. Die belangte Behörde sei ihrer Verpflichtung zur materiellen Wahrheitserforschung nicht nachgekommen, da sie keine Nachforschungen betreffend die Zustellungsvollmacht getätigt habe.

Die Bezug habenden Verwaltungsakte wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 28.02.2017 seitens der belangten Behörde vorgelegt und zur Erledigung der Gerichtsabteilung G302 zugewiesen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Aufgrund offener Beitragsverbindlichkeiten der Primärschuldnerin wurde der BF als eingetragener Geschäftsführer der R GmbH, welche die unbeschränkt haftende Gesellschafterin der Primärschuldnerin ist, mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 17.06.2015 aufgefordert, sich am Verfahren zu beteiligen und Einwände zu erheben, die gegen sein Verschulden für die aushaftenden Beitragsverbindlichkeiten der von ihm vertretenen juristischen Person sprechen.

Das Schreiben wurde mit dem Vermerk "ortsabwesend bis 04.07.2015" zurückgesandt.

Mit neuerlicher Versendung des Schreibens vom 10.07.2015 (Aufforderung zur Stellungnahme) wurde nach außen die Tatsache der amtswegigen Einleitung eines Verwaltungsverfahrens bekannt gemacht. Im Betreff dieses Schreibens wurde "Rückständige Sozialversicherungsbeiträge; Haftung gemäß § 67 Abs.10 ASVG" sowie das Bezugszeichen XXXX und die Beitragskontonummer XXXXangeführt.

Mit E-Mail vom 29.07.2015 gab XXXX (XXXX) bekannt, dass er in der oben bezeichneten Angelegenheit den BF rechtsfreundlich vertrete und um Verlängerung der Frist zur Vorlage der Unterlagen - wobei die meisten Unterlagen vom Masseverwalter vernichtet worden seien - ersuchte. Im Betreff dieses E-Mails wurde "XXXX (Bitte immer anführen); Bezugszeichen XXXX; Beitragskontonummer XXXX" angegeben.

Auszug aus dem E-Mail des Rechtsvertreters des BF vom 29.07.2015:

[...]

Sehr geehrte Frau XXXX,

in der oben bezeichneten Angelegenheit darf ich Ihnen mitteilen, dass ich Herrn XXXX rechtsfreundlich vertrete. Mein Mandant... [...]

Da die neuerliche Frist ungenutzt verstrich, wurde aufgrund der Aktenlage entschieden und mit Bescheid vom 16.12.2015, Zl. XXXX die Haftung gemäß § 67 Abs. 10 ASVG gegen den BF ausgesprochen.

Der Bescheid wurde mittels RSb-Brief an den rechtsfreundlichen Vertreter mit dem Ersuchen zugestellt, diesen auch an seinen Mandanten weiterzuleiten. Die Zustellung ist durch die Übernahmebestätigung vom 17.12.2015 ausgewiesen.

Am 12.01.2016 teilte der Rechtsvertreter des BF in einer E-Mail mit, dass ihm keine aktuelle Postadresse vom BF vorliege und eine Weiterleitung des Bescheides daher nicht möglich sei.

Die Rechtsmittelfrist verstrich ungenutzt.

Nach Rechtskraft des Bescheides wurde ein Antrag auf kombinierte Fahrnis- und Forderungsexekution beim zuständigen Bezirksgericht gestellt.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten sowie des nunmehr dem Bundesverwaltungsgerichtes vorliegenden Gerichtsakts.

Das Bundesverwaltungsgericht erachtet das bisherige Ermittlungsverfahren als hinreichend, um den maßgeblichen Sachverhalt festzustellen. Insgesamt ergeben die vorliegenden Tatsachen und Beweise sowie mangelnde gegenteilige Beweise ein Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse. Aus den angeführten Gründen konnte der dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Akteninhalt dem gegenständlichen Erkenntnis im Rahmen der freien Beweiswürdigung zugrunde gelegt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A) :

Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz (VwGH 26.04.2000, 99/05/0239; 23.07.2009, 2007/05/0139). Solange ein Bescheid noch nicht erlassen wurde, kann er keine Rechtswirkung nach außen entfalten (Walter/Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht, 2011, Rz 426). Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung oder Ausfolgung zu erfolgen. Erlassen ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung oder Ausfolgung vorliegt (VwGH 26.06.2001, 2000/04/0190).

