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10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);Norm
B-VG Art133 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/17/0477Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky und die Hofrätinnen Mag. Dr. Zehetner sowie Mag. Liebhart-Mutzl als Richterinnen bzw. Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Redinger, LL.M., über die Revision 1. der H R C Kft., 2. der I Z, beide in P, beide vertreten durch Mag. Julia Eckhart, Rechtsanwältin in 8010 Graz, Hofgasse 3, gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wien vom 22. März 2017, VGW- 002/V/069/6049/2016, VGW-002/V/069/6051/2016, VGW- 002/V/069/10292/2016, VGW-002/069/10291/2016, betreffend Bestrafung, Beschlagnahme und Einziehung nach dem Glücksspielgesetz, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid vom 3. März 2016 ordnete die Landespolizeidirektion Wien die Beschlagnahme und Einziehung von vier näher bezeichneten Glücksspielgeräten der erstrevisionswerbenden Partei und eines Ein- und Auszahlungsgerätes "Cashcenter" einer anderen näher bezeichneten Gesellschaft an.
2 Mit Straferkenntnis vom 30. Mai 2016 erkannte die Landespolizeidirektion Wien die Zweitrevisionswerberin der fünffachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 drittes Tatbild Glücksspielgesetz (GSpG) für schuldig, weil sie als handelsrechtliche Geschäftsführerin der erstrevisionswerbenden Partei zu verantworten gehabt habe, dass diese in ihrem Lokal mit vier näher bezeichneten Glücksspielgeräten und einem Ein- und Auszahlungsgerät ("Cashcenter") verbotene Ausspielungen zugänglich gemacht habe. Über sie wurden fünf Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 6.000,-- (sowie sechs Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt. Weiters wurde die Haftung der erstrevisionswerbenden Partei ausgesprochen.
3 Mit der angefochtenen Entscheidung wies das Verwaltungsgericht u. a. die Beschwerde der erstrevisionswerbenden Partei gegen die Einziehung des "Cashcenters" zurück (Spruchpunkt I.). Es gab der Beschwerde gegen die Bestrafung der Zweitrevisionswerberin insofern Folge, als es den Spruch des Straferkenntnisses dahingehend abänderte, dass diese nunmehr nur einer vierfachen Übertretung des § 52 Abs. 1 Z 1 GSpG mit Glücksspielgeräten jeweils in Verbindung mit dem "Cashcenter" für schuldig erkannt wurde. Über die Zweitrevisionswerberin wurden vier Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 4.000,- (sowie vier Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt (Spruchpunkt IV.). Im Übrigen wies das Verwaltungsgericht die Beschwerden gegen die Beschlagnahme und die Einziehung ab (Spruchpunkt III.) und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichthof nicht zulässig sei (Spruchpunkt V.).
4 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision. 5 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
8 Die Revision rügt, die angefochtene Entscheidung weiche von den gesetzlichen Vorgaben zur Einstellung von Verwaltungsstrafverfahren ab, sie unterlässt es aber, anzugeben, von welcher (nach Datum und Geschäftszahl bezeichneten) Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und inwiefern bezogen darauf eine Abweichung bestehen soll. Damit ist aber insofern die Begründung der Zulässigkeit der Revision im Sinne des § 28 Abs. 3 VwGG nicht gesetzmäßig ausgeführt (vgl. nur VwGH vom 11.8.2017, Ra 2017/17/0319).
9 Die Revision weist überdies darauf hin, die Entscheidung weiche von der Rechtsprechung zum Vorliegen eines ausreichend substantiierten Verdachts, dass mit den Geräten gegen das Glücksspielmonopol verstoßen worden sei, ab, sodass die Beschlagnahme unzulässig gewesen wäre.
Die konkrete Beurteilung eines ausreichend substantiierten Verdachts hängt von den Umständen des Einzelfalles ab und obliegt dem Verwaltungsgericht. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge in diesem Zusammenhang nur dann vor, wenn die Beurteilung durch das Verwaltungsgericht in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. VwGH vom 31.5.2017, Ra 2015/17/0077, mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung ist aber im Revisionsfall nicht ersichtlich, zumal das Verwaltungsgericht - entgegen dem Revisionsvorbringen - ausführliche Feststellungen zu den angebotenen Spielen getroffen hat. Auf den Umstand, ob die revisionswerbenden Parteien "am Betrieb" der Internetseiten, die mit den gegenständlichen Geräten zum Zwecke des Glücksspiels aufgerufen werden konnten, "beteiligt" waren, kommt es nicht an.
10 Die Revision bestreitet das Verschulden der Zweitrevisionswerberin, weil diese auf ein nicht näher bezeichnetes Gutachten eines namentlich genannten Sachverständigen hätte vertrauen können. Aus diesem Gutachten hätten sich keine Anhaltspunkte für eine Möglichkeit, mit den Geräten verbotene Ausspielungen zugänglich zu machen, ergeben. Mit diesem Vorbringen entfernt sich die Revision vom unstrittig festgestellten Sachverhalt, sodass schon deshalb mit diesem Vorbringen keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgezeigt wird (vgl. etwa VwGH 15.11.2017, Ra 2016/08/0184).
