TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/26 W115 2143065-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2018
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Entscheidungsdatum

26.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W115 2143065-1/8E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Christian DÖLLINGER als Vorsitzenden und die Richterin Mag. Ursula GREBENICEK sowie die fachkundige Laienrichterin Dr. Regina BAUMGARTL als Beisitzerinnen über die Beschwerde von

XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen, Landesstelle XXXX , vom XXXX , VN: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 Bundesbehindertengesetz (BBG), zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Die Beschwerdeführerin hat am XXXX beim Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (Kurzbezeichnung: Sozialministeriumservice; in der Folge belangte Behörde genannt) unter Vorlage eines Befundkonvolutes einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gestellt.

1.1. Zur Überprüfung des Antrages wurde von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

1.2. Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40, § 41 und § 45 BBG abgewiesen und einen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH festgestellt.

Begründend wurde im Wesentlichen zusammengefasst ausgeführt, dass das durchgeführte medizinische Beweisverfahren ergeben habe, dass ein Grad der Behinderung von 30 vH vorliegen würde. Die Ergebnisse des ärztlichen Begutachtungsverfahrens seien der Beilage, welche einen Bestandteil der Begründung bilde, zu entnehmen. Da somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht gegeben seien, sei der Antrag abzuweisen gewesen. Als Beilage zum Bescheid wurde von der belangten Behörde das eingeholte ärztliche Sachverständigengutachten Dris. XXXX übermittelt. In der rechtlichen Beurteilung zitiert die belangte Behörde die maßgeblichen Bestimmungen des BBG.

2. Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin fristgerecht Beschwerde erhoben.

Unter Vorlage medizinischer Beweismittel und von Bestätigungen, welche Unterstützungstätigkeiten für die Beschwerdeführerin im Alltag beschreiben, wurde von der Beschwerdeführerin im Wesentlichen zusammengefasst vorgebracht, dass die erfolgte Beurteilung ihrer gesundheitlichen Situation nicht gerecht werde. Zudem habe die Untersuchung lediglich 15 Minuten gedauert. Sie könne aufgrund der Beschwerden in beiden Händen keine Gehhilfe verwenden. Die bestehende Fibromyalgie und die Rhizarthrosen seien nicht berücksichtigt worden. Sie leide seit frühester Kindheit unter plötzlichen Durchfällen, welche mehrmals wöchentlich auftreten würden. Sie dürfe keine Gluten sowie Kuh-, Schaf- und Ziegenmilch oder Hefe zu sich nehmen, weil eine sehr heftige Reaktion spätestens 20 Minuten danach auftrete. Durch diesen Umstand müsse sie eine sehr strenge Diät einhalten. Zudem habe sie noch mannigfache andere Allergien. Die Neurodermitis habe sich nur unter hochdosierter Kortisonbehandlung gebessert, jedoch zu Nebenwirkungen wie Osteoporose geführt. Von den Gelenksschmerzen seien nicht nur die Finger- und Fußgelenke sondern auch die Handgelenke betroffen. Auch mache das Kiefergelenk große Probleme und sie könne an manchen Tagen nur mit dem Strohhalm Nahrung zu sich nehmen, weil sie nicht beißen könne. Die schmerzhaften und geschwollenen Gelenke habe sie nicht nur am Morgen sondern - mit stundenweisen Unterbrechungen - auch am Tag. Der Faustschluss sei seit drei bis vier Jahren beidseits nicht mehr möglich. Zur Entlastung und Schmerzreduktion trage sie auf beiden Händen Schienen. Weiters sei ihr Arbeitsplatz speziell ausgestattet worden und es sei ihr auch zu Hause ein Arbeitsplatz eingerichtet worden, weil sie aufgrund ihrer Beschwerden ihren Arbeitsort nicht täglich erreichen könne. Sie verbrauche viele Urlaubstage um sich nicht krankschreiben lassen zu müssen. Sie benötige mehrmals wöchentlich Hilfe beim Ankleiden und der Körperpflege, manchmal müsse ihr sogar aus dem Bett geholfen werden, weil ihre Gliedmaßen steif und derart schmerzhaft seien, dass sie Beine, Arme und Rumpf nicht bewegen könne. Sehr oft leide sie unter enormer Berührungsempfindlichkeit, die mit Haut- und Nervenschmerzen am ganzen Körper verbunden sei. In diesen akuten Phasen würde sie aufgrund fürchterlicher Krämpfe und Schmerzen keinen Schlaf finden. Sie leide allgemein unter enormen Schlafstörungen und sei körperlich und auch geistig erschöpft. Die Kraft und das Gefühl in Händen und Beinen würden nachlassen. So würde sie sehr oft stolpern und es würden ihr Dinge aus der Hand fallen. Alltägliche Verrichtungen wie das Öffnen von Dosen, Flaschen, usw. oder Brot schneiden würde sie nicht mehr selbständig verrichten können. Auch das Einkaufen würde mangels Kraft und aufgrund der Schmerzen meistens nicht alleine gehen. Aufgrund der Fibromyalgie sei sie in laufender psychologischer Betreuung. Aufgrund der chronischen Entzündungen leide sie an ständigen fiebrigen Episoden. Sie habe Schmerzen in der Lendenwirbelsäule und der Brustwirbelsäule insbesondere zwischen den Schulterblättern. Die Nervenirritationen seien für die bis zu den Fingerspitzen ausstrahlenden Schmerzen verantwortlich. Sie könne höchstens vier Stunden am Stück sitzen, aber das Stehen sei genauso schmerzhaft. Sie müsse daher zwischendurch immer wieder liegen. Weiters sei es ihr nicht möglich während der Hauptverkehrszeit öffentliche Verkehrsmittel zu benützen, da sie sich aufgrund der Schmerzen in den Händen nicht festhalten könne und dadurch auch das Einsteigen sehr schwierig sei. Auch in der Arbeit benötige sie teilweise Unterstützung, wie z.B. beim Tragen von Ordnern. Aus diesen Angaben sei ersichtlich, dass ihre Einschränkungen viel erheblicher seien, als im Rahmen des angefochtenen Verfahrens festgestellt.

