Index
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
BStMG 2002 §20 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Schreiber, über die Revision des I R in L, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH in 3300 Amstetten, Niederösterreich, Graben 42, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol vom 16. Jänner 2018, LVwG- 2017/15/0717-7, LVwG-2017/15/0718-7, betreffend eine Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit Straferkenntnissen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 15. Februar 2017 wurde der Revisionswerber jeweils der Übertretung des § 20 Abs. 2 in Verbindung mit den §§ 6, 7 Abs. 1 Bundesstraßen-Mautgesetz 2002 (BStMG) schuldig erkannt und es wurden über ihn gemäß § 20 Abs. 2 BStMG Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 33 Stunden) verhängt. Dem Revisionswerber wurde zur Last gelegt, ein näher bezeichnetes Fahrzeug am 22. August 2016 um 16.49 Uhr sowie am 23. August 2016 um 18.57 Uhr im mautpflichtigen Straßennetz an verschiedenen Tatorten der A 12 bzw. A 13 gelenkt zu haben, ohne dass die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet worden sei. Es sei festgestellt worden, dass die GO-Box jeweils gesperrt gewesen und die Nachzahlung nicht ordnungsgemäß erfolgt sei.
5 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Tirol (LVwG) wurde den gegen diese Straferkenntnisse erhobenen Beschwerden des Revisionswerbers insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafen jeweils auf EUR 150,00 (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 16 Stunden) herabgesetzt wurden. Das Verwaltungsgericht sprach aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
6 Das LVwG legte seiner Entscheidung die Feststellung zugrunde, dass die verwendete GO-Box jeweils gesperrt gewesen sei, weil sie am LKW nicht entsprechend den Vorgaben der Mautordnung montiert worden sei. Die Sperre der GO-Box durch die ASFINAG wegen der Falschmontage habe im Zeitraum vom 22. Juli 2016 bis 27. September 2016 bestanden. Beim Durchfahren der Mautbaken sei der Revisionswerber jeweils durch Signaltöne der GO-Box auf deren Sperre hingewiesen worden. Er sei trotzdem weitergefahren und habe nicht eine entsprechende Vertriebsstelle der ASFINAG aufgesucht, um die Maut nachzuentrichten. Entgegen den Vorgaben der Mautordnung habe der Revisionswerber den Signalen der GO-Box nicht die entsprechende Beachtung geschenkt.
7 Soweit der Revisionswerber das Vorliegen eines fortgesetzten Delikts geltend mache, sei ihm entgegenzuhalten, dass nach der rezenten Judikatur (Hinweis auf VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108) ein fortgesetztes Delikt auch bei fahrlässiger Begehungsweise angenommen werden könne. Allerdings sei Voraussetzung für die Annahme eines fortgesetzten Delikts das Vorliegen eines einheitlichen Willensentschlusses. Der Revisionswerber sei bei jedem Durchfahren des Mautbakens durch entsprechende Signaltöne darauf hingewiesen worden, dass eine Mautabbuchung tatsächlich nicht erfolgt sei, und habe sich jedes Mal entschieden, keine Vertriebsstelle zur Nachentrichtung der Maut aufzusuchen. Er habe demnach jedes Mal einen neuen Willensentschluss gefasst. Eine Zusammenfassung der angelasteten Delikte zu einem fortgesetzten Delikt scheide daher aus. Im Übrigen begründete das LVwG die vorgenommene Strafbemessung.
8 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision, in der die Aufhebung wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu die Entscheidung in der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof, sowie Kostenersatz beantragt wurde.
9 Zur Zulässigkeit führt der Revisionswerber aus, es sei von einem fortgesetzten Delikt auszugehen. Auch eine fahrlässige Begehung eines Dauerdeliktes sei möglich (Hinweis auf VwGH 3.5.2017, Ra 2016/03/0108). Diesem Erkenntnis hätte das LVwG zu folgen gehabt. Zudem liege keine einheitliche Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor, ob eine fahrlässige Begehung eines Dauerdeliktes möglich sei.
10 Ob eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vorliegt, ist im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes zu beurteilen. Wurde die zu lösende Rechtsfrage daher in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes - auch nach Entscheidung des Verwaltungsgerichtes oder selbst nach Einbringung der Revision - bereits geklärt, ist eine Revision wegen fehlender Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht (mehr) zulässig (vgl. VwGH 30.8.2016, Ro 2015/06/0015, mwN).
11 Zu der für die Zulässigkeit der vorliegenden Revision vom Revisionswerber aufgegriffenen strittigen Rechtsfrage, ob mit Blick auf die dem Revisionswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen von einem fortgesetzten Delikt auszugehen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 25. Jänner 2018, Ra 2016/06/0025, ausführlich Stellung genommen. Auf die Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen.
12 Es liegt somit eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der strittigen Rechtsfrage vor, anhand der sich auch die gegenständlichen Fälle lösen lassen. Die angefochtenen Entscheidungen stehen im Einklang mit diesen höchstgerichtlichen Leitlinien.
13 Mit dem Hinweis auf eine vermeintlich nicht einheitliche Rechtsprechung zur Möglichkeit eines fortgesetzten Delikts auch bei fahrlässiger Tatbegehung zeigt die Revision im Hinblick auf die auch nach dem Erkenntnis vom 3. Mai 2017 maßgebliche jeweilige Eigenart des Delikts und das zum hier angewendeten Straftatbestand ergangene Erkenntnis vom 25. Jänner 2018 keine grundsätzliche Rechtsfrage auf.
14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.
Wien, am 27. März 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018060039.L00Im RIS seit
14.05.2018Zuletzt aktualisiert am
27.08.2018