TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/26 W235 2169841-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2018
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Entscheidungsdatum

26.04.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs5 Satz1
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W235 2169841-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Syrien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.08.2017, Zl. 1149009308-170526875, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 21 Abs. 5 erster Satz BFA-VG wird festgestellt, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtmäßig war.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Syrien, stellte nach unrechtmäßiger Einreise in das österreichische Bundesgebiet am 03.05.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am Tag der Antragstellung wurde der Beschwerdeführer einer Erstbefragung durch ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes unterzogen, wobei er zunächst angab, dass er an keinen Krankheiten leide. Ein Bruder von ihm lebe in Österreich. Der Beschwerdeführer sei am XXXX 03.2017 aus Syrien ausgereist und über die Türkei nach Italien gefahren, wo er sich ca. fünf Tage und nach einer Zurückweisung aus Österreich eine Woche lang aufgehalten habe. Er habe nach Österreich gewollt, weil sein Bruder hier sei. Am Anfang sei die Behandlung in Italien gut gewesen, aber dann sehr schlecht. Der Beschwerdeführer wolle hier bei seinem Bruder bleiben.

Dem Beschwerdeführer wurde weiters am 03.05.2017 eine Mitteilung gemäß § 28 Abs. 2 AsylG ausgehändigt, mit der ihm zur Kenntnis gebracht wurde, dass aufgrund von Konsultationen mit Italien die in § 28 Abs. 2 AsylG definierte 20-Tages-Frist für Verfahrenszulassungen nicht mehr gilt (vgl. AS 31). Diese Mitteilung wurde dem Beschwerdeführer am selben Tag übergeben und von ihm unterfertigt.

1.3. Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 22.05.2017 ein auf Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26.06.2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (= Dublin III-VO) gestütztes Aufnahmegesuch an Italien.

Mit Schreiben vom 27.07.2017 teilte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der italienischen Dublinbehörde mit, dass die Zuständigkeit im Fall des Beschwerdeführers wegen Unterlassung einer fristgerechten Antwort auf das österreichische Aufnahmegesuch auf Italien übergegangen ist (vgl. AS 69).

Mit Verfahrensanordnung gemäß § 29 Abs. 3 AsylG vom 27.07.2017 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG mitgeteilt, dass beabsichtigt ist, seinen Antrag auf internationalen Schutz zurückzuweisen, da eine Zuständigkeit des Dublinstaates Italien angenommen wird. Diese Verfahrensanordnung wurde dem Beschwerdeführer am 31.07.2017 übergeben und von ihm unterfertigt (vgl. AS 127).

1.4. Am 10.08.2017 wurde der Beschwerdeführer nach erfolgter Rechtsberatung in Anwesenheit eines Rechtsberaters im Zulassungsverfahren und eines geeigneten Dolmetschers für die Sprache Arabisch vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einvernommen, wobei er zunächst angab, dass er sich psychisch und physisch in der Lage fühle, Angaben zu seinem Asylverfahren zu machen. Er habe sich in Italien den Fuß gebrochen, wo er auch operiert worden sei. Es sei jedoch eine zweite Operation erforderlich gewesen, die er in Österreich gehabt habe. Sein Knöchel sei noch nicht ganz geheilt, aber er befinde sich auf dem Weg der Besserung. Der Beschwerdeführer benötige eine Physiotherapie. Das sei ihm bei einem Kontrolltermin am XXXX 07.2017 gesagt worden. Derzeit sei er nicht in einer Physiotherapie, sondern mache die Übungen selbst. In Österreich lebe sein Bruder als anerkannter Flüchtling. Der Beschwerdeführer lebe nicht bei seinem Bruder, sondern im Lager. Sein Bruder unterstütze ihn finanziell und mit Kleidung. Er besuche ihn dreimal in der Woche. Der Bruder des Beschwerdeführers sei nicht berufstätig, sondern beziehe Sozialhilfe vom Staat. Vor der Einreise nach Österreich habe der Beschwerdeführer seinen Bruder zuletzt Ende 2015 in Syrien gesehen. Damals hätten sie im gemeinsamen Haushalt gelebt. Es entspreche den Tatsachen, dass der Beschwerdeführer über Italien illegal eingereist sei. Dort habe er keinen Asylantrag gestellt. Das erste Mal sei er ca. drei Tage in Italien gewesen, sei dann weiter nach Österreich gereist, wo er von der Polizei aufgegriffen und nach Italien zurückgeschickt worden sei. Dann sei er ca. fünf Tage in Italien gewesen, bevor er wieder nach Österreich gekommen sei.

Zur beabsichtigten Vorgehensweise des Bundesamtes, ihn nach Italien auszuweisen, gab der Beschwerdeführer an, dass er nicht nach Italien zurückwolle, weil sein Bruder hier sei. In Italien habe er niemanden. Er sei dort auf der Straße mit einem gebrochenen Fuß gewesen und niemand habe ihm geholfen. Auf Vorhalt, er sei in Italien operiert worden ,gab der Beschwerdeführer an, das stimme, aber als er das Spital verlassen habe, sei er auf der Straße gewesen. Zu den vorab ausgefolgten Länderfeststellungen des Bundesamtes zur Lage in Italien brachte der Beschwerdeführer vor, dass es ihm wichtiger sei, in Österreich zu bleiben und er sich nicht über die Lage in Italien informieren wolle. Auch gebe es in XXXX keine Flüchtlingscamps. Dort hätten die Flüchtlinge auf der Straße geschlafen. Hier sei es anders, hier bekomme man eine Unterkunft. Er habe seinen Bruder hier.

