TE Lvwg Erkenntnis 2018/4/17 LVwG-2018/41/0138-6

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Veröffentlicht am 17.04.2018
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Entscheidungsdatum

17.04.2018

Index

40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

VStG §39 Abs1
TAKG §10 Abs2
TAKG §5 Abs1 Z1

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Dr. Riedler über die Beschwerde der Frau AA, wohnhaft in Adresse 1, Z, gegen den Bescheid der Bürgermeisterin der Stadt Z vom 5.12.2017, Zl ****, betreffend eine Angelegenheit nach dem Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung,

zu Recht:

1.       Der Beschwerde wird hinsichtlich der Wirkstoffe „Anipracit“, „Multivit-B“ und den weiteren im Spruch angeführten Vitamin-B-Präparaten (2 Spritzen samt Kanüle mit gelber Flüssigkeit) Folge gegeben und das Verfahren diesbezüglich eingestellt.

2.       Hinsichtlich der Wirkstoffe „Betamox long-acting“ und „Levamisol“ wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

3.       Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

I.       Verfahrensgang:

Aufgrund eines anonymen Meldeeinganges fand am 30.11.2017 eine Kontrolle der Igelhaltung von Frau AA in deren Wohnung und Garage in Z, Adresse 1, durch die Amtstierärztin BB und dem diensthabenden Wasenmeister statt.

Im Zuge dieser Kontrolle wurden mehrere Medikamente von der Amtstierärztin veterinärbehördlich beschlagnahmt.

Daraufhin erließ die Bürgermeisterin der Stadt Z am 5.12.2017 den angefochtenen Bescheid, Zl. ****, in welchem sie der nunmehrigen Beschwerdeführerin spruchgemäß nachfolgenden Sachverhalt zur Last legte:

„Sie, Frau AA, haben in Ihrer Wohnung, Adresse 1, Z, am 30.11.2017 nachfolgende verschreibungspflichtige Tierarzneimittel entgegen des § 5 Abs 1 Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG) durch Lagern in Verkehr gebracht, als Sie diese in einem in der zuvor angeführten Wohnung befindlichen Kühlschrank unzulässigerweise verwahrt haben.“

Durch die Verwahrung der Tierarzneimittel „Betamox“, „Anipracit“, „Multivit-B“, „Levamisol“ und 2 Spritzen einer gelben Flüssigkeit habe sie eine Verwaltungsübertretung nach § 13 Abs 1 Z 4 iVm § 5 Abs 1 TAKG begangen. Ferner wurde durch die Bürgermeisterin gemäß § 39 Abs 1 VStG iVm § 10 Abs 2 TAKG hinsichtlich der angeführten Wirkstoffe, welche anlässlich des veterinärmedizinischen Lokalaugenscheines am 30.11.2017 durch die Amtstierärztin vorläufig beschlagnahmt worden sind, die bescheidmäßige Beschlagnahme angeordnet und verfügt.

Dagegen richtet sich die fristgerecht per E-Mail eingelangte Beschwerde der Frau AA vom 12.12.2017, in welcher sie zusammengefasst begründend ausführt, dass seit Jahrzehnten alle Igelstationen ihre Igel selbst spritzen würden. Es sei kein Tierarzt zu finden, der dreimal die Woche komme und 15 bis 20 Igel spritze. Die meisten der 200 Igel, die bei ihr von September bis Dezember abgegeben worden seien, seien in sehr schlechtem Zustand gewesen und hätten sofort behandelt werden müssen, alles andere sei Tierquälerei. Die Beschwerdeführerin beantragte darüber hinaus eine mündliche Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol.

Am 7.3.2018 fand eine öffentliche mündliche Verhandlung beim erkennenden Gericht statt, zu der sowohl die Beschwerdeführerin als auch die Amtstierärztin BB als Zeugin erschienen sind.

Vom erkennenden Gericht wurde am 12.3.2018 amtswegig eine Stellungnahme von CC, Amt der Tiroler Landesregierung, Abteilung Landesveterinärdirektion, zu den betroffenen Wirkstoffen eingeholt. In ihrem Schreiben vom 12.3.2018 führt diese insbesondere aus, dass es sich lediglich bei „Betamox long acting“ um ein für lebensmittelliefernde Tiere in Österreich zugelassenes Arzneimittel handle. Bei den Vitaminpräparaten handle es sich um Humanpräparate. „Levamisol“ sei in Österreich so nicht zugelassen. Präparate mit diesem Wirkstoff seien für die Anwendung an Rindern und Schweinen zugelassen und bei „Anipracit“ handle es sich um eine Injektionslösung für Hunde und Katzen.

II.      Sachverhalt:

Frau AA hat zumindest am 30.11.2017 in ihrer Wohnung folgende Wirkstoffe verwahrt:

?    10 ml „Betamox long acting“ – Injektionssuspension für Tiere – 50 ml

?    4 ml „Anipracit“

?    4 Ampullen a 2 ml „Multivit-B“

?    8 ml „Levamisol“

?    1 x 0,5 ml und 1 x 0,25 ml gelbe Flüssigkeit

Bei den letztgenannten Flüssigkeiten handelte es sich um Vitamin B – Präparate. All diese Wirkstoffe wurden von Frau AA in Y und in öffentlichen Apotheken rezeptfrei bezogen, nicht jedoch von einem behandelnden Tierarzt aus seiner tierärztlichen Hausapotheke oder über tierärztliche Verschreibung durch eine öffentliche Apotheke abgegeben.

