Entscheidungsdatum
24.04.2018Norm
AsylG 2005 §12a Abs2Spruch
W183 2167862-2/5E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin MMag. Dr. Erika PIELER in dem von Amts wegen eingeleiteten Verfahren über die durch mündlich verkündeten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.04.2018, Zl. 1075529307/180372832, erfolgte Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes betreffend XXXX, geb. XXXX, StA. Somalia, vertreten durch den Migrantinnenverein St. Marx, beschlossen:
A)
Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes ist gemäß § 12a Abs. 2 iVm. § 22 Abs. 10 AsylG 2005 und § 22 BFA-VG rechtmäßig.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer (BF) stellte am 28.06.2015 in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz und begründete diesen mit einer Verfolgungsgefahr durch al Shabaab. Mit Bescheid vom 28.07.2017 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) den Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigen wie auch des Status des subsidiär Schutzberechtigten ab und erließ eine Rückkehrentscheidung. Diese Entscheidung würdigte die Erkrankung des BF an Diabetes mellitus Typ II sowie Bluthochdruck.
2. Der BF erhob das Rechtsmittel der Beschwerde und nahm darin unter anderem auf die Dürresituation in Somalia sowie die schlechte Sicherheits- und Versorgungslage Bezug. Das Bundesverwaltungsgericht führte eine mündliche Verhandlung durch und übermittelte der BF eine Stellungnahme zur Versorgungslage in Somalia sowie eine ärztliche Bestätigung vom 09.10.2017 betreffend seinen Bluthochdruck, die Diabeteserkrankung sowie Hypercholesterinämie. Das Bundesverwaltungsgericht wies mit Erkenntnis vom 05.02.2018, Zl. W251 2167862/1/14E, die Beschwerde ab.
3. Am 16.03.2018 stellte der BF einen Folgeantrag und gab im Rahmen der Erstbefragung am selben Tag an, keine neuen Asylgründe zu haben. Lediglich aus den aktuellen Länderberichten ergebe sich, dass Somalia eines der schlechtesten Länder hinsichtlich des Gesundheitswesens sei und er dort als Diabetiker nicht ausreichend versorgt werden könnte.
4. Das BFA führte am 05.04.2018 eine Einvernahme durch und gab BF an, ein kranker Mann zu sein, der an Diabetes und Bluthochdruck leide. Er habe nicht nur Probleme wegen der al Shabaab sondern auch wegen der Stammeszugehörigkeit, was er allerdings im ersten Verfahren bereits angeführt habe. Die Möglichkeit zur Einsichtnahme in die Berichte zur Situation in Somalia wurde geboten. Seitens des BF wurde unter anderem eine Stellungnahme zur Situation in Somalia betreffend medizinische Versorgung, rückkehrspezifische Grundversorgung und Dürre vorgelegt.
Am 19.04.2018 wurde dem BF im Rahmen einer Einvernahme Parteiengehör gewährt. BF gab an, an Diabetes und Bluthochdruck zu leiden, zu zittern und er habe auch seine Männlichkeit verloren. Ein Arztbefund betreffend die Diabeteserkrankung vom 27.06.2017 sowie eine ärztliche Bestätigung vom 29.03.2018 wurden vorgelegt.
Mit am 19.04.2018 mündlich verkündetem Bescheid wurde gem. § 12a Abs. 2 AsylG 2005 der faktische Abschiebeschutz gem. § 12 AsylG 2005 aufgehoben.
5. Mit Schriftsatz vom 19.04.2018 (am BVwG am 23.04.2018 eingelangt) wurde dieser Bescheid samt Verwaltungsunterlagen zwecks Überprüfung der Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.
6. Mit Schriftsatz vom 20.04.2018 teilte der Rechtsvertreter des BF mit, dass die medizinische Versorgung in Somalia laut dem aktuellsten LIB zu den schlechtesten der ganzen Welt gehöre, es in Somalia eine Hungersnot gebe und BF an Diabetes und Bluthochdruck leide. Er zittere und habe Erektionsprobleme.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. BF ist ein volljähriger somalischer Staatsangehöriger, Angehöriger der Hawiye und stammt aus Mogadischu, wo er 12 Jahre lang die Schule besuchte und in einem Kino wie auch als Koch arbeitete. In Mogadischu leben die Ehefrau und zwei Töchter aus einer früheren Ehe des BF sowie ein Bruder und drei Schwestern des BF. Mit den Geschwistern besitzt BF ein Haus in Mogadischu, in dem seine Frau und die Töchter leben. Diese werden von seiner Schwester versorgt und es geht ihnen gut. BF ist arbeitsfähig und arbeitswillig.
