TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/26 W115 2182030-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2018
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Entscheidungsdatum

26.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W115 2182030-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von

XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am XXXX beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

Nachstehend angeführte Beweismittel wurden in Vorlage gebracht:

? Röntgenbefund Wirbelsäule und Becken, Dr. XXXX , Facharzt für Röntgenologie vom XXXX

? MRT Befund beide Kniegelenke, XXXX vom XXXX

? Blutdruckmessung, XXXX vom XXXX

? Sonographiebefund der Zervikalregion, Dr. XXXX vom XXXX

? Kopie Fremdenpass lautend auf die Beschwerdeführerin, Pass-Nr. XXXX , ausgestellt am XXXX mit einer Gültigkeitsdauer bis XXXX

? Kopie des Spruches des Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl mit dem der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten abgewiesen worden ist und ihr der Status der subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt und ihr eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt worden ist

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Facharzt für Unfallchirurgie, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung mit 20 vH bewertet wurde.

2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH festgestellt.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 20 vH vorliegen würde. Die wesentlichen Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen.

In der rechtlichen Beurteilung zitierte die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG. Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt.

3. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben. Unter Vorlage von Arztbriefen von Dr. XXXX , Dr. XXXX und Dr. XXXX , Fachärzte für Orthopädie OG, vom

XXXX und XXXX wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass sie an Knieschmerzen, schmerzhaftem Sehnenknarren und Rückenschmerzen leide. Sie ersuche um Überprüfung des durch das Sozialministeriumservice eingeholten Gutachtens.

3.1. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland. Sie verfügt in Österreich über den Status einer subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 AsylG 2005. Ihr ist am XXXX ein bis XXXX befristeter Fremdenpass (Pass-Nr. XXXX ) ausgestellt worden.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Allgemeinzustand: altersentsprechend. Caput/Collum: unauffällig.

Thorax: symmetrisch, elastisch. Abdomen: klinisch unauffällig, kein Druckschmerz.

Obere Extremitäten: Rechtshänderin. Schultergürtel steht horizontal. Symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Benützungszeichen sind seitengleich. Rechte Hand: Über dem dritten Mittelhandknochen etwa 10 cm lange blasse Narbe. Kein Funktionsdefizit an der Hand. Die übrigen Gelenke sind frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar. Der Faustschluss ist komplett.

Untere Extremitäten: Der Barfußgang ist symmetrisch und hinkfrei. Zehenballen- und Fersengang werden nur eingeschränkt ausgeführt. Es werden Schmerzen im linken Knie angegeben. Einbeinstand ist möglich. Anhocken wird auf 1/2 ausgeführt. X-Bein Stellung mit einem Innenknöchelabstand von 10 cm. Symmetrische Muskelverhältnisse. Knick-Plattfüße beidseits. Beinlänge ist gleich. Die Sensibilität wird am linken Bein im Vergleich als etwas herabgesetzt angegeben. Die Fußsohlenbeschwielung ist seitengleich ausgebildet, das Fußgewölbe ist erhalten. Rechtes Knie: Die Kniegelenke sind jeweils ergussfrei und bandfest. Zohlen Test ist links mehr als rechts positiv. Übrige Gelenke sind bandfest und unauffällig.

Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich.

Wirbelsäule: Schultergürtel ist horizontal. Der linke Beckenkamm steht etwa 1,5 cm höher. Mäßige s-förmige Rotationsskoliose von Brust- und Lendenwirbelsäule. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Deutlich Hartspann zervikal, mäßig lumbal. Die gesamte Rückenmuskulatur ist druck- und klopfschmerzhaft. ISG ist beidseits mäßig druckschmerzhaft. Beweglichkeit: HWS: in allen Ebenen seitengleich uneingeschränkt beweglich. BWS/LWS: FBA 0 cm. Seitwärtsneigen und Rotation sind endlagig eingeschränkt und endlagenschmerzhaft.

Gesamtmobilität und Gangbild: Kommt in Stoffschuhen zur Untersuchung. Das Gangbild zeigt kein auffälliges einseitiges Hinken. Das Aus- und Ankleiden wird im Stehen durchgeführt.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Beginnende Kniegelenksarthrose beidseits Unterer Rahmensatz dieser Position, da mäßige radiologische Veränderungen, aber ohne Beweglichkeitseinschränkung und ohne Ergussneigung.

02.05.19

20 vH

02

Degenerative Veränderungen der Wirbelsäule Unterer Rahmensatz dieser Position, da ohne relevante Funktionsbehinderung und ohne neurologisches Defizit.

02.01.01

10 vH

03

Leichte Hypertonie Fixposition

05.01.01

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

20 vH

 

 

Das führende Leiden 1

wird durch die übrigen Leiden wegen fehlender wechselseitiger ungünstiger Leidensbeeinflussung und zu geringer funktioneller Relevanz nicht weiter erhöht.

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX , basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin, sowie auf die von der Beschwerdeführerin vorgelegten medizinischen Beweismittel.

Das von der belangten Behörde eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten ist schlüssig, nachvollziehbar und weist keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Die im angefochtenen Verfahren vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und der befasste Sachverständige hat sich im Rahmen der Gutachtenserstellung damit auseinandergesetzt. Sowohl diese als auch die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden im eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX jeweils dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchung erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

So ist nach der Anlage zur Einschätzungsverordnung Positionsnummer 02.05.19 mit einem Rahmensatz von 20 vH bis 30 vH bei Vorliegen beidseitiger Funktionseinschränkungen der Kniegelenke geringen Grades bei einer Streckung/Beugung bis zu 0-0-90° heranzuziehen, wobei Knorpelschäden bei der Einschätzung mitzuberücksichtigen sind. Da bei der Beschwerdeführerin keine Einschränkung der Beweglichkeit der Kniegelenke objektiviert werden konnte, wurde den vorliegenden Knorpelschäden und den resultierenden Schmerzen mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH ausreichend Rechnung getragen und war daher eine höhere Einschätzung dieses Leidens nicht möglich.

