TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 2000/04/0061

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Veröffentlicht am 22.03.2000
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Index

50/01 Gewerbeordnung;

Norm

GewO 1994 §87 Abs1 Z1;
GewO 1994 §87 Abs1 Z3;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der M-Gesellschaft m.b.H. in Wien, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwältin W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Jänner 2000, Zl. 321.368/1-III/A/9/99, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde im Zusammenhang mit dem Inhalt des angefochtenen Bescheides wurde der Beschwerdeführerin mit dem Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 19. Jänner 2000 eine näher bezeichnete Gewerbeberechtigung gemäß § 91 Abs. 2 in Verbindung mit § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 entzogen, weil sie es unterlassen habe, trotz Aufforderung im Sinne des § 91 Abs. 2 GewO 1994 ihren Geschäftsführer, dem unbestrittenermaßen ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb ihrer Geschäfte zustehe, zu entfernen, obwohl auf diesen der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 zutreffe. Über den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin seien in den letzten fünf Jahren wegen im Zusammenhang mit der Ausübung des gegenständlichen Gewerbes der Beschwerdeführerin begangener Übertretungen von Rechtsnormen, die nach ihrem Regelungsgegenstand die im Zusammenhang mit der Ausübung des Baumeistergewerbes zu beachtenden öffentlichen Interessen bestimmten bzw. mitbestimmten (Vorschriften des Bauarbeiter-Urlaubsgesetzes, der Wiener Bauordnung, der Gewerbeordnung 1994 und der Verordnung des Magistrates der Stadt Wien betreffend Maßnahmen zur Vermeidung unnötiger Staubentwicklung) acht Verwaltungsstrafen, darunter zwei wegen Ausübung des Gewerbes ohne Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers, rechtskräftig verhängt worden. Nach den dem Rechtsbestand angehörenden, die Behörde bei ihrer Entscheidung bindenden Straferkenntnissen bzw. Strafverfügungen stehe fest, dass der Geschäftsführer gegen die im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen verstoßen habe. Im Hinblick auf die Vielzahl der von ihm begangenen Übertretungen von im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und mit Rücksicht darauf, dass er trotz Abstrafung wegen der Nichteinhaltung der Verpflichtung zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers sein rechtswidriges Verhalten durch Ausübung des Gewerbes fortgesetzt habe, seien diese Verstöße als schwer wiegend anzusehen. Der Bundesminister erachte daher die Zuverlässigkeit des Geschäftsführers für die Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes nicht mehr für gegeben. Auf ihn beziehe sich daher der im § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 angeführte Entziehungsgrund. Daran vermöge das Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr Geschäftsführer habe sich im Zeitpunkt der Bescheiderlassung über einen Zeitraum von nahezu zwei Jahren den Bestimmungen der Gewerbeordnung entsprechend verhalten, sodass schon daraus ersichtlich sei, es bestehe kein Anlass, seine Zuverlässigkeit als nicht mehr gegeben zu qualifizieren, nichts zu ändern, da angesichts der Vielzahl der Übertretungen der zeitlichen Distanz zu der zuletzt im Juni 1997 begangenen Übertretung nach der Gewerbeordnung 1994 keine entscheidungswesentliche Bedeutung beigemessen werden könne.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin nach ihrem gesamten Vorbringen in dem Recht auf Ausübung des in Rede stehenden Gewerbes verletzt. In Ausführung des so zu verstehenden Beschwerdepunktes bringt sie vor, die belangte Behörde habe es unterlassen, entsprechend der Bestimmung des § 361 Abs. 2 GewO 1994 eine Stellungnahme der zuständigen Gliederung der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft einzuholen. Die belangte Behörde nehme überdies auf eine zusätzliche Verurteilung Bezug, die der Beschwerdeführerin im erstinstanzlichen Verfahren nicht vorgehalten worden sei, sodass sie dazu keine Äußerung habe erstatten können. Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung sei das letzte gegen den Geschäftsführer ergangene Straferkenntnis mehr als 1 1/2 Jahre zurückgelegen und das dieser Verurteilung zu Grunde liegende Verhalten sei am 3. Juni 1997 gesetzt worden. Seither seien dem Geschäftsführer keine Verwaltungsübertretungen zur Last gelegt worden. Schon daraus sei ersichtlich, dass kein Anlass bestehe, die Zuverlässigkeit des Geschäftsführers als nicht mehr gegeben zu qualifizieren. Der Entziehungstatbestand des § 87 Abs. 3 GewO 1994 setze schwer wiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen voraus, als deren Folge die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr gegeben sei. Die Behörde habe unabhängig von allfälligen Bestrafungen zu beurteilen, ob Handlungen oder Unterlassungen die Annahme des Fehlens der erforderlichen Zuverlässigkeit rechtfertigten. Sie habe im Entziehungsverfahren unabhängig von allfälligen Verurteilungen das sich ergebende Charakterbild zu untersuchen. Es komme darauf an, ob die Person nach der Beschaffenheit der von ihr begangenen Taten keine Gewähr dafür biete, dass sie bei Ausübung des Gewerbes die hiebei zu beachtenden öffentlichen Rücksichten wahren werde. Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei erkennbar, dass nur schwer wiegende Verletzungen von Rechtsvorschriften die Entziehung der Gewerbeberechtigung rechtfertigen könnten, keinesfalls jedoch die bloße Verletzung von Ordnungsvorschriften. Eine nähere Untersuchung der aufgelisteten Straferkenntnisse zeige, dass der Großteil der Straferkenntnisse die Verletzung von bloßen Ordnungsvorschriften betreffe, wie beispielsweise die Unterlassung der Anbringung einer entsprechenden äußeren Geschäftsbezeichnung an der Betriebsstätte. Auch die übrigen Straferkenntnisse beträfen im Lichte der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine gravierende Beeinträchtigung von wichtigen öffentlichen Interessen, die auf eine abträgliche Geisteshaltung oder Sinnesart schließen ließen. Der Geschäftsführer sei im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides erster Instanz Alleingesellschafter der Beschwerdeführerin und alleiniger Geschäftsführer gewesen. Durch den angefochtenen Bescheid sei er in seinem Recht auf Berufsausübung verletzt, da seine Tätigkeit in der genannten Firma seine einzige Erwerbsquelle darstelle.

