TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/20 95/17/0616

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Veröffentlicht am 20.03.2000
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Index

L34009 Abgabenordnung Wien;
L37299 Wasserabgabe Wien;
L69309 Wasserversorgung Wien;
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht;

Norm

BAO §115;
BAO §276 Abs1;
LAO Wr 1962 §211 Abs1;
LAO Wr 1962 §90;
WasserversorgungsG Wr 1960 §11;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek sowie Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der K Gesellschaft m.b.H., vertreten durch B & Partner, Rechtsanwälte in S, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 20. Oktober 1995, Zl. MD-VfR - B 21/95, betreffend Wasserbezugs- und Abwassergebühr, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Erkenntnis vom 23. September 1994, Zl. 93/17/0099, hob der Verwaltungsgerichtshof den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Stadt Wien vom 12. März 1993, betreffend unter anderem die Abweisung einer Berufung gegen die erstinstanzliche Zurückweisung einer Berufung gegen die die beschwerdeführende Partei betreffende Vorschreibung von Wassergebühr und Abwassergebühr vom 22. April 1992 im Gesamtbetrag von S 314.886,--, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes deswegen auf, weil die Berufung zu Unrecht einem Dritten und nicht der Beschwerdeführerin zugerechnet worden sei.

Im zweiten Rechtsgang behob die Abgabenberufungskommission mit Bescheid vom 16. Dezember 1994 die einer Sacherledigung der der Beschwerdeführerin zuzurechnenden Berufung entgegenstehenden formell-rechtlichen Bescheide.

1.2. Mit Berufungsvorentscheidung (im Folgenden: BVE) vom 13. April 1995 entschied der Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 4, über die Berufung gegen den Gebührenbescheid vom 22. April 1992 dahingehend, dass die Abwassergebühr für die Zeit vom 23. Jänner 1988 bis 10. August 1989 wie folgt festgesetzt werde:

"Zeitraum 23.1.1988 bis 31.12.1988: 849 m3

Abwassergebühr: S 7.811,-- (netto S 7.100,91 + 10 % USt S 710,09)

Zeitraum 1.1.1989 bis 10.8.1989: 544 m3

Abwassergebühr: S 5.005,-- (netto S 4.550,-- + 10 % USt S 455,--)"

Im Übrigen wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen. Die Behörde führte in diesem Bescheid zusammengefasst aus, dass nach § 20 Abs. 4 Wasserversorgungsgesetz 1960, LGBl. für Wien Nr. 10, in der derzeit geltenden Fassung (im Folgenden: WVG), die Wasserbezugsgebühren durch Multiplikation der Gebühr für einen Kubikmeter Wasser mit der Kubikmeteranzahl der bezogenen Wassermenge zu errechnen seien. Die bezogene Wassermenge werde gemäß § 11 Abs. 1 WVG nach den Angaben des Wasserzählers ermittelt, welche nach § 11 Abs. 3 WVG verbindlich seien, wenn sie eine Fehlergrenze von 5 v.H. auf oder ab nicht überschritten. Auf der gegenständlichen Liegenschaft sei bis 8. Juni 1989 der Wasserzähler mit der Nr. 53368 eingebaut gewesen, der an diesem Tag mit einem Stand von 6.902 m3 gegen den Wasserzähler mit der Nr. 38743 mit einem Stand von 1 m3 ausgetauscht worden sei. Der Wasserzähler mit der Nr. 53368 sei von Amts wegen nach seinem Ausbau mit dem angeführten Stand von der Magistratsabteilung 31 - Wasserwerke im Sinne des Maß- und Eichgesetzes 1960, BGBl. Nr. 152, überprüft worden, wobei festgestellt worden sei, dass seine Anzeigen die Fehlergrenze des § 11 Abs. 3 WVG nicht überschritten hätten. Bemerkt werde, dass die Beschwerdeführerin trotz Verständigung vom Zählerausbau und vom angezeigten Mehrverbrauch keine Bedenken gegen die Anzeigen dieses Wasserzählers geäußert und keine Überprüfung desselben beantragt habe. Für die Richtigkeit der Anzeigen dieses Zählers spreche im Übrigen auch, dass der neu eingebaute Wasserzähler Nr. 38743 bis zur Behebung eines (Rohr)Gebrechens an der erdverlegten Leitung einen erhöhten Wasserbezug gemessen habe. Bedenken gegen die Anzeigen des Wasserzählers Nr. 38743 bestünden allein schon deshalb nicht, weil dieses Messgerät nach der Beseitigung des (Rohr)Gebrechens einen wesentlich geringeren Wasserbezug angezeigt habe. Die Beschwerdeführerin habe in der Folge auch keine Bedenken in diese Richtung geäußert, wobei auf die rechtskräftigen Gebühren- und Abgabenbescheide vom 9. März 1990, 8. März 1991, 13. März 1992, 12. März 1993 und 18. März 1994 verwiesen wurde.

