Index
E1E;Norm
11992E009 EGV Art9;Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):98/17/0202 E 20. März 2000 98/17/0204 E 20. März 2000 98/17/0203 E 20. März 2000Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler und Dr. Zens als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Zeller, über die Beschwerde der G Gesellschaft m. b.H., vertreten durch Dr. A und Dr. K, Rechtsanwälte in H, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 21. November 1995, Zl. 19.120/31-IA9/95, betreffend Agrarmarketingbeitrag (Wein), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 6. September 1995 betreffend Vorschreibung von Agrarmarketingbeitrag gemäß § 21a ff AMA-Gesetz 1992, BGBl. Nr. 376, für den Zeitraum Jänner bis Juni 1995 gemäß § 289 BAO iVm §§ 21c Abs. 1 Z 9, 21d Abs. 3 und 21e Abs. 1 Z 9 des AMA-Gesetzes 1992 als unbegründet abgewiesen.
Begründend führt die belangte Behörde aus, dass gemäß § 21c Abs. 1 Z 9 des AMA-Gesetzes 1992 bei erstmaligem Inverkehrbringen von Wein in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 l nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen (§§ 21d ff AMA-G) ein Beitrag zu entrichten sei. Das Vorliegen des Tatbestandes des "erstmaligen Inverkehrbringens" von Wein werde von der Beschwerdeführerin nicht bestritten. Nach Darstellung der Berechnung der Abgabenhöhe wird ausgeführt, dass gemäß § 21e Abs. 1 Z 9 des AMA-Gesetzes 1992 Beitragsschuldner für Wein hinsichtlich des Beitrags für die abgefüllte Menge die Winzergenossenschaft oder der Inhaber des Handelsbetriebes, die (der) Wein, der in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 l abgefüllt ist, erstmals in Verkehr bringe. Die Beschwerdeführerin sei ein Handelsbetrieb im Sinn der genannten Bestimmung; da der Tatbestand des erstmaligen Inverkehrbringens erfüllt sei, sei die Abgabepflicht gegeben. Zu der von der Beschwerdeführerin angesprochenen Diskriminierung bzw. der Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verweist die belangte Behörde auf das mit der in Rede stehenden Bestimmung verfolgte Ziel, eine Finanzierung der 1986 gegründeten Österreichischen Weinmarketing-Service GesmbH sicherzustellen. Für die Finanzierung dieser Gesellschaft sollten jene Verkehrskreise aufkommen, die von den Marketingmaßnahmen betroffen seien. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 8. Juni 1998, B 133/96, lehnte dieser die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof ab.
In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde macht die Beschwerdeführerin die Verletzung im Recht, dass ihr hinsichtlich des exportierten Flaschenweines kein Agrarmarketingbeitrag vorgeschrieben werde, geltend. Die Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides ergebe sich daraus, dass ein Fassweinexporteur sowie ein Exporteur, der Wein in Behältnissen von mehr als 50 l Inhalt exportiere, keinen Agrarmarketingbeitrag zu entrichten habe. Dies müsse umso mehr für die Beschwerdeführerin gelten, die in großem Umfang Flaschenweine exportiere. Eine gegenteilige Auslegung führe zu einer sachlich nicht gerechtfertigten Differenzierung.
Der Beitrag sei weiters von Lieferanten, die den Wein in Fässern oder Tankzügen ins Ausland exportieren und dort abfüllten, nicht einzuheben; es komme so zu einer weiteren Konkurrenzverzerrung.
Die "begehrte Auslegung" des Gesetzes sei auch insoweit zu begründen, als der Export der Marke S vom Land Burgenland gefördert werde und durch den Agrarmarketingbeitrag diese Förderung vernichtet werde.
Schließlich wird ein Verstoß gegen Gemeinschaftsrecht im Hinblick auf eine mengenmäßige Beschränkung im Sinne Art. 30 EG-V (nunmehr Art. 28 EG) bzw. eine Wirkung wie ein verbotener Zoll gemäß Art. 9, 12 und 95 EG-V (nunmehr Art. 23, 25 und 90 EG) geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Soweit in der Beschwerde eine einfachgesetzliche Rechtswidrigkeit darin erblickt wird, dass die belangte Behörde die von ihr zitierten Vorschriften des AMA-Gesetzes 1992 nicht dahingehend einschränkend interpretiert hat, dass die Abgabe dann nicht vorzuschreiben sei, wenn der in Verkehr gebrachte Wein exportiert wird, ist Folgendes auszuführen:
§ 21c AMA-Gesetz 1992 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 154/1999 lautete auszugsweise:
"§ 21c. (1) Bei
1. ...
...
9. erstmaligem Inverkehrbringen von Wein in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 Litern,
ist nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen ein Beitrag zu entrichten."
§ 21e Abs. 1 Z 9 AMA-Gesetz 1992 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. Nr. 298/1995 (also ebenfalls vor BGBl. I Nr. 154/1999) lautete:
"§ 21. (1) Beitragsschuldner ist:
...
9. für Wein hinsichtlich des Flächenbeitrags der Bewirtschafter der Weingartenflächen, die je Bewirtschafter ein Gesamtausmaß von 0,3 ha übersteigen, sowie hinsichtlich des Beitrags auf die abgefüllte Menge die Winzergenossenschaft oder der Inhaber des Handelsbetriebs, die (der) Wein, der in Behältnissen mit einem Inhalt bis zu 50 l abgefüllt ist, erstmals in Verkehr bringt."