2.1. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurde im Rahmen einer beabsichtigten Beschwerdevorentscheidung von der belangten Behörde ein ärztliches Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, basierend auf der persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

2.2. Die belangte Behörde hat in weiterer Folge von einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen und die Beschwerde samt Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

3. Die gegenständliche Beschwerde samt Verwaltungsakt langte der Aktenlage nach am XXXX beim Bundesverwaltungsgericht ein.

3.1. Das Bundesverwaltungsgericht hat die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom XXXX darauf hingewiesen, dass im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gemäß § 46 BBG neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden dürfen.

3.2. Zur Überprüfung des Beschwerdegegenstandes wurden vom Bundesverwaltungsgericht ärztliche Sachverständigengutachten von Dr. XXXX , Fachärztin für Innere Medizin, und Dr. XXXX , Fachärztin für Unfallchirurgie und Ärztin für Allgemeinmedizin, basierend auf den persönlichen Untersuchungen der Beschwerdeführerin jeweils am XXXX , mit dem Ergebnis eingeholt, dass der Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bewertet wurde.

Im Rahmen der Untersuchung wurde von der Beschwerdeführerin ein mit XXXX datierter rheumatologischer Befundbericht in Vorlage gebracht.

3.3. Mit Schreiben vom XXXX wurde der Beschwerdeführerin und der belangten Behörde vom Bundesverwaltungsgericht das Ergebnis der Beweisaufnahme im Rahmen des Parteiengehörs gemäß § 45 Abs. 3 AVG iVm § 17 VwGVG unter neuerlichem Hinweis auf die Neuerungsbeschränkung gemäß § 46 BBG zur Kenntnis gebracht und die Möglichkeit eingeräumt, sich dazu zu äußern. Weiters wurde darauf hingewiesen, dass aufgrund der Neuerungsbeschränkung der im Rahmen der sachverständigen Untersuchung neu vorgelegte rheumatologische Befundbericht vom XXXX nicht berücksichtigt werden könne.

Weder die Beschwerdeführerin noch die belangte Behörde haben Einwendungen vorgebracht.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Da sich die Beschwerdeführerin mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden erklärt hat, war dieser zu überprüfen.

1. Feststellungen:

Das Bundesverwaltungsgericht geht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens von folgendem für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt aus:

1.1. Die Beschwerdeführerin erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz im Inland.

1.2. Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH.

