TE Lvwg Beschluss 2017/5/30 VGW-131/036/6275/2017

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Veröffentlicht am 30.05.2017
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Entscheidungsdatum

30.05.2017

Index

40/01 Verwaltungsverfahren
90/02 Führerscheingesetz

Norm

VwGVG §7 Abs4
VwGVG §31
AVG §61
AVG §62
FSG §24 Abs1 Z2

Text

Das Verwaltungsgericht Wien hat durch seinen Richter Mag. Fritz über die Beschwerde des (am ...1969 geborenen) Herrn Ing. R. V., vertreten durch Rechtsanwalt, gegen den am 01.03.2017 mündlich verkündeten Bescheid (schriftliche Ausfertigung datiert mit 15.03.2017) der Landespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, Zl. F/10.351/VA/16, betreffend Befristung der Lenkberechtigung, den

BESCHLUSS

gefasst:

Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG iVm § 31 VwGVG als verspätet zurückgewiesen.

Die ordentliche Revision ist nicht zulässig.

Begründung

Mit mündlich verkündetem Bescheid vom 01.03.2017 befristete die belangte Behörde gemäß § 24 Abs. 1 Z 2 Führerscheingesetz (FSG) aufgrund des ärztlichen Gutachtens (§ 8 Abs. 3 FSG) die an diesem Tag unter der Zl. ... von der LPD Wien für die Klasse(n) AM; A1; A2; A; B; C1; C; EzB; EzC1; EzC; F erteilte/ausgestellte Lenkberechtigung bis zum 01.03.2022. In der Rechtsmittelbelehrung wurde darauf hingewiesen, dass der Bf das Recht hat, gegen diesen Bescheid Beschwerde zu erheben. Die Beschwerde sei innerhalb von vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich bei der Behörde einzubringen.

Der Bf bestätigte die Übernahme des bis zum 01.03.2022 befristeten Führerscheines, wobei er darauf hingewiesen wurde, dass drei Monate vor Ablauf dieser Frist ein Antrag auf Verlängerung bei der belangten Behörde einzubringen wäre. Er sei darüber in Kenntnis, dass er binnen drei Tagen eine schriftliche Ausfertigung des heute mündlich verkündeten Bescheides verlangen könne.

Mit Schreiben vom 10.03.2017 (per E-Mail bei der belangten Behörde am 13.03.2017 eingebracht; eine Ausfertigung des Schriftsatzes wurde am 13.03.2017 zur Post gegeben) stellte der Bf den Antrag auf Erlassung eines diesbezüglichen Bescheides und Zustellung zu Handen seines ausgewiesenen Rechtsanwaltes.

Die belangte Behörde hat dann eine schriftliche Ausfertigung (vom 15.03.2017) des mündlich verkündeten Bescheides vom 01.03.2017 dem Bf zu Handen seines Rechtsanwaltes am 17.03.2017 zugestellt. Mit (am 11.04.2017 per E-Mail bei der belangten Behörde eingebrachten) Eingabe erhob der Bf gegen diesen Bescheid des Verkehrsamtes Beschwerde.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des AVG und des VwGVG lauten:

„§ 61 (1) Die Rechtsmittelbelehrung hat anzugeben, ob gegen den Bescheid ein Rechtsmittel erhoben werden kann, bejahendenfalls welchen Inhalt und welche Form dieses Rechtsmittel haben muss und bei welcher Behörde und innerhalb welcher Frist es einzubringen ist.

(2) Enthält ein Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung oder fälschlich die Erklärung, daß kein Rechtsmittel zulässig sei oder ist keine oder eine kürzere als die gesetzliche Rechtsmittelfrist angegeben, so gilt das Rechtsmittel als rechtzeitig eingebracht, wenn es innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht wurde.

(3) Ist in dem Bescheid eine längere als die gesetzliche Frist angegeben, so gilt das innerhalb der angegebenen Frist eingebrachte Rechtsmittel als rechtzeitig.

(4) Enthält der Bescheid keine oder eine unrichtige Angabe über die Behörde, bei der das Rechtsmittel einzubringen ist, so ist das Rechtsmittel auch dann richtig eingebracht, wenn es bei der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, oder bei der angegebenen Behörde eingebracht wurde.