Gemäß § 91 Abs. 2 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Gewerbetreibende eine juristische Person oder eine Personengesellschaft des Handelsrechtes ist und sich die im § 87 angeführten Entziehungsgründe sinngemäß auf eine natürliche Person beziehen, der ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte zusteht, dem Gewerbetreibenden eine Frist bekannt zu geben, innerhalb der der Gewerbetreibende diese Person zu entfernen hat. Hat der Gewerbetreibende die genannte natürliche Person innerhalb der gesetzten Frist nicht entfernt, so hat die Behörde im Falle, dass der Gewerbetreibende der Gewerbeinhaber ist, die Gewerbeberechtigung zu entziehen, und im Falle, dass der Gewerbetreibende der Pächter ist, die Übertragung der Ausübung des Gewerbes an den Pächter zu widerrufen.

Nach § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung von der Behörde zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwer wiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Nach dem Schlusssatz des § 87 Abs. 1 sind Schutzinteressen gemäß Z. 3 insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornografie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen allein auf Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung.

Im vorliegenden Verfahren ist unbestritten, dass gegen die Beschwerdeführerin eine Aufforderung im Sinne des § 91 Abs. 2 leg. cit. ergangen ist und die Beschwerdeführerin innerhalb der ihr gesetzten Frist die von der Behörde genannte Person nicht entfernt hat. Unbestritten ist auch, dass dieser Person ein maßgebender Einfluss auf den Betrieb der Geschäfte der Beschwerdeführerin zusteht. Bekämpft wird von der Beschwerdeführerin aber die Rechtsansicht der belangten Behörde, auf diese Person treffe der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 zu.

Soweit die Beschwerdeführerin in diesem Zusammenhang der belangten Behörde zunächst Verletzungen von Verfahrensvorschriften durch die Unterlassung einer Einholung der Stellungnahme der zuständigen Gliederung der Landeskammer und des Vorhaltes einer weiteren Verurteilung zur Last legt, ist sie vorweg auf die Bestimmung des § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG zu verweisen, aus der sich ergibt, dass nicht jede der Behörde unterlaufene Verletzung von Verfahrensvorschriften zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof zu führen hat, sondern nur solche, bei deren Vermeidung die Behörde zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Ist letzteres nicht offenkundig, ist es Sache des Beschwerdeführers, diese Relevanz in der Beschwerde durch Bekanntgabe jener entscheidenden Tatsachen darzulegen, die der Behörde wegen dieser Unterlassung unbekannt geblieben sind (vgl. die in Walter/Thienel, Die österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetze2, I, § 45 E 536, zitierte zahlreiche hg. Judikatur). Da dies in der vorliegenden Beschwerde nicht geschehen ist, ist das diesbezügliche Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht geeignet, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzustellen.

Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich aber auch der Rechtsansicht der Beschwerdeführerin, auf ihren Geschäftsführer treffe der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 nicht zu, nicht anzuschließen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargelegt hat, kann das im § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 enthaltene Tatbestandselement der "schwer wiegenden Verstöße", wie auch die Beschwerdeführerin nicht verkennt, nicht nur durch an sich als schwer wiegend zu wertende Verstöße erfüllt werden, sondern auch durch eine Vielzahl geringfügiger Verletzungen der im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften. Anders als beim Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 bedarf es auch bei der Prüfung, ob der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z. 3 leg. cit. erfüllt ist, keiner Beurteilung des Persönlichkeitsbildes des Gewerbeinhabers, weil nach der Regelung dieser Gesetzesstelle sich die mangelnde Zuverlässigkeit für die Ausübung des Gewerbes als zwingende Rechtsvermutung aus den dort genannten schwer wiegenden Verstößen ergibt (vgl. z. B. das hg. Erkenntnis vom 14. April 1999, Zl. 99/04/0001).

Entgegen dem Beschwerdevorbringen steht daher der Umstand, dass es sich, wie die Beschwerdeführerin meint, beim Großteil der in Rede stehenden Straferkenntnisse um Verurteilungen wegen Verletzungen von bloßen Ordnungsvorschriften handle, keineswegs der Annahme der belangten Behörde entgegen, es seien die Tatbestandsvoraussetzungen des § 87 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 erfüllt. Das gleiche gilt für den von der Beschwerdeführerin aufgezeigten (nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes verhältnismäßig kurzen) Zeitraum, der seit der letzten Verurteilung verstrichen ist.

Schließlich bietet das Gesetz auch keinen Raum, bei Beurteilung der Voraussetzungen der Entziehung der Gewerbeberechtigung auf die Existenzsicherung davon betroffener Personen Bedacht zu nehmen.

Da somit schon das Vorbringen in der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nicht öffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:2000040061.X00

Im RIS seit

20.11.2000
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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