Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Hon.-Prof. Dr. Lovrek als Vorsitzende, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solè sowie den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. K***** O*****, vertreten durch Dr. Michael Göbel Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A*****Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Dr. Franz Schöberl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 10.390,65 EUR sA und Feststellung (Streitwert: 1.000 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. September 2017, GZ 35 R 206/17d-32, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Hietzing vom 14. Juni 2017, GZ 6 C 539/16v-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 252,31 EUR (darin 42,05 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Am 26. 8. 2015 ereignete sich auf der A 1 ein Auffahrunfall, an dem neben weiteren Fahrzeuglenkern der Kläger und W***** J***** als Lenker ihrer Pkw beteiligt waren. Die beklagte Partei ist der Haftpflichtversicherer des von W***** J***** gelenkten Fahrzeugs. In dritter Instanz ist nicht mehr strittig, dass die beklagte Partei für ein Verschulden des bei ihr haftpflichtversicherten Lenkers im Ausmaß von zwei Dritteln einzustehen hat.
Der Kläger erlitt als Folge des Unfalls eine Schädelprellung, eine Abschürfung im Stirnbereich, einen oberen Deckplatteneinbruch des siebenten Brustwirbelkörpers und ein Knochenmarksödem des achten Brustwirbelkörpers. Daneben entstand wirtschaftlicher Totalschaden am Fahrzeug des Klägers sowie weiterer Sachschaden.
Die beklagte Partei anerkannte mit Schreiben vom 11. 1. 2016 ihre Haftung aus dem Verkehrsunfall zu zwei Dritteln und leistete auf dieser Basis eine vorprozessuale Zahlung an den Kläger.
Mit der am 3. 8. 2016 beim Erstgericht eingebrachten Klage begehrte der Kläger, damals noch auf Basis des Alleinverschuldens seines Unfallgegners, die Zahlung weiterer 10.395,60 EUR sA. Außerdem begehrte er festzustellen, dass ihm die beklagte Partei für sämtliche zukünftige, derzeit noch nicht bekannte Schäden aus dem Unfall vom 26. 8. 2015, beschränkt auf die Haftpflichtsumme aus dem für das gegnerische Fahrzeug bestehenden Versicherungsvertrag, hafte.
Sein – den alleinigen Gegenstand des Revisionsverfahrens bildendes – Feststellungsinteresse begründete der Kläger damit, dass aufgrund der unfallskausalen Verletzungen Spätschäden nicht auszuschließen seien. Trotz Aufforderung habe die beklagte Partei ihre Haftung für zukünftige Schäden nicht anerkannt.
Die beklagte Partei bestritt die geltend gemachten Ansprüche. Dem Feststellungsbegehren hielt sie entgegen, dass die unfallskausalen Verletzungen folgenlos ausgeheilt und Spät- sowie Dauerfolgen ausgeschlossen seien.
Das Erstgericht gab dem Zahlungsbegehren mit 240 EUR sA statt und wies das Zahlungsmehrbegehren von 10.150,65 EUR sA sowie das Feststellungsbegehren zur Gänze ab.
Soweit noch wesentlich stellte es fest, es seien keine unfallskausalen Dauerfolgen eingetreten. Unfallskausale Spätfolgen oder Spätschäden seien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen.
Aufgrund dieser Feststellungen verneinte es das Feststellungsinteresse des Klägers.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und ließ die ordentliche Revision vorerst nicht zu.
Zum fehlenden Feststellungsinteresse des Klägers führte es aus, dass in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in der Regel eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit einer absoluten Sicherheit gleich gehalten werde (2 Ob 162/05w; 4 Ob 232/06f), auch wenn auf diese Nuancierung nicht in jedem höchstgerichtlich entschiedenen Fall eingegangen worden sei (zB 2 Ob 30/08p). Der Verweis des Klägers auf die Entscheidung 7 Ob 149/06x sei nicht einschlägig, weil dort Dauerfolgen verblieben seien und lediglich künftige darüber hinausgehende Schäden mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen hätten werden können. Auch angesichts einer gewissen Kasuistik in den einzelnen Formulierungen sei die Abweisung des Feststellungsbegehrens „nicht unrichtig“ und jedenfalls „in der Bandbreite des oberstgerichtlichen Entscheidungsspektrums“ gelegen.
