Entscheidungsdatum
12.03.2018Norm
VwGVG 2014 §28 Abs2Text
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich fasst durch MMag. Dr. Michaela Lütte als Einzelrichterin über die Beschwerde der Frau A, ***, ***, vertreten durch die B Rechtsanwälte, ***, ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Gmünd vom 14. Dezember 2017, Zl. ***, folgenden
BESCHLUSS
1. Der angefochtene Bescheid wird gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.
2. Gegen diesen Beschluss ist eine Revision gemäß § 25a des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG) iVm Art. 133 Abs. 4 des Bundes-Verfassungsgesetzes (B-VG) nicht zulässig.
Begründung:
1. Sachverhalt und Feststellungen:
1.1. Mit Bericht der Polizeiinspektion *** vom 09. Oktober 2017, Zl. ***, wurde die Bezirkshauptmannschaft Gmünd (in der Folge: belangte Behörde) darüber informiert, dass die Beschwerdeführerin und eine weitere Person, welche beide seit Anfang September 2017 im Gemeindegebiet *** beschäftigt seien, gemeinsam in den Mittagspausen von 13:00 bis 15:00 Uhr sechs näher bezeichnete Einkaufsmärkte aufgesucht und Ladendiebstähle begangen hätten, wobei 74 Gegenstände in den Zimmern der Verdächtigen gefunden und sichergestellt worden seien. Der Sachverhalt sei der Staatsanwaltschaft *** angezeigt worden, welche die Anzeige auf freiem Fuß und Vorlage eines Abschlussberichtes verfügt habe.
1.2. Bezugnehmend auf diesen Bericht ersuchte die belangte Behörde die Polizeiinspektion *** mit Schreiben vom 13. Oktober 2017 um Erhebung und Mitteilung, ob weitere Gründe bekannt seien, welche die Zuverlässigkeit der Beschwerdeführerin betreffend das von ihr angemeldete freie Gewerbe der Personenbetreuung ausschließen würden.
Dieses Ersuchen wiederholte die belangte Behörde mit E-Mail vom 31. Oktober 2017.
1.3. Mit Stellungnahme („Kurzbrief“) vom 05. November 2017, Zl. ***, teilte die Polizeiinspektion *** der belangten Behörde mit, dass die Beschwerdeführerin verdächtig sei, zwischen 05. September und 28. September 2017 bei mehreren Zugriffen insgesamt 53 Waren bzw. Gegenstände im Wert von 244,11 Euro aus diversen Einkaufsmärkten in *** gestohlen zu haben, weshalb die Zuverlässigkeit in Frage gestellt werde. Weitere Gründe lägen aus Sicht der Polizeiinspektion nicht vor.
1.4. Mit Schreiben vom 20. November 2017, Zl. ***, verständigte die belangte Behörde die Beschwerdeführerin vom Ergebnis der Beweisaufnahme durch Übermittlung
? des Berichtes der Polizeiinspektion *** vom 09. Oktober 2017,
? des Strafregisterauszugs vom 13. Oktober 2017, aus dem sich ergibt, dass im Strafregister der Republik Österreich keine Verurteilung betreffend die Beschwerdeführerin aufscheint sowie
? der Stellungnahme („Kurzbrief“) der Polizeiinspektion *** vom 05. November 2017.
Die Beschwerdeführerin wurde darauf hingewiesen, dass beabsichtigt sei, ihr die Gewerbeberechtigung für das Gewerbe Personenbetreuung mangels der erforderlichen Zuverlässigkeit gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 der Gewerbeordnung 1994 (in der Folge: GewO 1994) zu entziehen. Ihr wurde Gelegenheit gegeben, hierzu binnen zwei Wochen Stellung zu nehmen.
1.5. Mit Schreiben vom 28. November 2017 gab die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin die erteilte Vollmacht bekannt, ersuchte um Herstellung einer Aktenkopie – die mit E-Mail vom 29. November 2017 übermittelt wurde – und stellte einen Antrag auf Fristerstreckung, welche mit E-Mail vom 04. Dezember 2017 gewährt wurde.
1.6. Mit Schreiben vom 07. Dezember 2012 ersuchte die Rechtsvertretung der Beschwerdeführerin aufgrund eines Auslandsaufenthalts der Beschwerdeführerin in Rumänien bis Jänner 2018 erneut um Fristerstreckung und wies darauf hin, dass für die Stellungnahme auch die Einsicht in den bei der Staatsanwaltschaft *** anhängigen Strafakt erforderlich, bis dato die angeforderte Strafaktkopie aber noch nicht eingelangt sei. Des Weiteren wurde der Antrag auf Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss des bei der Staatsanwaltschaft anhängigen gerichtlichen Strafverfahrens gemäß § 127 des Strafgesetzesbuches (StGB) gestellt.