1.3. Mit zwei Bescheiden vom 13. April 1995 gab der Magistrat den Anträgen der Beschwerdeführerin auf Herabsetzung der Abwassergebühren gemäß § 13 Abs. 1 des Kanalräumungs- und Kanalgebührengesetzes 1978, LGBl für Wien Nr. 2, statt und setzte für den Zeitraum vom 23. Jänner 1988 bis 31. Dezember 1988 die Abwassergebühr von S 77.896,-- auf S 7.811,-- und vom 1. Jänner 1989 bis 27. Juli 1989 von S 80.224,-- auf S 4.738,-- jeweils inklusive 10 % USt herab.

1.4. Infolge des Vorlageantrages der Beschwerdeführerin vom 10. Mai 1995 galt die Berufung wieder als unerledigt. Im Vorlageantrag beantragte die Beschwerdeführerin, zusätzlich zu den in der Berufung vom 30. April 1992 beantragten Beweismitteln die Einvernahme des Baumeisters Ing. FK zum Beweis dafür, dass die von der Behörde zu Grunde gelegte Wassermenge nicht verbraucht worden sei. Der beantragte Zeuge sei "als Baumeister sachkundig und habe sich sofort nach Bekanntwerden des hohen Wasserverbrauches die leck gewordene Stelle angesehen und festgestellt, dass die verrechnete Wassermenge unmöglich verbraucht werden konnte".

Die Einvernahme des Wasserzählerablesers werde beantragt, weil einem geschulten Wasserzählerableser ein "Durchdrehen" auffallen müsse und entsprechende schriftliche Aufzeichnungen im Verfahren bisher nicht vorgelegt worden seien. Die Wassergebührenstelle habe anlässlich des Wasserzählertausches am 8. Juni 1989 den Stand des ausgebauten Wasserzählers mit 6.902 (m3) festgestellt und die Ablesung vom 23. Jänner 1988 als für die Abrechnung maßgeblich erkannt. Am 23. Jänner 1988 habe der Wasserzählerstand aber

2.166 (m3) betragen. Für den Zeitraum vom 23. Jänner 1988 bis 8. Juni 1989 seien also lediglich 4.736 m3 und nicht - wie von der Behörde angenommen - 9.603 m3 verbraucht worden.

1.5. Die belangte Behörde änderte mit Bescheid vom 20. Oktober 1995 (dem angefochtenen Bescheid) den erstinstanzlichen Gebührenbescheid dahingehend ab, dass sie die Wasserbezugsgebühr und die Abwassergebühr wie folgt festsetzte:

"Zeitraum               Wasserbezugsgebühr        Abwassergebühr

23.01.1988 -          S  93.137,--              S  7.811,--

31.12.1988     (netto S  84.670,--      (netto  S  7.100,91

           + 10 % USt  S  8.467,--)  + 10 % USt S    710,09)

01.01.1989 -          S  96.239,--              S  5.005,--

10.08.1989     (netto  S  87.490,--     (netto  S  4.550,--

            + 10 % USt  S  8.749,--)  + 10 % USt  S  455,--)"

Der Abrechnungsbetrag sei mit S 165.387,-- festzusetzen, im Übrigen werde die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Auch die belangte Behörde begründete ihren Bescheid damit, dass nach § 20 Abs. 4 WVG die Wasserbezugsgebühr durch Multiplikation der Gebühr für einen Kubikmeter Wasser mit der Kubikmeteranzahl der bezogenen Wassermenge zu berechnen sei und dass die Angaben des Wasserzählers gemäß § 11 Abs. 1 WVG verbindlich seien, wenn sie nicht die im Gesetz vorgesehene Fehlergrenze überschritten.