Auch konnte im Rahmen der persönlichen Untersuchung durch den befassten Sachverständigen eine in allen Ebenen seitengleich uneingeschränkte Beweglichkeit der Halswirbelsäule und eine in Seitwärtsneigung und Rotation nur endlagig eingeschränkte Beweglichkeit von Brust- und Lendenwirbelsäule objektiviert werden, wodurch die erfolgte Einschätzung des Wirbelsäulenleidens unter Positionsnummer 02.01.01 der Anlage zur Einschätzungsverordnung (Funktionseinschränkungen geringen Grades) mit einem Grad der Behinderung von 10 vH korrekt erfolgt ist. In diesem Zusammenhang wird von Dr. XXXX im Einklang mit dem erhobenen Untersuchungsbefund fachärztlich überzeugend ausgeführt, dass keine relevanten Funktionsbehinderungen bzw. kein neurologisches Defizit objektiviert werden konnten.

Bezüglich des von der Beschwerdeführerin vorgelegten sonographischen Befundes der Zervikalregion bzw. der Schilddrüse vom XXXX ist festzuhalten, dass dieser Befund lediglich das Vorliegen eines echoarmen Adenomknotens bei homogenen Schilddrüsenlappen mit unauffälliger Durchblutung ohne sonstigen pathologischen Befund dokumentiert. Eine einschätzungsrelevante Gesundheitsschädigung lässt sich aus diesem Befund nicht ableiten, dies vor allem vor dem Hintergrund, dass die Beschwerdeführerin keine Schilddrüsenmedikation einnimmt und auch keine Befunde in Vorlage gebracht wurden, welche ein relevantes Schilddrüsenleiden bzw. daraus resultierende Folgezustände dokumentieren würden.

Das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX steht mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit des befassten Sachverständigen oder dessen Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen.

Die Beschwerdeführerin ist dem - nicht als unschlüssig zu erkennenden - Sachverständigengutachten weder auf gleicher fachlicher Ebene noch sonst substantiiert entgegengetreten. Das Beschwerdevorbringen ist nicht geeignet die gutachterliche Beurteilung, wonach ein Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20 vH vorliegt, zu entkräften. Auch stehen die Angaben zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin in den mit der Beschwerde vorgelegten Beweismitteln nicht in Widerspruch dazu. So beschreiben die Befunde vom XXXX und XXXX zum einen die bekannten und vom befassten Sachverständigen entsprechend dem Ausmaß der Funktionseinschränkungen beurteilten Gesundheitsschädigungen, zum anderen enthalten sie keinen klinischen Status und geben daher keinen Aufschluss über das Ausmaß der bestehenden Funktionseinschränkungen, sodass daraus auf ein höheres Funktionsdefizit als im Gutachten Dris. XXXX festgestellt, nicht geschlossen werden kann. Diese Befunde sind daher nicht geeignet die Beweiskraft des auf klinischer Untersuchung basierenden Gutachtens zu entkräften.

Hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Schmerzen ist festzuhalten, dass aus vorliegenden Funktionseinschränkungen resultierende Schmerzzustände aus gutachterlicher Sicht immer in der Diagnoseerstellung inkludiert sind und somit im Rahmen der Beurteilung des Grades der Behinderung mitberücksichtigt worden sind. Die dokumentierten Gesundheitsschädigungen sind in Zusammenschau mit dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen Status somit vollumfänglich - soweit ein einschätzungsrelevantes Leiden vorliegt - berücksichtigt worden.

Von der Beschwerdeführerin ist somit kein Vorbringen erstattet worden bzw. sind keine Beweismittel vorgelegt worden, welche eine Erweiterung des Ermittlungsverfahrens hätten begründen können. Dass sich der Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin seit der sachverständigen Beurteilung maßgeblich verschlechtert hätte, ist von dieser nicht substantiiert vorgebracht worden.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Das Sachverständigengutachten Dris. XXXX wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Gemäß § 46 BBG beträgt die Beschwerdefrist abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 BBG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, ist das Beschwerdevorbringen nicht geeignet darzutun, dass der in Höhe von 20 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspräche.

Da ein Grad der Behinderung von 20 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Falls sich der Leidenszustand der Beschwerdeführerin maßgebend verschlechtert, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht (vgl. dazu etwa VwGH 20.11.2012, 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

Im gegenständlichen Fall sind maßgebend für die Entscheidung die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen und der daraus resultierende Gesamtgrad der Behinderung. Zur Klärung des Sachverhaltes wurde daher im erstinstanzlichen Verfahren ein auf persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin basierendes ärztliches Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurde dieses als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Das Bundesverwaltungsgericht hat sich den tragenden beweiswürdigenden Erwägungen der belangten Behörde, dass das eingeholte Sachverständigengutachten schlüssig und frei von Widersprüchen ist, angeschlossen. Die Beschwerdeführerin hat von diesem Sachverständigenbeweis vollinhaltlich Kenntnis erlangt. Das Beschwerdevorbringen war allerdings - wie im Rahmen der Beweiswürdigung bereits ausgeführt - nicht geeignet die sachverständigen Feststellungen und Beurteilungen zu entkräften bzw. relevante Bedenken an den gutachterlichen Schlussfolgerungen hervorzurufen. Auch waren die im Rahmen der Beschwerde vorgelegten Beweismittel nicht geeignet, das Vorbringen fundiert zu erhärten bzw. die sachverständige Beurteilung überzeugend in Zweifel zu ziehen. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH 09.06.2017, E 1162/2017-5).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W115.2182030.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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