1.7. Ohne einen weiteren Ermittlungsschritt erließ die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 14. Dezember 2017, mit dem der Beschwerdeführerin die Gewerbeberechtigung Personenbetreuung im Standort ***, ***, eingetragen im GISA ***, gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 entzogen wurde.
Begründend ist ausgeführt, dass es sich bei den angezeigten Diebstählen jedenfalls um schwerwiegende Verstöße handle, die geeignet seien, das Ansehen des Berufsstandes der Pflegebetreuer wesentlich zu beeinträchtigen. Auch könne aufgrund der Eigenart dieser Verstöße und des sich aus diesen Verstößen ergebenden Persönlichkeitsbildes eine Gefährdung der Interessen betreuungsbedürftiger Personen nicht ausgeschlossen werden. Eine weitere Fristerstreckung sei aus Sicht der belangten Behörde weder erforderlich noch nach Interessenabwägung sinnvoll, weshalb dem darauf gerichteten Antrag nicht gefolgt worden sei.
1.8. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin durch ihre Rechtsvertretung mit Schreiben vom 08. Jänner 2018 Beschwerde.
Begründend ist – auf das Wesentliche zusammengefasst – ausgeführt, dass auch die belangte Behörde festgestellt habe, dass eine rechtskräftige Bestrafung nicht vorliege. Bei Einsichtnahme in den Strafakt bei der Staatsanwaltschaft wäre die belangte Behörde zur Auffassung gelangt, dass die gegen die Beschwerdeführerin erhobenen Anschuldigen haltlos seien. Selbst wenn man unterstellen würde, dass die angelasteten strafbaren Handlungen vorliegen würden, sei entgegen § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 kein Zusammenhang mit der Gewerbeberechtigung der Beschwerdeführerin gegeben. Zudem wäre es der belangten Behörde zwar freigestanden, eine eigenständige Vorfragenbeurteilung vorzunehmen; diesfalls wäre sie aber verpflichtet gewesen, alle entsprechenden Umstände zu erheben. Alleine die Bezugnahme auf die Mitteilung der Polizeiinspektion *** von der Anzeigeerstattung reiche für eine selbständige Vorfragenbeurteilung nicht aus.
1.9. Das strafgerichtliche Verfahren gegen die Beschwerdeführerin ist beim Bezirksgericht *** zur Zl. *** anhängig.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen – einschließlich des dargelegten Verfahrensgangs – konnten in unbedenklicher Weise im Hinblick auf die eindeutigen Inhalte des vorliegenden Verwaltungsaktes der belangten Behörde getroffen werden.
Die in Punkt 1.9. getroffene Feststellung beruht auf den telefonischen Auskünften der Staatsanwaltschaft *** sowie des Bezirksgerichts ***, jeweils am 09. März 2018.
3. Rechtslage:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes (VwGVG) lauten:
„[…]
Anzuwendendes Recht
§ 17. Soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
[…]
Verhandlung
§ 24. (1) Das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
(2) Die Verhandlung kann entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
[…]
Erkenntnisse
§ 28. (1) Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
(2) Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(3) Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
[…]“
3.2. Die maßgeblichen Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) lauten:
„[…]
Allgemeine Grundsätze
§ 37. Zweck des Ermittlungsverfahrens ist, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Nach einer Antragsänderung (§ 13 Abs. 8) hat die Behörde das Ermittlungsverfahren insoweit zu ergänzen, als dies im Hinblick auf seinen Zweck notwendig ist.
[…]“
3.3. § 87 GewO 1994 lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 87. (1) Die Gewerbeberechtigung ist von der Behörde (§ 361) zu entziehen, wenn
[…]
3. der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt oder
[…]
Schutzinteressen gemäß Z 3 sind insbesondere die Hintanhaltung der illegalen Beschäftigung, der Kinderpornographie, des Suchtgiftkonsums, des Suchtgiftverkehrs, der illegalen Prostitution sowie der Diskriminierung von Personen aus dem Grund ihrer Rasse, ihrer Hautfarbe, ihrer nationalen oder ethnischen Herkunft, ihres religiösen Bekenntnisses oder einer Behinderung (Art. III Abs. 1 Z 3 des Einführungsgesetzes zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 – EGVG, BGBl. I Nr. 87/2008). Die erforderliche Zuverlässigkeit im Sinne der Z 3 liegt auch dann nicht vor, wenn eine Eintragung eines Unternehmens in die Liste gemäß § 8 Abs. 10 Sozialbetrugsbekämpfungsgesetz – SBBG, BGBl. I Nr. 113/2015, aufgrund des § 8 Abs. 3 Z 4 SBBG vorliegt.
[…]“
4. Erwägungen:
4.1. Die Beschwerde ist berechtigt.
4.2. Gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist die Gewerbeberechtigung zu entziehen, wenn der Gewerbeinhaber infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen, insbesondere auch zur Wahrung des Ansehens des Berufsstandes, die für die Ausübung dieses Gewerbe erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt. § 87 Abs. 1 letzter Satz GewO 1994 enthält eine demonstrative Aufzählung der Schutzinteressen im Sinne der Z 3.
