TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/25 W102 2188141-1

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Veröffentlicht am 25.04.2018
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Entscheidungsdatum

25.04.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
UVP-G 2000 §19 Abs1
UVP-G 2000 §19 Abs10
UVP-G 2000 §19 Abs7
UVP-G 2000 §24f Abs8
UVP-G 2000 §24g
UVP-G 2000 §40 Abs1
UVP-G 2000 §9 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W 102 2188141-1/5E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richter Dr. Werner Andrä als Vorsitzenden und Mag. Katharina David und Dr. Matthias Neubauer als Beisitzer über die Beschwerde der XXXX , vertreten durch Generalsekretär XXXX , gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18.12.2017, ABT13-33.90-22/2014-78; ABT13-38.20-179/2010-386, mit dem der XXXX hinsichtlich des Bauvorhabens "Semmering Basistunnel neu", u.a. die wasserrechtliche und abfallrechtliche Bewilligung für die im Projekt dargestellten Änderungen und Ergänzungen erteilt wurde, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Antrag vom 12.05.2017 (inklusive der Konkretisierungen vom 19.06.2017) wurde von der XXXX beim Landeshauptmann der Steiermark der Antrag auf Genehmigung der Konkretisierungen und geringfügigen Änderung des teilkonzentrierten Bewilligungsbescheides vom 22.10.2012, GZ: ABT13-38.20-179/2010-170, ABT13-11.10-62/2008-75 und ABT13-33.90-10/2010-32, in der Fassung des Erkenntnisses des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.05.2015, GZ.: W120 2009977-1/36E u. a., mit dem die WRG und AWG Genehmigung erteilt wurde, hinsichtlich des Bauvorhabens "Semmering Basistunnel neu" gestellt. Des Weiteren wurde der Antrag auf Abänderung der abfallrechtlichen Genehmigung für die Deponie Longsgraben und Feststellung bezüglich der Bestimmungen des Anhanges 1 Tabelle 2 DVO 2008 gestellt. Letztlich wurde hinsichtlich des WRG-Bewilligungsbescheides vom 04.11.2014, GZ: ABT13-33.9.0-22/2014-29 der Antrag auf wasserrechtliche Überprüfung betreffend die genehmigte Verlegung des Longsbaches gestellt.

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18.12.2017, GZ: ABT13-33.90-22/2014-78 sowie ABT13-38.20-179/2010-386, wurden der XXXX die beantragten Bewilligungen erteilt bzw. den Anträgen stattgegeben.

Dagegen hat die anerkannte Umweltorganisation Alliance für Nature mit Schriftsatz vom 12.02.2018 fristgerecht Beschwerde eingebracht. Diese wurde dem Bundesverwaltungsgericht seitens der belangten Behörde am 05.03.2018 zuständigkeitshalber zur Entscheidung vorgelegt. In der Beschwerde wird zusammengefasst inhaltlich vorgebracht, die Bergwasserausleitungen seien unrichtig und zu gering prognostiziert. Sie führten zu massiven Grundwasserabsenkungen, zu einem Trockenfallen oder Beeinträchtigung von Brunnen, Quellen und Bachläufen sowie zu einer Beeinträchtigung und Zerstörung von Kalktuffquellen. Infolge der Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes komme es zu einer Gefährdung und Beeinträchtigung der Grundwasserfauna und zu einer Gefährdung, möglicherweise auch Ausrottung, von naturschutzrechtlich geschützten Quellschnecken. Der Lebensraum Wasser bewohnender Tiere und Pflanzen werde erheblich verändert und verkleinert. Die Wachstumsbedingungen für bestimmte Baumarten würden nachteilig verändert und dadurch die Forstwirtschaft beeinträchtigt. Wertvolle Feuchtbiotope würden beschädigt, die Jagdwirtschaft habe Nachteile zu erwarten, und es komme zur Abwanderung bestimmter Tierarten. Die Bodenfeuchte würde vermindert und es komme zu nachteiligen Entwicklungen für die Landwirtschaft. So könnte sich durch eine Verschiebung der Baumartenzusammensetzung auch das Landschaftsbild verändern. Im Longsgraben könne es zu Deponie-gefährdenden Massenbewegungen kommen, und aller Voraussicht nach würden sich die Einflussbereiche der Grundwasserabsenkungen im Bereich S6-Semmering Scheiteltunnel und Semmering-Basistunnel vereinigen und die Auswirklungen der Bergwasserspiegelabsenkungen in den beiden Tunnelbereichen einander überlappen und gegenseitig verstärken. Es seien von den Projekten "S6 Semmering Scheiteltunnel und Sondierstollen" relevante kumulative Auswirkungen mit dem Vorhaben "Semmering Basistunnel neu" auf die Erhaltungsziele des Natura-2000- und Europaschutzgebietes "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" sowie auf das UNESCO-Welterbe Semmeringbahn zu erwarten. In der Beschwerde wird schließlich beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben und die Anträge der ÖBB-Infrastruktur AG im Zusammenhang mit der Errichtung des "Semmering-Basistunnels neu" abzuweisen, in eventu das gesamte UVP-Verfahren zu wiederholen, sowie eine mündliche Verhandlung durchzuführen, soferne deren Kosten nicht zu Lasten der Beschwerdeführerin gehen.

