TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/24 W152 2186961-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2018
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Entscheidungsdatum

24.04.2018

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art.133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W152 2186961-1/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Walter KOPP als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb XXXX , StA. Volksrepublik China, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2018, Zl. 17-1176386304-171377606, zu Recht erkannt:

A) Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1 und 8 Abs. 1 AsylG 2005, § 57 AsylG 2005, § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG, § 52 Abs. 2 Z 2 FPG, § 52 Abs. 9 FPG, § 46 FPG sowie § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang:

1.1. Die Beschwerdeführerin, eine Staatsangehörige der Volksrepublik China, wurde am 11.12.2017 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in Wien aufgegriffen und stellte am 12.12.2017 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz. Dabei brachte sie vor, sie sei vor etwa 15 Tagen in Österreich angekommen und sei von China direkt mit dem PKW eingereist. Sie könne zu Hause die Gewalt ihres Ehemannes nicht mehr ertragen. Er verprügle sie sehr oft und sehr stark. Sie könne in China so nicht mehr weiterleben und sei daher nach Österreich gefahren. Ihr Reisepass sei ihr vermutlich vom Schlepper weggenommen worden. Sie sei verheiratet und habe eine 11-jährige Tochter, die in China bei ihrem Vater lebe. Ihr Mann und ihre Tochter würden vom Ackerbau leben, sie selber lebe vom Betteln. Seit der Einreise in Österreich habe sie keinen Kontakt zu ihren Angehörigen in China. Sie sei nicht Mitglied eines Vereins in Österreich und habe auch keine österreichischen Freunde bzw. Bekannte. Sie wolle nicht nach China zurückfahren, weil ihr Mann sie verprügeln würde. Weiters brachte sie vor, ihr Haus sei von der Regierung abgerissen worden. Beim Abriss habe ihr Mann mit einem Beamten einen Konflikt gehabt und sei von diesem geschlagen worden.

1.2. Im Zuge ihrer Erstbefragung vor Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, Abteilung Fremdenpolizei und Anhaltevollzug, am selben Tag brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor:

Sie sei am XXXX in XXXX , China, geboren, Angehörige der Volksgruppe der Han-Chinesen, konfessionslos, verheiratet, habe in China 8 Jahre lang die Grundschule besucht und zuletzt als Schneiderin gearbeitet. Ihre Eltern seien bereits verstorben, ein Bruder lebe in China. Ihr Ehemann habe das Sorgerecht für ihr Kind. Sie sei am 20.11.2017 mit dem Auto von ihrem Wohnort abgereist und schlepperunterstützt nach Österreich gereist. Zur Reise könne sie keine näheren Angaben machen. Zu ihrem Fluchtgrund befragt, gab sie an, sie habe ihren Herkunftsstaat verlassen, weil ihr Mann sie stark verprügelt hätte, nachdem er alkoholisiert gewesen sei. Sie dürfe nicht nach China zurück, weil sie dort sterben würde.

1.3. Am 11.01.2018 wurde die Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Erstaufnahmestelle Ost, zu ihrem Antrag auf internationalen Schutz einvernommen. Sie gab dabei zusammengefasst an, sechs Jahre die Volksschule und drei Jahre die Hauptschule absolviert zu haben und danach in China in einer Fabrik für Webwaren beschäftigt gewesen zu sein. Ihre Eltern seien bereits verstorben, sie habe in China noch ihren Bruder und ihre Tochter. Ihr Angehörigen seien Bauern, sie stehe nicht mit ihnen in Kontakt. In Österreich bestreite sie ihren Lebensunterhalt durch Betteln. Sie wolle arbeiten. In Österreich habe sie keine Familienangehörigen oder sonstige Verwandte. Sie habe einen Asylantrag gestellt, weil sie für sich großes Selbstmitleid gefühlt habe. Sie fühle sich traurig, weil sie nur betteln könne. Ihr Mann habe sie stark verprügelt, so könne sie in China nicht mehr weiter leben. Deshalb sei sie aus China geflüchtet. Auf Nachfrage gab zuerst an, sich an die Behörden gewendet zu haben, daraufhin jedoch, keine Anzeige erstattet zu haben. Nachgefragt, warum sie sich nicht woanders in China niedergelassen habe, sagte sie, sie kenne sich in China nicht gut aus und sei deshalb einfach ins Ausland gefahren. In Österreich kenne sie sich schon relativ gut aus. Die Ausreise sei von Schleppern organisiert und von ihr selbst finanziert worden.

