Entscheidungsdatum
27.04.2018Norm
AVG §66 Abs2Spruch
W162 2102162-1/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX, BNr. XXXX, gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 28.08.2014, AZ XXXX, betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011, beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Agrarmarkt Austria zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang
Die Beschwerdeführerin stellte am 12.04.2011 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2011 und beantragte u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für das Antragsjahr 2011 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Die Beschwerdeführerin ist Almbewirtschafterin der XXXX mit der BNr. XXXX. Dabei wurde in der Beilage Flächennutzung für die XXXX 13,73 ha Almfutterfläche angegeben. Die Beschwerdeführerin ist zudem Auftreiberin auf die XXXX mit der BNr. XXXX, für die ebenfalls ein Mehrfachantrag-Flächen gestellt wurde. Dabei wurde in der Beilage Flächennutzung für die XXXX insgesamt 113,73 ha Almfutterfläche angegeben.
Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 30.12.2011 wurde der Beschwerdeführerin für das Antragsjahr 2011 eine EBP in Höhe von EUR 1.232,01 gewährt. Dabei wurde von insgesamt 20,26 ausbezahlten flächenbezogenen Zahlungsansprüchen und einer beantragten Gesamtfläche von 20,26 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 16,11 ha) ausgegangen. Die ermittelte Gesamtfläche und die ermittelte anteilige Almfutterfläche entsprachen der beantragten. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Eine Vor-Ort-Kontrolle der AMA am 05.09.2012 auf der XXXX mit der BNr. XXXX ergab Flächenabweichungen. Statt 13,73 ha beantragter Fläche wurden 12,44 ha ermittelt und somit eine Differenzfläche von 1,29 ha festgestellt.
Am 27.06.2013 beantragte der Bewirtschafter der XXXX mit der BNr. XXXX eine rückwirkende Korrektur der Almfutterfläche und gab an, statt der beantragten 113,73 ha lediglich 107,35 ha zu beantragen. Diese Korrektur wurde von der AMA berücksichtigt.
Eine Vor-Ort-Kontrolle der AMA am 12.08.2013 auf der Alm XXXX mit der BNr. XXXX ergab Flächenabweichungen. Statt 107,35 ha beantragter Fläche wurden 102,78 ha ermittelt und somit eine Differenzfläche von 4,57 ha festgestellt.
Mit dem Abänderungsbescheid vom 29.01.2014 wurde der Beschwerdeführerin eine Einheitliche Betriebsprämie von EUR 968,09 für das Antragsjahr 2011 gewährt und aufgrund des bereits überwiesenen Betrags eine Rückforderung von EUR 263,92 ausgesprochen. Dabei wurde von einer beantragten Gesamtfläche von 20,06 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 15,91 ha), einer ermittelten Gesamtfläche von 18,68 ha (davon berücksichtigte anteilige Almfutterfläche von 14,53 ha) und von 18,68 ausbezahlten flächenbezogenen Zahlungsansprüchen ausgegangen. Daraus ergibt sich gesamt eine Differenzfläche von 1,38 ha. Es wurde eine Flächensanktion von EUR 167,84 ausgesprochen. Begründend wurde ausgeführt, dass anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle vom 12.08.2013 Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden seien, somit müsse der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden. Es wurde daher eine Flächensanktion in Höhe von EUR 167,84 verhängt. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wurde von der belangten Behörde ausgeschlossen.
Am 03.02.2014 übermittelte die Beschwerdeführerin eine LWK-Bestätigung bezüglich der XXXX mit der BNr. XXXX.
Am 25.02.2014 übermittelte die Beschwerdeführerin eine LWK-Bestätigung bezüglich der XXXX mit der BNr. XXXX.
Am 16.06.2014 übermittelte die Beschwerdeführerin der zuständigen Bezirksbauernkammer eine "Erklärung des Auftreibers gemäß § 8i MOG" betreffend die XXXX mit der BNr. XXXX.
Mit dem angefochtenen Abänderungsbescheid vom 28.08.2014 wurde der Beschwerdeführerin eine Einheitliche Betriebsprämie von EUR 979,03 für das Antragsjahr 2010 gewährt und aufgrund des bereits überwiesenen Betrags eine weitere Zahlung von EUR 10,97 angekündigt. Dabei wurde von einer beantragten Gesamtfläche von 19,97 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 15,82 ha), einer ermittelten Gesamtfläche von 18,68 ha (davon berücksichtigte anteilige Almfutterfläche von 14,53 ha) und von 18,68 ausbezahlten flächenbezogenen Zahlungsansprüchen ausgegangen. Daraus ergibt sich gesamt eine Differenzfläche von 1,29 ha. Es wurde eine Flächensanktion von EUR 156,90 ausgesprochen.
Begründend wurde ausgeführt, dass anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle vom 12.08.2013 Flächenabweichungen von über 3 % oder über 2 ha und bis höchstens 20 % festgestellt worden seien, somit müsse der Beihilfebetrag um das Doppelte der Differenzfläche gekürzt werden. Es wurde daher eine Flächensanktion in Höhe von EUR 156,90 verhängt. Die aufschiebende Wirkung einer allfälligen Beschwerde wurde von der belangten Behörde ausgeschlossen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin mit Schreiben vom 16.09.2014 Beschwerde.
Die AMA erstellte mit Berechnungsstand 28.11.2014 einen "Report - Einheitliche Betriebsprämie 2011", worin zur Berechnung der Zahlungsansprüche ausgeführt wurde, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen der vorliegenden Beschwerde durch Vorlage einer Erklärung glaubhaft gemacht hätte, dass ihr keine Umstände erkennbar waren, die sie an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der XXXX mit der BNr. XXXX zweifeln lassen hätte können. Da sie demnach keine Schuld an der Abweichung der angemeldeten von der ermittelten Fläche hinsichtlich der erwähnten Alm treffe, sei eine Richtigstellung der Fläche ohne Sanktion vorzunehmen (§ 8i MOG).
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 03.03.2015 zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2.
Satz VwGVG. (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013)
§ 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für
eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Aus dem von der Behörde übermittelten "Report" ergibt sich, dass sich die Anspruchsgrundlagen seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentlich geändert haben bzw. dass eine Berücksichtigung bisher nicht berücksichtigter Sachverhaltselemente eine andere Entscheidung in der Sache zur Folge haben könnte.
Im konkreten Fall wurde von der AMA ein so genannter "Report - Einheitliche Betriebsprämie 2011, Berechnungsstand: 28.11.2014" übermittelt, aus dem hervorgeht, dass sich eine Änderung der Zahlungsansprüche ergeben habe. Aus dem Begleitschreiben geht hervor, dass sich die Aktenlage dahingehend geändert habe, dass die Beschwerdeführerin durch Vorlage einer Erklärung glaubhaft gemacht habe, dass ihr keine Umstände erkennbar waren, die sie an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm mit der BNr. XXXX zweifeln hätten lassen können. Da sie demnach keine Schuld an der Abweichung der Flächen treffe, sei eine Richtigstellung der Fläche ohne Sanktion vorzunehmen.
Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts. Die AMA wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens dem neu zu erlassenden Bescheid den bisher nicht berücksichtigten Sachverhalt zugrunde zu legen haben.
Auch wenn der VwGH der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das BVwG versuchen wollte, die Beschwerde im Hinblick auf das Antragsjahr 2011 einer Entscheidung zuzuführen.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH (siehe die zu Punkt A angeführte Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).
Schlagworte
Antragsänderung, Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2102162.1.00Zuletzt aktualisiert am
11.05.2018