Die mitbeteiligte Partei hat mit Schreiben vom 22.03.2018 eine Stellungnahme zu den Beschwerden abgegeben und beantragt, die Beschwerde zurück-, in eventu als unbegründet abzuweisen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat inhaltlich über die zulässige Beschwerde erwogen:

II.1. Zur Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts

Gemäß Art. 131 Abs. 4 Z 2 lit. a B-VG i.V.m. § 40 Abs. 1 UVP-G 2000 entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen nach dem UVP-G 2000 das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG) entscheidet das Bundesverwaltungs-gericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gemäß § 40 Abs. 2 UVP-G 2000 liegt Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG geregelt (§ 1). Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 (MRK), noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC), ABl. Nr. C 83 vom 30.3.2010 S. 389, entgegenstehen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

II.2. Zu den Rechtsgrundlagen im UVP-G 2000

§ 19 UVP-G 2000 lautet auszugsweise:

"Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis

(1) Parteistellung haben

----------

-1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind; hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;

-2. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z 1 Parteistellung zukommt;

-3. der Umweltanwalt gemäß Abs. 3;

-4. das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zur Wahrnehmung der wasserwirtschaftlichen Interessen gemäß §§ 55, 55g und 104a WRG 1959;

-5. Gemeinden gemäß Abs. 3;

-6. Bürgerinitiativen gemäß Abs. 4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren (Abs. 2) und

-7. Umweltorganisationen, die gemäß Abs. 7 anerkannt wurden.

-[...]"

§ 24f lautet auszugsweise:

"Entscheidung

(1) Genehmigungen (Abs. 6) dürfen nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zusätzlich nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:

1.-Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,

2.

-die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die

a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden oder

-b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder

-c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinn des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen, und

3.-Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.

(1a) Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist.

(2) Wird im Einzelfall durch die Verwirklichung des Vorhabens ein wesentlich größerer Kreis von Nachbarn bestehender Verkehrsanlagen dauerhaft entlastet als Nachbarn des Vorhabens belastet werden, so gilt die Genehmigungsvoraussetzung des Abs. 1 Z 2 lit. c als erfüllt, wenn die Belästigung der Nachbarn so niedrig gehalten wird, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann. Bestehen besondere Immissionsschutzvorschriften, so ist insoweit die Gefährdung im Sinn des Abs. 1 Z 2 lit. a und die Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinn des Abs. 1 Z 2 lit. c nach diesen Vorschriften zu beurteilen.

(3) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.

...

(5) In der Genehmigung können angemessene Fristen für die Fertigstellung des Vorhabens, einzelner Teile davon oder für die Inanspruchnahme von Rechten festgesetzt werden. Die Behörde kann diese Fristen aus wichtigen Gründen verlängern, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin dies vor Ablauf beantragt. In diesem Fall ist der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes oder Verfassungsgerichtshofes über die Abweisung des Verlängerungsantrages gehemmt. Im Rahmen eines Berufungsverfahrens oder gemäß § 24g können die Fristen von Amts wegen geändert werden."