Am Ende der Einvernahme stellte der Rechtsberater den Antrag auf Zulassung des Verfahrens in Österreich, da eine Überstellung nach Italien einen Eingriff in Art. 8 EMRK zur Folge habe.

Im Verwaltungsakt finden sich nachstehende Unterlagen:

* Ärztlicher Befundbericht vom XXXX 04.2017, dem zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer am XXXX 04.2017 in Italien am rechten Sprunggelenk operiert worden sei, sein Verband gewechselt und die Naht ambulant entfernt worden seien und sich der Beschwerdeführer in einem guten Allgemeinzustand befinde und

* Ärztlicher Entlassungsbrief eine Landesklinikums vom XXXX 06.2017, mit der Diagnose knöchern konsolidierte distale Tibiafraktur (= Schienbeinbruch), dem entnommen werden kann, dass dem Beschwerdeführer am selben Tag ambulant und komplikationslos zwei Schrauben entfernt worden waren

2. Mit dem angefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO für die Prüfung dieses Antrages zuständig ist (Spruchpunkt I.). Unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung gemäß § 61 Abs. 1 FPG angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG seine Abschiebung nach Italien zulässig ist.

Begründend wurde im Wesentlichen festgestellt, dass am XXXX 06.2017 beim Beschwerdeführer eine Osteosynthesematerialentfernung nach einem Schienbeinbruch, aufgrund dessen er im April 2017 in Italien operiert worden sei, durchgeführt worden sei. Der Eingriff sei komplikationslos verlaufen und könne nicht festgestellt werden, dass im Fall des Beschwerdeführers schwere psychische Störungen oder schwere Krankheiten bestünden. Festgestellt werde, dass seine illegale Einreise in das Gebiet der Europäischen Union von der Türkei kommend über Italien erfolgt sei. Festgestellt werde, dass Italien gemäß Art. 13 Abs. 1 iVm Art 22 Abs. 7 Dublin III-VO zur Führung seines Asylverfahrens zuständig sei. Der Beschwerdeführer habe angegeben, dass sein Bruder in Wien lebe und anerkannter Flüchtling sei. Mit diesem Bruder lebe er nicht im gemeinsamen Haushalt und bestehe auch kein finanzielles oder sonstiges Abhängigkeitsverhältnis. Eine besondere Integrationsverfestigung seiner Person könne nicht festgestellt werden. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer in Italien systematischen Misshandlungen bzw. Verfolgungen ausgesetzt gewesen sei oder diese dort zu erwarten hätte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl traf auf den Seiten 10 bis 24 des angefochtenen Bescheides Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien.

Beweiswürdigend führte das Bundesamt im Wesentlichen aus, dass sich im Verfahren keine Hinweise ergeben hätten, dass der Beschwerdeführer an einer schweren körperlichen Krankheit oder an einer schweren psychischen Störung leide. Die Feststellung zur angeführten Operation habe sich aufgrund des in Vorlage gebrachten Entlassungsbriefes ergeben. Der Beschwerdeführer habe angegeben, sich auf dem Weg der Besserung zu befinden, habe jedoch keine weiteren Befunde oder Arztberichte vorgelegt. Darüber hinaus seien in Italien Behandlungsmöglichkeiten und eine medizinische Versorgung gegeben. Die von der Türkei kommende illegale Einreise nach Italien ergebe sich aus seinen eigenen Angaben im Verfahren. Daraus ergebe sich auch die Zuständigkeit Italiens. Die Feststellungen zum Konsultationsverfahren und zum zuständigkeitsbegründenden Sachverhalt würden sich aus dem unbedenklichen Akteninhalt ergeben. Die Feststellungen zum Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers seien aufgrund seiner nicht anzuzweifelnden Angaben getroffen worden. Dass offensichtlich keine besondere Integrationsverfestigung seiner Person in Österreich bestehe, ergebe sich schon aus der Kürze des bisherigen Aufenthalts. Die Feststellungen zu Italien würden auf einer Zusammenstellung der Staatendokumentation des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl basieren. Soweit der Beschwerdeführer die Versorgungslage in Italien bemängle, sei darauf hinzuweisen, dass dieses Vorbringen nicht geeignet sei, eine konkret dem Beschwerdeführer persönlich drohende Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte im Fall der Überstellung nach Italien aufzuzeigen. Insbesondere sei hervorzuheben, dass in Italien eine ausreichende Versorgung für Asylwerber gewährleistet sei. Das Vorbringen betreffend unzureichender medizinischer Versorgung werde mangels Substanz als nicht glaubhaft erachtet, da der Beschwerdeführer einerseits angegeben habe, in Italien medizinisch versorgt worden zu sein und andererseits nicht über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse verfüge, um beurteilen zu können, welche medizinische Behandlung im jeweiligen Krankheitsfall angebracht wäre. Wie in den Feststellungen angeführt, werde in Italien die erforderliche medizinische Behandlung gewährt. Den Angaben des Beschwerdeführers zufolge sei ihm eine medizinische Behandlung in Italien auch gewährt worden. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Beschwerdeführer Gefahr liefe, in Italien einer Verletzung seiner durch Art. 3 EMRK gewährleisteten Rechte ausgesetzt zu werden.

