Index
L69316 Wasserversorgung Schongebiet Steiermark;Norm
B-VG Art133 Abs4;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):Ra 2017/07/0085 Serie (erledigt im gleichen Sinn):Ra 2017/07/0086 B 19. April 2018Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofrätin Dr. Hinterwirth sowie den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revisionen
1. des J R und 2. der S R, beide in E, beide vertreten durch die Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in 8200 Gleisdorf, Ludersdorf 201, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 24. Juli 2017, Zl. LVwG 46.24-1622/2016-7, betreffend ein Verfahren nach § 21a WRG 1959 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 24. Juli 2017 wurde den revisionswerbenden Parteien im Rechtsweg ein Auftrag nach § 21a WRG 1959 insofern erteilt, als sie zum Verschluss ihres nicht mehr dem Stand der Technik entsprechenden artesischen Brunnens innerhalb einer bestimmten Frist und unter Einhaltung bestimmter Anordnungen verpflichtet wurden. Die ordentliche Revision wurde nicht als zulässig erklärt.
2 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision machen die revisionswerbenden Parteien in ihren Zulässigkeitsausführungen zwei Rechtsfragen geltend, denen ihres Erachtens grundsätzliche Bedeutung zukomme.
3 Zum einen bestehe keine Rechtsprechung zur Rechtsfrage, ob ein Vorgehen gegen Einzelanlagen zulässig sei, wenn die Sanierung der Einzelanlage keinerlei relevanten wasserwirtschaftlichen Erfolg bringe und dieser erst durch die Summationswirkung der Sanierung unzähliger gleichartiger Anlagen eintrete.
4 Zum anderen fehle Rechtsprechung dazu, ob es sich - wie das LVwG unrichtig annehme - beim Arteser Aktionsprogramm 2.0 des Landeshauptmannes für Steiermark um eine sonstige wasserwirtschaftliche Planung im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. h WRG 1959 handle.
5 In ihrer Revisionsbeantwortung beantragte die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung die Abweisung der Revision als unbegründet.
6 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
7 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
8 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
9 Die revisionswerbenden Parteien bestreiten die auf entsprechende fachkundige Äußerungen gestützten Feststellungen des LVwG nicht, wonach (auch) in ihrer Gemeinde wegen sanierungsbedürftiger und nicht mehr dem Stand der Technik entsprechender Hausbrunnen und der dadurch bewirkten Wasserverschwendung eine Absenkung des Druckwasserspiegels auf ein kritisches, die öffentliche Wasserversorgung gefährdendes Niveau eingetreten sei und somit öffentliche Interessen im Sinne des § 21a WRG 1959 nicht hinreichend geschützt seien.
10 In den Zulässigkeitsausführungen der außerordentlichen Revision bringen die revisionswerbenden Parteien zunächst mit Blick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 21a Abs. 3 WRG 1959 vor, das Vorgehen gegen den einzelnen gegenständlichen Brunnen sei nicht zulässig, weil dies keinen relevanten Einfluss auf die Gesamtsituation haben könne, zumal nach den Angaben des wasserwirtschaftlichen Planungsorgans steiermarkweit Wasser im Ausmaß von 360 l/sec "verschwendet" würde; dies durch "Arteser", die nicht dem Stand der Technik entsprächen.
11 Diese Argumentation ist allerdings nicht geeignet, eine Unverhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen darzulegen, erfordert doch - schon bloß logisch betrachtet - die angestrebte Änderung der Gesamtsituation betreffend die artesischen Brunnen in der Steiermark naturgemäß ein Vorgehen gegen jeden einzelnen Brunnen (vgl. allgemein zum Summationseffekt VwGH 28.4.2011, 2010/07/0020, mwN; sowie zuletzt VwGH 19.2.2018, Ra 2018/07/0336, und vom gleichen Tag, Ra 2018/07/0337).