§ 24g UVP-G 2000 lautet auszugsweise:

"Änderung vor Zuständigkeitsübergang

(1) Änderungen einer gemäß § 24f erteilten Genehmigung (§ 24f Abs. 6) sind vor dem in § 24h Abs. 3 genannten Zeitpunkt unter Anwendung der Genehmigungsvoraussetzungen des § 24f zulässig, wenn

-1. sie nach den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung dem § 24f Abs. 1 bis 5 nicht widersprechen und

-2.die von der Änderung betroffenen Beteiligten gemäß § 19 Gelegenheit hatten, ihre Interessen wahrzunehmen.

Die Behörde hat dabei notwendige Ergänzungen des Ermittlungsverfahrens zu vorzunehmen.

(2) Die Behörde gemäß § 24 Abs. 1 hat vor Erlassung einer Genehmigung nach § 24f Abs. 6 oder deren Änderung die Umweltverträglichkeitsprüfung insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf ihre Zwecke notwendig ist.

(3) Für Vorhaben nach § 23a gilt darüber hinaus: Immissionsneutrale Änderungen zur Anpassung an den Stand der Technik, immissionsneutrale Änderungen der technischen Ausführung sowie Änderungen der Bauabwicklung mit irrelevanten Auswirkungen sind nicht genehmigungspflichtig, wenn die Genehmigungsvoraussetzungen nach § 24f Abs. 1 eingehalten werden. § 24f Abs. 1 Z 2 lit. a gilt in Bezug auf das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen auch als eingehalten, wenn die von der Änderung betroffenen Nachbarn/Nachbarinnen dieser nachweislich zugestimmt haben. Der Projektwerber/Die Projektwerberin hat über das Vorliegen der oben angeführten Voraussetzungen eine im Rahmen seiner Befugnis ausgestellte Bestätigung eines Ziviltechnikers oder Ingenieurbüros einzuholen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Eine Auflistung der auf Grund dieser Bestimmung vorgenommenen Änderungen ist der Fertigstellungsanzeige gemäß § 24h Abs. 1 anzufügen."

II.3. Zur Zulässigkeit der Beschwerde und zum Umfang der Parteienrechte

Das Mitspracherecht der Parteien mit Ausnahme der Standortgemeinden ist grundsätzlich davon abhängig, ob sie rechtzeitig Einwendungen erhoben haben, also nicht präkludiert sind. Wenn ein Antrag durch Edikt kundgemacht wurde, so hat dies gemäß § 44b Abs. 1 AVG zur Folge, dass Personen ihre Stellung als Partei verlieren, soweit sie nicht rechtzeitig bei der Behörde schriftlich Einwendungen erheben. Rechtzeitig ist eine Einwendung dann, wenn sie während der im Edikt dafür festgesetzten Frist erhoben wird.

Die XXXX wurde mit Bescheid des BMLFUW vom XXXX , XXXX , als Umweltorganisation gemäß § 19 Abs. 7 UVP-G 2000 anerkannt. Diese Umweltorganisation hat daher gemäß § 24f Abs. 8 zweiter Satz UVP-G 2000 iVm § 19 Abs. 10 UVP-G 2000 Parteistellung und ist grundsätzlich berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß § 9 Abs. 1 UVP-G 2000 schriftlich Einwendungen erhoben hat.

Nach dem am 15.10.2015 ergangenen Urteil des EuGH in der Rechtssache C-137/14 (Kommission/Deutschland), welches massive Auswirkungen auf die Durchführung der unionsrechtlich geprägten Verfahren hat, gilt die Präklusion in den unionsrechtlich geprägten Verfahren (UVP und IPPC) nicht mehr. Die XXXX war daher auch ohne vorherige Einwendungen berechtigt, Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht zu erheben. Dem behördlichen Verfahrensakt ist zu entnehmen, dass die Beschwerdeführerin als anerkannte Umweltorganisation im Sinne des § 19 Abs. 1 UVP-G 2000 bei der Behörde die Beschwerde fristgerecht eingebracht hat. Die Beschwerde ist somit insgesamt zulässig.