In rechtlicher Hinsicht folgerte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides, dass sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers und aus dem amtswegigen Ermittlungsverfahren ergeben habe, dass Art. 13 Abs. 1 iVm Art. 22 Abs. 7 Dublin III-VO formell erfüllt sei. Der Bruder des Beschwerdeführers lebe in Österreich als anerkannter Flüchtling. Mit diesem Bruder lebe er nicht im gemeinsamen Haushalt und bestünden weder essentielle Abhängigkeiten noch eine besondere Beziehungsintensität. Es habe sich zweifelsfrei ergeben, dass die Beziehung zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder kein im Sinne des Art. 8 EMRK schützenswertes Familienleben darstelle. Die behaupteten Abhängigkeiten würden sich auf Unterstützungsleistungen in Form von Taschengeld und der Begleitung zu Arztterminen beschränken. Daher stelle die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers keine Verletzung seines durch Art. 8 EMRK gewährleisteten Rechts auf Achtung des Familienlebens dar. Betreffend die Achtung des Privatlebens wurde ausgeführt, dass insbesondere die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet kein im Sinne des Art. 8 EMRK relevantes Recht auf Achtung des Privatlebens zu begründen vermöge. Es sei daher davon auszugehen, dass die Anordnung zur Außerlandesbringung nicht zu einer relevanten Verletzung von Art. 8 EMRK bzw. von Art. 7 GRC führe und die Zurückweisungsentscheidung daher unter diesem Aspekt zulässig sei. Italien sei bereit, den Beschwerdeführer einreisen zu lassen und seinen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen bzw. die sonstigen, Italien treffenden Verpflichtungen dem Beschwerdeführer gegenüber zu erfüllen. Weiters sei festzuhalten, dass in Italien als Mitgliedstaat der Europäischen Union mit hinreichender Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Verletzung der EMRK im gegenständlichen Zusammenhang nicht eintreten werde. Ein im besonderen Maße substanziiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, die die Gefahr einer relevanten Verletzung der Art. 4 GRC bzw. Art. 3 EMRK im Fall einer Überstellung ernstlich möglich erscheinen ließen, sei im Verfahren nicht hervorgekommen. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG treffe daher zu. Zu Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides wurde ausgeführt, dass die gegenständliche Zurückweisungsentscheidung gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG mit einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden sei. Nach Zitierung der aktuellen Judikatur des Verfassungsgerichtshofes und des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte wurde betreffend die Überstellungszulässigkeit nach Italien im Hinblick auf den psychischen und physischen Zustand des Beschwerdeführers ausgeführt, dass sich aus dem vorliegenden Sachverhalt kein Anhaltspunkt dafür ergebe, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen lebensgefährlich Erkrankten handle und daher eine Überstellung nach Italien von vornherein als unzulässig angesehen werden müsse. Dringliche Behandlungen, die allenfalls einen Hinweis auf das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung darstellen würden, seien im Fall des Beschwerdeführers nicht durchgeführt worden und sei auch kein derartiges Vorbringen erstattet worden. Weiters seien für den Beschwerdeführer bei Bedarf in Italien Behandlungsmöglichkeiten gegeben. Dass ihm der Zugang zu allenfalls erforderlichen Behandlungen in Italien verwehrt worden wäre, habe sich im Verfahren nicht ergeben. Die Anordnung zur Außerlandesbringung habe gemäß § 61 Abs. 2 FPG zur Folge, dass die Abschiebung in den Zielstaat zulässig sei.

3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer im Wege seines rechtsfreundlichen Vertreters am 04.09.2017 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften und stellte einen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. Begründend wurde nach Wiederholung der Angaben des Beschwerdeführers und des Verfahrensganges im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer angegeben habe, bis zur Ausreise seines Bruders aus Syrien mit diesem im gemeinsamen Haushalt gelebt zu haben. Nach seiner Ankunft in Österreich sei es ihm nicht erlaubt gewesen, seinen Unterbringungsort in der Erstaufnahmestelle Ost zu verlassen, um zu seinem Bruder nach Wien zu ziehen. Sein Bruder habe ihn jedoch dreimal wöchentlich besucht und gebe ihm monatlich zwischen € 100,00 und € 200,00 für seinen Lebensunterhalt. Der Umzug nach Wien hätte für den Beschwerdeführer den Verlust der Grundversorgung zur Folge gehabt und sei er nur aus diesem Grund nicht zu seinem Bruder gezogen. Daher hätte die Behörde feststellen müssen, dass der Beschwerdeführer und sein Bruder - soweit es rechtlich zulässig sei - weiterhin ein gemeinsames Privat- und Familienleben führen würden. Da der Beschwerdeführer in der Grundversorgung nur € 40,00 pro Monat erhalte, sei er auf die monatlichen Unterstützungszahlungen seines Bruders angewiesen. Der Bruder des Beschwerdeführers würde diesen auch unterstützen, wenn er nach Italien ausreisen müsse, was ebenfalls für das Vorliegen eines durch Art. 8 EMRK geschützten Familien- und Privatlebens spreche.