1.2.1. Ausmaß der Funktionseinschränkungen:

Guter Allgemein- und Ernährungszustand. Caput/Collum: klinisch unauffälliges Hör- und Sehvermögen. HNAP frei, keine Lippenzyanose.

Haut: Neurodermitis linke Ferse und Ellbogengelenke.

Thorax: symmetrisch, elastisch. Pulmo: Atemexkursion seitengleich, sonorer Klopfschall, VA, HAT rein, rhythmisch. Cor: Herztöne rein, rhythmisch, normofrequent.

Abdomen: klinisch unauffällig, keine pathologischen Resistenzen tastbar, kein Druckschmerz. Integument: unauffällig.

Schultergürtel und beide oberen Extremitäten: Rechtshänderin. Der Schultergürtel steht horizontal, symmetrische Muskelverhältnisse. Die Durchblutung ist ungestört, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Benützungszeichen sind seitengleich vorhanden.

Handgelenke, Fingergelenke: äußerlich unauffällig, keine Überwärmung, kein Erguss, keine wesentliche Schwellung, keine Achsenabweichung, jedoch insgesamt deutlich berührungsempfindlich. Gaenslen positiv. Bewegungsschmerzen im Bereich von Schultergelenken, Handgelenken und Daumensattelgelenken. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig. Aktive

Beweglichkeit: Schultern, Ellbogengelenke, Unterarmdrehung, Handgelenke, Daumen und Langfinger seitengleich frei beweglich. Grob- und Spitzgriff sind uneingeschränkt durchführbar.

Faustschluss: Fingerkuppenhohlhandabstand 2 cm. Fingerspreizen beidseits unauffällig. Die grobe Kraft in etwa seitengleich. Tonus und Trophik unauffällig. Nacken- und Schürzengriff sind endlagig eingeschränkt durchführbar.

Becken und beide unteren Extremitäten: Freies Stehen sicher möglich. Zehenballengang und Fersengang beidseits nicht durchführbar. Der Einbeinstand ist ohne Anhalten kurz möglich. Die tiefe Hocke ist nicht möglich. Die Beinachse ist im Lot. Symmetrische Muskelverhältnisse. Beinlänge ident. Die Durchblutung ist ungestört, keine Ödeme, keine Varizen, die Sensibilität wird als ungestört angegeben. Die Beschwielung ist in etwa seitengleich. Im Bereich von Hüftgelenken, Kniegelenken und Sprunggelenken deutlich berührungsempfindlich, äußerlich jedoch unauffällige Gelenke. Keine

Überwärmung, kein Erguss, stabil. Füße beidseits: äußerlich unauffällig, keine wesentliche Umfangsvermehrung, nahezu achsengerechte Stellung, keine Schwellungen. Gaenslen negativ. Sämtliche weiteren Gelenke sind bandfest und klinisch unauffällig.

Aktive Beweglichkeit: Hüften, Knie, Sprunggelenke und Zehen sind seitengleich frei beweglich. Das Abheben der gestreckten unteren Extremität ist beidseits bis 60° bei KG 5 möglich.

Wirbelsäule: Schultergürtel und Becken stehen horizontal, in etwa im Lot. Regelrechte Krümmungsverhältnisse. Die Rückenmuskulatur ist symmetrisch ausgebildet. Deutlich Hartspann. Kein Klopfschmerz über der Wirbelsäule. ISG und Ischiadicusdruckpunkte sind frei. Aktive

Beweglichkeit: HWS: In allen Ebenen frei beweglich. BWS/LWS: FBA 20 cm. In allen Ebenen frei beweglich. Lasegue bds. negativ, Muskeleigenreflexe seitengleich mittellebhaft auslösbar.

Gangbild: Kommt selbständig gehend mit Halbschuhen, das Gangbild ist etwas unelastisch, hinkend, insgesamt raumgewinnend.

Status psychicus: allseits orientiert; Merkfähigkeit, Konzentration und Antrieb unauffällig; Stimmungslage ausgeglichen.

1.2.2. Beurteilung der Funktionseinschränkungen:

Lfd. Nr.

Funktionseinschränkung

Position

GdB

01

Rheumatoide Arthritis, Fibromyalgie Unterer Rahmensatz, da intensivierte Therapie, rezidivierende Schmerzzustände, jedoch klinisch kompensiert, keine relevanten Funktionseinschränkungen objektivierbar.