11 Die Revision behauptet, dass im Hinblick auf die Möglichkeit von online-Glücksspielen auf den Geräten eigentlich der Tatbestand des § 52 Abs. 1 Z 6 GSpG zur Anwendung gelangen hätte müssen. Dabei entfernt sie sich aber wieder vom festgestellten Sachverhalt, bei dem von einer bloßen Förderung oder Ermöglichung von Glücksspielen im Sinne der genannten Bestimmung nicht die Rede sein kann.
12 Die Revision rügt überdies, das Verwaltungsgericht weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes "zu den Sprucherfordernissen des § 44a VStG" ab, ohne aber konkret auf den Revisionsfall bezogen darzulegen, worin diese Abweichung bestehen sollte, sodass auch in diesem Zusammenhang keine Rechtsfrage iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG dargelegt wird.
13 Zum Zulässigkeitsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe es unterlassen, bestimmte Beweise aufzunehmen, ist darauf hinzuweisen, dass hier eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG nur dann vorläge, wenn dieses Vorgehen grob fehlerhaft erfolgt wäre und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Ergebnis geführt hätte (VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0910 bis 913, mwN). Solches wird in der Revision aber nicht aufgezeigt.
14 Die Revision misst der Bestimmung des § 54 Abs. 2 GSpG, wonach die Einziehung "mit selbständigem Bescheid" zu verfügen ist, die Bedeutung bei, dass mit dem Einziehungsbescheid nicht auch die Beschlagnahme dieser Eingriffsgegenstände ausgesprochen werden dürfe. Dabei übersieht sie aber, dass durch die Verwendung des Wortes "selbständig" lediglich die Unabhängigkeit der Einziehung vom Ausgang von allfälligen damit im Zusammenhang stehenden Strafverfahren zum Ausdruck gebracht wird. Dass in dem Bescheid, mit dem die Einziehung verfügt wird, keine anderen behördlichen Anordnungen enthalten sein dürfen, lässt sich daraus hingegen nicht schließen (vgl. wieder VwGH 31.1.2018, Ra 2017/17/0910 bis 0913).
15 Die Revision rügt zwar auch, das Verwaltungsgericht hätte im Revisionsfall wegen der Geringfügigkeit der Verstöße gegen das Glücksspielgesetz von der Einziehung absehen müssen, unterlässt es aber, darzulegen, woraus sich eine solche Geringfügigkeit ergeben hätte, weshalb schon aus diesem Grund keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt wird.
16 Zum Zulässigkeitsvorbringen hinsichtlich der Kohärenzprüfung und Prüfung der Unionsrechtswidrigkeit ist festzuhalten, dass die Voraussetzungen für eine Vorlagepflicht an den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) gemäß Art. 267 AEUV klar bzw. geklärt sind. Ebenso sind die Anforderungen an eine Prüfung der Unionsrechtskonformität im Zusammenhang mit einer Monopolregelung im Glücksspielsektor durch die nationalen Gerichte geklärt (vgl. EuGH vom 15. 9. 2011, C-347/09, Dickinger und Ömer, Rn. 83 f, vom 30. 4. 2014, C-390/12, Pfleger, Rn. 47 ff, vom 30. 6. 2016, C-464/15, Admiral Casinos & Entertainment, Rn. 31, 35 ff., sowie vom 28.2.2018, Sporting Odds, C-3/17, Rn. 28, 62 ff.). Diesen Anforderungen ist der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 16. März 2016, Ro 2015/17/0022, durch die Durchführung der nach der Rechtsprechung des EuGH erforderlichen Gesamtwürdigung nachgekommen. Von dieser Rechtsprechung ist das Verwaltungsgericht im Revisionsfall nicht abgewichen.
17 Ebenso stehen nach den Ausführungen des EuGH in seinem Urteil vom 14. Juni 2017, Online Games Handels GmbH ua, C- 685/15, die Art. 49 AEUV (Niederlassungsfreiheit) und Art. 56 AEUV (Dienstleistungsfreiheit) im Lichte des Art. 47 GRC einem Verfahrensregime wie dem vor dem Verwaltungsgericht geltenden betreffend die amtswegige Ermittlung der Umstände der vom Gericht entschiedenen Rechtssachen nicht entgegen (VwGH vom 5.10.2017, Ra 2017/17/0332).
18 Auch sonst wirft das Zulässigkeitsvorbringen der gegenständlichen Revision keine Rechtsfrage auf, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
19 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren mit Beschluss zurückzuweisen.
20 Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 1 VwGG abgesehen werden.
Wien, am 16. April 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017170476.L00Im RIS seit
08.05.2018Zuletzt aktualisiert am
28.11.2018