Ferner gebe es eine Vielzahl von Hinweisen, die darauf hindeuten würden, dass die Versorgung des Beschwerdeführers in Italien nicht gesichert wäre und der Beschwerdeführer durch die Außerlandesbringung in seinen Rechten gemäß Art. 3 EMRK verletzt würde. Asylwerber würden nicht sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung, sondern erst nach Registrierung ihres Antrags tatsächlich Zugang zur Unterbringung erhalten. Aus diesen Grund würden in Italien viele Flüchtlinge in slumähnlichen Siedlungen ohne Zugang zu medizinischer Versorgung leben. Das Problem verschärfe sich, da im letzten Jahr eine Vielzahl von Flüchtlingen nach Italien gelangt sei. Auch die Aufstockung der Unterkünfte reiche nicht aus, um den Bedarf an Unterkünften zu decken. Integrationsprogramme seien kaum vorhanden. Auch für anerkannte Flüchtlinge verschärfe sich die Situation. Sozialhilfe im österreichischen Sinn gebe es in Italien nicht. Selbst wenn man annehmen wolle, dass der Beschwerdeführer nach seiner Rückkehr nach Italien Platz in einer Erstaufnahmeeinrichtung finden würde, wäre er spätestens nach seiner Anerkennung als Flüchtling konkret von Armut und Obdachlosigkeit bedroht, weil er aus der Grundversorgung fallen würde. Der Beschwerdeführer habe in Italien weder Verwandte noch Bekannte, die ihm bei der Suche nach Arbeit sowie nach einer Wohnung helfen könnten. Angesichts der Verhältnisse in Italien bestehe ein "real risk" für den Beschwerdeführer, dass er auf unabsehbare Zeit in existenzbedrohender Armut und Bedürftigkeit verbleiben würde. Daher verletze der bekämpfte Bescheid den Beschwerdeführer in seinen Rechten nach Art. 3 EMRK.

Der Beschwerde beigelegt waren folgende Unterlagen:

* (undatierter und kaum leserlicher) Bericht von Ärzte ohne Grenzen "Out of Sight";

* Berichte der schweizerischen Flüchtlingshilfe vom August 2016 und vom Oktober 2013 und

* (undatierter) Bericht von "bordermonitoring.eu"

4. Mit Bericht vom 06.10.2017 gab die Landespolizeidirektion Niederösterreich bekannt, dass der Beschwerdeführer am selben Tag auf dem Luftweg nach Italien überstellt wurde.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist ein Staatsangehöriger von Syrien. Er hat Syrien Mitte März 2017 verlassen und ist über die Türkei über Italien illegal in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten eingereist gefahren, wo er zunächst wenige Tage und nach einer Zurückweisung aus Österreich bzw. an der österreichisch-italienischen Grenze nochmals einige Tage aufhältig war. In der Folge reiste der Beschwerdeführer erneut unrechtmäßig in das österreichische Bundesgebiet ein, wo er am 03.05.2017 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz stellte.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl richtete am 22.05.2017 ein Aufnahmegesuch an Italien. Aufgrund von Verfristung trat die Zuständigkeit Italiens zur Durchführung des Verfahrens des Beschwerdeführers ein, was der italienischen Dublinbehörde vom Bundesamt mit Schreiben vom 27.07.2017 mitgeteilt wurde. Ein Sachverhalt, der die Zuständigkeit Italiens wieder beendet hätte, liegt nicht vor.

Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung in Italien sprechen, liegen nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Fall einer Überstellung nach Italien Gefahr liefe, einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

In Italien verletzte sich der Beschwerdeführer am rechten Sprunggelenk und wurde am XXXX 04.2017 in Italien operiert. In Österreich wurde eine knöchern konsolidierte distale Tibiafraktur (= Schienbeinbruch) diagnostiziert und wurden dem Beschwerdeführer am XXXX 06.2017 ambulant sowie komplikationslos zwei Schrauben entfernt. Nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beschwerdeführer nach einem Kontrolltermin am XXXX 07.2017 in weiterer ärztlicher Behandlung befunden bzw. sich einer Physiotherapie unterzogen hat. Sohin wird festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die einer Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

In Österreich lebt ein volljähriger Bruder des Beschwerdeführers als anerkannter Konventionsflüchtling. Mit diesem Bruder, den der Beschwerdeführer vor seiner Einreise nach Österreich zuletzt Ende 2015 in Syrien gesehen hat, hat der Beschwerdeführer in Syrien im gemeinsamen Haushalt gelebt, jedoch nicht in Österreich. Abgesehen von geringfügigen Unterstützungsleistungen - auch finanzieller Natur - wie sie unter erwachsenen Geschwistern üblich sind, bestehen keine finanziellen oder sonstige Abhängigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder. Darüber hinaus bestehen keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet.

Am 06.10.2017 wurde der Beschwerdeführer auf dem Luftweg nach Italien überstellt.

1.2. Zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien:

Zum italienischen Asylverfahren sowie zur Situation von Dublin-Rückkehrern in Italien wurden im angefochtenen Bescheid auf den Seiten 10 bis 24 umfangreiche Feststellungen getroffen, welche von der erkennenden Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes geteilt und auch für gegenständliches Erkenntnis herangezogen werden.