Die Beschwerdeführerin habe zwar die Überschreitung der Fehlergrenze von 5 v.H. auf oder ab behauptet, jedoch sprächen die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens eindeutig dagegen. Bereits die Abgabenbehörde erster Instanz habe die Feststellung getroffen, dass auf der gegenständlichen Liegenschaft bis 8. Juni 1989 der Wasserzähler mit der Nr. 53368 eingebaut gewesen sei, der an diesem Tag mit einem Stand von 6.902 m3 gegen den Wasserzähler mit der Nr. 38743 mit einem Stand von 1 m3 ausgetauscht worden sei. Der Wasserzähler mit der Nr. 53368 sei von Amts wegen nach seinem Ausbau mit dem angeführten Stand von 6.902 m3 von der Magistratsabteilung 31 überprüft worden, wobei die Fehlergrenze des § 11 Abs. 3 WVG nicht überschritten worden sei.

Im Übrigen wiederholt der angefochtene Bescheid die Feststellungen aus der Berufungsvorentscheidung (siehe Punkt 1.4.). Diesen Feststellungen sei die Beschwerdeführerin nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten und habe kein Gegengutachten vorgelegt. Sie habe es weiters unterlassen, durch ein Gutachten darzutun, dass bei einem Wasserzähler ein "Durchdrehen" möglich sei. Überdies spreche die Anzeige des am 8. Juni 1989 eingebauten Wasserzählers Nr. 38743 eindeutig gegen die Spekulation der Beschwerdeführerin, dass bis zur Behebung des Rohrgebrechens am 27. Juli 1989 der ausgewiesene Tagesdurchschnittsverbrauch ca. 50 m3 pro Tag betragen habe.

Maßgebend sei lediglich die Frage, ob der Wasserzähler die Fehlergrenze von 5 v.H. auf oder ab überschritten habe, weshalb sich die Einvernahme des beantragten Zeugen Ing. FK erübrige, da die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren selbst nicht behauptet habe, dass der Zeuge den Wasserzähler überprüft habe. Ob der angezeigte Wasserverbrauch zur Gänze auf das Wasserrohrgebrechen oder auf andere Umstände zurückzuführen sei, "erscheine unerheblich", da es nicht Sache der Abgabenbehörde sei, den Nachweis zu führen, worauf der erhöhte Wasserverbrauch zurückzuführen sei. Die Einvernahme des Wasserzählerablesers stelle einen bloßen Erkundungsbeweis dar, da die Beschwerdeführerin jede Angabe darüber unterlassen habe, wie durch ein bloßes "Ablesen" ein "Durchdrehen" des Zählers festgestellt werden könnte. Eine unrichtige Ablesung habe die Beschwerdeführerin nicht dargetan. Richtig sei, dass der Wasserzähler Nr. 53368 mit dem Stand 6.902 m3 am 8. Juni 1989 ausgebaut worden sei. Da der Zählerstand am 15. Februar 1989 1.769 m3 betragen habe, am 23. Jänner 1988 ein Zählerstand von 2.866 m3 vorgelegen sei, sei eine Ermittlung des Wasserverbrauches, wie sie die Beschwerdeführerin vorgenommen habe, unzulässig, da sie bloß die Differenz des Zählerstandes per 23. Jänner 1988 und per 8. Juni 1989 errechnet habe. Die im Wege der EDV erstellte Verständigung über den Wassermehrverbrauch berücksichtige zwar nicht die Ablesung per 15. Februar 1989, da es sich bei der Verständigung allerdings um keinen der Rechtskraft fähigen Verwaltungsakt handle, bestehe keine Bindung der Behörde im nachfolgenden Abgabenverfahren. Die Angaben des am 8. Juni 1989 neu eingebauten Wasserzählers Nr. 38743 widerlegten alle Spekulationen der Beschwerdeführerin, da dieser eindeutig einen Tagesdurchschnittverbrauch von ca. 50 m3 angezeigt habe und ein "Durchdrehen" hier von vornherein nicht möglich gewesen wäre. Auf Grund des Berufungsvorbringens stehe fest, dass ein Wasserrohrbruch vorgelegen sei. Es sei daher als erwiesen anzunehmen, dass die Angaben des Wasserzählers während der Zeit vom 23. Jänner 1988 bis 10. August 1989 die Fehlergrenze von 5 v.H. auf oder ab nicht überschritten hätten. Die von den Wasserzählern für diese Zeit als bezogen angezeigte Wassermenge von insgesamt 17.216 m3 sei daher der Berechnung der Wasserbezugsgebühr zu Grunde zu legen.