Der BF leidet an Diabetes mellitus Typ II sowie an Bluthochdruck und Hypercholesterinämie.
1.2. Der am 28.06.2015 gestellte Antrag des BF auf Gewährung von internationalem Schutz wurde abgewiesen und diese Entscheidung durch das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2018 bestätigt. Eine Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG gegen den BF besteht.
In diesem ersten Verfahren brachte BF eine Bedrohung durch al Shabaab vor. Auch brachte er eine Erkrankung an Diabetes mellitus Typ II sowie an Bluthochdruck und Hypercholesterinämie vor. In der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG gab BF an, Ernährungsvorschriften beachten zu müssen. Das Bundesverwaltungsgericht erachtete eine Verfolgung durch die al Shabaab für nicht glaubhaft. Der Entscheidung des BVwG liegen Länderberichte zugrunde, welche von einer grundsätzlich mangelhaften medizinischen Versorgungslage ausgehen, jedoch ist der Zugang zu medizinischer Versorgung in Mogadischu und Somaliland am besten. Auch können unkomplizierte Bluthochdruck und Diabetes-Fälle behandelt werden und ist Insulin in Mogadischu verfügbar. Des Weiteren enthält die Entscheidung des BVwG Feststellungen zur Dürrekatastrophe und Hungersnot, auch in Bezug auf Mogadischu. Mehr als die Hälfte der Einwohner der Region Banadir sind demnach nicht mit Problemen betreffend Lebensmittelversorgung oder Unterernährung konfrontiert. Das BVwG setzte sich mit dem Vorbringen des BF vor dem Hintergrund der Länderberichte auseinander und bestätigte die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz.
Im Folgeantrag vom 16.03.2018 gab der BF an, dass er noch dieselben Fluchtgründe habe, aber Somalia aufgrund der Länderberichte eines der schlechtesten Länder hinsichtlich des Gesundheitswesens sei und er dort als Diabetiker nicht ausreichend versorgt werden könnte. Im Verfahren über den Folgeantrag legte BF als Beweismittel betreffend seine Erkrankung die ärztliche Bestätigung vom 09.10.2017 betreffend die regelmäßig einzunehmenden Medikamente sowie den Ambulanzbefund betreffend Diabetes vom 27.06.2017, einen Befund vom 07.04.2016 sowie eine ärztliche Bestätigung vom 29.03.2018 vor. In letzterer bestätigt der unterzeichnende Arzt, dass der BF wegen eines insulinpflichtigen Diabetes mellitus in ständiger Behandlung bei ihm stehe. Wegen der Schwankungen der Blutzuckerwerte sei ein geregelter Tagesablauf wichtig.
Die vorgelegten Dokumente lagen zum Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung durch das BVwG bereits vor und berücksichtigt diese Entscheidung die Erkrankungen des BF vor dem Hintergrund der Länderberichte. Aus der ärztlichen Bestätigung vom 29.03.2018 ergeben sich keine maßgeblichen Änderungen des Krankheitsbildes. Belege für eine allfällige Verschlechterung des Gesundheitszustandes legte BF nicht vor.
Die vom BFA herangezogenen aktuellen Länderberichten (12.01.2018) gehen auf die Dürresituation ein. So ist die Lage zwar prekär, doch konnte eine Hungersnot verhindert werden. Betreffend die medizinische Versorgung wird allgemein festgehalten, dass die Gesundheitslage zu den schlechtesten der ganzen Welt zählt und die Versorgung im ganzen Land mangelhaft ist. In Mogadischu und Somaliland ist der Zugang aber am besten. Es sind aber auch in Mogadischu neue Spitäler errichtet worden.
Eine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts ist somit weder im Hinblick auf das individuelle Vorbringen des BF noch in Bezug auf die allgemeine Lage im Herkunftsstaat eingetreten.
1.3. In Mogadischu besteht ein Zugang zu medizinischer Versorgung und kann nicht festgestellt werden, dass eine insulinpflichtige Diabeteserkrankung sowie Bluthochdruck in Mogadischu nicht behandelbar wären.
1.4. Der BF verfügt über kein schützenswertes Privat- und/oder Familienleben im Bundesgebiet.
2. Beweiswürdigung:
2.1. Die Feststellungen ergeben sich aus den von der belangten Behörde vollständig vorgelegten, unstrittigen Verwaltungsunterlagen sowie der rechtskräftigen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 05.02.2018. Der Umstand, dass sich der Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat, ergibt sich aus einem Vergleich des bereits umfassend geprüften Antrags auf Gewährung von internationalem Schutz (samt Einvernahmen und Dokumentenvorlagen) mit dem Folgeantrag (samt Einvernahmen und Dokumentenvorlagen). Im Folgeantrag gibt BF selbst an, keine neuen Gründe für den Asylantrag zu haben und bezieht sich nur auf die seines Erachtens nach verschlechterte Situation des Gesundheitswesens in Somalia.