Aus § 10 Abs. 1 AVG ergibt sich, dass sich Parteien in einem behördlichen Verfahren durch eigenberechtigte natürliche Personen, juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften vertreten lassen können. Bevollmächtigte haben sich durch eine schriftliche, auf Namen oder Firma lautende Vollmacht auszuweisen.

Die Wirksamkeit der Vollmacht gegenüber der Behörde tritt mit dem Zugang der Mitteilung bei der Behörde ein (VwGH 25.03.1996, 95/10/0052) und ist die Behörde an diese Vollmacht solange gebunden und zur Zustellung an den namhaft gemachten Zustellungsbevollmächtigten verpflichtet, als die Vollmacht nicht widerrufen bzw. aufgekündigt wird (Raschauer/Sander/Wessely, Österreichisches Zustellrecht, § 9 Rz 6).

Eine allgemeine Vollmacht zur Vertretung beinhaltet, so nicht explizit ausgeschlossen, auch die Befugnis zur Empfangnahme von Schriftstücken iSd § 9 Zustellgesetz, BGBl. Nr. 200/1982, (siehe Hengstschläger/Leeb, AVG2, § 10 Rz 17). Einem Bevollmächtigten sind alle Schriftstücke bei sonstiger Unwirksamkeit zuzustellen (VwGH 26.04.2011, 2010/03/0186) und ist dieser in der Zustellverfügung als Empfänger zu bezeichnen (VwGH 03.07.2001, 2000/05/0115; 28.08.2008, 2008/22/0607).

Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde gemäß § 9 Abs. 3 Zustellgesetz (ZustG), soweit gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, diesen (an Stelle des Bescheidadressaten) als Empfänger zu bezeichnen. Geschieht dies nicht, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt bewirkt, in dem das Dokument dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist; in seinem Erkenntnis vom 24.03.2015, Ro 2014/05/0013, führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass für wen nach dem - allein maßgebenden - Willen der Behörde das Schriftstück bestimmt sei, wer also "Empfänger" desselben im Sinn des Zustellgesetzes sei, von der Zustellverfügung abhänge. Die Zustellung an eine Person, die zu Unrecht als Zustellungsbevollmächtigter der Partei angesehen werde, entsprechend der Zustellverfügung vermöge gegenüber der Partei keine Rechtswirkungen zu entfalten, dies selbst im Fall des tatsächlichen Zukommens an die Partei. Diese Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs entspricht auch der Intention des Gesetzgebers, der davon ausgeht, dass Mängel in der Zustellverfügung nicht heilbar sind. Lediglich für den Fall, dass irrtümlich nicht dem Zustellbevollmächtigten sondern dem Adressaten des Bescheides zugestellt wird, kennt § 9 Abs. 3 ZustG eine Heilung eines Mangels in der Zustellverfügung.

Im gegenständlichen Fall ergibt sich durch den E-Mailverkehr des Rechtsvertreters des BF (Zustellungsbevollmächtigten) an die belangte Behörde am 29.07.2015 (Auszug aus dem E-Mail des Rechtsvertreters des BF vom 29.07.2015: [...] Sehr geehrte Frau XXXX, in der oben bezeichneten Angelegenheit darf ich Ihnen mitteilen, dass ich Herrn XXXX rechtsfreundlich vertrete. Mein Mandant... [...]) unstrittig, dass der Beschwerdeführer vor der Zustellung des angefochtenen Bescheides vertreten war und dieser Umstand der belangten Behörde auch bekannt war. Mit dieser E-Mail vom 29.07.2015 gab der Rechtsvertreter unmissverständlich bekannt, dass er in der oben bezeichneten Angelegenheit den BF rechtsfreundlich vertrete.

Sobald ein Rechtsanwalt die Vertretung eines Mandanten anzeigt und somit seine Vollmacht mitteilt, kann jedenfalls auch von einer Zustellungsbevollmächtigung ausgegangen werden.

Die belangte Behörde verfügte die Zustellung des Bescheides an den rechtsfreundlichen Vertreter. Gemäß § 9 Abs. 3 ZustG ist der angefochtene Bescheid an den Vertreter als Zustellbevollmächtigten zuzustellen, weswegen die verfügte und auch durchgeführte Zustellung an den Beschwerdeführer rechtswirksam war.