Nachträglich erklärte das Berufungsgericht die ordentliche Revision im Hinblick auf die im Abänderungsantrag „aufgezeigte Divergenz in der jüngeren Rechtsprechung“ doch für zulässig.
Gegen die Entscheidung des Berufungsgerichts richtet sich die Revision des Klägers, nach deren insoweit eindeutigem Inhalt er – entgegen dem verfehlten Rechtsmittelantrag – (nur noch) die Stattgebung seines Feststellungsbegehrens im Umfang von zwei Dritteln begehrt. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung die Revision als unzulässig zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, weil es einer Klarstellung der Rechtslage durch den Obersten Gerichtshof bedarf. Das Rechtsmittel ist jedoch nicht berechtigt.
Der Kläger macht geltend, nach der jüngeren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei das Feststellungsinteresse nur dann zu verneinen, wenn zukünftige Schäden „schlechthin und absolut“ auszuschließen seien. Diese Voraussetzung treffe nicht zu, wenn nur eine „an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit“ bestehe, dass keine weiteren Schäden eintreten würden.
Hiezu wurde erwogen:
1. In ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wird das Feststellungsinteresse iSd § 228 ZPO schon dann bejaht, wenn nur die Möglichkeit künftiger Unfallschäden besteht (RIS-Justiz RS0038865, RS0038971, RS0038976, RS0039018). Am Feststellungsinteresse fehlt es demnach dann, wenn weitere Schäden aus dem im Feststellungsbegehren bezeichneten Ereignis ausgeschlossen werden können (2 Ob 157/00b uva; zuletzt etwa 1 Ob 219/16m). Zuletzt hat der Oberste Gerichtshof mehrfach verdeutlichend ausgesprochen, dass der Ausschluss „schlechthin und absolut“ zu sein hat (7 Ob 149/06x; 3 Ob 57/07i; 9 ObA 22/10s; 4 Ob 14/16m; vgl auch 2 Ob 58/07d: „gänzlich und mit Bestimmtheit“).
2. An einem Feststellungsinteresse fehlt es zwar auch dann, wenn ein konstitutives Anerkenntnis des Schädigers bzw seines Haftpflichtversicherers dem Geschädigten „alles das zu bieten vermag, was auch ein Feststellungsurteil bieten könnte“ (2 Ob 157/00b mwN; Danzl in Danzl/Gutiérrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld10 318 f). Diese Voraussetzung liegt hier jedoch nicht vor, weil das von der beklagten Partei mit dem Schreiben vom 11. 1. 2016 (Beilage ./A) erklärte Anerkenntnis nicht auch die Haftung für alle künftig aus der schädigenden Handlung entstehenden Unfallschäden umfasst (vgl 7 Ob 588/91; 2 Ob 113/97z; RIS-Justiz RS0034315). Im Prozess hat die beklagte Partei das Feststellungsinteresse demgemäß nur mit der Behauptung bestritten, dass das Entstehen künftiger Unfallschäden ausgeschlossen sei. Anders als in der Entscheidung 2 Ob 100/97p kommt deshalb eine Auslegung ihres Anerkenntnisses dahin, dass damit auch die Haftung für künftige Schäden bezweckt gewesen sei, nicht in Betracht. Entgegen der in der Revisionsbeantwortung vertretenen Auffassung erübrigt nicht schon das Anerkenntnis das Eingehen auf die vom Berufungsgericht gestellte Rechtsfrage.