4.3. Voraussetzung für die Entziehung der Gewerbeberechtigung wegen Verlusts der „erforderlichen Zuverlässigkeit“ sind nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung „schwerwiegende Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften und Schutzinteressen“. Eine Entziehung der Gewerbeberechtigung nach § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 ist folglich nur dann zulässig, wenn entsprechende schwerwiegende Verstöße festgestellt wurden.
4.4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes können – im Gegensatz zu § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 – „schwerwiegende Verstöße“, die den Tatbestand des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 verwirklichen, auch dann vorliegen, wenn keine (rechtskräftige) Bestrafung oder Verurteilung erfolgt ist. Dazu ist es allerdings erforderlich, dass die Behörde nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens unter Wahrung des Parteiengehörs Feststellungen über die konkreten Tathandlungen trifft (vgl. VwGH 25.03.2014, 2013/04/0077, mwN; siehe auch Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO3, § 87 Rz. 14).
4.5. Im vorliegenden Fall fehlen solche Feststellungen über die konkreten Tathandlungen. Es wäre Sache der belangten Behörde gewesen, nach Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens, wie insbesondere durch Einsichtnahme in den Strafakt, unter Wahrung des Parteiengehörs Feststellungen über die als erwiesen angenommenen konkreten Tathandlungen zu treffen. Auf dieser Grundlage wäre es zu beurteilen gewesen, ob die festgestellten konkreten Tathandlungen als Verstöße gegen Rechtsvorschriften und Schutzinteressen im Sinne des § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 zu qualifizieren sind, infolge derer die Beschwerdeführerin die für die Ausübung des Personenbetreuungsgewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitzt.
Die belangte Behörde hat die gegenständliche Entziehung der Gewerbeberechtigung mangels Zuverlässigkeit alleine auf die angezeigten Diebstähle im Zeitraum von 05. September bis 28. September 2017 gestützt. Der bloße Verweis auf „angezeigte Diebstähle“ vermag das Erfordernis der Feststellungen über die konkreten Tathandlungen keinesfalls zu erfüllen. Die Behörde hat für eine auf § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 gestützte Entziehung der Gewerbeberechtigung keinen tauglichen Ermittlungsschritt gesetzt.
4.6. Da die belangte Behörde die notwendigen Ermittlungen unterlassen hat, steht der maßgebliche Sachverhalt iSd § 28 Abs. 2 VwGVG nicht fest. Damit stellt sich die Frage, ob die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich selbst nach § 28 Abs. 2 Z 2 VwGVG im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist, oder ob der Raschheit und Kostenersparnis besser durch eine Aufhebung und Zurückverweisung nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG gedient ist.
Nach der mittlerweile ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 28 Abs. 2 Z 2 iVm § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG ist in § 28 VwGVG ein prinzipieller Vorrang der meritorischen Entscheidungspflicht der Verwaltungsgerichte normiert, weswegen die in § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG vorgesehene Möglichkeit der Kassation eines verwaltungsbehördlichen Bescheides streng auf ihren gesetzlich zugewiesenen Raum zu beschränken ist. Von der Möglichkeit der Zurückverweisung kann daher nur bei krassen bzw. besonders gravierenden Ermittlungslücken Gebrauch gemacht werden. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen kommt daher nur dann in Betracht, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt hat oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwas schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (vgl. VwGH 06.07.2016, Ra 2015/01/0123, mwN).
Im vorliegenden Fall sind die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG aufgrund der dargestellten gravierenden Ermittlungslücken erfüllt. Indem die belangte Behörde keinerlei Feststellungen über die konkreten Tathandlungen getroffen hat, hat sie den für die Entziehung der Gewerbeberechtigung gemäß § 87 Abs. 1 Z 3 GewO 1994 im vorliegenden Fall entscheidenden Ermittlungsschritt nicht gesetzt.
4.7. Es war daher der angefochtene Bescheid aufzuheben und die Angelegenheit zur (allfälligen) Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückzuverweisen.
5. Zur Nichtdurchführung einer mündlichen Verhandlung:
Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, kann die Verhandlung – trotz dahingehenden Antrags der Beschwerdeführerin – gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG entfallen.
6. Zur Unzulässigkeit der Revision:
Die Revision ist nicht zulässig, da die gegenständliche Entscheidung nicht von der zitierten und einheitlichen (ständigen) Rechtsprechung abweicht und sich im Übrigen auf die eindeutige Rechtslage stützt (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision aus diesem Grund z.B. VwGH vom 12. Oktober 2017, Ra 2017/08/0046).
Schlagworte
Gewerbliches Berufsrecht; Gewerbeberechtigung; Entziehung; schwerwiegender Verstoß; Verfahrensrecht; Ermittlungspflicht;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.55.001.2018Zuletzt aktualisiert am
07.05.2018