Entscheidungsdatum
01.03.2018Norm
BAO §4 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch den Richter Hofrat Mag. Hubmayr über die Beschwerde der A GmbH, vertreten durch die KWR Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in ***, vom 14. September 2017 gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 3. August 2017, Aktenzeichen 1310-9/1304002, mit welchem eine Berufung gegen einen Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 2. Februar 2016, Aktenzeichen 131-9/1304002, betreffend die Vorschreibung einer Stellplatz-Ausgleichsabgabe, als unbegründet abgewiesen wurde, zu Recht:
1. Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** dahingehend abgeändert, dass der Bescheid des Bürgermeisters vom 2. Februar 2016, Zl. 131-9/1304002, aufgehoben wird.
2. Gegen dieses Erkenntnis ist eine Revision nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe
1. Sachverhalt und verwaltungsbehördliches Verfahren:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 20. Juni 2013, Aktenzeichen 1310-9/1304002, wurde der A GmbH (in der Folge: Beschwerdeführerin) aufgrund eines Bauansuchens vom 13. Mai 2013 die baubehördliche Bewilligung für den Umbau und die Sanierung des bestehenden Gebäudes durch Ausbau und Zubau des Dachgeschoßes in ***, *** auf dem Grundstück Nr. ***, EZ ***, KG ***, erteilt. Der Spruch dieses Bescheides enthält eine Wiedergabe der Projektsbeschreibung.
Im Auflagepunkt 23 wird der Beschwerdeführerin aufgetragen, hinsichtlich der erforderlichen Pflichtstellplätze für das Bauvorhaben „spätestens bei der Fertigstellungsmeldung eine grundbücherliche Sicherstellung der Parkplätze in 300 m Fußwegentfernung vorzulegen. Sollte diese nicht vorgelegt werden ist eine Stellplatzausgleichsabgabe für 6 Stellplätze zu leisten.“
Der Bescheid enthält jedoch keine Feststellungen gemäß § 63 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 über die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin nachweislich am 28. Juni 2013 zugestellt und ist in Rechtskraft erwachsen.
Mit Schreiben vom 27. Oktober 2015 teilte die Beschwerdeführerin der Baubehörde mit, dass sie eine Trennfläche des Grundstückes Nr. ***, KG ***, angekauft habe. Diese Trennfläche werde mit dem Baugrundstück vereinigt und biete ausreichend Platz um darauf die erforderliche Zahl von 9 Kfz-Abstellflächen anzuordnen. Da die erforderlichen Stellplätze somit selbst geschaffen werden konnten, werde ersucht, von der Vorschreibung einer Stellplatzausgleichsabgabe abzusehen.
Am 29. Oktober 2015 brachte die Beschwerdeführerin die Fertigstellungsanzeige samt den erforderlichen Beilagen für das mit dem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 20. Juni 2013, Aktenzeichen 1310-9/1304002, bewilligte Bauvorhaben bei der Baubehörde ein.
Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 25. November 2015 wurde der Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die Stellplätze zwar hergestellt, aber nicht genutzt werden könnten. Dafür sei zumindest ein Fahr- und Leitungsrecht über das Grundstück Nr. *** erforderlich, welches grundbücherlich sicherzustellen sei. Es sei daher die Vorlage entsprechender Nachweise erforderlich. Dafür wurde eine Frist bis 31. Jänner 2016 eingeräumt.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 2. Februar 2016, Aktenzeichen 131-9/1304002, wurde der Beschwerdeführerin „auf Grund der im Baubewilligungsbescheid vom 20.06.2013 gemäß § 63 Abs. 3 vorgeschriebenen Anzahl von 6 erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätzen für das Bauvorhaben in ***, ***, eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe von € 23.280,00 vorgeschrieben.“
Es sei dem Bauwerber mit dem Schreiben vom 25. November 2015 die Möglichkeit eingeräumt worden, die Nutzbarkeit der in den Einreichunterlagen dargestellten Stellplätze nachzuweisen.
Die Abgabenhöhe richte sich nach der Anzahl von sechs der im Baubewilligungsbescheid festgestellten nicht herstellbaren Stellplätze, vervielfacht mit dem vom Gemeinderat beschlossenen Satz für einen Abstellplatz.
Mit Schreiben vom 8. März 2016 erhob die Beschwerdeführerin Berufung gegen diesen Abgabenbescheid. Es entspreche nicht den Tatsachen, dass die erforderlichen sechs Stellplätze nicht herstellbar wären, sie würden durch Zukauf eines Teiles der Nachbarliegenschaft und den Abbruch von Bestandsgebäuden bereits geschaffen. Mit dem Eigentümer des Nachbargrundstücks bestehe Einvernehmen betreffend die Überfahrt. Bereits jetzt würden diese Parkplätze in der Praxis genutzt. Lediglich die Abwicklung des Grundbuchsverfahrens sei noch nicht abgeschlossen, mit einer Erledigung sei jedoch innerhalb der nächsten Monate zu rechnen. Da das Verfahren bereits vor dem 1. Februar 2015 anhängig gewesen sei, sei gemäß § 70 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 zu Unrecht die NÖ Bauordnung 2014 angewendet worden.
Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 18. August 2016 wurde der Beschwerdeführerin eine weitere Frist bis 30. Oktober 2016 eingeräumt „zur Erbringung der erforderlichen Unterlagen als Nachweis der Nutzbarkeit der errichteten Stellplätze“.
Mit Schreiben vom 28. Oktober 2016 teilte die Beschwerdeführerin mit, dass sie derzeit noch außerbücherlicher Eigentümer einer ans Baugrundstück unmittelbar anschließenden 308 m² großen Trennfläche vom Nachbargrundstück sei, zum Nachweis wurden Kaufvertrag und eine Vermessungsurkunde vorgelegt. Auf dieser Fläche würden 10 Parkplätze errichtet. Zur Nutzung dieser Parkplätze sei eine Überfahrt über das Grundstück *** erforderlich, mit dessen Eigentümer eine Servitutsvereinbarung abgeschlossen worden sei, welche ebenfalls vorgelegt wurde.
Mit Schreiben des Bürgermeisters vom 23. Februar 2017 wurde die Beschwerdeführerin „letztmalig“ aufgefordert, die erforderlichen Unterlagen als Nachweis der Nutzbarkeit der errichteten Stellplätze bis Ende April 2017 vorzulegen.
Mit Schreiben vom 10. Mai 2017 ersuchte die Beschwerdeführerin, die erforderlichen Stellplätze als hergestellt zu betrachten und der Berufung gegen die Stellplatzabgabe stattzugeben. Die Parkplätze seien bereits geschaffen. Die Servitutsvereinbarung sowie der Auftrag an den Notar zur grundbücherlichen Durchführung wurden vorgelegt.
Die Berufung vom 8. März 2016 gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters vom 2. Februar 2016 wurde vom Stadtrat der Stadtgemeinde *** in seiner Sitzung vom 10. Mai 2017 behandelt. Dabei wurde vom Stadtrat beschlossen, die Berufung abzuweisen.
Mit dem aufgrund dieses Beschlusses ausgefertigten, nunmehr angefochtenen Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 3. August 2017, Aktenzeichen 1310-9/1304002, wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 2. Februar 2016 abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass die Stellplatzausgleichsabgabe bereits aufgrund der Baubewilligung zwingend vorzuschreiben sei. Bereits im Baubewilligungsbescheid seien die nicht herstellbaren 6 Pkw-Stellplätze in der Auflage 23 definiert. Bereits bei Erteilung der Baubewilligung hätten grundbücherlich sichergestellte Stellplätze in maximal 300 m Fußwegentfernung vorliegen müssen. Eine Wahlmöglichkeit zwischen Abgabe und späterer Herstellung der Stellplätze sei gesetzlich nicht vorgesehen. Daran könne auch die nachträgliche Vorlage der grundbücherlichen Sicherstellung der Zufahrt zu den Stellplätzen nichts ändern.
Mit Schriftsatz vom 14. September 2017 brachte die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Rechtsvertretung die Beschwerde gegen den Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** ein und beantragte dessen Aufhebung.
Die Beschwerde wurde dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich unter Anschluss des bezughabenden Verwaltungsaktes am 25. Oktober 2017 zur Entscheidung vorgelegt.
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den vorgelegten, unbedenklichen Verwaltungsakt.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 279. (1) Außer in den Fällen des § 278 hat das Verwaltungsgericht immer in der Sache selbst mit Erkenntnis zu entscheiden. Es ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung seine Anschauung an die Stelle jener der Abgabenbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, aufzuheben oder die Bescheidbeschwerde als unbegründet abzuweisen.
…
2.2. NÖ Bauordnung 1996:
§ 2 Zuständigkeit
(1) Baubehörde erster Instanz ist
* der Bürgermeister
* der Magistrat (in Städten mit eigenem Statut)
Baubehörde zweiter Instanz ist
* der Gemeindevorstand (Stadtrat)
* der Stadtsenat (in Städten mit eigenem Statut)
(örtliche Baupolizei)
…
§ 41 Stellplatz-Ausgleichsabgabe
(1) Wird von der Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge (§ 63 Abs. 1) abgesehen, dann hat der Bauherr oder der Eigentümer des Bauwerks für die nach § 63 Abs. 3 festgestellte Anzahl von Stellplätzen eine Ausgleichsabgabe zu entrichten.