Ungeachtet dessen wird explizit festgestellt:

a). Allgemeines:

In Italien existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlichen Beschwerdemöglichkeiten (AIDA 2.2017).

[...]

b). Dublin-Rückkehrer:

Die meisten Dublin-Rückkehrer landen auf den Flughäfen Rom-Fiumicino und Mailand-Malpensa. Ihnen wird am Flughafen von der Polizei eine Einladung (verbale di invito) ausgehändigt, der zu entnehmen ist, welche Quästur für ihr Asylverfahren zuständig ist. Die Situation von Dublin-Rückkehrern hängt vom Stand ihres Verfahrens in Italien ab:

1. Wenn ein Rückkehrer noch keinen Asylantrag in Italien gestellt hat, kann er dies nun tun, so wie jede andere Person auch (AIDA 2.2017).

2. Ist das Verfahren des Rückkehrers noch anhängig, wird es fortgesetzt und er hat dieselben Rechte wie jeder andere Asylwerber auch (AIDA 2.2017).

3. Wenn ein Verfahren vor endgültiger Entscheidung unterbrochen wurde, etwa weil sich der Antragsteller diesem entzogen hat, und der Betreffende wird von Italien im Rahmen von Art. 18(1)(c) zurückgenommen, wird das Verfahren auf Antrag wieder aufgenommen (EASO 12.2015).

4. Bei Rückkehrern, die unter Art. 18(1)(d) und 18(2) fallen und welche Italien verlassen haben, bevor sie über eine negative erstinstanzliche Entscheidung informiert werden konnten, beginnt die Rechtsmittelfrist erst zu laufen, wenn der Rückkehrer von der Entscheidung in Kenntnis gesetzt wurde (EASO 12.2015; vgl. AIDA 2.2017).

5. Wurde der Rückkehrer beim ersten Aufenthalt in Italien von einer negativen Entscheidung in Kenntnis gesetzt und hat dagegen nicht berufen, kann er zur Außerlandesbringung in ein CIE (Schubhaftlager) gebracht werden. Wurde ihm die Entscheidung nicht zur Kenntnis gebracht, steht dem Rückkehrer der Beschwerdeweg offen, sobald er informiert wurde (AIDA 2.2017).

6. Hat sich der Rückkehrer dem persönlichen Interview nicht gestellt und sein Antrag wurde daher negativ beschieden, kann er nach Rückkehr ein neues Interview beantragen (AIDA 2.2017).

c). Unterbringung:

Grundsätzlich sind Fremde zur Unterbringung in Italien berechtigt, sobald sie den Willen erkennbar machen, um Asyl ansuchen zu wollen und eine entsprechende Bedürftigkeit besteht. Das Unterbringungsrecht gilt bis zur erstinstanzlichen Entscheidung bzw. dem Ende der Rechtsmittelfrist. Bei Rechtsmitteln mit automatisch aufschiebender Wirkung besteht dieses Recht auch bis zur Entscheidung des Gerichts. Gemäß der Praxis in den Jahren 2015 und 2016 erfolgt der tatsächliche Zugang zur Unterbringung erst mit der formellen Registrierung des Antrags (verbalizzazione) anstatt sofort nach der erkennungsdienstlichen Behandlung (fotosegnalamento). Zwischen diesen beiden Schritten sind, abhängig von Region und Antragszahlen, Wartezeiten von Wochen oder gar Monaten möglich, in denen Betroffene Probleme beim Zugang zu alternativer Unterbringung haben können. Betroffene Asylwerber ohne ausreichende Geldmittel sind daher auf Freunde oder Notunterkünfte angewiesen, oder es droht ihnen Obdachlosigkeit. Zum Ausmaß dieses Phänomens gibt es allerdings keine statistischen Zahlen. Tatsächlich ist diese Problematik durch die Erweiterung der SPRAR-Kapazitäten und Einführung der temporären Unterbringungsstrukturen (CAS) nur für Personen relevant, die ihren Antrag im Land stellen, nicht für auf See geretteten Asylwerber (AIDA 2.2017).

[...]

Dublin-Rückkehrer die noch nicht in Italien offiziell untergebracht waren, haben Zugang zu Unterbringung. Eine allgemeine Aussage, wie lange es dauert bis tatsächlich ein Platz gefunden ist, ist nicht möglich. Aufgrund von Informationsmangel, Fragmentierung des Systems und Platzknappheit, dauert es tendenziell länger. In den letzten Jahren wurden daher temporäre Aufnahmestrukturen für die Rückkehrer geschaffen, in denen vulnerable Fälle verbleiben bis eine alternative Unterbringung gefunden ist, bzw. in denen nicht-vulnerable Fälle bleiben, bis ihr rechtlicher Status geklärt ist. Berichten zufolge kommt es aber vor, dass Dublin-Rückkehrer nicht untergebracht werden und sich daher selbst um ihre Unterbringung - mitunter in Behelfssiedlungen - kümmern müssen (AIDA 2.2017).

Wenn Rückkehrer in Italien bereits einmal offiziell untergebracht waren und diese Unterbringung einfach verlassen haben, kann dies zu Problemen führen. Wenn diese Personen nach Rückkehr einen Antrag auf Unterbringung stellen, kann dieser von der zuständigen Präfektur abgelehnt werden. Ebenso haben Rückkehrer mit einem Schutzstatus in Italien Probleme beim Zugang zu Unterbringung (AIDA 2.2017).