Hinsichtlich der Festsetzung der Abwassergebühr hätten die im Spruch des angefochtenen Bescheides genannten Herabsetzungen zu erfolgen gehabt, weil die Bescheide vom 13. April 1995 über die Herabsetzung in Rechtskraft erwachsen seien und dies auch im Bemessungsverfahren zu berücksichtigen gewesen sei.

1.6. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof, in der inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden. Die inhaltliche Rechtswidrigkeit sei durch einen Verstoß gegen § 20 WVG begründet, weil die Behörde nicht vom tatsächlichen Verbrauch ausgegangen sei, sondern von einem rein fiktiven Wasserverbrauch, der durch eine offensichtliche Falschablesung des Wasserzählers ermittelt worden sei. Weiters sei ein Verstoß gegen § 11 leg. cit. gegeben, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass ein Wasserzähler zwar den Wasserverbrauch richtig anzeigen möge, dass die Ablesung des Wasserzählers aber falsch erfolgt sei. Es biete daher die nachfolgende Überprüfung des Wasserzählers keine Gewähr dafür, dass dadurch Ablesefehler entdeckt würden. Insofern gehe der Vorwurf der Behörde ins Leere, dass die Beschwerdeführerin keine Überprüfung des Wasserzählers beantragt habe, weil der im Zuge des Verwaltungsverfahrens von der Behörde mitgeteilte Wasserverbrauch nicht "exorbitant hoch" gewesen sei, sondern durch den Rohrbruch zu erklären gewesen wäre, nämlich nur 9,4 m3 an Stelle der zur endgültigen Gebührenfestsetzung herangezogenen 50 m3.

Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erblickt die Beschwerdeführerin darin, dass die belangte Behörde auf ihre Behauptung einer offenbaren Falschablesung des Wasserzählers nicht eingegangen sei. Sie habe weiters nicht aufgeklärt, wie sie zu dem der Entscheidung zu Grunde gelegten Wasserverbrauch komme.

Die Behörde habe wesentliche Verfahrensmängel begangen, weil sie zur entscheidungswesentlichen Frage, ob ein Ablesefehler vorliege, keine Feststellungen getroffen habe. Die belangte Behörde habe auch dadurch Verfahrensmängel "produziert", dass sie die Beweisanträge der Beschwerdeführerin, nämlich die Einvernahme des Installateurs und des Geschäftsführers der beschwerdeführenden Gesellschaft nicht durchgeführt habe. Ein Beweisergebnis, wonach der Wasserzähler Nr. 53368 von Amts wegen überprüft und als in Ordnung befunden worden sei, sei der Beschwerdeführerin nie vorgehalten worden, weshalb man diesem Beweisergebnis nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten hätte können. Ein Sachverständigengutachten über den Wasserzähler sei in der Berufung beantragt worden, jedoch habe die Behörde diesen Beweisantrag nicht aufgegriffen.

"Vorsichtshalber" rügt die Beschwerdeführerin in der Beschwerde die Versäumnisse der Behörde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens auch als "sekundäre Feststellungsmängel".

1.7. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift. Die Beschwerdeführerin erstattete ihrerseits eine Gegenäußerung.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die Beschwerdeführerin formuliert den Beschwerdepunkt dahingehend, dass sie sich in ihrem subjektiven öffentlichen Recht verletzt erachtet, "nur bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen zur Bezahlung der Wasserbezugsgebühr verpflichtet zu werden". Damit erachtet sich die beschwerdeführende Partei (trotz ihres Antrages, den gesamten angefochtenen Bescheid - somit auch hinsichtlich der Herabsetzung der Abwassergebühren - aufzuheben) erkennbar nur im Recht auf rechtsrichtige Vorschreibung von Wasserbezugsgebühren als verletzt. Die Vorschreibung von Abwassergebühr fällt daher nicht in den Beschwerdepunkt im Sinne des § 28 Abs. 1 Z. 4 VwGG.

2.2. § 11 Abs. 1, 3 und 4 sowie § 20 Abs. 4 erster Satz WVG lauten:

"§ 11

(1) Das Wasser wird grundsätzlich über einen von der Stadt Wien beigestellten Wasserzähler abgegeben, nach dessen Angaben die bezogene Wassermenge ermittelt wird. Wenn die Anbringung eines Wasserzählers unmöglich ist, hat die Behörde die bezogene Wassermenge zu schätzen.

...