II.4.1. Zu den Beschwerdevorbringen der XXXX

1. Allgemeines

Im rechtskräftigen Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 21.05.2015, W102 2009977-1/36E u.a, wurde u.a. auf die Frage der Umweltverträglichkeit des Vorhabens, auf die Reichweite des UNESCO-Welterbes Semmeringbahn, auf das mehrmals wiederholte Vorbringen der "Nicht-Behandlung des Lebensraums Grundwasser" ausführlich eingegangen. In der Beschwerde wird insgesamt kein konkretisiertes Vorbringen zum beschwerdegegenständlichen Änderungs-Genehmigungsvorhaben erstattet. So lässt sich etwa aus dem Beschwerdevorbringen der behaupteten falschen Abschätzung der Bergwasserzutritte, nichts Konkretes betreffend das gegenständliche Änderungsgenehmigungsverfahren entnehmen. Die XXXX hat es in ihrer Beschwerde unterlassen, ein auf die konkreten Änderungen bezogenes, fachkundig untermauertes Vorbringen zu erstatten. Die geltend gemachten, sehr allgemein gehaltenen Beschwerdegründe betreffen allesamt Umstände, die nicht Gegenstand der Einreichunterlagen zum Änderungsverfahren waren und somit nicht den Gegenstand des bekämpften Bescheides betreffen. Das Vorbringen geht daher ins Leere (Vgl. VwGH vom 26.02.2016, Ro 2014/03/0004).

2. Zu den Bergwasserausleitungen, zur Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes und zu den Tieren und Pflanzen im Lebensraum Wasser

In der Beschwerde wird vorgebracht, dass die Bergwasserausleitungen unrichtig und zu gering prognostiziert wurden, sie führten zu massiven Grundwasserabsenkungen, zu einem Trockenfallen oder Beeinträchtigung von Brunnen, Quellen und Bachläufen sowie zu einer Beeinträchtigung und Zerstörung von Kalktuffquellen. Infolge der Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes komme es zu einer Gefährdung und Beeinträchtigung der Grundwasserfauna und zu einer Gefährdung, möglicherweise auch Ausrottung, von naturschutzrechtlich geschützten Quellschnecken. Der Lebensraum Wasser bewohnender Tiere und Pflanzen werde erheblich verändert und verkleinert.

Dazu hält das Bundesverwaltungsgericht fest: Im bekämpften Bescheid wird auf den Seiten 10 und 11 festgehalten, dass sich für das Schutzgut Wasser durch die beantragten Konkretisierungen und geringfügigen Änderungen keine Wirkungen ergeben. Die Beeinträchtigung des Grundwasserhaushaltes war Gegenstand vorangegangener, rechtskräftig abgeschlossener Verfahren. So hat sich das Bundesverwaltungsgericht im Erkenntnis vom 21.05.2015, W102 2009977-1/36E u.a., bereits ausführlich mit den Einwendungen im Hinblick auf die Grundwasserfauna beschäftigt.

3. Zur Beeinträchtigung der Land- und Forstwirtschaft sowie der Jagdwirtschaft und der Feuchtbiotope

In der Beschwerde wird vorgebracht: Die Wachstumsbedingungen für bestimmte Baumarten würden nachteilig verändert und dadurch die Forstwirtschaft beeinträchtigt. Wertvolle Feuchtbiotope würden beschädigt, die Jagdwirtschaft habe Nachteile zu erwarten und es komme zur Abwanderung bestimmter Tierarten. Die Bodenfeuchte würde vermindert und es komme zu nachteiligen Entwicklungen für die Landwirtschaft. In der Beschwerde wird auch angeführt, dass wertvolle Feuchtbiotope wie Sümpfe, Tümpel und Moore geschädigt und zum Teil verschwinden würden.

Dazu hält das Bundesverwaltungsgericht fest: Im bekämpften Bescheid wird auf den Seiten 10 und 11 festgehalten, dass sich für die Schutzgüter Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume durch die beantragten Konkretisierungen und geringfügigen Änderungen keine Wirkungen ergeben. Dies gilt auch für den Wildbestand und die damit verbundene Jagdwirtschaft. Für Boden, Land- und Forstwirtschaft ergeben sich keine Wirkungen (bekämpfter Bescheid Seite 103).