3. Vor dem Hintergrund der in Punkt 1 wiedergegebenen einhelligen und insoweit auch klaren Rechtsprechung hatte der Oberste Gerichtshof in zahlreichen Fällen die – in der Regel auf dem Gutachten eines Sachverständigen beruhenden und meist auch dessen Diktion folgenden – Feststellungen der Vorinstanzen dahin auszulegen, ob danach die Möglichkeit künftiger Unfallschäden ausgeschlossen ist oder nicht. Aus der terminologischen Vielfalt entwickelte sich dabei eine Kasuistik, die mittlerweile schwer überschaubar geworden und der Rechtssicherheit abträglich ist.
So wurde das Feststellungsinteresse vom Obersten Gerichtshof etwa dann bejaht, wenn nach den Feststellungen der Vorinstanzen „Spät- und Dauerfolgen nicht zu erwarten“ waren oder mit künftigen Unfallschäden „nicht zu rechnen“ war (zB 7 Ob 87/07f mwN; 3 Ob 28/15m), sich „mit höchster medizinischer Wahrscheinlichkeit keine Komplikationen ergeben werden“ (2 Ob 83/09h) oder Spätfolgen (bloß) „mit größter Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden konnten (9 ObA 22/10s). Waren hingegen künftige Unfallschäden etwa „mit Bestimmtheit“ (2 Ob 34/06y) oder „mit der in der Medizin möglichen Sicherheit“ (2 Ob 30/08p) auszuschließen, wurde das Feststellungsinteresse verneint (weitere Beispiele bei Greiter, Zukünftige Schäden bei einem Unfall – Wann hat eine Feststellungsklage Aussicht auf Erfolg? AnwBl 2011, 368; vgl auch die Übersichten bei Danzl/Fucik, Das Klagebegehren im Verkehrsunfallprozess, ÖJZ 2013/13, 101 [103]; Danzl in Danzl/Gutiérrez-Lobos/Müller, Schmerzengeld10 317; Frauenberger-Pfeiler in Fasching/Konecny³ III/1 § 228 Rz 101).
4. Hinter all diesen Entscheidungen stand die auf den konkreten Einzelfall bezogene rechtliche Wertung, ob aus den jeweiligen Feststellungen der Ausschluss künftiger Unfallfolgen abgeleitet werden kann oder eben nicht. Das gilt auch für die hier strittige Formulierung, wonach künftige Unfallfolgen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen“ sind. Der Oberste Gerichtshof hat in seiner bisherigen Rechtsprechung aus solchen oder ähnlichen Feststellungen – wieder abhängig von den Umständen des Einzelfalls – folgende Schlüsse gezogen:
4.1 In 2 Ob 429/65 ZVR 1966/249 wurde trotz Vorliegens einer derartigen Feststellung das Feststellungsinteresse mit der Begründung bejaht, dass im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz noch die Nachbehandlung eines Knochenbruchs ausständig war, deren Verlauf niemals mit Bestimmtheit vorhergesagt werden könne (vgl auch RIS-Justiz RS0038906).
4.2 In der unveröffentlichten Entscheidung 2 Ob 358/70 (= RIS-Justiz RS0038862) lautete die Feststellung: „Spätfolgen bzw eine unfallskausale Wiedererkrankung sind nicht auszuschließen, werden jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht eintreten.“ Der Oberste Gerichtshof bejahte das Feststellungsinteresse, weil die Ergebnisse des Sachverständigen nicht zum „ausreichenden Ausschluss“ von Spätfolgen geführt habe.
4.3 Nach dem der Entscheidung 2 Ob 2087/96t zugrunde gelegenen Sachverhalt fehlte eine entsprechende Feststellung, weshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen über das Feststellungsbegehren aufgehoben wurden. Der Oberste Gerichtshof hielt in seiner Begründung dazu fest, dass das Feststellungsinteresse auch dann bejaht werde, wenn die Möglichkeit eines künftigen Schadenseintritts nicht ausgeschlossen werden könne. Voraussetzung sei daher, dass künftige, aus dem Unfall resultierende Schäden „nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen“ seien.