02.02.02

30 vH

 

02

Abnützungserscheinungen am Stütz- und Bewegungsapparat Oberer Rahmensatz, da gering bis mäßiggradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie der oberen und unteren Extremitäten bei jeweils guter Beweglichkeit.

02.02.01

20 vH

03

Depression Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da psychotherapeutische Begleitung seit zwei Jahren, bisher keine stationären Aufenthalte an einer Fachabteilung erforderlich.

03.06.01

20 vH

04

Reizdarmsyndrom Wahl dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da unauffällige Schleimhautverhältnisse und normaler Ernährungszustand.

07.04.04

10 vH

Gesamtgrad der Behinderung

30 vH

 

 

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 30 vH, da Leiden 1 durch die Leiden 2 bis 4 wegen teilweiser Leidensüberschneidung und fehlender maßgeblicher Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht wird.

1.3. Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am XXXX bei der belangten Behörde eingelangt.

1.4. Der Verwaltungsakt ist unter Anschluss der Beschwerdeschrift am XXXX im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

1.5. Der im Rahmen der persönlichen Untersuchung am XXXX vorgelegte rheumatologische Befundbericht ist nach dem XXXX im Bundesverwaltungsgericht eingelangt.

2. Beweiswürdigung:

Zu 1.1.) Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

Zu 1.2.) Die Feststellungen zu Art und Ausmaß der Funktionseinschränkungen und des Gesamtgrades der Behinderung der Beschwerdeführerin gründen sich - in freier Beweiswürdigung - auf die im Beschwerdeverfahren eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX sowie auf die von der Beschwerdeführerin bis 23.12.2016 vorgelegten medizinischen Beweismittel.

Die vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachten sind schlüssig und nachvollziehbar, sie weisen keine Widersprüche auf. Es wurde auf die Art der Leiden und deren Ausmaß ausführlich eingegangen. Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf dem im Rahmen persönlicher Untersuchungen der Beschwerdeführerin erhobenen klinischen Befund, entsprechen unter Berücksichtigung der bis XXXX vorgelegten Beweismittel den festgestellten Funktionseinschränkungen.

Zur Erörterung der Rechtsfrage, dass die nach dem XXXX vorgelegten Beweismittel unberücksichtigt bleiben, siehe die rechtlichen Erwägungen unter Punkt II.3.1.

Die Krankengeschichte der Beschwerdeführerin wurde umfassend und differenziert nach den konkret vorliegenden Krankheitsbildern auch im Zusammenwirken zueinander berücksichtigt.

Die bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen und die befassten Sachverständigen haben sich im Rahmen der Gutachtenserstellung eingehend damit auseinandergesetzt. Diese Beweismittel stehen nicht im Widerspruch zum Ergebnis des eingeholten Sachverständigenbeweises, es wird kein höheres Funktionsdefizit beschrieben, als gutachterlich festgestellt wurde und sie enthalten auch keine neuen fachärztlichen Aspekte, welche unberücksichtigt geblieben sind.

Die bei der Beschwerdeführerin vorliegenden Gesundheitsschädigungen wurden in den eingeholten Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX jeweils dem befunddokumentierten Ausmaß der Funktionseinschränkungen entsprechend beurteilt und im Einklang mit den vorgelegten Befunden und dem im Rahmen der persönlichen Untersuchungen erhobenen klinischen Befund unter die entsprechenden Positionsnummern der Anlage zur Einschätzungsverordnung eingeschätzt.

Hinsichtlich Leiden 1 (Rheumatoide Arthritis, Fibromyalgie) und Leiden 2 (Abnützungserscheinungen am Stütz- und Bewegungsapparat) hält Dr. XXXX unter ausführlicher Stellungnahme zu den bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismitteln und im Einklang mit dem erhobenen Untersuchungsbefund zusammenfassend schlüssig und nachvollziehbar fest, dass in den Befunden der bildgebenden Diagnostik betreffend beide Hände, geringgradige bis mäßiggradige Abnützungserscheinungen nachweisbar sind sowie zarte erosive Veränderungen im Bereich der linken Mittelhand als Hinweis für entzündliche Veränderung dokumentiert sind. Auch ist eine seronegative rheumatoide Arthritis dokumentiert, wobei aber ein Hinweis für eine Osteoporose nicht vorliegt. In diesem Zusammenhang wird von der Sachverständigen weiters anschaulich beschrieben, dass elektroneurographisch ein geringgradig ausgeprägtes CTS beidseits dokumentiert ist, klinisch jedoch kein Hinweis für eine funktionelle Einschränkung vorliegt und somit kein Ausmaß für ein behinderungsrelevantes Leiden feststellbar ist, wobei sämtliche Befunde in vollem Umfang in der Einstufung der Gesundheitseinschränkungen berücksichtigt worden sind.