1.4. Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 19.01.2018 wurde unter Spruchpunkt I der Antrag auf internationalen Schutz vom 12.12.2017 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen und unter Spruchpunkt II gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 leg.cit. dieser Antrag auch bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf die Volksrepublik China abgewiesen. Unter Spruchpunkt III wurde der Beschwerdeführerin ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen die Beschwerdeführerin eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG wurde festgestellt, dass die Abschiebung der Beschwerdeführerin in die Volksrepublik China zulässig ist. Gleichzeitig wurde die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass es der Beschwerdeführerin nicht gelungen sei, beim Bundesamt glaubwürdig in Erscheinung zu treten, wobei ihrem Vorbringen jegliche Asylrelevanz abzusprechen sei. Es gäbe keinen Anhaltspunkt für eine Gefährdung der Beschwerdeführerin durch den chinesischen Staat bzw. eine Gefährdung vor der der chinesische Staat nicht fähig oder willens wäre, die Beschwerdeführerin zu schützen. Es sei ihr auch die Möglichkeit gegeben, sich jederzeit an einem Ort in China niederzulassen. Der Beschwerdeführerin drohe im Fall einer Rückkehr keine ihre Existenz bedrohende Notlage oder sonstige Probleme. Eine besondere Integrationsverfestigung würde nicht bestehen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte hiebei zur Lage in der Volksrepublik China Folgendes fest (gekürzt und bereinigt):

"Neueste Ereignisse - Integrierte Kurzinformationen

KI vom 5.4.2017: Anti-Islam-Gesetz Provinz Xinjiang, IS Drohung, Reiseeinschränkung (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 3.2)

Am 1.4.2017 ist in der muslimisch geprägten Provinz Xinjiang im Nordwesten Chinas ein Gesetz in Kraft getreten, durch welches das religiöse Leben der dort lebenden Muslime weiter eingeschränkt wird. Dieses Gesetz behandelt insgesamt 15 religiöse Verhaltensweisen, die als Störungen der säkularen Ordnungen aufgefasst werden könnten (DZ 2.4.2017).

Verboten sind unter anderem die Weigerung, Kinder am nationalen Bildungswesen teilnehmen zu lassen, der Moscheenbesuch von Muslimen unter 18 Jahren, das Tragen von Schleiern oder Kopftüchern für Frauen und das Tragen langer "abnormaler" Bärte für Männer. Ferner sind religiöse Hochzeits- und Beerdigungszeremonien als "Zeichen eines religiösen Extremismus" untersagt und Imame müssen ihre Freitagspredigten Regierungsstellen zur Überprüfung vorlegen (DZ 2.4.2017). Bereits seit dem 1.6.2016 ist es Beamten und Kindern verboten im Ramadan zu fasten (BBC 7.6.2016). Auch soll sich die gesamte Gesellschaft am Kampf gegen den Extremismus beteiligen. So sollen besonders Lehrer eine aktive Rolle einnehmen, um die Verbreitung extremistischer Ansichten in Schulen zu verhindern (GT 30.3.2017).

Knapp die Hälfte der 22 Millionen Einwohner der Provinz Xinjiang gehört dem muslimischen Turkvolk der Uiguren an (DZ 2.4.2017). Zwischen diesen etwa zehn Millionen Uiguren und 8,4 Millionen Han-Chinesen kommt es wiederholt zu blutigen Zwischenfällen (DZ 25.11.2016). Die Uiguren werden in Folge seit Jahren systematisch durch das KP-Regime unterdrückt, welches sie als Terroristen und Separatisten ansieht. Folglich rechtfertigt die chinesische Führung das neue Gesetz auch als einen notwendigen Schritt im Kampf gegen islamistischen Terror, religiösen Fundamentalismus und Separatismus. Menschenrechtsaktivisten dagegen kritisierten das Gesetz als weiteren Verstoß Chinas gegen die Religionsfreiheit (DZ 2.4.2017).

Als Reaktion auf das Verbotsgesetz haben uigurische Kämpfer, die sich als Anhänger des Islamischen Staates bezeichnen, in einem am 1.4.2017 veröffentlichtem Video, mit Gewalt und einem "Fluss von Blut" gedroht. Ein US-Think Tank vermutet, dass die religiösen Einschränkungen, mehr als 100 Personen dem Islamischen Staat zugetrieben haben. China macht seit Jahren im Exil lebende uigurische Separatisten für eine Reihe von Angriffen in Xinjiang verantwortlich (Aljazeera 1.3.2017)

Die Spannungen in der Region Xinjiang haben sich in den letzten Monaten davor bereits massiv verschärft. Von November 2016 bis Mitte Februar 2017 mussten die Einwohner Xinjiangs ihre Reisepässe bei der Polizei abgeben (DZ 2.4.2017; vgl. DZ 25.11.2016).