(2) Eine Stellplatz-Ausgleichsabgabe hat der Eigentümer eines Bauwerks auch dann zu entrichten, wenn er verpflichtet war, Stellplätze für Kraftfahrzeuge herzustellen, diese jedoch ersatzlos aufgelassen wurden und eine Neuherstellung nicht mehr möglich ist (§ 63 Abs. 3).
(3) Die Höhe der Stellplatz-Ausgleichsabgabe ist vom Gemeinderat mit einer Verordnung tarifmäßig auf Grund der durchschnittlichen Grundbeschaffungs- und Baukosten für einen Abstellplatz von 30 m² Nutzfläche festzusetzen.
(4) Sind die Grundbeschaffungs- und Baukosten für einen Stellplatz innerhalb eines Gemeindegebietes in einzelnen Orten oder Ortsteilen um mehr als die Hälfte verschieden hoch, so ist die Ausgleichsabgabe nach Maßgabe der Kostenunterschiede für einzelne Orte oder Ortsteile verschieden hoch festzusetzen.
(5) Die Stellplatz-Ausgleichsabgabe ist eine ausschließliche Gemeindeabgabe im Sinne des § 6 Abs. 1 Z. 5 des Finanz-Verfassungsgesetzes 1948, BGBl. Nr. 45/1948 in der Fassung BGBl. I Nr. 103/2007. Ihr Ertrag darf nur für die Finanzierung von öffentlichen Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge oder für Zuschüsse zu den Betriebskosten des öffentlichen Personen-Nahverkehrs verwendet werden.
§ 63 Verpflichtung zur Herstellung von Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge
(1) Wird ein Gebäude errichtet, vergrößert oder dessen Verwendungszweck geändert, sind dem voraussichtlichen Bedarf entsprechend Abstellanlagen für Kraftfahrzeuge herzustellen. Die Mindestanzahl der Stellplätze ist mit Verordnung der Landesregierung festzulegen: …
(2) Die Stellplätze sind nach Möglichkeit auf dem Baugrundstück herzustellen.
(3) Ist die Herstellung oder Vergrößerung einer Abstellanlage mit der erforderlichen Anzahl von Stellplätzen nach Abs. 1 auf dem Baugrundstück
* technisch nicht möglich,
* wirtschaftlich unzumutbar oder
* verboten (Bebauungsplan),
darf die Anlage auf einem anderen Grundstück hergestellt werden.
Dieses Grundstück muß
* in einer Wegentfernung bis zu 300 m liegen und
* seine Verwendung für die Anlage grundbücherlich sichergestellt sein,
wenn dieses Grundstück nicht im Eigentum des Verpflichteten steht.
Wenn auch das nicht möglich ist, ist in der Baubewilligung für das Vorhaben die Anzahl der aufgrund der Verordnung nach Abs. 1 2. Satz erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze festzustellen.
Die Baubehörde nach § 2 Abs. 1 hat diese Feststellung im Bescheid, mit dem die Ausgleichsabgabe (§ 41) vorgeschrieben wird, dann vorzunehmen, wenn
* sie für die Erteilung der Baubewilligung nicht zuständig ist oder
* der Verwendungszweck eines Gebäudes ohne
bewilligungspflichtige Maßnahmen nach § 14 geändert wird.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Das Beschwerdevorbringen lässt sich im Wesentlichen darauf reduzieren, dass die Vorschreibung schon dem Grunde nach zu Unrecht erfolgt sei.
Die bescheidmäßige Vorschreibung einer Abgabe setzt ganz allgemein den Bestand einer Abgabenschuld (bzw. eines Abgabenanspruches der Gemeinde) voraus.
Der Zeitpunkt des Entstehens des Abgabenanspruches ist bedeutsam u.a. für die Abgabenfestsetzung, welche vor diesem Zeitpunkt nicht zulässig ist. (vgl. dazu Ritz, BAO3, Tz 2 ff u. Tz 14 zu § 4, sowie VwGH 10.8.2008, 2007/17/0012).
Die Erfüllung des abgabenrechtlichen Tatbestandes ist Voraussetzung für die Vorschreibung einer Abgabe (vgl. VwGH 12.10.1984, 82/17/0085).
Nach § 4 Abs. 1 der von den Abgabenbehörden hier anzuwendenden Bundesabgabenordnung entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
Als Abgabentatbestand sieht § 41 Abs. 1 NÖ Bauordnung 1996 das Absehen der Baubehörde von der Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge vor. In diesem Fall ist die Abgabe für die nach § 63 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 festgestellte Anzahl von Stellplätzen zu entrichten.
Nach § 41 Abs. 1 NÖ Bauordnung 2014 liegt ein Abgabentatbestand vor, wenn die Herstellung von Stellplätzen nicht möglich ist und gemäß § 63 Abs. 7 NÖ Bauordnung 2014 die erforderliche Anzahl von Stellplätzen festgestellt wurde.