(3) Ergeben sich Zweifel an der Richtigkeit der Angaben des Wasserzählers, so ist dieser von Amts wegen oder auf Antrag des Wasserabnehmers zu überprüfen. Die Angaben des Wasserzählers sind verbindlich, wenn sie eine Fehlergrenze von 5 v. H. auf oder ab nicht überschreiten. Ist die Fehlergrenze nicht überschritten, so hat der Antragsteller die Prüfungskosten zu tragen.

(4) Wenn kein Wasserzähler eingebaut ist oder der Wasserzähler insoweit unrichtig zeigt, als er die Fehlergrenze von 5 v. H. auf oder ab überschreitet oder ganz still steht, so wird der Wasserbezug nach dem Bezug in der gleichen Zeit des Vorjahres oder, falls dieser nicht feststellbar ist, nach den Angaben des neuen Wasserzählers ermittelt.

...

§ 20

...

(4) Die Wasserbezugsgebühren sind durch Multiplikation der Gebühr für einen Kubikmeter Wasser mit der Kubikmeteranzahl der bezogenen Wassermenge zu errechnen. ..."

2.3. Auf Grund des klaren Wortlautes der vorzitierten Bestimmungen und der dazu ergangenen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes war der Beschwerde aus nachstehenden Gründen der Erfolg zu versagen:

2.3.1. Aus der zwingenden Anordnung des § 11 Abs. 3 WVG ergibt sich, dass die Angaben des Wasserzählers verbindlich sind, wenn die Fehlergrenze von 5 v.H. nicht überschritten ist. Aus dem Zusammenhalt von § 11 Abs. 1 und Abs. 4 WVG ergibt sich weiters, dass nur in den vom Gesetz normierten Fällen der Wasserbezug auf andere Weise als durch den (ursprünglich eingebauten) Wasserzähler (nämlich durch Schätzung, Abstellen auf den Vergleichszeitraum des Vorjahres bzw. Einbau eines neuen Wasserzählers) ermittelt werden darf. Der belangten Behörde kann somit nicht entgegengetreten werden, wenn sie im vorliegenden Fall lediglich die Frage, ob der Wasserzähler die Fehlergrenze von 5 v.H. auf oder ab überschritten hat, als maßgeblich ansieht.

2.3.2. Da eine behördliche Überprüfung des ursprünglich eingebauten Wasserzählers Nr. 53368 am 28. Juni 1989 ergeben hat, dass die Verkehrsfehlergrenze dieses Wasserzählers bei Volllast maximal 0,8 % beträgt, und eine Fehlfunktion des im Anschluss daran eingebauten Wasserzählers Nr. 38743 von der Beschwerdeführerin nicht behauptet wurde, stützte sich die belangte Behörde hinsichtlich der für die Höhe der Wassergebühr ausschlaggebenden "bezogenen Wassermenge" zu Recht auf den durch die beiden Wasserzähler angezeigten Verbrauch (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. April 1975, Zlen. 187, 188/75, sowie vom 18. April 1986, Zl. 85/17/0041).

2.4. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen erweisen sich auch die Beschwerdeausführungen zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften als unberechtigt und teilweise auch als unzutreffend. Die belangte Behörde durfte aus folgenden Gründen ohne Verletzung von Verfahrensvorschriften von der Einvernahme des Wasserzählerablesers Abstand nehmen: Im Hinblick auf eine im Akt erliegende Rechnung des Installateurs S vom 1. August 1989 über die Behebung eines Druckrohrgebrechens im verfahrensgegenständlichen Haus und ein entsprechendes Vorbringen der Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren durften die Abgabenbehörden vom Vorliegen eines (in Fließrichtung des Wassers hinter dem Wasserzähler gelegenen) Rohrgebrechens ausgehen, welches zu einem erhöhten Wasserverbrauch geführt hat. In diesem Zusammenhang ist das Berufungsvorbringen der Beschwerdeführerin in ihrer Berufung vom 30. April 1992 zu sehen. Darin führt sie wörtlich aus:

"Ich beantrage ferner die Einvernahme des Wasserzählerablesers, da die im Gebührenbescheid angegebenen Werte offensichtlich nicht stimmen können: Bei dem Wasserzähler Nr. 53368 wird für den 15.2.1989 ein Stand von 1.769 m3, für den 8.6.1989 der Stand von 1 m3 angegeben. Dies würde bedeuten, dass innerhalb von knapp vier Monaten bei einem fünfstelligen Wasserzähler ein Wasserverbrauch von 98.230 m3 angefallen wäre, was einem durchschnittlichen Tagesverbrauch von über 800 m3 entsprechen würde. Ein solcher Verbrauch ist denkunmöglich."