Weiters hält Dr. XXXX schlüssig und im Einklang mit dem klinischen Untersuchungsbefund fest, dass eine maßgebliche Gangbildbeeinträchtigung anhand der vorgenommenen Untersuchung nicht festgestellt werden konnte und ein Erfordernis der Verwendung einer Gehhilfe nicht gegeben ist, da im Bereich der betroffenen Gelenke bei der klinischen Untersuchung weder eine maßgebliche äußerliche Veränderung noch eine relevante Funktionseinschränkung objektiviert werden konnte. Im Bereich der Wirbelsäule konnten radiologisch geringgradige bis mäßige degenerative Veränderungen festgestellt werden, jedoch konnten im Rahmen der klinischen Untersuchung keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen und auch kein Hinweis auf radikuläres Defizit objektiviert werden. Zu den vorgebrachten Schmerzzuständen hält Dr. XXXX in diesem Zusammenhang nachvollziehbar fest, dass Hinweise auf höhergradige Schmerzzustände weder dem aktuellen orthopädischen Status zu entnehmen sind, noch diesbezügliche fachärztliche Behandlungsprotokolle vorliegen und auch keine analgetische Dauertherapie erforderlich ist.

Damit im Einklang stehen die Ausführungen im eingeholten internistischen Sachverständigengutachten Dris. XXXX . Hinsichtlich Leiden 1 wird aus internistischer Sicht fachärztlich überzeugend ausgeführt, dass die von der Beschwerdeführerin geschilderten Beschwerden, vor allem Schmerzen und die Bewegungseinschränkungen im Alltags- und Berufsleben, teilweise durch die rheumatoide Arthritis und die Fibromyalgie begründbar sind. In diesem Zusammenhang wird von der Sachverständigen schlüssig dargelegt, dass diese chronischen und schubhaft verlaufenden Erkrankungen einer regelmäßigen medikamentösen und physikalischen Therapie bedürfen. Wie bei der durchgeführten Begutachtung festgestellt und auch aus den vorliegenden Befunden objektivierbar, konnten dadurch bisher schwerwiegende radiologische Schädigungen hintangehalten werden.

Die Einschätzung von Leiden 1 und Leiden 2 unter die Positionsnummern 02.02.02 und 02.02.01 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH bzw. 20 vH ist somit korrekt erfolgt. Einer höheren Einschätzung dieser Gesundheitsschädigungen ist die Grundlage entzogen, da hinsichtlich Leiden 1 zwar eine intensive Therapie erforderlich ist und rezidivierende Schmerzzustände vorliegen, diese jedoch klinisch kompensiert sind und auch keine relevanten funktionellen Einschränkungen objektivierbar sind und bezüglich Leiden 2 lediglich gering bis mäßiggradige degenerative Veränderungen der Wirbelsäule sowie der oberen und unteren Extremitäten bei jeweils guter Beweglichkeit festgestellt werden konnten. Diese Ausführungen der Sachverständigen blieben von der Beschwerdeführerin unwidersprochen.

Zudem ist hinsichtlich der von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Schmerzen zusammenfassend festzuhalten, dass aus vorliegenden Funktionseinschränkungen resultierende Schmerzzustände aus gutachterlicher Sicht immer in der Diagnoseerstellung inkludiert sind und somit im Rahmen der Beurteilung des Grades der Behinderung mitberücksichtigt worden sind.