[...]

d). Medizinische Versorgung:

Asylwerber und Personen mit einem Schutzstatus in Italien müssen sich beim italienischen nationalen Gesundheitsdienst registrieren und haben dann in Bezug auf medizinische Versorgung dieselben Rechte und Pflichten wie italienische Staatsbürger. Das Recht auf medizinische Versorgung erfolgt im Moment der Registrierung eines Asylantrags, der wiederum von der Zuweisung eines "codice fiscale" (Steuer-Codes) abhängt, der von den Quästuren im Zuge der Formalisierung des Asylantrags vergeben wird. Das kann Wochen oder sogar Monate dauern, zumal 2016 ein eigenes Steuercode-System für Asylwerber eingeführt wurde. Bis dahin haben Asylsuchende nur Zugang zu medizinischen Basisleistungen wie etwa einer Notfallversorgung, wie sie gemäß Artikel 35 des Einwanderungsgesetzes (TUI) auch illegalen Migranten zusteht. Die Anmeldung erfolgt in den Büros der lokalen Gesundheitsdienste (Aziende sanitaria locali, ASL). Im Zuge der Registrierung wird eine Gesundheitskarte (tessera sanitaria) ausgestellt. Die Registrierung berechtigt zu folgenden Leistungen:

freie Wahl eines Hausarztes bzw. Kinderarztes (kostenlose Arztbesuche, Hausbesuche, Rezepte, usw.); Geburtshilfe und gynäkologische Betreuung bei der Familienberatung (consultorio familiare) ohne allgemeinärztliche Überweisung; kostenlose Aufenthalte in öffentlichen Krankenhäusern (AIDA 2.2017).

Asylwerber und Schutzberechtigte können sich auf Basis einer Eigendeklaration bei der ASL als bedürftig registrieren lassen. Sie werden dann arbeitslosen Staatsbürgern gleichgestellt und müssen keine Praxisgebühr ("Ticket") bezahlen. Die Praxis ist aber nicht im ganzen Land einheitlich. Auch bezüglich der Verlängerung der Befreiung gibt es regional unterschiedliche Regelungen. Die Sprachbarriere ist das größte Zugangshindernis zu medizinischer Versorgung. Asylwerber und Schutzberechtigte mit psychischen Problemen (z.B. Folteropfer) haben das Recht auf dieselbe Behandlung wie italienische Staatsbürger. Seit April 2016 existiert in Rom ein NGO-Projekt zur Indentifizierung und Rehabilitation von Folteropfern (AIDA 2.2017).

Der Zugang zur Gesundheitsversorgung wird in der Praxis dadurch beeinträchtigt, dass viele Asylwerber und Schutzberechtigte nicht über ihre Rechte und das administrative Verfahren zum Erhalt einer Gesundheitskarte informiert sind. Dies gilt insbesondere, wenn sie sich in einer prekären Wohnsituation befinden (SFH 8.2016).

Auch illegal aufhältige Personen können von medizinischen Notdiensten usw. Gebrauch machen. Die Gesetze verbieten es dem medizinischen und Verwaltungspersonal, die Polizei bezüglich illegaler Migranten zu informieren (UNHRC 21.7.2014).

MedCOI bearbeitet grundsätzlich keine medizinischen Anfragen zu EU-Mitgliedsstaaten, da die medizinischen Mitarbeiter von MedCOI (Ärzte) davon ausgehen, dass medizinische Behandlungsmöglichkeiten in der EU generell in ausreichendem Maße verfügbar sind. Ausnahmen von dieser Regel sind nur in sehr spezifischen Einzelfällen möglich (MedCOI 14.12.2016).

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Italien auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen - darunter konkret auch in Bezug auf Rückkehrer nach der Dublin III-VO - samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.

Festgestellt wird sohin, dass sich aus diesen Länderinformationen keine ausreichend begründeten Hinweise darauf ergeben, dass das italienische Asylwesen grobe systemische Mängel aufweist. Daher ist aus Sicht der zuständigen Einzelrichterin, insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die generelle Versorgungs- und Unterbringungslage und die Sicherheitslage von Asylwerbern in Italien den Feststellungen des Bundesamtes im angefochtenen Bescheid zu folgen.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers, zu seiner Staatsangehörigkeit, zu seiner Ausreise aus Syrien, zu seinem weiteren Reiseweg sowie zu seiner illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Italien, zu seiner Zurückweisung aus Österreich, zur Dauer seiner beiden Aufenthalte in Italien und zu seiner unrechtmäßigen, neuerlichen Weiterreise nach Österreich sowie zur Stellung des gegenständlichen Antrags auf internationalen Schutz ergeben sich aus dem Vorbringen des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl sowie aus dem Akteninhalt.

