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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AufG 1992 §5 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Zens, Dr. Bayjones und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, in der Beschwerdesache der 1965 geborenen H S in Wien, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 19. März 1996, Zl. 113.828/2-III/11/96, betreffend Aufenthaltsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 12.250,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin verfügte zuletzt über eine bis zum 1. Juni 1994 gültige Aufenthaltsbewilligung. Ein am 2. Mai 1994 gestellter Antrag auf Verlängerung dieser Bewilligung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. September 1994 gemäß § 5 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes (AufG) abgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Am 10. November 1994 stellte die Beschwerdeführerin im Wege der österreichischen Botschaft in Preßburg neuerlich einen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung, der am 16. November 1994 beim Magistrat der Stadt Wien einlangte. Als Aufenthaltszweck gab die Beschwerdeführerin unselbstständige Erwerbstätigkeit sowie Familienzusammenführung bzw. Familiengemeinschaft mit ihrem Ehegatten, einem österreichischen Staatsbürger, mit dem sie seit 8. Oktober 1994 verheiratet sei, an.
Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 25. November 1994 gemäß § 9 Abs. 3 AufG ab. Die Beschwerdeführerin erhob Berufung.
Der Bundesminister für Inneres wies die Berufung mit Bescheid vom 19. März 1996 gemäß § 5 Abs. 1 AufG und § 10 Abs. 1 Z. 4 des Fremdengesetzes 1992 (FrG) ab. In der Begründung führte der Bundesminister für Inneres aus, die letzte Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin sei bis zum 1. Juni 1994 gültig gewesen. Ihr Antrag auf Verlängerung dieser Bewilligung sei aber erst am 10. November 1994 erfolgt. Seit Ablauf ihrer letzten Bewilligung befinde sie sich im österreichischen Bundesgebiet. Da sie sich entgegen § 15 FrG, somit unerlaubt und ohne jegliche Aufenthaltsbewilligung, im Bundesgebiet aufhalte, stelle dies eine Gefährdung für die öffentliche Ordnung, Ruhe und Sicherheit dar, weil ihr Verhalten auch auf andere Fremde durchaus Beispielwirkung haben könne. § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG finde durch § 5 Abs. 1 AufG "direkte Anwendung". In Bezug auf die finanzielle Situation der Familie sei zu bemerken, dass der Lebensunterhalt der Beschwerdeführerin nicht als gedeckt bzw. gesichert erachtet werden könne, weil einerseits ihr Ehegatte zurzeit von der Notstandshilfe abhängig sei und andererseits weder ihr Sparbuch noch die finanzielle Unterstützung ihres Schwiegervaters, der Pensionist sei, auf Dauer zur Sicherung ihrer Lebenskosten herangezogen werden könne. Auch in Bezug auf ihre derzeitige Wohnbeihilfe sei der Behörde mit Schreiben der U. GesmbH, datiert mit 30. Jänner 1996, eine monatliche Gesamtvorschreibung der Wohnung mit S 6.486,60 bestätigt worden. In Anbetracht dieser Umstände komme die Behörde zur Ansicht, dass der Lebensunterhalt auf Dauer nicht gedeckt werden könne. Zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführerin sei zu sagen, dass zwar private und familiäre Beziehungen zu Österreich bestünden, aber bei Abwägung der öffentlichen Interessen und ihrer privaten Interessen im Rahmen des Art. 8 MRK auf Grund des angeführten Sachverhaltes den öffentlichen Interessen Priorität einzuräumen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Mit Note vom 17. Februar 1997 teilte die belangte Behörde mit, dass der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung, gültig vom 20. Februar 1997 bis zum 19. Februar 1998, erteilt worden sei. Als Nachweis wurde eine Abschrift des diesbezüglichen Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1997, eine Kopie eines Telefax-Begleitblattes an einen Wiener Rechtsanwalt sowie eine Kopie des Übertragungsprotokolls vom 13. Februar 1997 übermittelt. Der genannte Rechtsanwalt teilte dem Verwaltungsgerichtshof am 3. Februar 2000 telefonisch mit, dass es zutreffe, dass der Beschwerdeführerin mit Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 7. Februar 1997 eine Aufenthaltsbewilligung erteilt worden sei.
Im Hinblick auf die rechtskräftige Abweisung des fristgerecht gestellten Verlängerungsantrages der Beschwerdeführerin durch Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 21. September 1994 wertete die belangte Behörde den verfahrensgegenständlichen Antrag zu Recht nicht als Verlängerungsantrag. Der angefochtene Bescheid ist demnach auch nicht gemäß § 113 Abs. 6 oder 7 des Fremdengesetzes 1997 mit Ablauf des 31. Dezember 1997 außer Kraft getreten.
Der Verwaltungsgerichtshof geht im Folgenden davon aus, dass der Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung vom 20. Februar 1994 bis zum 19. Februar 1998 erteilt worden ist.