In diesem Zusammenhang ist weiters ergänzend anzumerken, dass es sich bei dem im Sachverständigengutachten Dris. XXXX für die Beurteilung des Leidens "Abnützungserscheinungen am Stütz- und Bewegungsapparat" herangezogenen Grad der Behinderung in Höhe von 30 vH offensichtlich um einen Schreibfehler handelt. Sowohl aus der gewählten Positionsnummer 02.02.01, für welche ein Rahmensatz von 10 vH bis 20 vH vorgesehen ist, als auch aus der Rahmensatzbegründung sowie den weiteren Ausführungen Dris. XXXX , geht für das Bundesverwaltungsgericht unzweifelhaft hervor, dass der obere Rahmensatz dieser Richtsatzposition in Höhe von 20 vH gemeint gewesen ist. Dieser Schreibfehler wurde durch das Bundesverwaltungsgericht im Sachverständigengutachten Dris. XXXX korrigiert. Auswirkungen auf den Gesamtgrad der Behinderung sind damit nicht verbunden, da - wie im Sachverständigengutachten Dris. XXXX schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt wird - Leiden 1 durch die Leiden 2 bis 4 wegen teilweiser Leidensüberschneidung und fehlender maßgeblicher Zusatzrelevanz nicht weiter erhöht wird.

Dem Beschwerdevorbringen und den bis XXXX vorgelegten medizinischen Beweismitteln Rechnung tragend wurde im Vergleich zu jenem Gutachten, welches dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegt wurde, nunmehr das Leiden "Depression" unter die Positionsnummer 03.06.01 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 20 vH eingeschätzt, da seit zwei Jahren eine psychotherapeutische Begleitung besteht. Einer höheren Einschätzung war die Grundlage entzogen, da keine stationären Aufenthalte an Fachabteilungen bisher erforderlich gewesen sind.

Zu den in der Beschwerde vorgebrachten Durchfällen wird von Dr. XXXX aus internistischer Sicht fachärztlich überzeugend ausgeführt, dass sich in den vorgelegten Befunden kein Hinweis auf eine chronisch entzündliche Darmerkrankung findet, sondern ein Reizdarmsyndrom angenommen wird. Da bei der Beschwerdeführerin unauffällige Schleimhautverhältnisse sowie ein normaler Ernährungszustand durch Dr. XXXX objektiviert worden sind, ist die Einschätzung des Reizdarmsyndroms unter die Positionsnummer 07.04.04 mit einem Grad der Behinderung in Höhe von 10 vH korrekt erfolgt.

Die Angaben der Beschwerdeführerin konnten somit nicht über den erstellten Befund hinaus objektiviert werden.

Die Sachverständigengutachten Dris. XXXX und Dris. XXXX stehen mit den Erfahrungen des Lebens, der ärztlichen Wissenschaft und den Denkgesetzen nicht in Widerspruch. Auch war dem Vorbringen sowie den eingeholten und vorgelegten Beweismitteln kein Anhaltspunkt zu entnehmen, die Tauglichkeit der befassten Sachverständigen oder deren Beurteilung beziehungsweise Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Vielmehr haben die Verfahrensparteien den Inhalt der eingeholten Sachverständigengutachten im Rahmen des vom Bundesverwaltungsgericht erteilten Parteiengehörs unbeeinsprucht zur Kenntnis genommen.

Die im Beschwerdeverfahren vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten werden daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zugrunde gelegt.

Zu 1.3.) Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses weist am Eingangsvermerk der belangten Behörde das Datum XXXX auf.

Zu 1.4.) Das Schreiben, mit welchem die Beschwerdevorlage durch die belangte Behörde erfolgt ist, weist am Eingangsvermerk des Bundesverwaltungsgerichtes das Datum XXXX auf.

Zu 1.5.) Die Feststellungen zum Zeitpunkt des von der Beschwerdeführerin nachgereichten medizinischen Beweismittels ergeben sich aus dem diesbezüglich unbedenklichen, widerspruchsfreien und unbestrittenen Akteninhalt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gemäß § 45 Abs. 3 des Bundesgesetzes vom 17. Mai 1990 über die Beratung, Betreuung und besondere Hilfe für behinderte Menschen (Bundesbehindertengesetz - BBG), BGBl. Nr. 283/1990 idgF, hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.

Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.