Gemäß § 30 Abs. 2 ZPO ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Bevollmächtigung deren urkundlichen Nachweis, wenn ein Rechtsanwalt oder Notar einschreitet.

Wie in der zu § 30 Abs. 2 ZPO ergangenen zivilgerichtlichen Rechtsprechung und Literatur zutreffend betont wurde, ist eine nähere Prüfung, ob in Fällen, in denen sich ein entsprechender Parteienvertreter auf eine erteilte Vollmacht beruft, tatsächlich eine Vollmacht vorliegt, nur bei Vorliegen konkreter Bedenken angezeigt (vgl. z.B. Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozessrechtes2 Rz 428 Abs. 2 mwN sowie Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO2 Rz 2 zu § 30 ZPO und die dort ref. Judikatur und Literatur). Zum Ausgleich dafür zwingt aber der erleichterte Nachweis den betreffenden Parteienvertreter standesrechtlich zu besonderer Sorgfalt (Fucik a.a.O. unter Hinweis auf OBDK, AnwBl 1996, 622).

Die Berufung auf die erteilte Vollmacht genügt bei Rechtsanwälten (RA-Partnerschaft oder GmbH), (Fucik in Rechberger, Kommentar zur ZPO 4. Aufl April 2014). Mit Rücksicht darauf, dass sich aus der Aktenlage nicht die geringsten Bedenken betreffend das Vorliegen einer Vertretungsmacht und damit auch eine Zustellvollmacht des einschreitenden Rechtsanwaltes ergeben, war die belangte Behörde berechtigt, den Haftungsbescheid an den Beschwerdeführer zu Handen des genannten Rechtsanwaltes zuzustellen und begann daher mit dieser Zustellung die Rechtsmittelfrist zu laufen.

Entscheidend bei der Bevollmächtigung von Rechtsanwälten ist lediglich der zurechenbare Anschein einer auch nur irgendwie prozessführungsbezogenen Vollmacht. Die durch §§ 31, 32 ZPO angestrebte Rechtssicherheit verlangt es, dass sich Gegner und Gericht auf die erteilte Prozessvollmacht verlassen können, ohne weitere Prüfungen ungewisser Ereignisse vornehmen zu müssen. Einer einem Rechtsanwalt erteilten Vollmacht beigefügte Bedingungen oder Beschränkungen sind aus Verkehrsschutzgründen im Außenverhältnis unbeachtlich (OGH vom 30.11.2006 Zl. 6Ob265/06y).

Die Zustellung des Haftungsbescheides vom 16.12.2015 zu Handen des rechtlichen Vertreters am 17.12.2015 war daher rechtmäßig und für Beschwerdeführer insofern rechtswirksam, als damit ihm gegenüber der beschwerdegegenständliche Haftungsbescheid erlassen wurde. Die Übernahmebestätigung ist mit 17.12.2015 ausgewiesen.

Wenn die rechtsfreundliche Vertretung in Ihrer schriftlichen Stellungnahme vom 23.08.2016 darauf verweist, dass sie den Haftungsbescheid nicht an den BF weiterleiten könne, da ihr keinerlei Postadresse des BF bekannt sei, so kann diesem Einwand kein Erfolg beschieden sein, da dies ausschließlich die Vollmacht im Innenverhältnis zwischen dem BF und seiner rechtsfreundlichen Vertretung berührt.

Auch das beschwerdegegenständliche Vorbringen, wonach sich der Beschwerdeführer im Zeitraum der von der belangten Behörde gewährten Fristerstreckung nicht mit seinem rechtsfreundlichen Vertreter in Verbindung gesetzt habe, sodass eine Stellungnahme zum Aufforderungsschreiben der belangten Behörde vom 10.07.2015 nicht innerhalb der Frist abgegeben werden konnte, kann nicht zum Erfolg führen.

In der Beschwerde wurde auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl. 2002/01/0286 vom 22.10.2002, wonach die Bekanntgabe einer neuen Zustelladresse als Widerruf der Zustellvollmacht anzusehen sei. Dabei verkennt die Rechtsvertretung, dass im vorliegenden Beschwerdefall vom Beschwerdeführer gerade keine neue Zustelladresse bekannt gegeben wurde, weshalb sich weitere diesbezügliche rechtliche Erörterungen erübrigen.