Einwohner benötigen nun eine spezielle Erlaubnis, um ihre Pässe zurückzubekommen und ins Ausland zu reisen (DZ 2.4.2017). Ein Beamter erklärte gegenüber der staatlichen Zeitung Global Times, dass das Einsammeln der Dokumente der jährlichen Kontrolle diene und eine Maßnahme zur "Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung" sei. Dabei gab es bereits seit 1.6.2016 für die Einwohner Xinjiangs strenge Auflagen für den Erwerb von Reisedokumenten. Biometrische-Daten, eine DNA-Blutprobe, Fingerabdrücke sowie eine Stimmaufzeichnung und ein dreidimensionales Foto des Körpers müssen bei einem Antrag zur Verfügung gestellt werden (DZ 25.11.2016; vgl. BBC 7.6.2016). Viele Muslime aus Xinjiang klagen, dass sich chinesische Behörden oft weigern Dokumente für Reisen auszustellen (BBC 7.6.2016).

Human Rights Watch nennt das Vorgehen eine Verletzung des Rechts auf Bewegungsfreiheit und eine Maßnahme kollektiver Bestrafung (DZ 25.11.2016).

KI vom 30.10.2015: Ein-Kind-Politik (Abschnitt 1/Relevant für Abschnitt 13)

China hat offiziell das Ende seiner umstrittenen Ein-Kind-Politik verkündet. Von nun an dürften alle Paare mit staatlicher Erlaubnis zwei Kinder bekommen (Zeit 29.10.2015). Der Beschluss wurde bei einem viertägigen Treffen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei (KP) gefasst (SDZ 29.10.2015).

Paare durften seit Ende der 1970er-Jahre nur noch ein Kind bekommen, um die hohe Bevölkerungsanzahl in der Volksrepublik unter Kontrolle zu bekommen. Bei Verstößen drohten Geldstrafen, Jobverlust und in manchen Fällen Zwangsabtreibungen oder -sterilisierungen. So nahm 2012 die Zahl der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter erstmals seit Jahrzehnten ab (DS 29.10.2015).

Nun wird die in den 70er Jahren eingeführte Regel offiziell aufgehoben, um die schädlichen Auswirkungen auf die älter werdende Gesellschaft zu beheben und die gezielte Abtreibung weiblicher Föten zu reduzieren (SDZ 29.10.2015).

Die Chinesische Akademie der Sozialwissenschaften hatte nach früheren Medienberichten eine Zwei-Kind-Lösung als Antwort auf die Alterung der Gesellschaft und eine fallende Geburtenquote vorgeschlagen. Jede Chinesin bekommt demnach im Schnitt weniger als 1,6 Kinder. Für eine stabile Bevölkerung ist eine Quote von 2,1 nötig (NZZ 29.10.2015).

Rechtsschutz/Justizwesen

Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 15.10.2014). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2014, vgl. FH 28.1.2015a). Parteipolitisch-rechtliche Ausschüsse überwachen die Tätigkeit der Gerichte auf allen Ebenen und erlauben Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KPCh zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen (FH 28.1.2015). Die Gerichte sind auf jeder Ebene administrativ und institutionell den jeweiligen Einheiten des Nationalen Volkskongresses verantwortlich, von denen sie laut Verfassung auch errichtet werden. Jedes Gericht verfügt über ein Rechtskomitee, bestehend aus dem Gerichtspräsidenten, dem Vizepräsidenten und dem Leiter jeder Abteilung des Gerichts. Aufgabe ist es, bei "wichtigen und komplizierten Fällen" Anleitung zu geben. Das Problem ist, dass ein Richter, der einen solchen "komplizierten" Fall betreut, vor dem Urteilsspruch an das Rechtskomitee berichten muss. Es kommt daher zu der Situation, dass Personen, die den Prozess nicht gehört haben, Einfluss auf das Urteil nehmen (ÖB 11.2014). Das 3. Plenum des Zentralkomitees hat im November 2013 Beschlüsse zu einer Justizreform verabschiedet. Neben der Abschaffung des Systems der "Umerziehung durch Arbeit" sind Kernthemen Fragen der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung, nicht zuletzt im Interesse der Korruptions- und Missbrauchsbekämpfung, der Unabhängigkeit der Strafverfolgungsbehörden und Gerichte und Professionalisierung der Justizarbeit. Die Zahl der Straftaten, die die Todesstrafe nach sich ziehen, sollte reduziert werden. Die durchaus ermutigenden Ansätze einer Verrechtlichung werden allerdings durch den fortbestehenden umfassenden Führungsanspruch der Partei relativiert (AA 15.10.2014). Trotz laufender Reformbemühungen gibt es, vor allem auf unterer Gerichtsebene, noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern, was die unterschiedliche Rechtsqualität zwischen den Gerichten in den großen Städten und den kleineren Städten erklärt (ÖB 11.2014). Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll "Fehlverhalten" von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) unter seinem als besonders "linientreu" geltenden Präsidenten und die Oberste Staatsanwaltschaft haben in ihren Berichten an den Nationalen Volkskongress im März 2014 in erster Linie gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren große Aufmerksamkeit (AA 15.10.2014).

