TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 98/03/0344

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Veröffentlicht am 22.03.2000
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Index

19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;
90/01 Straßenverkehrsordnung;
90/02 Kraftfahrgesetz;

Norm

KFG 1967 §103 Abs2;
MRKZP 07te Art4;
StVO 1960 §20 Abs1;
StVO 1960 §52 lita Z10a;
VStG §22 Abs1;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Sauberer und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M E in V, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Alberstraße 9/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 16. Oktober 1998, Zl. UVS 30.9-34+35/98-13, betreffend Übertretung der StVO 1960 und des KFG 1967, zu Recht erkannt.

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe am 23. Juni 1997 um

14.52 Uhr im Gemeindegebiet von Lieboch auf der A 2, Höhe Straßenkilometer 195,100, Richtung Wien, als Lenker eines nach dem Kennzeichen bestimmten Fahrzeuges 1.) die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 33 km/h überschritten (die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereit abgezogen worden);

2.) sei er mit Schreiben vom 7. Juli 1997 von der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung aufgefordert worden, als Zulassungsbesitzer des besagten Fahrzeuges binnen zwei Wochen der Behörde bekannt zu geben, wer das angeführte Fahrzeug am 23. Juni 1997 um 14.52 Uhr in Lieboch auf der A 2, Höhe Straßenkilometer 195,100, Richtung Wien, gelenkt bzw. abgestellt habe. Er habe diese Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt. Dadurch habe der Beschwerdeführer § 20 Abs. 1 StVO 1960 iVm § 52 lit. a Z. 10a leg. cit. sowie § 103 Abs. 2 KFG verletzt. Wegen dieser Übertretungen sei der Beschwerdeführer hinsichtlich des erstgenannten Deliktes mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 1.300,-- (zwei Tage Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit) bzw. hinsichtlich des zweitgenannten Deliktes mit einer Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit) bestraft worden.

Begründend wurde im Wesentlichen Folgendes ausgeführt: Seitens des Vertreters des Beschwerdeführers sei in der antragsgemäß durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zunächst die Berufung hinsichtlich des zweitgenannten Deliktes auf die Strafhöhe eingeschränkt und zum Beweis der Unschuld des Beschwerdeführers eine Zeugin (nämlich seine Mutter) namhaft gemacht worden; der Beschwerdeführer sei zur ersten anberaumten Berufungsverhandlung nicht erschienen. Die einvernommenen Zeugen GI X. und GI Y. hätten die belangte Behörde davon zu überzeugen vermocht, dass mit den von ihnen zum Tatzeitpunkt verwendeten "Moving Radargerät" eine korrekte Messung bei dem auf den Beschwerdeführer zugelassenen Kraftfahrzeug stattgefunden habe. Die im Zuge der fortgesetzten mündlichen Verhandlung als Zeugin einvernommene Mutter des Beschwerdeführers habe zwar angeführt, dass das auf ihren Sohn zugelassene Kraftfahrzeug auch von ihr und ihrem Ehemann fallweise verwendet werde, jedoch auf die Frage, wer das gegenständliche Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt verwendet hätte, keine den Beschwerdeführer "exculpierende Aussage" machen können. Sie habe in diesem Zusammenhang lediglich angegeben, dass um die Zeit des 23. Juni 1997 ein Bekannter aus Zagreb das gegenständliche Kraftfahrzeug für eine Fahrt von Voitsberg nach Graz und wieder retour verwendet habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der zum Beschwerdepunkt Folgendes ausgeführt wurde: "Der angefochtene Bescheid verletzt den Beschwerdeführer in seinem Recht nicht nach § 20 Abs. 1 StVO iVm § 52 a Ziffer 10a StVO bestraft zu werden, weil die Voraussetzungen hiefür nicht vorliegen."

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsstrafverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie einer Replik hiezu seitens des Beschwerdeführers erwogen:

2.1. Vorweg sei bemerkt, dass durch die vom den Beschwerdeführer vorgenommene Bezeichnung des Beschwerdepunktes der Prozessgegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens festgelegt und der Rahmen abgesteckt wurde, an den der Verwaltungsgerichtshof bei der Prüfung des angefochtenen Bescheides gemäß § 41 Abs. 1 VwGG gebunden ist. Die verwaltungsgerichtliche Prüfung hat sich demnach darauf zu beschränken, ob jenes Recht verletzt wurde, dessen Verletzung der Beschwerdeführer behauptet (vgl.das hg. Erkenntnis vom 9. Juli 1998, Zl. 98/03/0129). Dies bedeutet im Beschwerdefall, dass der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid lediglich hinsichtlich der genannten Übertretung der StVO 1960 zu prüfen hat.

2.2. Entgegen der Beschwerde kann der Verwaltungsgerichtshof nicht erkennen, dass es die belangte Behörde dem Beschwerdeführer zum Nachteil angerechnet hätte, dass er der öffentlichen mündlichen Verhandlung ferngeblieben sei.

2.3. Auch das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei seiner Mitwirkungspflicht nachgekommen, weil er im Verwaltungsstrafverfahren angegeben habe, dass er zum Vorfallszeitpunkt das in Rede stehende Kraftfahrzeug nicht gelenkt habe, und weiters eine Zeugin namhaft gemacht habe, die den Umstand unter Beweis habe stellen können, dass er damals dieses Fahrzeug nicht gelenkt habe, führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Nach der hg. Rechtsprechung erfordert die Mitwirkungspflicht des Beschuldigten im Verwaltungsstrafverfahren, dass dieser seine Verantwortung nicht darauf beschränkt, die ihm vorgehaltenen konkreten Erhebungsergebnisse für unrichtig zu erklären, ohne diesen ebenso konkrete Behauptungen entgegenzusetzen und entsprechende Beweise anzubieten (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 21. März 1986, Zl. 85/18/0102, vom 25. Jänner 1995, Zl. 93/03/0103, vom 8. November 1995, Zl. 95/03/0149, und vom 22. April 1998, Zl. 97/03/0381).