4.4 In der Entscheidung 2 Ob 162/05w ZVR 2006/222 (Huber), auf die sich im vorliegenden Fall das Berufungsgericht stützte, ging es wie auch hier um die Feststellung, dass Spätfolgen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen“ seien. Der Oberste Gerichtshof billigte im Rahmen der Zurückweisung einer ordentlichen Revision die Verneinung des Feststellungsinteresses durch die Vorinstanzen. Aus der besagten Feststellung ergebe sich mit ausreichender Sicherheit, dass künftige Schäden zu verneinen seien. Dazu verwies der Senat auf das dieser Feststellung zugrunde gelegte erhöhte Beweismaß und auf die Entscheidung 2 Ob 2087/96t.
4.5 Der nur wenige Monate später ergangenen Entscheidung 4 Ob 46/06b ZVR 2007/5 (Danzl), auf die sich der Kläger in seinem Rechtsmittel vorrangig beruft, lag zwar die Feststellung zugrunde, dass „aus medizinischer Sicht keine Hinweise auf Spätfolgen“ vorlägen. Nach dem Gutachten des Sachverständigen waren aber Spät- und Dauerfolgen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten“ gewesen. Der Oberste Gerichtshof verwies auf die Rechtsprechung, wonach Fälle, in denen künftige Schäden (bloß) „nicht zu erwarten“ seien, jenen nicht gleichgehalten werden könnten, in denen der Eintritt künftiger Schäden „ausgeschlossen“ werde. Gleiches müsse „naturgemäß“ auch dann gelten, wenn eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit bestehe, dass kein weiterer Schaden eintreten werde. Davon ausgehend billigte der 4. Senat die Bejahung des Feststellungsinteresses durch das Berufungsgericht und wies die Revision zurück.
4.6 In 2 Ob 58/07d ZVR 2008/225 (Kathrein) wurde in einem Fall, in dem psychische Folgeschäden „nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen“ werden konnten, das Feststellungsinteresse bejaht (ebenso 8 Ob 15/15m).
4.7 In der Entscheidung 1 Ob 218/09d hatte der Oberste Gerichtshof die Feststellung zu beurteilen, wonach künftige Schmerzen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zu erwarten“ seien. Er vertrat die Ansicht, dass aufgrund der vom Erstgericht gewählten Diktion Spätfolgen nicht „mit der in der Medizin möglichen Sicherheit ausgeschlossen“ seien und der Geschädigten das Feststellungsinteresse daher nicht abzusprechen sei.
4.8 Erst jüngst wurde in der Entscheidung 8 Ob 138/17b die Verneinung des Feststellungsinteresses in einem Fall gebilligt, in welchem zwar eine Dauerfolge vorlag, jedoch feststand, dass unfallskausale Spätfolgen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könnten. Die Revision des Klägers wurde zurückgewiesen.
4.9 Schließlich gibt der Oberste Gerichtshof in Anlehnung an 2 Ob 162/05w die Rechtslage in zahlreichen jüngeren Entscheidungen (meist obiter) dahin wieder, dass ein Feststellungsinteresse dann zu bejahen sei, wenn „ein künftiger Schadenseintritt nicht mit Sicherheit (oder mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit) auszuschließen“ sei (vgl 4 Ob 232/06f; 2 Ob 7/08f; 9 ObA 22/10s; 7 Ob 31/15g; 7 Ob 73/16k).