12 Nichts anderes ergibt sich im Übrigen aus der zwischenzeitig erlassenen Verordnung des Landeshauptmannes von Steiermark vom 31. Juli 2017, mit der ein Regionalprogramm zur Sicherung der Qualität und Quantität des ost- und weststeirischen Tiefengrundwassers erlassen wird (Regionalprogramm TGW), LGBl. Nr. 76/2017. Nach § 6 Abs. 1 Z 1 dieser Verordnung hat die Sanierung von nicht dem Stand der Technik entsprechenden Wasserversorgungsanlagen in der Gemeinde Eggersdorf bei Graz bis zum 31. Dezember 2019 zu erfolgen.
13 Die revisionswerbenden Parteien machen als weiteren Zulässigkeitsgrund der Revision geltend, es fehle Rechtsprechung dazu, ob es sich - wie das LVwG unrichtig annehme - beim Arteser Aktionsprogramm 2.0 des Landeshauptmannes für Steiermark um eine sonstige wasserwirtschaftliche Planung im Sinne des § 104 Abs. 1 lit. h WRG 1959 handle. Dieses Programm habe aber keine zu beachtende Rechtsqualität und hätte nicht der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Grunde gelegt werden bzw. diese beeinflussen dürfen.
14 Die revisionswerbenden Parteien unterlassen eine Darstellung des Umstandes, inwiefern die rechtliche Qualifikation des Arteser Aktionsprogramms 2.0 geeignet sein solle, ihre Rechte im vorliegenden Verfahren nach § 21a WRG 1959 zu verletzen.
15 Das Arteser Aktionsprogramm 2.0 und dessen Ziele wurden eingangs der Ausführungen des LVwG zur Verhältnismäßigkeitsprüfung im Zusammenhang damit genannt, dass die Beibehaltung der nicht dem Stand der Technik entsprechenden Brunnenanlage (auch) im Widerspruch zur (näher dargestellten) wasserwirtschaftlichen Planungsvorgabe, eben dem Arteser Aktionsprogramm 2.0, stehe.
16 Die Brunnenanlage entsprach nach den unwidersprochen gebliebenen Feststellungen des LVwG im vorgefundenen Zustand nicht dem Stand der Technik; angesichts dessen, dass unstrittig auch die Gefährdung öffentlicher Interessen vorlag, schied die Beibehaltung eines solchen Zustandes aber jedenfalls aus. Darauf, ob das Arteser Aktionsprogramm 2.0 eine sonstige wasserwirtschaftliche Planung im Sinne des § 104 Abs. 1 lit h WRG 1959 darstellt und ob die Beibehaltung des vorgefundenen Zustandes (auch) dieser Planung widerspricht, kam es bei dieser Beurteilung nicht an.
17 Wenn die revisionswerbenden Parteien meinen, angesichts der Bezugnahme auf das Arteser Aktionsprogramm 2.0 sei der Verhältnismäßigkeitsprüfung "keine bzw. nur geringe Bedeutung" zugekommen, so kann dies angesichts der diesbezüglichen Erwägungen und Berechnungen des LVwG (S. 10f des angefochtenen Erkenntnisses) nicht nachvollzogen werden. Sollten die revisionswerbenden Parteien damit aber meinen, das LVwG habe infolge seiner rechtlichen Einordnung nur die im Arteser Aktionsprogramm 2.0 genannten Alternativen (Sanierung oder Rückbau) überprüft, so bleiben sie Behauptungen darüber schuldig, welche anderen, nicht bereits vom LVwG fachlich überprüften und verworfenen Alternativen im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu Unrecht nicht berücksichtigt worden seien.
18 Die Lösung der von den revisionswerbenden Parteien aufgeworfenen Rechtsfrage steht daher im vorliegenden Fall mit einem Eingriff in subjektive Rechte der Revisionswerber in keinem Zusammenhang; für die Lösung abstrakter Rechtsfragen ist der Verwaltungsgerichtshof aber nicht zuständig (VwGH 12.8.2014, Ra 2014/06/0015, uvm).
19 In der Revision werden daher keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
20 Die Revision war somit zurückzuweisen.
Wien, am 19. April 2018
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017070084.L00Im RIS seit
11.05.2018Zuletzt aktualisiert am
29.05.2018