Zu A)

1. Zur Entscheidung in der Sache:

Gemäß § 1 Abs. 2 BBG ist unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

Gemäß § 40 Abs. 1 BBG ist behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

4. für sie erhöhte Familienbeihilfe bezogen wird oder sie selbst erhöhte Familienbeihilfe beziehen oder

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

Gemäß § 40 Abs. 2 BBG ist behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

Gemäß § 35 Abs. 2 des Bundesgesetzes vom 7. Juli 1988 über die Besteuerung des Einkommens natürlicher Personen (Einkommensteuergesetz 1988 - EStG 1988), BGBl. Nr. 400/1988 idgF, bestimmt sich die Höhe des Freibetrages nach dem Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung). Die Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) richtet sich in Fällen,

1. in denen Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden, nach der hiefür maßgebenden Einschätzung,

2. in denen keine eigenen gesetzlichen Vorschriften für die Einschätzung bestehen, nach § 7 und § 9 Abs. 1 des Kriegsopferversorgungsgesetzes 1957 bzw. nach der Einschätzungsverordnung, BGBl. II Nr. 261/2010, für die von ihr umfassten Bereiche.

Die Tatsache der Behinderung und das Ausmaß der Minderung der Erwerbsfähigkeit (Grad der Behinderung) sind durch eine amtliche Bescheinigung der für diese Feststellung zuständigen Stelle nachzuweisen.

Zuständige Stelle ist:

-

Der Landeshauptmann bei Empfängern einer Opferrente (§ 11 Abs. 2 des Opferfürsorgegesetzes, BGBl. Nr. 183/1947).

-

Die Sozialversicherungsträger bei Berufskrankheiten oder Berufsunfällen von Arbeitnehmern.

-

In allen übrigen Fällen sowie bei Zusammentreffen von Behinderungen verschiedener Art das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen; dieses hat den Grad der Behinderung durch Ausstellung eines Behindertenpasses nach §§ 40 ff des Bundesbehindertengesetzes, im negativen Fall durch einen in Vollziehung dieser Bestimmungen ergehenden Bescheid zu bescheinigen.

Gemäß § 41 Abs. 1 BBG gilt als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

Gemäß § 54 Abs. 12 BBG treten § 1 sowie § 41 Abs. 1 und 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 81/2010 mit 1. September 2010 in Kraft.

Da im gegenständlichen Fall der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses am XXXX gestellt worden ist, war der Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung zu beurteilen.

Gemäß § 42 Abs. 1 BBG hat der Behindertenpass den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

Gemäß § 42 Abs. 2 BBG ist der Behindertenpass unbefristet auszustellen, wenn keine Änderung in den Voraussetzungen zu erwarten ist.

Gemäß § 45 Abs. 1 BBG sind Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

Gemäß § 45 Abs. 2 BBG ist ein Bescheid nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

Gemäß § 46 BBG idF des BGBl. I Nr. 57/2015 dürfen in Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

Gemäß § 54 Abs. 18 BBG tritt § 46 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 57/2015 mit 1. Juli 2015 in Kraft.

Mit der Novelle BGBl. I Nr. 57/2015 wurde für Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Neuerungsbeschränkung geschaffen. In den Erläuterungen zu dieser Novelle (GP XXV RV 527, Seite 4) wurde dazu ausgeführt, dass sich in der Praxis gezeigt hat, dass neu vorgelegte medizinische Befunde und die oftmals erforderliche Beiziehung von neuen Sachverständigen häufig einen zeitnahen Abschluss der Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wesentlich erschweren. Es soll daher die für Beschwerdevorentscheidungen vorgesehene zweimonatige Entscheidungsfrist auf zwölf Wochen verlängert werden. Hierdurch bleibt es einerseits Menschen mit Behinderung unbenommen, im Verfahren vor dem Sozialministeriumservice bzw. in einer allfälligen Beschwerde gegen einen Bescheid alle Tatsachen und Beweismittel vorzubringen. Außerdem wird es dem Sozialministeriumservice ermöglicht in erster Instanz eine fundierte Entscheidung zu treffen, sodass die Menschen mit Behinderung durch eine gesamt zu erwartende kürzere Verfahrensdauer schneller zu ihrem Recht kommen. Im Gegenzug soll eine auf das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht begrenzte Neuerungsbeschränkung geschaffen werden.

Da die gegenständliche Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht von der belangten Behörde am XXXX vorgelegt worden ist, war das von der Beschwerdeführerin nach diesem Zeitpunkt vorgelegte Beweismittel nicht zu berücksichtigen.