5. Für die Lösung des vorliegenden Falls ist nun die Frage bedeutsam, ob die soeben wiedergegebene Rechtsprechung, die für die Verneinung des Feststellungsinteresses auch den mit einer „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ feststellbaren Ausschluss künftiger Unfallfolgen genügen lässt, zu derjenigen, nach der dieser Ausschluss „schlechthin und absolut“ bzw „gänzlich und bestimmt“ sein müsse (siehe Punkt 1.), in einem tatsächlichen oder nur in einem scheinbaren Widerspruch steht. Nach Auffassung des Senats trifft letzteres zu. Für diesen Befund sind nach neuerlicher Prüfung der Rechtslage folgende Erwägungen maßgeblich:
5.1 Die dargestellte Rechtsprechung veranschaulicht sehr deutlich, dass sich schon feine sprachliche Differenzierungen in den Tatsachenfeststellungen auf die Beurteilung des Feststellungsinteresses entscheidend auswirken können. Die Appelle von Danzl (in ZVR 2007/5, 26) und Huber (in ZVR 2006/222, 534) an die Tatsacheninstanzen, die Sachverständigen zu klaren und eindeutigen Aussagen anzuhalten und erforderlichenfalls auf Verdeutlichung zu dringen, sind daher verständlich und richtig, treffen aber nicht ganz den Kern des Problems. Denn es liegt allein an den Tatsacheninstanzen, ihre Feststellungen klar und eindeutig zu formulieren.
5.2 Wie eingangs dargelegt, kommt es für das Feststellungsinteresse nur darauf an, ob künftige Unfallfolgen ausgeschlossen werden können oder nicht. Dabei handelt es sich um eine Tatfrage. Grundlage für die Feststellungen der Tatsacheninstanzen sind in der Regel die von den Sachverständigen in ihren Gutachten geäußerten Prognosen, mit welcher Wahrscheinlichkeit künftige Unfallschäden eintreten werden oder auszuschließen sind. Es ist die Aufgabe der Tatsacheninstanzen, aufgrund dieser Prognose die notwendigen Schlüsse zu ziehen und eine eindeutige Feststellung dahin zu treffen, ob der Eintritt künftiger Unfallfolgen ausgeschlossen ist oder nicht. Die wörtliche Wiedergabe der Prognose in den Feststellungen wird dieser Anforderung, wie die angeführten Beispiele belegen, hingegen häufig nicht gerecht.
5.3 Lautet die Prognose dahin, dass künftige Unfallfolgen „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ ausgeschlossen werden können, und wird sie als Tatsachenfeststellung wörtlich wiedergegeben, rechtfertigt dies deren Auslegung im Sinne des Ausschlusses künftiger Schäden. Denn Tatsachenfeststellungen können (auch) im Zivilprozess niemals mit absoluter Sicherheit getroffen werden. Der Beweis der höchsten, an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ist folglich dem vollen Beweis gleichgestellt (8 Ob 138/17b mwN). Soweit aus der Entscheidung 4 Ob 46/06b anderes abgleitet werden könnte, wird diese Auffassung vom erkennenden Senat nicht geteilt.
6. Für den vorliegenden Fall ist daraus zu folgern, dass der Eintritt künftiger Unfallfolgen auf Tatsachenebene ausgeschlossen wurde. Dies hätte zwar mit einer entsprechenden Feststellung klarer zum Ausdruck gebracht werden können. Dessen ungeachtet haben aber die Vorinstanzen auch auf der Grundlage der tatsächlich getroffenen Feststellung das Feststellungsinteresse des Klägers im Einklang mit der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs verneint.
7. Zusammenfassend ist festzuhalten:
Der mit einer „an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit“ festgestellte Ausschluss künftiger Unfallfolgen ist der Feststellung des („gänzlichen“ oder „absoluten“) Ausschlusses gleichzuhalten. Eine derartige Feststellung bedeutet kein Minus gegenüber einem „absoluten“ Ausschluss. Dies könnte ohne wörtliche Übernahme der Diktion des Sachverständigen mit einer (bloß) auf Ausschluss lautenden Tatsachenfeststellung verdeutlicht werden. Denn es kommt für das Feststellungsinteresse nur darauf an, ob die Möglichkeit künftiger Schäden ausgeschlossen ist oder nicht.
8. Die Revision des Klägers muss daher erfolglos bleiben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.
Textnummer
E121359European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2018:0020OB00011.18H.0322.000Im RIS seit
11.05.2018Zuletzt aktualisiert am
10.12.2019