Im Rahmen der Erstbefragung gab der Beschwerdeführer an, dass er von Syrien aus über die Türkei nach Italien eingereist sei, sich dort zunächst wenige Tage aufgehalten habe und nach einer Zurückweisung aus Österreich erneut einige Tage in Italien aufhältig gewesen sei (vgl. AS 23). Auch in der Einvernahme vor dem Bundesamt gab der Beschwerdeführer an, dass er über Italien illegal eingereist sei und dort keinen Asylantrag gestellt habe. Er sei zunächst ca. drei Tage in Italien gewesen, sei dann weiter nach Österreich gereist, wo er von der Polizei aufgegriffen und nach Italien zurückgeschickt worden sei. Danach sei er ca. fünf Tage in Italien gewesen (vgl. AS 155). Weiters ergibt sich die Feststellung zur illegalen Einreise in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten über Italien auch aus dem Umstand, dass Italien dem auf Art. 13 Abs. 1 Dublin III-VO gestützten Aufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde nicht widersprochen hat.

Die Feststellungen zum Aufnahmegesuch der österreichischen Dublinbehörde und zum Übergang der Zuständigkeit an Italien aufgrund Verfristung sowie zur diesbezüglichen Mitteilung durch das Bundesamt ergeben sich darüber hinaus aus den jeweiligen Schreiben bzw. aus der diesbezüglichen Korrespondenz der Dublinbehörden im Rahmen des Konsultationsverfahrens. Darauf, dass die Zuständigkeit Italiens beendet worden wäre, finden sich im gesamten Verfahren keine Hinweise.

Eine den Beschwerdeführer konkret treffende Bedrohungssituation in Italien wurde nicht ausreichend substanziiert vorgebracht (vgl. hierzu die weiteren Ausführungen unter Punkt II. 3.2.4.2. des gegenständlichen Erkenntnisses).

Die Feststellungen zur in Italien erlittenen Verletzung am rechten Sprunggelenk und zur dortigen Behandlung bzw. Operation ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers in der Einvernahme vor dem Bundesamt am 10.08.2017 und aus dem ärztlichen Befundbericht vom XXXX 04.2017. Aus diesen Angaben sowie aus den vorgelegten ärztlichen Unterlagen vom XXXX 04.2017 und vom XXXX 06.2017 ergibt sich auch die Feststellung zur weiteren ambulanten bzw. komplikationslosen Behandlung in Österreich. Die (Negativ)feststellung, dass nicht festgestellt werden kann, dass sich der Beschwerdeführer nach einem Kontrolltermin am XXXX 07.2017 in weiterer ärztlicher und/oder physiotherapeutischer Behandlung befunden hat, gründet sich darauf, dass im weiteren Verlauf des Verfahrens (auch nicht im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht) keine medizinischen Unterlagen und/oder ärztliche Atteste vorgelegt wurden, die auf eine (nach dem Kontrolltermin vom XXXX 07.2017) erforderliche Behandlung bzw. Physiotherapie hinweisen. Offenbar waren darüber hinausgehende Behandlungen bzw. Therapien nicht mehr erforderlich, da andernfalls wohl weitere medizinische Bestätigungen vorgelegt worden wären. Da sohin nach dem XXXX 07.2017 bis zur Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien am 06.10.2017 weder Unterlagen vorgelegt worden waren, die eine Behandlungsbedürftigkeit indizieren, noch ein diesbezügliches Vorbringen erstattet worden war, war sohin die Feststellung zu treffen, dass der Beschwerdeführer weder an einer körperlichen noch an einer psychischen Krankheit leidet, die seiner Überstellung nach Italien aus gesundheitlichen Gründen entgegensteht bzw. entgegengestanden ist.

Die Feststellungen zum Bruder des Beschwerdeführers ergeben sich aus den eigenen Angaben des Beschwerdeführers im Verfahren. Der Beschwerdeführer gab an, in Österreich nicht bei seinem Bruder, sondern "im Lager" zu leben. Allerdings unterstütze ihn sein Bruder finanziell und mit Kleidung. Vor seiner Einreise in Österreich habe der Beschwerdeführer seinen Bruder zuletzt Ende 2015 in Syrien gesehen und habe damals mit ihm im gemeinsamen Haushalt gelebt (vgl. AS 155). Dass - abgesehen von den erwähnten Unterstützungsleistungen - keine finanziellen oder sonstigen Abhängigkeiten zwischen dem Beschwerdeführer und seinem Bruder bestehen bzw. bestanden haben, ergibt sich auch aus dem Umstand, dass der Bruder des Beschwerdeführer (den eigenen Angaben des Beschwerdeführers zufolge) nicht berufstätig ist, sondern lediglich von der Sozialhilfe des österreichischen Staates lebt, sodass es dem Bruder des Beschwerdeführers mangels eigenem Einkommen gar nicht möglich sein kann, dem Beschwerdeführer über die erwähnten geringfügigen Unterstützungsleistungen hinaus finanzielle Hilfe zukommen zu lassen. Darüber hinausgehende sonstige Abhängigkeiten wurden nicht behauptet. Dass es sich beim Bruder des Beschwerdeführers um einen in Österreich anerkannten Konventionsflüchtling handelt, ergibt sich ferner aus einer vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Auskunft aus dem Zentralen Fremdenregister vom 06.09.2017. Da der Beschwerdeführer weitere Bindungen in bzw. zu Österreich nicht vorgebracht hat, war die Feststellung zu treffen, dass darüber hinaus keine besonders ausgeprägten privaten, familiäre oder berufliche Bindungen des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet bestehen.