Falls sich der Leidenszustand der Beschwerdeführerin maßgebend verschlechtert, ist es zulässig, abermals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses zu stellen und kommt eine neuerliche Feststellung des Grades der Behinderung in Betracht (vgl. dazu etwa VwGH 20.11.2012, 2011/11/0118 zu § 14 BEinstG). In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass gemäß § 41 Abs. 2 BBG, falls der nochmalige Antrag innerhalb eines Jahres seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung gestellt wird, eine offenkundige Änderung des Leidenszustandes glaubhaft geltend zu machen ist, ansonsten der Antrag ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen ist.

Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, sind weder das Beschwerdevorbringen noch die bis XXXX vorgelegten Beweismittel geeignet darzutun, dass der in Höhe von 30 vH festgestellte Grad der Behinderung nicht dem tatsächlichen Leidensausmaß der Beschwerdeführerin entspräche.

Da ein Grad der Behinderung von 30 vH festgestellt wurde und somit die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses nicht erfüllt sind, war spruchgemäß zu entscheiden.

Hinsichtlich des Beschwerdevorbringens in Zusammenhang mit der Unzumutbarkeit der Benützung öffentlicher Verkehrsmittel ist festzuhalten, dass die entsprechende Zusatzeintragung nicht Gegenstand des angefochtenen Bescheides - welcher lediglich über den Grad der Behinderung abspricht - gewesen ist.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, ist "Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 erster Satz AVG für die Berufungsbehörde die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde gebildet hat und nicht das, was der Berufungswerber zum Inhalt der Berufungsschrift gemacht hat (VwGH 11.11.1991, 90/19/0505).

Diese Judikatur ist auf die Begrenzung des Beschwerdegegenstandes der Verwaltungsgerichte übertragbar. "Sache" des Beschwerdeverfahrens vor dem VwG ist - ungeachtet des durch § 27 VwGVG vorgegebenen Prüfumfangs - jedenfalls nur jene Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs der vor dem Verwaltungsgericht belangten Verwaltungsbehörde gebildet hat (VwGH 17.12.2014, Ra 2014/03/0049).

Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid aufgrund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder aufgrund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.

Ein im Beschwerdeverfahren vorgebrachtes Begehren, welches den Gegenstand des angefochtenen Verfahrens überschreitet, kann den zulässigen Beschwerdegegenstand nicht darüber hinaus erweitern.

2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn

1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder

2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.

Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013,

Zl. 2012/06/0221).

Maßgebend für die gegenständliche Entscheidung über den Gesamtgrad der Behinderung sind die Art und das Ausmaß der bei der Beschwerdeführerin festgestellten Gesundheitsschädigungen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher im verwaltungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Wie unter Punkt II.2. bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Im Rahmen des Parteiengehörs hatten die Verfahrensparteien die Möglichkeit sich zu äußern. Das Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Ermittlungsverfahrens wurde jedoch nicht bestritten. Im Rahmen der Beschwerde wurden auch keine Beweismittel vorgelegt, welche das Vorbringen fundiert erhärten bzw. die sachverständige Beurteilung überzeugend in Zweifel ziehen. Die Beschwerdeführerin wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch Fachärztinnen für Innere Medizin und Unfallchirurgie bzw. Allgemeinmedizin persönlich untersucht. Die vorgebrachten Argumente und die bis XXXX vorgelegten Beweismittel wurden in dem eingeholten Sachverständigengutachten berücksichtigt, soweit diese einschätzungsrelevante Aspekte enthalten. Das Vorbringen wird durch die beigebrachten Beweismittel nicht erhärtet, vielmehr stehen diese nicht im Widerspruch zum eingeholten Sachverständigenbeweis. Sohin ist der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben. Der Anspruch einer Partei auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist auch kein absoluter (VfGH 09.06.2017, E 1162/2017).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Vielmehr hängt die Entscheidung von Tatsachenfragen ab. Maßgebend sind die Art des Leidens und das festgestellte Ausmaß der Funktionsbeeinträchtigungen. Es handelt sich um eine einzelfallbezogene Beurteilung, welche im Rahmen der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze vorgenommen worden ist.

Schlagworte

Behindertenpass, Grad der Behinderung, Sachverständigengutachten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W115.2143065.1.00

Zuletzt aktualisiert am

08.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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