Am 1.1.2013 trat eine Novelle des chinesischen Strafprozessgesetzes in Kraft. Es handelt sich dabei um die umfassendste Reform des Strafrechts seit 16 Jahren. Neu aufgenommen wurde "die Hochachtung und der Schutz der Menschenrechte". So sind z.B. gemäß Art. 50 Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung verboten. Gemäß Art. 83 sollen die Familien der Internierten innerhalb von 24 Stunden ab Strafarrest informiert werden, es sei denn es ist nicht möglich. Gemäß Art. 188 tragen Ehepartner, Eltern und Kinder keine Beweispflicht mehr. Die Rechte der Verteidigung wurden in einigen Bereichen gestärkt; so sind Geständnisse, die durch illegale Methoden wie Folter erzwungen werden, ungültig. Beweismittel und Zeugenaussagen, die auf unrechtmäßigem Wege gewonnen wurden, sind vor Gericht unzulässig; Polizeibehörden können Verdächtige nicht mehr zwingen sich selbst zu bezichtigen; dies könnte zu einem Rückgang an Foltervorfällen durch Polizeiorgane führen. Der Schutz jugendlicher Straftäter wird erhöht (ÖB 11.2014, vgl. FH 23.1.2014a, AI 23.5.2013, AA 15.10.2014). Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 15.10.2014).

2014 wurden schrittweise weitere Reformen eingeleitet, darunter die Anordnung an Richter, Entscheidungen über ein öffentliches Onlineportal zugänglich zu machen sowie ein Pilotprojekt in sechs Provinzen um die Aufsicht über Bestellungen und Gehälter auf eine höhere bürokratische Ebene zu verlagern. Beim vierten Parteiplenum im Oktober 2014 standen Rechtsreformen im Mittelpunkt. Die Betonung der Vorherrschaft der Partei über das Rechtssystem und die Ablehnung von Aktionen, die die Unabhängigkeit der Justiz erhöhen würden, wurde jedoch beibehalten. Dies führte zu Skepsis hinsichtlich der tatsächlichen Bedeutung der Reform (FH 28.1.2015a).

Das neue Gesetz sieht allerdings vor, dass "Staatsicherheit gefährdende" Verdächtige an einem "designierten Ort" bis zu 6 Monate unter "Hausarrest" gestellt werden können. Die Familie muss zwar formell innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Dieser Aufenthaltsort könnte auch außerhalb offizieller Einrichtungen sein. Rechtsexperten sehen darin eine signifikante Ausweitung der Polizeimacht, denn es ist zu befürchten, dass es an diesen geheimen Orten weiterhin zu Folterhandlungen kommen könnte (ÖB 11.2014, vgl. FH 23.1.2014a, AI 23.5.2013). Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen "konterrevolutionären Straftaten" abgeschafft und im Wesentlichen durch Tatbestände der "Straftaten, die die Sicherheit des Staates gefährden" (Art. 102-114 chin. StG) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 15.10.2014). Der Vorwurf der "Gefährdung der Staatssicherheit" oder des "Terrorismus" sind vage Begriffe, die oft als Vorwand von Maßnahmen gegen Dissidenten verwendet werden; jährlich werden ca. 1.000 Personen wegen des Verdachts auf "Gefährdung der Staatssicherheit" festgehalten (ÖB 11.2014, vgl. FH 23.1.2014a, AI 23.5.2013). Häufig wurden Anklagen wegen "Gefährdung der Staatssicherheit", "Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt" oder "Preisgabe von Staatsgeheimnissen" erhoben und langjährige Gefängnisstrafen gegen Personen verhängt, weil sie Internetblogs veröffentlicht oder als sensibel eingestufte Informationen ins Ausland weitergeleitet hatten. Der Staat benutzt somit das Strafrechtssystem dazu, seine Kritiker zu bestrafen (AI 23.5.2013). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder "Verrat von "Staatsgeheimnissen" lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang bei der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. U.a. wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, einen Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird ihm vom Gericht überhaupt ein Verteidiger bestellt (AA 15.10.2014).

Rechtsanwälte, die in kontroversen Fällen tätig wurden, mussten mit Drangsalierungen und Drohungen seitens der Behörden rechnen, und in einigen Fällen wurde ihnen die weitere berufliche Tätigkeit verboten. Dies hatte zur Konsequenz, dass der Zugang der Bürger zu einem gerechten Gerichtsverfahren sehr stark eingeschränkt war. Verstöße gegen das Recht von Angeklagten auf ein faires Gerichtsverfahren und gegen andere ihrer Rechte waren gängige Praxis, darunter der verwehrte Zugang zu Anwälten und Familienangehörigen, Inhaftierungen über die rechtlich zulässige Zeitdauer hinaus, sowie Folter und Misshandlung in Gewahrsam (AI 23.5.2013; vgl. FH 23.1.2014a).