Dieses Berufungsvorbringen ist - ebenso wie das Beschwerdevorbringen, in dem die Beschwerdeführerin ihrerseits Aktenwidrigkeit moniert - aktenwidrig. Abgesehen davon, dass die verwendeten Wasserzähler über keine fünfstellige, sondern nur eine vierstellige Anzeige verfügen (d.h. ein einmaliges "Überdrehen" vom Stand 9.999 auf 0 bedeutet einen tatsächlichen Wasserverbrauch von 10.000 m3) hat auch der angefochtene Gebührenbescheid vom 22. April 1992 den Zählerstand "1 m3" nicht - wie behauptet - dem alten Wasserzähler mit der Nr. 53368, sondern dem nachher eingebauten Wasserzähler Nr. 38743 zugeordnet, sodass, unter Bedachtnahme auf diese Aktenwidrigkeit des Berufungsvorbringens, die beantragte Einvernahme des Wasserzählerablesers unterbleiben konnte. Selbst der in der Gegenäußerung vor dem Verwaltungsgerichtshof erstmalig behauptete Ziffernsturz bei der Ablesung am 15. Februar 1989 von 1.769 m3 auf angeblich richtige

7.169 m3 ist (unbeschadet seiner Unbeachtlichkeit infolge des geltenden Neuerungsverbotes) keinesfalls nachvollziehbar, weil die darauf folgende Ablesung am 8. Juni 1989 für den Wasserzähler Nr. 53368 einen unbestrittenen Zählerstand von 6.902 m3 ausweist, was für diesen Zeitraum einen (folgte man dem Berufungs- bzw. Beschwerdevorbringen) infolge erneuten "Überdrehens" noch höheren Wasserverbrauch, als von der belangten Behörde angenommen, zur Folge gehabt hätte.

Gleichfalls geht der Vorwurf, die belangte Behörde habe nicht aufgeklärt, wie sie zu dem der Entscheidung zu Grunde gelegten Wasserverbrauch komme, und sie habe keine entsprechenden Feststellungen getroffen, ins Leere. Denn der Beschwerdeführerin wurde in der Berufungsvorentscheidung vom 13. April 1995 ausdrücklich vorgehalten, wie sich der zu Grunde gelegte Wasserverbrauch errechne. Gleichfalls wurden der Beschwerdeführerin in der Berufungsvorentscheidung die Beweisergebnisse hinsichtlich der Überprüfung des Wasserzählers Nr. 53368 vorgehalten. Da im Abgabenverfahren der Berufungsvorentscheidung auch die Wirkung zukommt, der Partei Gelegenheit zu geben, von den darin festgehaltenen Ermittlungsergebnissen Kenntnis zu erlangen und dazu Stellung zu nehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. April 1998, Zl. 93/17/0398), die Beschwerdeführerin es aber unterlassen hat, den amtlich erhobenen Überprüfungergebnissen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen zu treten, vermag der Gerichtshof in der von der belangten Behörde gewählten Vorgangsweise keine Rechtswidrigkeit zu erblicken. Die ziffernmäßige Überprüfung der aufgelisteten Wasserzählerstände und ihre Schlüssigkeit aus dem Blickwinkel des zeitlichen Ablaufes und ihres Verhältnisses zueinander ergibt ebenfalls, dass die Vorschreibung zahlenmäßig richtig und gesetzeskonform erfolgt ist. Insbesondere findet die in der Gegenschrift enthaltene zusammenfassende Aufstellung volle Deckung in den Verwaltungsakten. Zu dieser Aufstellung ist lediglich einschränkend zu bemerken, dass diese Aufstellung in der Spalte "Verbrauch" zwischen dem 18. Juni 1989 und 18. Juli 1989 irrtümlich 2.026 m3 (anstatt richtigerweise 1.026 m3) ausweist. Da jedoch für die nachfolgende Periode bis zum 27. Juli 1989 anstatt eines Verbrauches von (richtigerweise) 1.425 m3 nur 425 m3 veranschlagt werden, ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis dadurch in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt.

2.5. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist. Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4 und 5 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.

2.7. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 20. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1995170616.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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