Betreffend den Gesundheitszustand ergibt sich aus den vorgelegten ärztlichen Dokumenten, dass der BF bereits im Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG die Diagnosen Diabetes mellitus Typ II und Bluthochdruck hatte und er medikamentiert wurde. Auch waren die Ernährungsempfehlungen seit der Einvernahme in der mündlichen Verhandlung vor dem BVwG bekannt. Eine Änderung dieses Gesundheitszustandes oder der erforderlichen Behandlung wurde nicht belegt und geht dies auch insbesondere aus der ärztlichen Bestätigung vom 29.03.2018 nicht hervor, welche bloß eine ärztliche Betreuung bestätigt und einen geregelten Tagesablauf empfiehlt. Selbst in der Einvernahme im Folgeantragsverfahren gab BF an, dass er bereits seit Ende 2017 zitternde Beine und Erektionsprobleme hat (AS 115), dies somit zu einem Zeitpunkt vor Erlassung der Entscheidung des BVwG im Februar 2018.
Auch die Ländersituation ist im Wesentlichen gleichbleibend. Bereits im Erstverfahren wurde die zwar grundsätzliche mangelhafte medizinische Versorgung gewürdigt, aber auch festgestellt, dass es Behandlungsmöglichkeiten gibt. Dies deckt sich auch mit den aktuellen Länderberichten. Aus dem zum Parteiengehör gebrachten aktuellen Länderinformationsblatt ist nicht ersichtlich, dass BF nicht in Somalia behandelt werden könnte. Die Versorgungssituation aufgrund der Dürre wurde bereits hinreichend in der Entscheidung des BVwG gewürdigt und sind keine wesentlichen Änderungen aus den neuen Länderberichten ersichtlich. Die vom Rechtsvertreter des BF angeführten Länderberichte zur medizinischen Versorgung (Stellungnahme vom 04.04.2018) sind zum einen undatiert und zum anderen aus dem Jahr 2016, weshalb diesbezüglich nicht von einer seit der Erlassung des Erkenntnisses des BVwG neuen Ländersituation auszugehen ist.
Betreffend die herangezogenen Länderberichte ist festzuhalten, dass diese auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängiger Quellen von staatlichen und nichtstaatlichen Stellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wesentliche Widersprüche darbieten. Es besteht im vorliegenden Fall für das Bundesverwaltungsgericht daher kein Anlass, an der Richtigkeit dieser Berichte zu zweifeln.
Die Feststellungen zur Person des BF und seinem Familienleben bzw. seiner Situation in Österreich ergeben sich aus dem Erstverfahren und ist aus den nun vorgelegten Verwaltungsunterlagen diesbezüglich keine Änderungen der Situation ersichtlich. Die Arbeitsfähigkeit und -willigkeit ergibt sich aus der Stellungnahme des Rechtsvertreters des BF vom 04.04.2018. Seitens des BF wurde kein Vorbringen erstattet, welches zu anderen Feststellungen hätte führen können. Insbesondere sind die Besuchsbestätigungen von Deutschkursen (Niveau A1, Teil 1 und 2) nicht geeignet, eine Integration in Österreich zu belegen.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Zu A)
3.1.1. Die maßgeblichen Rechtsgrundlagen lauten:
Hat der Fremde einen Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23) gestellt und liegt kein Fall des Abs. 1 vor, kann das Bundesamt den faktischen Abschiebeschutz des Fremden aufheben, wenn 1. gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG besteht, 2. der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, und 3. die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung keine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten und für ihn als Zivilperson keine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
§ 22 Abs. 10 AsylgG 2005:
Entscheidungen des Bundesamtes über die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 ergehen mündlich in Bescheidform. Die Beurkundung gemäß § 62 Abs. 2 AVG gilt auch als schriftliche Ausfertigung gemäß § 62 Abs. 3 AVG. Die Verwaltungsakte sind dem Bundesverwaltungsgericht unverzüglich zur Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG zu übermitteln. Diese gilt als Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht; dies ist in der Rechtsmittelbelehrung anzugeben. Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes hat das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Überprüfung gemäß § 22 BFA-VG mit Beschluss zu entscheiden.
