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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
SPG 1991 §82 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag.a Strasser, über die Revision des J F in R, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 11. April 2017, Zl. LVwG 30.9-528/2017-2, betreffend Übertretung des SPG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Steiermark), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom 29.12.2016 wurde über den Revisionswerber wegen Übertretung des § 82 Abs. 1 SPG eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage) verhängt.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde - soweit vorliegend relevant - die Beschwerde des Revisionswerbers gegen dieses Straferkenntnis gemäß § 50 Abs. 1 iVm § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen (I.), der Revisionswerber gemäß § 52 Abs. 1 und 2 VwGVG zu einem Kostenbeitrag verpflichtet (II.) und die Revision gemäß § 25a Abs. 4 VwGVG für nicht zulässig erklärt.
3 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, das dem Revisionswerber vorzuwerfende Verhalten (des Gestikulierens und Herantretens an einschreitende Beamte auf Tuchfühlung, und das sich schreiend in den Weg Stellen, um eine Amtshandlung zu verhindern) sei jedenfalls als aggressives Verhalten im Sinne des § 82 Abs. 1 SPG zu verstehen. Zur Strafbemessung führte das Verwaltungsgericht aus, die Strafe entspreche angesichts des Verschuldensgrades der Vorsätzlichkeit und eines durchaus erheblichen Unrechtsgehaltes den gesetzlich erforderlichen Strafzumessungskriterien.
4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Hat das Erkenntnis nur eine geringe Geldstrafe zum Gegenstand, kann durch Bundesgesetz vorgesehen werden, dass die Revision unzulässig ist.
5 Im Sinne des zuletzt wiedergegebenen Satzes bestimmt § 25a Abs. 4 VwGG, dass in einer Verwaltungsstrafsache oder in einer Finanzstrafsache eine Revision wegen Verletzung in Rechten (Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG) nicht zulässig ist, wenn 1. eine Geldstrafe von bis zu 750 Euro und keine Freiheitsstrafe verhängt werden durfte und 2. im Erkenntnis eine Geldstrafe von bis zu 400 Euro verhängt wurde.
6 Bei der im Sinne der Z 1 in der Strafdrohung vorgesehenen "Freiheitsstrafe" muss es sich um eine primäre Freiheitsstrafe handeln; die Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht erfasst (vgl. VwGH 29.10.2014, Ra 2014/01/0113, sowie VwGH 30.1.2018, Ra 2017/01/0354, jeweils mwN).
7 Dem vorliegenden Fall liegt eine Bestrafung des Revisionswerbers wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs. 1 Sicherheitspolizeigesetz, BGBl. Nr. 566/1991 idF BGBl. I Nr. 61/2016 (SPG), zu Grunde. Über den Revisionswerber wurde eine Geldstrafe in Höhe von EUR 100,00 verhängt.
8 Gemäß § 82 Abs. 1 erster Satz SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 500 Euro zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einem militärischen Organ im Wachdienst, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält. Anstelle einer Geldstrafe kann gemäß § 82 Abs. 1 zweiter Satz SPG bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.
9 Die Möglichkeit der Verhängung einer primären Freiheitsstrafe ist demnach nur für den Fall einer Übertretung gemäß dem zweiten Satz dieser Bestimmung - sohin im Falle eines nach dem ersten Satz tatbestandsmäßigen Verhaltens, das unter erschwerenden Umständen gesetzt wurde - vorgesehen (vgl. VwGH 30.1.2018, Ra 2017/01/0354).
10 Ausgehend von der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses erfolgte die Bestrafung des Revisionswerbers auf der Grundlage des § 82 Abs. 1 erster Satz SPG. So hat das Verwaltungsgericht bei der Beurteilung des strafbaren Verhaltens alleine auf das Vorliegen eines aggressiven Verhaltens (§ 82 Abs. 1 erster Satz SPG) und nicht auf das Vorliegen erschwerender Umstände (§ 82 Abs. 1 zweiter Satz SPG) abgestellt. Die Revision bringt vor, das Verwaltungsgericht sei im Rahmen der Strafbemessung von einem durchaus erheblichen Unrechtsgehalt ausgegangen und habe damit "erschwerende Umstände" im Sinn des § 82 Abs. 1 zweiter Satz SPG angesprochen. Dieses Vorbringen verkennt, dass die Strafbemessung (vgl. zu dieser etwa VwGH 19.1.2018, Ra 2018/2/0022, Rn. 5) von der Beurteilung des Straftatbestandes zu trennen ist. Bei der Beurteilung des Straftatbestandes ist das Verwaltungsgericht wie oben dargestellt vom Vorliegen der Voraussetzungen des § 82 Abs. 1 erster Satz SPG ausgegangen, was die absolute Unzulässigkeit der Revision zur Folge hat.
11 Die Revision erweist sich daher gemäß § 25a Abs. 4 VwGG als unzulässig. Sie war daher zurückzuweisen.
Wien, am 22. März 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2018010113.L00Im RIS seit
11.05.2018Zuletzt aktualisiert am
04.07.2018