Letztlich ergibt sich die Feststellung zur Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien am 06.10.2017 aus dem diesbezüglichen Bericht der Landespolizeidirektion Niederösterreich vom selben Tag.

2.2. Die Feststellungen zum italienischen Asylverfahren einschließlich der Situation von Dublin-Rückkehrern beruhen auf den im angefochtenen Bescheid angeführten Quellen. Bei diesen vom Bundesamt herangezogenen Quellen handelt es sich um Berichte verschiedener anerkannter und teilweise vor Ort agierender Institutionen, die in ihren Aussagen ein übereinstimmendes, schlüssiges Gesamtbild zum Asylverfahren in Italien ergeben. Nach Ansicht der erkennenden Einzelrichterin handelt es sich bei den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid um ausreichend ausgewogenes und (jedenfalls zum Zeitpunkt der Überstellung des Beschwerdeführers nach Italien) aktuelles Material. Angesichts der Seriosität der angeführten Erkenntnisquellen und der Plausibilität der Aussagen besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Darstellung zu zweifeln. Des Weiteren ist darauf zu verweisen, dass die vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl herangezogenen Quellen nach wie vor aktuell bzw. mit späteren Quellen inhaltlich deckungsgleich bzw. zum Teil sogar nahezu wortident sind.

Die Gesamtsituation des Asylwesens in Italien ergibt sich sohin aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid, die auf alle entscheidungswesentlichen Fragen eingehen. Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen, welche den Länderberichten klar und substanziell widersprechen, hat der Beschwerdeführer nicht dargelegt. In der Einvernahme vor dem Bundesamt gab er zu den ihm bereits vorab ausgefolgten Länderfeststellungen lediglich an, dass es ihm wichtiger sei, in Österreich zu bleiben und er sich daher nicht über die Lage in Italien informieren wolle. In XXXX gebe es keine Flüchtlingscamps und hätten die Flüchtlinge auf der Straße geschlafen (vgl. AS 159). Ein substanziiertes Bestreiten der Länderfeststellungen des Bundesamtes ist aus diesem Angaben jedenfalls nicht ersichtlich.

Aber auch in der Beschwerde wurde den Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid nicht substanziiert entgegengetreten. Die Beschwerde verweist lediglich allgemein auf die Lage für Flüchtlinge in Italien, welche allerdings ohnehin in den Länderberichten des angefochtenen Bescheides wiedergegeben wurde. Hinzu kommt, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid in ihrer letzten Überarbeitung bereits aus dem Jahr 2017 stammen und sohin jedenfalls aktueller sind als die der Beschwerde beigelegten Berichte der schweizerischen Flüchtlingshilfe, die aus den Jahren 2016 und 2013 stammen. Zu den weiteren, der Beschwerde beigelegten Berichte ist anzuführen, dass diese kein Datum aufweisen, sodass über deren Aktualität keine Aussagen getätigt werden können. Zusammengefasst kann sohin festgehalten werden, dass die Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid ein durchaus ein differenziertes Bild zeichnen und ebenso auf die Situation von Dublin-Rückkehrern Bezug nehmen. Mangels konkretem Vorbringen sind die Beschwerdeausführungen daher nicht geeignet, die durch tatsächlich aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen im angefochtenen Bescheid zu entkräften.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Da im vorliegenden Verfahren keine Entscheidung durch Senate vorgesehen ist, liegt gegenständlich Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG, BGBl. I 2012/87 idgF bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und im FPG bleiben unberührt.

3.2. Zu A)

3.2.1. Gemäß § 5 Abs. 1 AsylG ist ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

Nach Abs. 2 leg. cit. ist gemäß Abs. 1 auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.

Sofern gemäß Abs. 3 leg. cit. nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird und in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

Gemäß § 61 Abs. 1 Z 1 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen eine Außerlandesbringung anzuordnen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG.

Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat gemäß Abs. 2 leg. cit. zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

Gemäß Abs. 3 leg. cit. ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben, wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind.

Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird (§ 61 Abs. 4 FPG).

3.2.2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:

Art. 3 Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz

(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.

(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig. Erweist es sich als unmöglich einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systematische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann. Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.

(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.

Art. 7 Rangfolge der Kriterien

(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaates finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.

(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.

(3) [...]

Art. 13 Einreise und/oder Aufenthalt

(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnisse, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.

(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.

Art. 17 Ermessensklauseln

(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist. Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Art. 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde. Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.

(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen. Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen. Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen. Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.

Art. 18 Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats

(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:

a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;

b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;

d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.

(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab. Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird. In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.

Art 22 Antwort auf ein Aufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Aufnahme eines Antragstellers innerhalb von zwei Monaten, nach Erhalt des Gesuchs.

(2) In dem Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats werden Beweismittel und Indizien verwendet.

(3) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten die Erstellung und regelmäßige Überprüfung zweier Verzeichnisse, in denen die sachdienlichen Beweismittel und Indizien gemäß den in den Buchstaben a und b dieses Artikels festgelegten Kriterien aufgeführt sind, fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

a) Beweismittel:

i. Hierunter fallen förmliche Beweismittel, die insoweit über die Zuständigkeit nach dieser Verordnung entscheiden, als sie nicht durch Gegenbeweise widerlegt werden;

ii. Die Mitgliedstaaten stellen dem in Artikel 44 vorgesehenen Ausschuss nach Maßgab

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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