(1) Eine Entscheidung des Bundesamtes, mit der der faktische Abschiebeschutz eines Fremden aufgehoben wurde (§ 12a Abs. 2 AsylG 2005), ist vom Bundesverwaltungsgericht unverzüglich einer Überprüfung zu unterziehen. Das Verfahren ist ohne Abhaltung einer mündlichen Verhandlung zu entscheiden. § 20 gilt sinngemäß. § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG ist nicht anzuwenden.
(2) Die Aufhebung des Abschiebeschutzes gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 und eine aufrechte Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG oder eine Ausweisung gemäß § 66 FPG sind mit der Erlassung der Entscheidung gemäß § 12a Abs. 2 AsylG 2005 durchsetzbar. Mit der Durchführung der die Rückkehrentscheidung oder Ausweisung umsetzenden Abschiebung gemäß § 46 FPG ist bis zum Ablauf des dritten Arbeitstages ab Einlangen der gemäß § 22 Abs. 10 AsylG 2005 zu übermittelnden Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuzuwarten. Das Bundesverwaltungsgericht hat das Bundesamt unverzüglich vom Einlangen der Verwaltungsakten bei der zuständigen Gerichtsabteilung und von der im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 getroffenen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes zu verständigen.
(3) Über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung des Abschiebeschutzes im Rahmen der Überprüfung gemäß Abs. 1 hat das Bundesverwaltungsgericht binnen acht Wochen zu entscheiden.
3.1.2. Umgelegt auf den gegenständlichen Fall ergibt sich daraus wie folgt:
Gegen den BF besteht eine nach Erlassung des Erkenntnisses des BVwG vom 05.02.2018 eine rechtkräftig gewordene Rückkehrentscheidung gem. § 52 FPG.
Nach Durchführung einer Grobprüfung ergibt sich, dass - wie bereits oben festgestellt - keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist, weshalb der Folgeantrag voraussichtlich zurückzuweisen sein wird. Weder das Krankheitsbild des BF noch die allgemeine Ländersituation haben sich derart gravierend geändert, dass der Sachverhalt anders zu beurteilen wäre und ist dies aufgrund der Aktenlage evident.
Diese Beurteilung steht im Einklang mit der folgenden Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes: "Zur Tatbestandsvoraussetzung des § 12a Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 ("wenn der Antrag voraussichtlich zurückzuweisen ist, weil keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eingetreten ist") führen die Gesetzesmaterialien (RV 220 BlgNR 24. GP 13) aus, dass "eine Grobprüfung in Form einer Prognose über die Zulässigkeit des Antrags" zu treffen ist. Zieht man das vom Gesetz angestrebte Ziel in Betracht, den faktischen Abschiebeschutz nur für "klar missbräuchliche Anträge" beseitigen zu wollen, kann damit nur gemeint sein, dass schon bei einer Grobprüfung die (spätere) Zurückweisung des Folgeantrags auf der Hand liegt, weil sich der maßgebliche Sachverhalt nicht entscheidungswesentlich geändert hat. Nicht jeder Folgeantrag, bei dem eine (spätere) Zurückweisung wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG in Betracht kommen könnte, berechtigt daher zur Aberkennung des faktischen Abschiebeschutzes nach § 12a Abs. 2 AsylG 2005. Es muss sich vielmehr um einen Fall handeln, in dem sich dieser Verfahrensausgang von vornherein deutlich abzeichnet. Nur dann kann auch angenommen werden, dass die Antragstellung in Wirklichkeit den Zweck verfolgt, die Durchsetzung einer vorangegangenen und mit einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme verbundenen (rechtskräftigen) Vorentscheidung zu verhindern. Auf einen solchen missbräuchlichen Zweck deutet - unter Bedachtnahme auf Art. 41 Abs. 1 lit. b der Richtlinie 2013/32/EU - etwa auch die mehrfache Folgeantragstellung hin, wenn dieser keine substanziell neuen und eine andere Beurteilung rechtfertigenden Sachverhaltselemente zugrunde liegen. Möglich sind aber auch andere Umstände, die den Schluss zulassen, dass der Fremde mit seinem Folgeantrag eine (bevorstehende) Abschiebung verhindern oder verzögern möchte." VwGH vom 19.12.2017, Ra 2017/18/0451
Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung der beschwerdeführenden Partei nach Somalia eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeutet oder für sie als Zivilpersonen eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringt.