„Betamox long-acting“ ist eine Injektionssuspension für Tiere und für die Zieltierarten Rind, Schwein, Schaf, Hund und Katze in Österreich zugelassen. „Anipracit“ ist eine Injektionslösung, die lediglich für die Anwendung an Hunden und Katzen bestimmt ist. Bei „Multivit-B“ bzw den Vitamin-B-Präparaten handelt es sich um Humanpräparate. Bei dem Wirkstoff mit Handelsnamen „Levamisol“ handelt es sich um ein in Österreich nicht zugelassenes Präparat. Es gibt in Österreich jedoch „Levamisol“-haltige Präparate, welche für die Anwendung an Rindern und Schweinen zugelassen sind.

III.     Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem Akt der belangten Behörde zu GZ. **** sowie aus dem Akt des Landesverwaltungsgerichtes Tirol zu LVwG-2018/41/0138. In Ersterem befindet sich der Bericht der veterinärbehördlichen Kontrolle der Amtstierärztin BB samt Fotobeilagen zu den in der Wohnung der Beschwerdeführerin aufgefundenen Wirkstoffen.

Der dort geschilderte Sachverhalt wurde in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht Tirol am 7.3.2018 von der Amtstierärztin BB nochmals bestätigt. Auch die Beschwerdeführerin gibt übereinstimmend an, die beschlagnahmten Wirkstoffe in ihrem Kühlschrank gelagert und den Igeln verabreicht zu haben. Darüber hinaus gibt auch sie selbst zu Protokoll, dass die genannten Arzneimittel nicht von einem behandelnden Tierarzt aus seiner Hausapotheke abgegeben oder aufgrund tierärztlicher Verschreibung bezogen worden sind. Insofern ist der Sachverhalt nicht strittig.

Die Feststellungen hinsichtlich der einzelnen Wirkstoffe bzw Präparate ergeben sich aus der vom erkennenden Gericht eingeholten Stellungnahme von Frau CC, Abteilung Landesveterinärdirektion, Amt der Tiroler Landesregierung vom 12.3.2018, LVwG-2018/41/0138-4, welches den Parteien in Wahrung des Parteiengehörs mit der Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme übermittelt wurde.

IV.      Rechtliche Erwägungen:

§ 1 Abs 2 Z 1 Tierarzneimittelkontrollgesetz (TAKG), BGBl I Nr 28/2002 idF BGBl I Nr 36/2008, legt fest, dass es sich bei Tierarzneimitteln um Arzneimittel handelt, die zur Anwendung an solchen Tieren bestimmt sind, die zur Gewinnung von Lebensmitteln oder von anderen zur Anwendung am oder im Menschen dienenden Produkten vorgesehen sind.

§ 4b TAKG besagt, dass § 4 Abs 1 auch auf Arzneimittel Anwendung findet, die zur Anwendung an Tieren, die nicht zur Gewinnung von Lebensmitteln oder von anderen zur Anwendung am oder im Menschen dienenden Produkten vorgesehen sind (Heimtiere). In § 4 Abs 1 leg cit ist wiederum festgelegt, dass als Tierarzneimittel nur in Österreich zugelassene Arzneispezialitäten angewendet werden dürfen.

Gemäß § 5 Abs 1 Z 1 TAKG ist das Bereithalten zur Anwendung, das Lagern und der Besitz von verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln durch andere als zur Herstellung oder Abgabe von Arzneimitteln berechtigte natürliche oder juristische Personen verboten, es sei denn, dass diese Arzneimittel im Zuge einer Behandlung vom behandelnden Tierarzt (aus seiner tierärztlichen Hausapotheke) oder über tierärztliche Verschreibung durch eine öffentliche Apotheke abgegeben wurden.

Gemäß § 13 Abs 1 Z 4 TAKG begeht, wer Tierarzneimittel entgegen den Bestimmungen des § 5 Abs 1 zur Anwendung bereithält oder lagert oder besitzt, wenn die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 20 000 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 40 000 Euro zu bestrafen.

Nach § 10 Abs 1 Z 1 leg cit haben die Aufsichtsorgane Waren vorläufig zu beschlagnahmen oder sicherzustellen, bei denen der begründete Verdacht besteht, dass sie Tierarzneimittel sind und den Verboten der §§ 2, 3 oder 5 widersprechen.

Nach § 10 Abs 2 leg cit hat das die vorläufige Beschlagnahme oder Sicherstellung durchführende Organ, je nachdem, ob der Verdacht einer gerichtlich strafbaren Handlung oder einer Verwaltungsübertretung vorliegt, der Staatsanwaltschaft unverzüglich über die Sicherstellung zu berichten oder von der Verwaltungsbehörde unverzüglich einen förmlichen Beschlagnahmebescheid einzuholen.