Die wachsende Anzahl von Bürgerrechtsanwälten war auch 2014 weiterhin mit Beschränkungen und körperlichen Angriffen konfrontiert. Anwälte wurden daran gehindert, ihre Klienten zu sehen, geschlagen und in einigen Fällen sogar festgehalten und gefoltert (FH 28.1.2015a).

Willkürliche Verhaftungen oder Hausarrest ("soft detention") ohne gerichtliche Verfahren kommen häufig vor. Personen werden oft über lange Zeit hinweg in ihrer eigenen Wohnung oder an anderen Orten ohne Zugang zur Außenwelt festgesetzt (AA 15.10.2014).

Der Nationale Volkskongress schaffte Chinas berüchtigtes System der "Umerziehung durch Arbeit" im Dezember 2013 offiziell ab. In der Folge griffen die Behörden ausgiebig auf andere Formen der willkürlichen Inhaftierung zurück, wie z.B. Schulungseinrichtungen für Rechtserziehung, verschiedene Arten der Administrativhaft, geheime "black jails" und rechtswidrigen Hausarrest. Darüber hinaus benutzte die Polizei häufig vage Anklagen wie "Streitsucht und Unruhestiftung" oder "Störung der Ordnung in der Öffentlichkeit", um politisch engagierte Bürger für Zeiträume von bis zu 37 Tagen willkürlich in Haft zu nehmen. KPCh-Mitglieder, die unter Korruptionsverdacht standen, wurden im Rahmen des geheimen Disziplinarsystems shuanggui ("doppelte Festlegung") ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand und ihren Familien in Gewahrsam gehalten (AI 25.2.2015, vgl. ÖB 11.2014).

Sicherheitsbehörden

Zivile Behörden behielten die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte bei (USDOS 25.6.2015). Die KPCh kontrolliert und leitet die Sicherheitskräfte auf allen Ebenen. 2013 dehnte die Partei ihren Apparat zur "Stabilitätserhaltung", mit dem Recht und Ordnung erhalten werden soll, allerdings auch friedlicher Protest unterdrückt und die Bevölkerung überwacht wird, weiterhin aus (FH 23.1.2014a). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes. Nach dem Gesetz zur Landesverteidigung von 1997 sind die Streitkräfte nicht dem Staatsrat, sondern der Partei unterstellt (AA 4.2015a).

Für die innere Sicherheit sind zuständig:

(1) Polizei und Staatsanwaltschaften, die Rechtsverstöße des Normalbürgers verfolgen;

(2) Disziplinar-Kontrollkommission der KPCh, die gegen Verstöße von KP-Mitgliedern einschreitet;

(3) Einheiten des Ministeriums für Verwaltungskontrolle, die fu¿r Pflichtverletzungen im Amt zuständig sind (AA 15.10.2014).

Für den Bereich der Gefahrenabwehr ist primär das dem Staatsrat unterstehende Ministerium für Öffentliche Sicherheit (MfÖS) mit seinen Polizeikräften verantwortlich, das daneben auch noch für Strafverfolgung zuständig ist und in Teilbereichen mit nachrichtendienstlichen Mitteln arbeitet. Aufgaben der Polizei sind sowohl die Gefahrenabwehr als auch die Strafverfolgung, bei der ihr u. a. die Anordnung von Administrativhaft als Zwangsmaßnahme zur Verfügung steht. Im Bereich der Strafverfolgung ist sie für die Durchführung von strafrechtlichen Ermittlungsverfahren originär zuständig. Bei Delikten, die von Polizisten aufgrund ihrer Amtsstellung begangen werden können, ermittelt die Staatsanwaltschaft selbst, während sie sonst primär die Tätigkeit der polizeilichen Ermittlungsorgane beaufsichtigt und auf Grundlage deren Empfehlung über die Erhebung der Anklage entscheidet (AA 15.10.2014).