Nach dem Maßstab des EGMR müsste es sich für die Bejahung einer realen Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK um einen "ganz außergewöhnlichen Fall" handeln (vgl. D. v United Kingdom, EGMR vom 02.05.1997, Zl. 30240/96). Dies ist gegenständlich aber nicht der Fall:
So konnte aufgrund der aktuellen Länderberichte festgestellt werden, dass eine medizinische Versorgung, welche zwar in Somalia generell mangelhaft ist und weltweit betrachtet zu den schlechtesten zählt, gerade in Mogadischu vorhanden ist und auch die Erkrankungen des BF behandelbar sind. BF genoss eine langjährige Schulbildung und hat Arbeitserfahrung in verschiedenen Sparten in Mogadischu. Zusätzlich verfügt er über ein familiäres Netzwerk und Grundbesitz. Auch stammt er aus keinem Minderheitenclan. In der Einvernahme am 05.04.2018 gab BF an, dass es ihm physisch und psychisch so gut gehe, dass er der Einvernahme folgen kann. Insgesamt sind keine Gründe hervorgekommen, welche - abgesehen von den vorgebrachten Erkrankungen - einen schlechten Gesundheitszustand indizieren. Auch ist davon auszugehen, dass sich der BF in Mogadischu versorgen und ein Einkommen erlangen kann. Die zwar objektiv vorhandene Dürresituation ist ebenfalls nicht geeignet, eine reale Gefahr anzunehmen, weil in diesem individuell zu prüfenden Fall der BF über eine Wohnmöglichkeit und Familienangehörige in Mogadischu verfügt. So gab BF im Rahmen des Erstverfahrens an, dass seine Schwester seine Frau und seine Töchter versorgt. Es geht ihnen gut. Ein schützenswertes Familienleben in Österreich ist aus den vorliegenden Unterlagen ebenfalls nicht ersichtlich. In einer Gesamtschau ist somit keine reale Gefahr einer Verletzung der in § 12a Abs. 2 Z 3 AsylG 2005 genannten Rechte gegeben.
Ergänzend wird auf die Entscheidung des BVwG vom 05.02.2018 verwiesen, welche im Rahmen der Prüfung des Antrages im Hinblick auf die Gewährung von subsidiärem Schutz ausführlich den dafür maßgeblichen Sachverhalt prüfte und zu dem Ergebnis gelangte, dass die Voraussetzungen des § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorliegen - und zwar weder aufgrund der allgemeinen Sicherheitslage, noch aufgrund der Dürresituation oder des Gesundheitszustandes des BF. Wie bereits festgestellt, liegt keine Änderung des Sachverhalts vor. Auch ist zu berücksichtigen, dass zwischen der Entscheidung des BVwG (05.02.2018) und dem Folgeantrag vom 16.03.2018 ein Zeitraum von knapp über einem Monat liegt, der zeitliche Abstand somit gering ist, und in dem im Übrigen auch keine entscheidungswesentliche Änderung des maßgeblichen Sachverhalts eintrat.
Das Budendesverwaltungsgericht gelangt somit zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 12a Abs. 2 AsylG 2005 für die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes im Falle des BF vorliegen. Die vom BFA mit mündlich verkündetem Bescheid vorgenommene Aufhebung war demnach rechtmäßig.
3.1.3. Zu der im Schriftsatz vom 20.04.2018 geäußerten Bitte des BF, dass das weitere Verfahren von einem männlichen Richter bearbeitet wird, ist festzuhalten, dass es nicht im Belieben eines Beschwerdeführers steht, von welchem Geschlecht der für sein Verfahren zuständige Richter ist. Die feste Geschäftseinteilung des Bundesverwaltungsgerichts ist zu beachten und wäre andernfalls das Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt. Eine materienspezifische Besonderheit ist § 20 AsylG 2005, der für den Fall, dass ein Asylwerber seine Furcht vor Verfolgung auf einen Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung gründet, von einem Organwalter desselben Geschlechts einzuvernehmen ist. Diese Voraussetzungen liegen gegenständlich jedoch nicht vor, weil der BF zum einen seine Furcht vor Verfolgung nicht auf einen Eingriff in seine sexuelle Selbstbestimmung, sondern auf eine Verfolgung durch al Shabaab gründet und zum anderen eine Erektionsstörung nicht einen Eingriff in die sexuelle Selbstbestimmung darstellt. Die vom BF ins Treffen geführte Erektionsstörung ist dessen Erachtens nach ein Ausfluss der Diabeteserkrankung und meint BF, wegen dieser Erkrankung nicht nach Somalia zurückkehren zu können. Eine Verfolgung aus gesundheitlichen Gründen wurde weder behauptet noch ergibt sie sich aus den Länderberichten.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im Übrigen ist die Rechtslage als eindeutig zu bezeichnen (vgl. VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053), weshalb auch aus diesem Grund keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.
Es war somit insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
aufrechte Rückkehrentscheidung, faktischer Abschiebeschutz -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W183.2167862.2.00Zuletzt aktualisiert am
14.05.2018