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L34009 Abgabenordnung Wien;Norm
BAO §80 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Hargassner und Mag. Heinzl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde der E in H, vertreten durch Mag. Norbert Abel und Mag. Johanna Abel-Winkler, Rechtsanwälte in Wien I, Franz-Josefs-Kai 49/19, gegen den Bescheid der Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien vom 25. Februar 1997, Zl MD-VfR - S 56/96, betreffend Haftung gemäß § 7 Abs 1 WAO, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat der Stadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin im Instanzenzug gemäß § 7 Abs 1 WAO i.V.m. § 54 Abs 1 leg. cit als Geschäftsführerin der S. GmbH für Abgabenschulden (Dienstgeberabgabe 10-11/1994, Kommunalsteuer 9/1994 und Säumniszuschlag) dieser Gesellschaft im Gesamtbetrag von S 43.411,-- zur Haftung herangezogen.
In der Begründung des angefochtenen Bescheides brachte die belangte Behörde im Hinblick auf die am 23. Dezember 1994 erfolgte Konkurseröffnung über das Vermögen der S. GmbH "in Erinnerung", dass gemäß § 7 Abs 1 WAO für die Geltendmachung der Haftung lediglich eine erschwerte Einbringlichmachung des Abgabenrückstandes erforderlich sei, wovon bei einem anhängigen Konkursverfahren ex lege ausgegangen werden dürfe. Die vorgelegten Unterlagen seien zwar keine Liquiditätsaufstellungen für den Haftungszeitraum, aber zur Feststellung geeignet gewesen, dass bis zur Konkurseröffnung Forderungen an Dritte berichtigt worden seien, die aushaftenden Abgaben hingegen nicht. Dadurch sei der Gleichbehandlungsgrundsatz des § 7 WAO schuldhaft verletzt worden. Der Vertreter brauche zwar vorhandene Mittel nicht in erster Linie zur Begleichung der Abgabenschulden zu verwenden, er dürfe aber auch den Abgabengläubiger nicht schlechter behandeln als andere Gläubiger. Reichten die Geldmittel zur Deckung aller fälliger Verbindlichkeiten nicht aus, müssten alle Verbindlichkeiten anteilig im gleichen Verhältnis erfüllt werden. Habe der Vertreter schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so dürfe die Abgabenbehörde davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit gewesen sei. Die Beschwerdeführerin habe im Verfahren keinen Nachweis erbracht, dass ihr die Erfüllung der abgabenrechtlichen Pflichten unmöglich gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 7 Abs 1 WAO (in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der Novelle LGBl Nr 40/1992) haften die in den §§ 54 ff WAO bezeichneten Vertreter und sonstigen Verpflichteten neben den Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern und sonstigen Verpflichteten auferlegten Pflichten, sei es abgabenrechtlicher oder sonstiger Pflichten, bei den Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden können, insbesondere im Falle der Konkurseröffnung.
Nach § 54 Abs 1 WAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Rechte zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.
Zu den im § 54 Abs 1 WAO genannten Personen gehören auch die Geschäftsführer von Gesellschaften mit beschränkter Haftung, die die Gesellschaft gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten haben (siehe z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Juni 1990, 89/15/0159).
Im Beschwerdefall ist das Bestehen der Abgabenforderungen und die Stellung der Beschwerdeführerin als Geschäftsführerin der S. GmbH unbestritten. Auch die erschwerte Einbringlichkeit der Abgabenforderungen in dem im angefochtenen Bescheid angeführten Umfang infolge Konkurses der Primärschuldnerin wird von der Beschwerdeführerin nicht in Zweifel gezogen.
Die belangte Behörde weist zutreffend darauf hin, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Aufgabe des Geschäftsführers ist, darzutun, weshalb er nicht dafür Sorge habe tragen können, dass die Gesellschaft die angefallenen Abgaben entrichtet hat, widrigenfalls von der Abgabenbehörde eine schuldhafte Pflichtverletzung angenommen werden darf. Hat der Geschäftsführer schuldhaft seine Pflicht verletzt, für die Abgabenentrichtung aus den Mitteln der Gesellschaft zu sorgen, so darf die Abgabenbehörde auch davon ausgehen, dass die Pflichtverletzung Ursache für die Uneinbringlichkeit war. Der Geschäftsführer haftet für nicht entrichtete Abgaben der Gesellschaft auch dann, wenn die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, es sei denn, er weist nach, dass diese Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Widrigenfalls haftet der Geschäftsführer für die in Haftung gezogene Abgabe zur Gänze (vgl. beispielsweise die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1986, 84/13/0198, vom 30. Mai 1989, 89/14/0043 und 89/14/0044, sowie vom 29. April 1994, 93/17/0395, vom 3. November 1994, 93/15/0010, und vom 19. Februar 1997, 96/13/0079).
Einen von der belangten Behörde zu vertretenden Ermittlungsmangel hinsichtlich der Höhe einer allfälligen Quote rügt die Beschwerdeführerin zu Unrecht, weil sie sich mit ihrer Ansicht, dass sie - wenn überhaupt - nur zur Haftung für eine entsprechende Quote herangezogen werden könne, mit der angeführten Rechtslage und der darauf beruhenden Rechtsprechung in Widerspruch befindet. Es geht daher auch das Vorbringen, die belangte Behörde habe es verabsäumt, von Amts wegen an Hand der ihr vorliegenden oder weiterer von der Masseverwalterin erhältlicher Unterlagen, wie etwa des Anmeldeverzeichnisses, die Höhe einer Quote zu ermitteln, unabhängig davon ins Leere, ob aus den genannten Unterlagen eine entsprechende Quote überhaupt zu ermitteln gewesen wäre. Der Vertreter haftet für den Fall, dass die zur Verfügung stehenden Mittel zur Entrichtung aller Verbindlichkeiten der Gesellschaft nicht ausreichen, wie ausgeführt, nur dann nicht, wenn er nachweist, dass die zur Verfügung stehenden Mittel anteilig für die Begleichung aller Verbindlichkeiten verwendet wurden. Auch daraus ergibt sich, dass das Erfordernis zur Errechnung einer entsprechenden Quote auf dem Vertreter, nicht aber auf der Behörde lastet.
Soweit die Beschwerdeführerin vorbringt, nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes setze eine auf § 7 und § 54 "BAO" (gemeint wohl WAO) gestützte Haftungsinanspruchnahme voraus, dass die rückständigen Abgaben beim Abgabenschuldner objektiv uneinbringlich seien, übersieht sie, obwohl die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid dies ausdrücklich "in Erinnerung brachte", dass § 7 Abs 1 WAO in der Fassung der Novelle LGBl Nr 40/1992 nicht mehr - wie nach dieser gesetzlichen Bestimmung vor der Novelle und nach § 9 BAO - die Uneinbringlichkeit als eine Voraussetzung für die Heranziehung zur Haftung normiert, sondern lediglich, dass die Abgabe beim Abgabepflichtigen nicht ohne Schwierigkeiten eingebracht werden kann, wobei als Beispielsfall erschwerter Einbringung die Einbringung nach Konkurseröffnung ausdrücklich angeführt wird. Dass eine erschwerte Einbringlichkeit ungeachtet des anhängigen Konkursverfahrens im Beschwerdefall nicht gegeben sei, behauptet die Beschwerdeführerin selbst nicht.
Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
Wien, am 22. März 2000
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997130080.X00Im RIS seit
20.11.2000