Das Ministerium für Staatssicherheit (MSS) ist u.a. zuständig für die Auslandsaufklärung sowie für die Überwachung von Auslandschinesen und von Organisationen oder Gruppierungen, welche die Sicherheit der VR China beeinträchtigen könnten. Es überwacht die Opposition im eigenen Land, betreibt aber auch Spionageabwehr und beobachtet hierbei vielfach auch die Kontakte zwischen ausländischen Journalisten und chinesischen Bürgern. Darüber hinaus verfügen auch die Streitkräfte über einen eigenen, sorgfältig durchstrukturierten Nachrichtendienst, die 2. Hauptverwaltung im Generalstab, die sich in Konkurrenz zum MSS und MfÖS sieht. Die elektronische Aufklärung wird vornehmlich durch die 3. Hauptverwaltung im Generalstab wahrgenommen. Zudem sind viele Arbeitseinheiten parallel mit der Beschaffung von Informationen bzw. mit Überwachungsaufgaben von in- und ausländischen Bürgern befasst. Vor allem das Internationale Verbindungsbüro unter der politischen

1. Hauptverwaltung des Generalstabs ist zuständig für Informationen aus dem Ausland, für die Entsendung von Agenten in Auslandseinsätze, meist unter diplomatischer "Tarnung", und für die Überwachung des eigenen diplomatischen Personals. Zahlreiche "Think tanks" sind für die Beschaffung von Auslandsinformationen zuständig (AA 15.10.2014).

Korruption

Bei der Polizei auf lokaler Ebene ist Korruption weit verbreitet, auch die Justiz wird durch Korruption beeinflusst. Es gibt Strafen für Korruption, doch dieses Gesetz wird nicht konsequent und transparent umgesetzt (USDOS 25.6.2015, vgl. FH 28.1.2015a)

Das Vierte Plenum des 18. Zentralkomitees der KPCh, welches von 20.

- 23-10.2014 unter dem Motto "yi fa zhi guo", wörtlich "den Gesetzen entsprechend das Land regieren" tagte, bekräftigte den harten - und weitgehend außerhalb rechtsstaatlicher Verfahren abgewickelten - Anti-Korruptionskampf (ÖB 11.2014).

2014 erreichte eine aggressive Korruptionsbekämpfungskampagne die höchsten Ränge der Partei. Korruption bleibt weit verbreitet, in vielen Fällen auch in stark von der Regierung regulierten Bereichen wie Landnutzungsrechte, Immobilien, Bergbau und Entwicklung der Infrastruktur - die anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergeld sind. Trotz der Bemühungen der Regierung die Korruption zu bekämpfen bleibt diese bestehen. Die Strafverfolgung ist sehr selektiv und undurchsichtig, sodass persönliche Netzwerke und interne Machtkämpfe innerhalb der KPCh die Zielpersonen und Ausgänge beeinflussen. Ein Durchgreifen auf unabhängige Korruptionsbekämpfungsaktivisten und Repressalien gegen ausländische Medien bei Untersuchungen des Einflusses von Bestechung von hochrangigen Beamtenfamilien haben die Effektivität und Legitimität der Kampagne weiter untergraben (FH 28.1.2015a). Im Jahr 2013 langten bei der Zentralen Kommission für Disziplinaruntersuchungen 1,95 Millionen Korruptionsvorwürfe ein,

172.532 Fälle wurden untersucht und 182.038 Disziplinarverfahren verhängt (USDOS 25.6.2015).

Frauen

Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist seit 1949 erklärtes politisches Ziel der Regierung. In der Verfassung ist festgelegt, dass Frauen in allen Bereichen des Lebens die gleichen Rechte wie Männer genießen. Allerdings gibt es noch immer wenige Frauen in gehobenen Positionen, so auch in der Politik (AA 15.10.2014). Die Regierung gibt keine Einschränkungen bei der Teilhabe von Frauen und Minderheiten im politischen Prozess vor, jedoch halten Frauen nur wenige Positionen von signifikantem Einfluss in der KPCh oder der Regierungsstruktur. Die Regierung ermutigt Frauen in den Dorfkomitees zu wählen und sich zur Wahl aufstellen zu lassen, jedoch sind nur wenige der gewählten Mitglieder Frauen. Das Wahlgesetz sieht Quoten für Frauen vor. Es gibt Gesetze zum Schutz von Frauen, dennoch kommt es zu Diskriminierung von Frauen (USDOS 25.6.2015).

In der patriarchalisch veranlagten chinesischen Gesellschaft sind Frauen vor allem in ländlichen Gebieten benachteiligt (AA 15.10.2014). Häusliche Gewalt ist weiterhin ein großes Problem (USDOS 25.6.2015). Ein starker rechtlicher Mechanismus zum Schutz von Frauen gegen häusliche Gewalt ist somit nicht vorhanden. Sowohl das Ehegesetz als auch das Gesetz zum Schutz von Rechten und Interessen von Frauen beinhalten Bestimmungen, die direkt häusliche Gewalt verbieten, jedoch meinen einige Experten diese wären zu allgemein gehalten, versagen darin, häusliche Gewalt zu definieren und sind schwierig umzusetzen. Aufgrund des Standards, dass alle Zweifel ausgeschlossen werden müssen, kann ein Richter ohne Geständnis nicht gegen den Gewalttäter entscheiden. Berichten zufolge kommt in einem Viertel der Familien häusliche Gewalt vor, mehr als 85% der Opfer sind Frauen. Die Regierung unterstützt Unterkünfte für Opfer häuslicher Gewalt, und einige Gerichte begannen, Opfer zu schützen. Hilfe erreicht jedoch nicht immer die Opfer und Sicherheitskräfte ignorieren häusliche Gewalt oft. Die All China Women's Federation berichtete im Jahr 2013 von 70.000 Beschwerden jährlich. Laut der letzten verfügbaren Statistik aus dem Jahr 2008 gab es landesweit 12.000 spezielle Kabinen bei der Polizei für Anzeigen von häuslicher Gewalt, 400 Schutzhäuser für Gewaltopfer und 350 medizinische Untersuchungszentren für Frauen, die Anzeige erstatten (USDOS 25.6.2015).