4. Zu den Auswirkungen auf das Landschaftsbild

Laut der Beschwerde könnte sich durch eine Verschiebung der Baumartenzusammensetzung auch das Landschaftsbild verändern.

Dazu hält das Bundesverwaltungsgericht fest: Im bekämpften Bescheid wird auf den Seiten 10 und 11 festgehalten, dass sich für die Schutzgüter Tiere, Pflanzen und deren Lebensräume durch die beantragten Konkretisierungen und geringfügigen Änderungen keine Wirkungen ergeben. Eine Änderung der Baumartenzusammensetzung und damit einhergehend des Landschaftsbildes ist somit nicht zu erwarten.

5. Zur Deponie Longsgraben und zu den kumulativen Auswirkungen von den Projekten "S6 Semmering Scheiteltunnel und Sondierstollen" mit dem Vorhaben "Semmering Basistunnel neu"

Im Longsgraben könne es gemäß der Beschwerde zu deponiegefährdenden Massenbewegungen kommen und aller Voraussicht nach würden sich die Einflussbereiche der Grundwasserabsenkungen im Bereich S6-Semmering Scheiteltunnel und Semmering-Basistunnel vereinigen und die Auswirkungen der Bergwasserspiegelabsenkungen in den beiden Tunnelbereichen einander überlappen und gegenseitig verstärken. Es seien von den Projekten "S6 Semmering Scheiteltunnel und Sondierstollen" relevante kumulative Auswirkungen mit dem Vorhaben "Semmering Basistunnel neu" auf die Erhaltungsziele des Natura-2000- und Europaschutzgebietes "Nordöstliche Randalpen: Hohe Wand - Schneeberg - Rax" sowie auf das UNESCO-Welterbe Semmeringbahn zu erwarten.

Dazu hält das Bundesverwaltungsgericht fest: Das Vorbringen war ebenfalls bereits Gegenstand vorangegangener Verfahren. So hat sich der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 19.03.2013, GZ 2011/03/0160, bereits mit den Ausschwemmungen von Schadstoffen aus dem Deponiekörper beschäftigt. Bezüglich allfälliger Wechselwirkungen mit der "S6 Semmering-Scheiteltunnel und Sondierstollen" ist auch auf das rechtskräftige Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 18.11.2016, GZ W102 2012548-1/85E, betreffend das naturschutzrechtliche Verfahren in Niederösterreich zu verweisen.

II.4.2. Zum Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG konnte trotz eines dementsprechenden Antrags von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt ist. Die mündliche Erörterung lässt eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten. Im Übrigen lassen die Gutachten und Schriftsätze des Verfahrens sowie die vorgelegten Verwaltungsakte erkennen, dass die Erörterung in einer Verhandlung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Das Bundesverwaltungsgericht konnte nach Einsicht in den Verfahrensakt der belangten Behörde aufgrund des schriftlichen Beschwerdevorbringens entscheiden, ohne dass dies eine Verletzung von Art. 6 Abs. 1 EMRK oder Art. 47 Grundrechte-Charta bedeutet hätte (VwGH 20.03.2014, 2013/07/0146 und VwGH 27.02.2013, 2010/05/0080, jeweils mit Hinweisen auf die Judikatur des EGMR).

II.5. Ergebnis

Zu Spruchpunkt A)

Im Ergebnis war die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen, oben zitierten Rechtsprechung des VwGH zum gegenständlichen Vorhaben (VwGH vom 19.12.2013, 2011/03/0160, 0162, 0164 und 0165; VwGH vom 26.05.2014, 2013/03/0144; VwGH vom 26.06.2014, 2013/03/0062; VwGH vom 26.06.2014, 2013/03/0021, VwGH vom 12.08.2014, 2012/10/0088 sowie VwGH vom 17.11.2015, Ra 2015/03/0058) ab noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des VwGH auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Bescheidabänderung, Bewilligung, Bewilligungsverfahren, konkrete
Darlegung, Konkretisierung, Parteistellung, Rechtskraft der
Entscheidung, Semmering Basistunnel, Umweltauswirkung,
Umweltverträglichkeitsprüfung, wasserrechtliche Bewilligung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W102.2188141.1.00

Zuletzt aktualisiert am

11.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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