Bei dem im vorliegenden Fall maßgeblichen Antrag der Beschwerdeführerin handelt es sich um einen Erstantrag um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Da die Beschwerdeführerin eine Aufenthaltsbewilligung erhalten hat, hat sie auch kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Verwaltungsgerichtshofes. Die Beschwerde war daher gemäß § 33 Abs. 1 VwGG als gegenstandslos zu erklären und das Verfahren einzustellen (vgl. den hg. Beschluss vom 12. März 1999, Zl. 96/19/3360).
Da im Falle der Beschwerdeführerin eine formelle Klaglosstellung im Sinne des § 33 VwGG nicht vorliegt, kommt § 56 VwGG nicht zur Anwendung. Die Frage des Kostenersatzes ist demnach gemäß § 58 Abs. 2 VwGG zu beurteilen. Danach ist maßgeblich, welche Partei bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin zum Kostenersatz zu verhalten gewesen wäre, es sei denn, die Entscheidung über die Kosten würde einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern. Dies ist aus folgenden Gründen die belangte Behörde:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes rechtfertigt ein länger dauernder Aufenthalt eines Fremden im Anschluss an die rechtskräftige Abweisung seines rechtzeitig gestellten Verlängerungsantrages dann nicht die Annahme, sein weiterer Aufenthalt werde die öffentliche Ordnung auf dem Gebiete des Fremdenwesens gefährden, wenn der Fremde ausnahmsweise zur Inlandsantragstellung berechtigt war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 1997, Zl. 96/19/2066) und sich, abgesehen von seinem unrechtmäßigem Aufenthalt, wohlverhalten hat. Die belangte Behörde ging zwar selbst in ihrer Bescheidbegründung davon aus, dass die Beschwerdeführerin über eine Aufenthaltsbewilligung verfügt hatte und mit einem österreichischen Staatsbürger verheiratet sei, unterließ es aber festzustellen, ob diese Aufenthaltsbewilligung der Beschwerdeführerin vor ihrer (letzten) Einreise in das Bundesgebiet erteilt worden war. Zutreffendenfalls wäre sie im Sinne der zu § 6 Abs. 2 dritter Satz AufG erlassenen Verordnung der Bundesregierung BGBl. Nr. 408/1995 (näherhin: deren § 3 Z. 3) zur Inlandsantragstellung berechtigt gewesen (zur Gleichwertigkeit einer Aufenthaltsbewilligung mit einem gewöhnlichen Sichtvermerk vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1995, Zl. 95/19/0536, zur Unbeachtlichkeit des Datums der Eheschließung, sofern die Ehe noch aufrecht ist, das hg. Erkenntnis vom5. Juni 1998, Zl. 96/19/1913), weshalb der Sichtvermerksversagungsgrund des § 10 Abs. 1 Z. 4 FrG - auf der Basis der sonstigen Bescheidfeststellungen - nicht verwirklicht gewesen wäre.
Der angefochtene Bescheid durfte jedoch auch nicht auf den Versagungsgrund des nicht gesicherten Lebensunterhaltes (§ 5 Abs. 1 AufG) gestützt werden. Hätte die belangte Behörde nämlich, ausgehend von einer richtigen rechtlichen Beurteilung, derzufolge sowohl der Bezug von Familienbeihilfe (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 19. November 1998, Zl. 96/19/0529) als auch ein Sparbuchguthaben (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 9. April 1999, Zlen. 97/19/0481, 0482) grundsätzlich zur Sicherung des Lebensunterhaltes taugliche Mittel darstellen und auch eine Verpflichtungserklärung eines Dritten geeignet sein kann, den Lebensunterhalt gesichert erscheinen zu lassen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 28. Jänner 1998, Zl. 96/19/0918), den Unterhaltsbedarf der Beschwerdeführerin festgestellt und diesem die der Beschwerdeführerin zur Verfügung stehenden Mittel (nach ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren Notstandshilfebezug des Ehegatten, Familienbeihilfe für ein Kind, Verpflichtungserklärung eines Dritten, einen bestimmten monatlichen Betrag zuzuschießen, Sparbuchguthaben) gegenübergestellt, so wäre auch bei Heranziehung des Sozialhilferichtsatzes für das Bundesland Wien nicht ausgeschlossen gewesen, dass sie zu einem anderen Bescheid gelangt wäre.
Bei aufrechtem Rechtsschutzinteresse der Beschwerdeführerin wäre demnach die Beschwerdeführerin obsiegende Partei gewesen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994. Das Mehrbegehren an Ersatz von Barauslagen war abzuweisen, weil
solche des Verwaltungsgerichtshofes im vorliegenden Fall nicht angefallen sind, solche des Beschwerdeführers aber nicht ersatzfähig sind.
Wien, am 17. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1996191228.X00Im RIS seit
31.05.2001