Die Beschwerdeführerin bestreitet nicht, dass der Abgabentatbestand nach § 21c Abs. 1 Z 9 des AMA-Gesetzes 1992 iVm § 21e Abs. 1 Z 9 des AMA-Gesetzes 1992 an sich erfüllt ist; auch gegen die Berechnung der Höhe der Abgabenschuld bringt sie nichts vor. Sie hält jedoch eine verfassungskonforme Auslegung deshalb für geboten, weil in bestimmten Fällen der Export von Wein nicht abgabepflichtig ist, im Fall des Flaschenweinexports jedoch sehr wohl.
Die belangte Behörde hat in diesem Zusammenhang in der Gegenschrift zutreffend darauf hingewiesen, dass der Verfassungsgerichtshof zu diesem Beschwerdevorbringen in seinem Ablehnungsbeschluss auf seine ständige Rechtsprechung zur Schaffung von Tatbeständen, die mit Rücksicht auf Gründe der Verwaltungsökonomie leicht vollziehbar sind und von einer Durchschnittsbetrachtung ausgehen, verwiesen hat. Auch das Vorbringen in der Beschwerdeergänzung ist nicht geeignet, weitere Gesichtspunkte anzuführen, die den Verwaltungsgerichtshof bestimmen müssten, ungeachtet der bereits erfolgten Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Aufhebung der im Beschwerdefall angewendeten Abgabenbestimmungen (oder von Teilen davon) an den Verfassungsgerichtshof zu stellen.
Das Vorbringen in der Beschwerde ist somit nicht geeignet, insofern eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Daran ändert auch nichts, dass mit der Novelle BGBl. Nr. 154/1999 das AMA-Gesetz dahingehend ergänzt wurde, dass auch das Verbringen außerhalb des Bundesgebiets in Behältnissen mit einem Inhalt über 50 Litern abgabepflichtig erklärt wurde.
2. Zu den gemeinschaftsrechtlichen Bedenken:
2.1. Zunächst ist festzuhalten, dass der gegenständliche Beitrag entsprechend der Rechtsprechung des EuGH als Maßnahme fiskalischer Art oder Maßnahme gleicher Wirkung nicht unter die in der Beschwerde genannten Art. 30 EG V (nunmehr Art. 28 EG) fällt, sondern unter die Artikel 9 bis 16 EG-V (jetzt nach Änderung Art. 23 und 25) (vgl. das Urteil vom 13. 12. 1983, Rs. 222/82, Apple and Pear Development Council, Slg. 1983, 4083, Rdnr. 30).
Auf das diesbezügliche Beschwerdevorbringen ist daher nicht näher einzugehen; auch der Anregung, eine Anfrage an den EuGH gemäß Art. 234 EG betreffend die Vereinbarkeit mit Art. 30 EG-V (Art. 28 EG) zu richten, war daher nicht näher zu treten.
2.2. Wie sich aus dem genannten Urteil des EuGH in der Rechtssache Apple and Pear Development Council weiters ergibt, können zwar landwirtschaftlichen Erzeugern auferlegte Abgaben mit den gemeinschaftsrechtlichen Vorschriften über die Agrarpolitik unvereinbar sein, wenn sie bestimmte die Marktmechanismen behindernde Wirkungen haben; die im damaligen Anlassfall zugrunde liegende Abgabe für die Finanzierung von Marketingmaßnahmen wurde jedoch als unbedenklich qualifiziert (Rdnr. 32).
Soweit in der Beschwerde die Unvereinbarkeit mit Gemeinschaftsrecht wegen der Einhebung der Abgabe auch im Fall des Exports des Weins geltend gemacht wird, ist dazu zu bemerken, dass die Abgabe nicht ausschließlich im Fall des Exports eingehoben wird und somit keine Geldleistung darstellt, die anlässlich oder wegen des Grenzübertritts einer Ware erhoben wird (vgl. Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die Europäische Union, 4. Auflage, 290ff). Eine parafiskalische Abgabe anlässlich der Einfuhr eines Produkts, wie sie der EuGH als unzulässig qualifiziert hat (vgl. die Nachweise bei Beutler/Bieber/Pipkorn/Streil, Die Europäische Union, 4. Auflage, 292), liegt jedoch nicht vor. Es wird nicht eine Abgabe auf ausländische und einheimische Erzeugnisse erhoben, die der Finanzierung einer den einheimischen Waren spezifisch zu Gute kommenden Tätigkeit dient (wie dies in dem von der Beschwerdeführerin genannten Urteil vom 27. Oktober 1993 des EuGH in der Rechtssache C-72/92 als unzulässig qualifiziert wurde), sondern es wird eine allgemein von einheimischen Unternehmen, die Wein in Verkehr bringen, zu entrichtende Abgabe eingehoben, die an sich den Grundsätzen des oben genannten Urteils in der Rechtssache Apple and Pear Development Council entspricht. Der EuGH hat in diesem Urteil zu der dort zu beurteilenden Abgabe festgehalten, dass sie nicht für eingeführte Erzeugnisse galt und für die Ausfuhr bestimmte Erzeugnisse in derselben Weise erfasse wie auf dem Inlandsmarkt in Verkehr gebrachte; ein Verstoß gegen die zitierten Art. des EG-V liege daher nicht vor. Die Rechtslage bezüglich eines Beitrages wie dem hier vorliegenden Agrarmarketingbeitrag ist daher durch die Rechtsprechung des EuGH ausreichend geklärt.
Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich daher auch insofern nicht veranlasst, ein Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 234 EG einzuleiten.
3. Die vorliegende Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet. Sie war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 20. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998170201.X00Im RIS seit
09.11.2001Zuletzt aktualisiert am
21.11.2011