Die rechtsfreundliche Vertretung des BF gab der belangten Behörde zu keinem Zeitpunkt eine Auflösung der Vertretungsvollmacht bekannt, wonach das schriftlich angezeigte Vollmachtsverhältnis inzwischen beendet worden sei. Daher hat die belangte Behörde zu Recht die aufrechte Vollmacht und somit die Zustellungsbevollmächtigung nie in Zweifel gezogen.

Das Ermittlungsverfahren sowie auch die Erstellung eines Bescheides sind Bestandteile ein und desselben Verwaltungsverfahrens. Dass eine Vollmacht nur für ein Schreiben erteilt bzw. zwischenzeitig aufgelöst wurde, hätte der belangten Behörde auf jeden Fall schriftlich mitgeteilt werden müssen.

In welchem Umfang eine Vollmacht erteilt wird, ergibt sich aus der Vereinbarung zwischen Rechtsanwalt und seinem Mandanten. Diesen Umfang zu ermitteln, ist nicht Aufgabe der belangten Behörde, wenn kein Zweifel an der Vertretung besteht und diese auch nicht bestritten wird.

Im Haftungsbescheid vom 16.12.2015 wurde sowohl als Adressat als auch im Spruch der Beschwerdeführer persönlich angeführt wird. Dies deshalb, da er - trotz rechtsfreundlicher Vertretung - der Haftende für die aushaftende Sozialversicherungsbeiträge bleibt. Die rechtsgültige Zustellung des Haftungsbescheides erfolgte durch die Übernahme in der Kanzlei des rechtsfreundlichen Vertreters, welche durch den Rückschein vom 17.12.2015 nachgewiesen ist.

Der Haftungsbescheid vom 16.12.2015 wurde - rechtskonform- an die rechtsfreundliche Vertretung per RSb verschickt und wurde auch ein Begleitschreiben beigelegt.

Auch wenn der Rechtsanwalt dabei nicht wortwörtlich auf eine ihm erteilte Vollmacht hinweist (wie z.B. mit der üblichen Klausel: "Vollmacht gemäß § 8 RAO erteilt"), bringt er mit der verwendeten Wortwahl ("Ich teile mit, dass ich die rechtsfreundliche Vertretung von Herrn XXXX innehabe") dennoch unmissverständlich zum Ausdruck, dass er sich bei seinem Einschreiten als berufsmäßiger Parteienvertreter in einer konkreten Verwaltungsangelegenheit auf eine ihm erteilte Vertretungsvollmacht des Beschwerdeführers stützt. Die Behörde konnte daher nach der oben dargestellten, einheitlichen Judikatur und Lehre zu § 10 Abs. 1 AVG zu Recht von einer ihm erteilten allgemeinen Vertretungsvollmacht ausgehen.

Der Haftungsbescheid wurde somit völlig rechtskonform an die Rechtsvertretung des BF als Zustellungsbevollmächtigten zugestellt und ist somit - da kein Rechtsmittel erhoben wurde - in Rechtskraft erwachsen.

Der Antrag der rechtsfreundlichen Vertretung des BF vom 17.05.2016 auf Neuzustellung des Haftungsbescheides vom 16.12.2015 wurde von der belangten Behörde daher rechtmäßig mit Bescheid vom 22.11.2016 als unbegründet abgewiesen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

4. Entfall einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß Abs. 3 hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden. Gemäß Abs. 4 kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Der für diesen Fall maßgebliche Sachverhalt konnte als durch die Aktenlage hinreichend geklärt erachtet werden. In der Beschwerde wurden keine noch zu klärenden Tatsachenfragen in konkreter und substantiierter Weise aufgeworfen und war gegenständlich auch keine komplexe Rechtsfrage zu lösen (VwGH 31.07.2007, GZ 2005/05/0080). Dem Absehen von der Verhandlung stehen hier auch Art 6 Abs. 1 EMRK und Art 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union nicht entgegen.

Zu Spruchteil B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Rechtskraft, Rechtsvertreter, Vertretungsvollmacht,
Zustellbevollmächtigter, Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:G302.2148650.1.00

Zuletzt aktualisiert am

15.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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