Im November 2014 veröffentlichte die Regierung das Gesetz gegen häusliche Gewalt, das zwar einen Schritt in die richtige Richtung darstellt, aber hinter internationalen Standards und bewährten Verfahrensweisen zurückbleibt (HRW 29.1.2015).

Zwangsprostitution und Menschenhandel werden strafrechtlich verfolgt. Es gibt glaubhafte Berichte, dass lokale Behörden an Einrichtungen, in denen Prostitution ausgeübt wird, beteiligt sind. Prostitution ist zwar keine Straftat, aber ein Verstoß gegen die öffentliche Ordnung, der mit Administrativhaft geahndet wird (AA 15.10.2014).

Nach dem Gesetz über den Schutz und die Rechte von Frauen ist sexuelle Belästigung von Frauen strafbar. Das Gesetz ist jedoch sehr vage formuliert, entsprechende Regelungen im Strafgesetz fehlen (AA 15.10.2014). Vergewaltigung ist verboten, die Strafen reichen von drei Jahren Haft bis zur Todesstrafe. Offizielle Statistiken zu Vergewaltigung sind nicht verfügbar (USDOS 25.6.2015).

Frauen sind von der Durchsetzung der Familienplanungspolitik der VR China in besonderem Maße betroffen (AA 15.10.2014). So sind die reproduktiven Rechte besonders von Frauen durch diese Familienplanungspolitik stark beschränkt (HRW 29.1.2015).

Bewegungsfreiheit

Die beschriebenen Repressionen erfolgen landesweit nicht einheitlich. Da wegen der Größe des Landes und der historisch überkommenen Strukturen Einfluss und Kontrolle der Zentralregierung in den einzelnen Landesteilen unterschiedlich ausgeprägt sind, treten staatliche oder dem Staat zurechenbare Übergriffe in den Regionen unterschiedlich häufig auf. Daher kann es im Einzelfall möglich sein, durch einen Ortswechsel Repressalien auszuweichen. So berichten beispielsweise protestantische Hauskirchen von besonders großem Druck in den Provinzen Hubei, Hebei und Heilongjiang, während sie in Peking relativ ungehindert praktizieren können. Allerdings ist ein Umzug von in der VR China lebenden Chinesen in einen anderen Landesteil durch die restriktive Registrierungspraxis ("Hukou"- System) nur schwer möglich (Verlust des Zugangs zu Bildung und Sozialleistungen). Für Personen aus ländlichen Gebieten ist es schwierig, legal in eine Stadt überzusiedeln. Für aus politischen Gründen Verfolgte gibt es nach Ansicht des Auswärtigen Amtes keine sichere Ausweichmöglichkeit innerhalb Chinas (AA 15.10.2014).

Behandlung nach Rückkehr

Soweit Rückführungen aus Deutschland erfolgen, konnten die zurückgeführten Personen die Passkontrolle nach einer Identitätsüberprüfung unbehindert passieren und den Flughafen problemlos verlassen bzw. ihre Weiterreise in China antreten. Vereinzelte Nachverfolgungen von Rückführungen durch die Deutsche Botschaft Peking ergaben keinen Hinweis darauf, dass abgelehnte Personen allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Ein Asylantrag allein ist nach chinesischem Recht kein Straftatbestand. Personen, die China illegal, d.h. unter Verletzung der Grenzübertritts-Bestimmungen verlassen haben, können bestraft werden. Es handelt sich aber um ein eher geringfügiges Vergehen, das - ohne Vorliegen eines davon unabhängigen besonderen Interesses - keine politisch begründeten, unmenschlichen Repressalien auslöst. Nach Art. 322 chin. StG droht bei Vorliegen schwerwiegender Tatumstände Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr, Gewahrsam oder Überwachung und zusätzlich eine Geldstrafe. Nach bisherigen Erkenntnissen wird das Vergehen in der Praxis aber nur gelegentlich und dann mit Geldbuße geahndet (AA 15.10.2014).