Gemäß § 63 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 (ebenso § 63 Abs. 7 NÖ Bauordnung 2014) ist in der Baubewilligung für das Vorhaben die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze festzustellen.
Ein Abgabentatbestand wird daher – sowohl nach der NÖ Bauordnung 1996 als auch nach der NÖ Bauordnung 2014 – erst mit dem Abspruch der Baubehörde im Baubewilligungsbescheid über die Anzahl der zu errichtenden bzw. der fehlenden Stellplätze verwirklicht (VwGH 25.9.2012, 2011/17/0172, zur vergleichbaren Rechtslage nach der Wiener Bauordnung VwGH 10.8.2010, 2009/17/0264).
Im gegenständlichen Fall hätte somit der Abgabentatbestand nur durch den Baubewilligungsbescheid vom 20. Juni 2013 begründet werden können, weshalb zufolge des Grundsatzes der Zeitbezogenheit gegebenenfalls die damalige Rechtslage, somit die NÖ Bauordnung 1996, auf eine Abgabenvorschreibung anzuwenden gewesen wäre.
Es kommt daher im gegenständlichen Fall darauf an, ob gemäß § 63 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 bereits in der Baubewilligung vom 20. Juni 2013 für das Vorhaben die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze festgestellt wurde.
Diese Feststellung hätte nur dann im Abgabenbescheid, mit dem die Stellplatz-Ausgleichsabgabe vorgeschrieben wird, zu erfolgen, wenn die Behörde für die Erteilung der Baubewilligung nicht zuständig ist oder der Verwendungszweck eines Gebäudes ohne bewilligungspflichtige Maßnahmen geändert wird.
Keiner dieser beiden Ausnahmetatbestände liegt hier vor. Weder war der Bürgermeister zur Erteilung der Baubewilligung unzuständig, noch wurde der Verwendungszweck eines Gebäudes ohne bewilligungspflichtige Maßnahmen geändert.
Vielmehr wurde im konkreten Fall vom Bürgermeister der Stadtgemeinde *** mit Bescheid vom 20. Juni 2013, Aktenzeichen 1310-9/1304002, die baubehördliche Bewilligung für das verfahrensgegenständliche Vorhaben erteilt. Der Spruch dieses Bescheides enthält eine Wiedergabe der Projektsbeschreibung.
Im Auflagepunkt 23 wird der Beschwerdeführerin aufgetragen, hinsichtlich der erforderlichen Pflichtstellplätze für das Bauvorhaben „spätestens bei der Fertigstellungsmeldung eine grundbücherliche Sicherstellung der Parkplätze in 300 m Fußwegentfernung vorzulegen. Sollte diese nicht vorgelegt werden ist eine Stellplatzausgleichsabgabe für 6 Stellplätze zu leisten.“
Der Bescheid enthält jedoch keine Feststellungen gemäß § 63 Abs. 3 NÖ Bauordnung 1996 über die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze. Ein gesonderter Abspruch über das Absehen der Baubehörde von der Herstellung von Stellplätzen für Kraftfahrzeuge fehlt. Bei dem in Auflage 23 erteilten Auftrag zur grundbücherlichen Sicherstellung von Stellplätzen handelt es sich nicht um ein entsprechendes Absehen vom Erfordernis der Herstellung von Stellplätzen bzw. auch um keine Feststellung, welche erforderlichen Stellplätze nicht hergestellt werden können.
Daraus folgt, dass die Beschwerdeführerin mit ihren Überlegungen in der Beschwerde insofern im Recht ist, als diese fehlenden Feststellungen über die Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze in dem der Vorschreibung zugrundeliegenden Baubewilligungsbescheid völlig fehlen bzw. die Baubehörde in diesem Bescheid eben nicht ausdrücklich von der Herstellung der erforderlichen Stellplätze abgesehen hat.
Daraus folgt im Ergebnis aber, dass – mangels ausdrücklicher Festsetzung der Anzahl der erforderlichen und nicht herstellbaren Stellplätze im maßgeblichen Baubewilligungsbescheid vom 20. Juni 2013 – der Abgabenanspruch überhaupt nicht entstanden ist. Dementsprechend erweist sich die Vorschreibung der Stellplatz-Ausgleichsabgabe schon dem Grunde nach als rechtswidrig, weshalb der Beschwerde spruchgemäß zu folgen und die vorgenommene Abgabenfestsetzung aufzuheben war.
Diese Entscheidung konnte gemäß § 274 Abs.1 BAO unter Entfall der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung getroffen werden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde von der Beschwerdeführerin beantragt, der Verhandlungsantrag jedoch schriftlich wieder zurückgezogen. Auch aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ist ersichtlich, dass eine mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 – Zulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Abgabenschuld; Abgabenfestsetzung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1310.002.2017Zuletzt aktualisiert am
07.05.2018