§ 62 (1) Wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Bescheide sowohl schriftlich als auch mündlich erlassen werden.

(2) Der Inhalt und die Verkündung eines mündlichen Bescheides ist, wenn die Verkündung bei einer mündlichen Verhandlung erfolgt, am Schluss der Verhandlungsschrift, in anderen Fällen in einer besonderen Niederschrift zu beurkunden.

(3) Eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides ist den bei der Verkündung nicht anwesenden und jenen Parteien zuzustellen, die spätestens drei Tage nach der Verkündung eine Ausfertigung verlangen; über dieses Recht ist die Partei bei Verkündung des mündlichen Bescheides zu belehren.

...“

„§ 7 (1) Gegen Verfahrensanordnungen im Verwaltungsverfahren ist eine abgesonderte Beschwerde nicht zulässig. Sie können erst in der Beschwerde gegen den die Sache erledigenden Bescheid angefochten werden.

(2) Eine Beschwerde ist nicht mehr zulässig, wenn die Partei nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides ausdrücklich auf die Beschwerde verzichtet hat.

(3) Ist der Bescheid bereits einer anderen Partei zugestellt oder verkündet worden, kann die Beschwerde bereits ab dem Zeitpunkt erhoben werden, in dem der Beschwerdeführer von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid einer Behörde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG, gegen Weisungen gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 4 B-VG oder wegen Rechtswidrigkeit des Verhaltens einer Behörde in Vollziehung der Gesetze gemäß Art. 130 Abs. 2 Z 1 B-VG beträgt vier Wochen. Die Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG beträgt sechs Wochen. Sie beginnt

1.   in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 1 B-VG dann, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, wenn der Bescheid dem Beschwerdeführer nur mündlich verkündet wurde, mit dem Tag der Verkündung,

2.   in den Fällen des Art. 132 Abs. 1 Z 2 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zuständigen Bundesminister zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem der zuständige Bundesminister von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat,

3.   in den Fällen des Art. 132 Abs. 2 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem der Betroffene Kenntnis von der Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erlangt hat, wenn er aber durch diese behindert war, von seinem Beschwerderecht Gebrauch zu machen, mit dem Wegfall dieser Behinderung,

4.   in den Fällen des Art. 132 Abs. 4 B-VG mit dem Zeitpunkt, in dem die Schulbehörde, an die die Weisung gerichtet ist, von dieser Kenntnis erlangt hat, und

5.   in den Fällen des Art. 132 Abs. 5 B-VG dann, wenn der Bescheid dem zur Erhebung der Beschwerde befugten Organ zugestellt wurde, mit dem Tag der Zustellung, sonst mit dem Zeitpunkt, in dem dieses Organ von dem Bescheid Kenntnis erlangt hat.“

Ein mündlich verkündeter Bescheid gilt bereits mit seiner Verkündung als erlassen (vgl. u.a. das Erkenntnis des VwGH vom 19.02.1951, Slg. Nr. 1941/A). Die Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des Bescheides ist - mit folgender Maßgabe - nur mehr für den Lauf der Rechtsmittelfrist gemäß § 63 Abs. 5 AVG bzw. hier: gemäß § 7 Abs. 4 VwGVG von Bedeutung:

Wird nämlich ein Bescheid mündlich verkündet und aufgrund eines rechtzeitigen Verlangens gemäß § 62 Abs. 3 leg. cit. eine schriftliche Ausfertigung zugestellt, so läuft die (zufolge des rechtzeitigen Verlangens sistierte) Rechtsmittelfrist erst zwei Wochen (hier: vier Wochen) nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung ab. Gegen einen mündlich verkündeten und daher rechtlich existierenden Bescheid kann aber auch schon vor der Zustellung der verlangten schriftlichen Ausfertigung zulässigerweise Berufung (Beschwerde) erhoben werden. Allerdings steht einer Partei insgesamt nur eine Berufung (Beschwerde) zu (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 30.06.1970, Slg. Nr. 7834/A, und vom 29.09.1992, Zl. 92/08/0122).