Der Beschwerdeführer hat im Verwaltungsstrafverfahren in Bezug auf den Tatvorwurf keine konkrete Gegendarstellung abgegeben. In seiner an die Erstbehörde gerichteten Stellungnahme vom 30. September 1997 (OZl. 10 der von der Erstbehörde geführten Verwaltungsakten) begnügte er sich mit der Angabe, das Fahrzeug zum Tatzeitpunkt nicht gelenkt zu haben, und weiters - in der Form von bloßen Behauptungen - die Richtigkeit der Messung angezweifelt, da das verwendete Messgerät "nicht geeicht, nicht ordnungsgemäß justiert oder kalibriert worden" und ein Gerät der verwendeten Art "sehr störanfällig" sei, und diesbezüglich die Vorlage des Eichscheins und die Beiziehung eines Sachverständigen aus dem KFZ-Bereich beantragt. In seiner Berufung vom 3. April 1998 gegen den Erstbescheid führte er aus, es gebe keinen Beweis, dass er das Fahrzeug gelenkt habe, sodass er schon aus diesem Grund freizusprechen sei (OZl. 23 der soeben angesprochenen Akten). Am Fehlen einer solchen Gegendarstellung vermag ferner der bei der mündlichen Verhandlung am 22. Juli 1998 gestellte Antrag, zum Beweis der Unschuld des Beschwerdeführers seine Mutter als Zeugin einzuvernehmen, nichts zu ändern (Bl. 18 der von der belangten Behörde geführten Verwaltungsstrafakten), ist doch mit der Aussage dieser Zeugin bei der mündlichen Verhandlung vom 22. September 1998 für die Beschwerde nichts gewonnen. Diese Aussage lautet in ihrer maßgeblichen Passage wie folgt (Bl. 33 dieser Verwaltungsstrafakten):

"Wenn ich gefragt werde, ob ich mich erinnern könnte bzw. ein merklicher Anlass vorhanden ist, wonach ich wüsste, was ich vor etwa 15 Monaten, nämlich am Tatzeitpunkt am 23. 6. 1997, um

14.52 Uhr, gemacht habe, so gebe ich an: Dies weiß ich heute nicht mehr; ich kann mich jedoch erinnern, dass ein Bekannter meiner Tante aus Zagreb um diese Zeit bei uns zu Besuch war und mich fragte, ob ich ihn nach Graz führen könne. Da dies aus meiner Sicht nicht möglich war, jedoch das Auto meines Sohnes in Voitsberg war, könnte es sein, dass er zum angeführten Tatzeitpunkt mit dem betreffenden Fahrzeug nach Graz fuhr. Er hat es auch wieder zurückgebracht."

Dieser Aussage kann somit ebenfalls kein konkreter Anhaltspunkt - etwa dass im Tatzeitpunkt der Beschwerdeführer sich nicht am Tatort, sondern an einem anderen bestimmten Ort befunden habe oder das besagte Fahrzeug jedenfalls von einer ganz bestimmten anderen Person gelenkt worden sei - dafür entnommen werden, dass der Beschwerdeführer die Tat nicht begangen habe. Davon, dass - wie die Beschwerde vermeint - die Aussagen dieser Zeugin den Beschwerdeführer eindeutig exculpieren würden, kann daher keine Rede sein. Vielmehr kann es im Rahmen der dem Verwaltungsgerichtshof zukommenden Kontrolle der Beweiswürdigung (vgl. hiezu insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053) nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn die belangte Behörde den maßgeblichen Feststellungen im angefochtenen Bescheid die als widerspruchsfrei und schlüssig gewerteten Aussagen der Zeugen GI X. und GI Y. zugrunde legte und von daher zum Ergebnis kam, dass dem Beschwerdeführer als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden Fahrzeuges die vorliegenden Taten anzulasten sind, bieten doch - wie dargestellt - weder die Aussagen des Beschwerdeführers noch die der von ihm beantragten Zeugin konkrete Anhaltspunkte für eine andere Annahme.

Auf dem Boden des Gesagten versagt schließlich auch der Hinweis, die belangte Behörde habe entgegen dem § 25 Abs. 2 VStG die zur Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände nicht in gleicher Weise berücksichtigt wie die ihn belastenden, haben sich doch aus der Aussage der in Rede stehenden Zeugin - anders als die Beschwerde mit Blick auf die genannte Bestimmung vermeint - den Beschwerdeführer entlastende Umstände nicht ergeben.

2.3. Da somit nach den Ergebnissen des Beweisverfahrens und deren Würdigung keine Zweifel an der Richtigkeit des Tatvorwurfes verblieben, hatte ferner auch der Grundsatz "in dubio pro reo" nicht zur Anwendung zu kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Juni 1999, Zl. 98/03/0326).

Entgegen der Beschwerde verletzt der bekämpfte Bescheid auch nicht den Grundsatz "ne bis in idem", handelt es sich doch bei der Nichtbefolgung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs. 2 KFG 1967 einerseits, und der vorliegenden Übertretung der StVO 1960 um verschiedene selbständige Taten, durch die mehrere Verwaltungsübertretungen begangen wurden, für die nach § 22 Abs 1 VStG die Strafen nebeneinander zu verhängen sind (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 96/02/0475).

2.4. Die Beschwerde war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1998030344.X00

Im RIS seit

12.06.2001

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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