Gemäß § 39 Abs 1 VstG 1991 kann die Behörde, wenn der Verdacht einer Verwaltungsübertretung vorliegt, für die der Verfall von Gegenständen als Strafe vorgesehen ist, zur Sicherung des Verfalles die Beschlagnahme dieser Gegenstände anordnen.

Bei der in der Wohnung der Beschwerdeführerin aufgefundenen Injektionssuspension „Betamox long-acting“ handelt es sich um ein Tierarzneimittel iSd § 1 Abs 2 Z 1 TAKG. Es ist nach den getroffenen Feststellungen unter anderem für die Anwendung an Rindern, Schweinen und Schafen bestimmt und somit für die Anwendung an Tieren, die zur Gewinnung von Lebensmitteln vorgesehen.

Bei dem Wirkstoff mit dem Handelsnamen „Levamisol“ handelt es sich zwar wie festgestellt um kein in Österreich zugelassenes Präparat, jedoch sind „Levamisol“-haltige Präparate in Österreich für die Anwendung an Rindern und Schweinen zulässig und gilt somit für „Levamisol“ das zu „Betamox long acting“ Gesagte. Die Definition des § 1 Abs 2 Z 1 TAKG bzw die §§ 5 und 13 TAKG stellen nicht auf die Zulassung, sondern lediglich auf die Bestimmung zur Anwendung an lebensmittelliefernden Tieren ab.

Da die Beschwerdeführerin diese beiden Wirkstoffe nach den getroffenen Feststellungen in einem Kühlschrank in ihrer Wohnung lagerte und diese, wie sie selbst angibt, nicht von einem behandelnden Tierarzt aus seiner tierärztlichen Hausapotheke oder über tierärztliche Verschreibung durch eine öffentliche Apotheke erhalten hat, erfüllt sie den Tatbestand der Verwaltungsübertretung des § 13 Abs 1 Z 4 iVm § 5 Abs 1 Z 1 TAKG und war die Beschwerde daher bezogen auf diese Wirkstoffe als unbegründet abzuweisen.

Nach der angeführten Definition von Tierarzneimitteln im § 1 Abs 2 Z 1 TAKG handelt es sich bei den Wirkstoffen „Anipracit“, „Multivit-B“ und bei den weiteren Vitamin-B-Präparaten (vgl Nr 5 der im Spruch angeführten Arzneimittelbezeichnung) nicht um Tierarzneimittel. Nach den getroffenen Feststellungen handelt es sich bei „Multivit-B“ und den weiteren Vitamin-B-Präparaten um Humanpräparate, welche schon nach dem Wortlaut nicht von § 1 Abs 2 Z 1 TAKG umfasst sind. Die Injektionslösung „Anipracit“ ist lediglich für die Behandlung von Hunden und Katzen vorgesehen, welche in Österreich jedenfalls nicht als lebensmittelliefernde Tiere gelten und daher nicht unter die Definition fallen. § 13 iVm § 5 TAKG ist deshalb auf diese Wirkstoffe nicht anwendbar.

Eine Anwendung des § 4b Abs 1 iVm § 4 Abs 1 TAKG wäre allenfalls denkbar. Demnach wäre § 4 Abs 1 leg cit auch auf jene Arzneimittel anzuwenden, die zur Anwendung an Tieren dienen, die nicht zur Gewinnung von Lebensmitteln dienen oder Arzneimittel, die zur Anwendung am oder im Menschen dienenden Produkten vorgesehen sind.

In § 4 Abs 1 TAKG geht es jedoch nicht wie in § 5 TAKG um das Bereithalten, Lagern und Besitzen von Tierarzneimitteln, sondern um die Anwendung nicht zugelassener Tierarzneimittel. Der Beschwerdeführerin wurde im Spruch des angefochtenen Bescheides lediglich das Lagern in ihrem Kühlschrank zum Vorwurf gemacht, und nicht auch deren Anwendung, weshalb diese Überlegungen ins Leere gehen und der Beschwerde hinsichtlich der Wirkstoffe „Anipracit“ und „Multivit-B“ und den weiteren im Spruch angeführten Vitamin-B-Präparaten Folge zu geben war.

Insgesamt handelt es sich demnach ausschließlich bei den Wirkstoffen „Betamox long acting“ und „Levamisol“ um Tierarzneimittel im Sinne des TAKG und konnte der Beschwerdeführerin nur hinsichtlich dieser beiden Wirkstoffe eine Verwaltungsübertretung nach § 13 Abs 1 Z 4 iVm § 5 Abs 1 TAKG vorgeworfen sowie im Sinne des § 39 Abs 1 VStG iVm § 10 Abs 2 TAKG deren bescheidmäßige Beschlagnahme angeordnet werden.

Es war sohin wie im Spruch zu entscheiden.

V.       Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:

Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.

Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen, und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.

Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.

Landesverwaltungsgericht Tirol

Dr. Riedler

(Richter)

Schlagworte

Beschlagnahme von Tierarzneimitteln

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGTI:2018:LVwG.2018.41.0138.6

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Tirol LVwg Tirol, https://www.lvwg-tirol.gv.at
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