Wird hingegen der (bei der Verkündung anwesenden) Partei aufgrund ihres erst nach Ablauf der im § 62 Abs. 3 AVG festgelegten dreitägigen Frist (und daher rechtswidrigerweise) eine schriftliche Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides zugestellt, so hindert dies nicht den Ablauf der mit der mündlichen Verkündung des Bescheides beginnenden Rechtsmittelfrist (vgl. die Erkenntnisse des VwGH vom 30.06.1970, Slg. Nr. 7834/A, und vom 10.12.1986, Zl. 86/01/0186). Ist demnach im Zeitpunkt der (rechtswidrigerweise erfolgten) Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung des mündlich verkündeten Bescheides dieser Bescheid bereits in Rechtskraft erwachsen, so vermag auch die der schriftlichen Ausfertigung beigegebene Rechtsmittelbelehrung, wonach binnen vier Wochen nach Zustellung des Bescheides schriftlich Beschwerde erhoben werden könne, nicht die Rechtzeitigkeit einer auf diese Rechtsmittelbelehrung gestützte Beschwerde im Sinne des § 61 Abs. 3 AVG zu bewirken, weil die zuletzt genannte Bestimmung nicht so zu verstehen ist, dass ein rechtskräftiger und daher durch ein ordentliches Rechtmittel nicht mehr bekämpfbarer Bescheid durch eine in welchem Zusammenhang immer erteilte unrichtige Rechtsmittelbelehrung wieder anfechtbar würde (vgl. das Erkenntnis vom 30.06.1970, Slg. Nr. 7834/A). Zumindest dann, wenn die Partei anlässlich der Verkündung des Bescheides über ihr Recht nach § 62 Abs. 3 AVG, binnen drei Tagen nach der Verkündung eine schriftliche Ausfertigung zu verlangen, belehrt wurde, hat auch die Verkündung und Beurkundung einer Rechtsmittelbelehrung (als Bestandteil des mündlichen Bescheides gemäß § 62 Abs. 2 AVG) des Inhaltes, dass die Rechtsmittelfrist ab Zustellung des Bescheides zu laufen beginne, nicht zur Folge, dass durch eine aufgrund eines verspäteten Verlangens (und daher rechtswidrigerweise) vorgenommene Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung die Rechtsmittelfrist ab dieser Zustellung (wieder) zu laufen beginne; dies deshalb nicht, weil das Wort "Zustellung" in dieser Rechtsmittelbelehrung in Verbindung mit der Belehrung der Partei nach § 62 Abs. 3 AVG nur als Zustellung aufgrund eines rechtzeitigen Verlangens auf Zustellung einer schriftlichen Ausfertigung verstanden werden kann (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis des VwGH vom 26.09.1995, Zl. 94/08/0158, und die dort zitierte Vorjudikatur).

Im vorliegenden Fall ist somit davon auszugehen, dass der bekämpfte Bescheid am 01.03.2017 mündlich verkündet und somit erlassen worden ist. Der Bf hat nicht innerhalb der Frist des § 62 Abs. 3 AVG eine schriftliche Ausfertigung des Bescheides verlangt (mündliche Verkündung am 01.03.2017; Antrag auf Bescheiderlassung wurde am 13.03.2017 zur Post gegeben bzw. per E-Mail bei der belangten Behörde eingebracht). Es war daher der Vorschrift des § 7 Abs. 4 VwGVG entsprechend die vierwöchige Beschwerdefrist ab dem Tag der Verkündung des Bescheides (01.03.2017) zu berechnen. Demnach endete diese Frist mit Ablauf des 29.03.2017. Die unbestrittenermaßen erst nach diesem Zeitpunkt erhobene Beschwerde des Bf war daher als verspätet zurückzuweisen.

Gemäß § 44 Abs. 2 VwGVG entfällt die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

Die ordentliche Revision war nicht zuzulassen, weil sich keine über die Bedeutung des Einzelfalls hinausgehenden Rechtsfragen stellten.

Schlagworte

Befristung der Lenkberechtigung; Bescheid; mündliche Verkündung; Antrag auf Bescheiderlassung; Beschwerde; verspätet; Zurückweisung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGWI:2017:VGW.131.036.6275.2017

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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