Besondere Aufmerksamkeit widmet die chinesische Führung führenden Mitgliedern der Studentenbewegung von 1989, soweit sie noch im Ausland aktiv sind. Dies gilt auch für bekannte Persönlichkeiten, die eine ernst zu nehmende Medienresonanz im westlichen Ausland hervorrufen. Eine Überwachung oder sogar Gerichtsverfahren gegen diese Personen sind bei Rückkehr in die VR China nicht auszuschließen. Aktivitäten der uigurischen Exilorganisationen stehen unter besonderer Beobachtung der chinesischen Behörden (einschließlich der Auslandvertretungen), insbesondere:

• der Weltverband der Uiguren,

• die Ostturkistanische Union in Europa e.V.,

• der Ostturkistanische (Uigurische) Nationalkongress e.V. und

• das Komitee der Allianz zwischen den Völkern Tibets, der Inneren Mongolei und Ostturkistans

Aufklärung über die und Bekämpfung der von extremen Vertretern der uigurischen Minderheit getragenen Ostturkistan-Bewegung zählen zu den obersten Prioritäten des Staatsschutzes. Anhänger dieser Bewegung werden mit unnachgiebiger Härte politisch und strafrechtlich verfolgt. Mitglieder uigurischer Exilorganisationen haben bei ihrer Rückkehr nach China mit Repressionen zu rechnen. Es sind bisher keine Fälle von ehemaligen Mitgliedern oder Vorstandsmitgliedern exilpolitischer uigurischer Organisationen aus Deutschland bekannt geworden, die nach China zurückgekehrt sind. Berichtet wird jedoch über Fälle von Abschiebungen nach China aus anderen Ländern Asiens mit anschließender Folter oder Verurteilung (AA 15.10.2014).

In den letzten Jahren kam es, vermutlich auf chinesischen Druck, immer wieder zur Abschiebung von uigurischen Asylwerbern aus Nachbarländern, vor allem aus Kambodscha, Thailand, Pakistan und Malaysia. Im Juli 2012 wurden aus Malaysia abgeschobene Uiguren zu bis zu 15 Jahren Haft wegen "separatistischer Tätigkeiten" verurteilt (ÖB 11.2014)."

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob die durch den Verein Menschenrechte Österreich vertretene Beschwerdeführerin am 16.02.2018 fristgerecht Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, mangelhafter bzw. unrichtiger Bescheidbegründung sowie wegen Rechtswidrigkeit infolge von Verletzung der Verfahrensvorschriften und begründete dies, nach Wiedergabe des Sachverhalts, zusammengefasst damit, dass sich ihres Erachtens aus ihrem Vorbringen ein Fluchtgrund ergebe und ihr im Fall einer Abschiebung nach China eine reale Verletzung von Art. 2 und 3 EMRK drohe.

2. Feststellungen:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Inhalt des vorliegenden Verwaltungsaktes der Beschwerdeführerin, beinhaltend die niederschriftliche Befragung am 12.12.2017, die niederschriftliche Erstbefragung am selben Tag und die niederschriftliche Einvernahmen der Beschwerdeführerin vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 11.01.2018, den gegenständlichen Bescheid vom 19.01.2018 sowie die Beschwerde vom 16.02.2018; durch Einholung von Auszügen aus ZMR, GVS und Strafregister; und schließlich durch Einsichtnahme in die Länderinformationen zum Herkunftsstaat.

2.1. Feststellungen zur Beschwerdeführerin:

Die Identität der Beschwerdeführerin steht nicht fest.

Die Beschwerdeführerin ist eine weibliche Staatsangehörige der Volksrepublik China, Angehörige der Volksgruppe der Han und konfessionslos. Die Beschwerdeführerin spricht Chinesisch auf muttersprachlichem Niveau.

Die Beschwerdeführerin reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt nach Österreich ein und wurde am 11.12.2017 im Zuge einer fremdenpolizeilichen Kontrolle in Wien aufgegriffen. Sie stellte daraufhin am 12.12.2017 einen Antrag auf internationalen Schutz. Die von ihr vorgebrachten Fluchtgründe werden der Entscheidung nicht zugrunde gelegt.

Die Beschwerdeführerin verfügt in Österreich über keine familiären Angehörigen. Sie bestreitet ihren Lebensunterhalt durch Betteln. Eine besondere Integrationsverfestigung kann nicht festgestellt werden. Die Beschwerdeführerin ist strafgerichtlich unbescholten.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin ihr Herkunftsland aufgrund asylrelevanter Verfolgung verlassen hat beziehungsweise eine solche im Falle ihrer Rückkehr zu befürchten hätte.

Ebenfalls kann nicht festgestellt werden, dass die Beschwerdeführerin im Falle ihrer Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Volksrepublik China in ihrem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlungen unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Ebenso wenig leidet sie an schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten.

2.2. Länderfeststellungen zum Herkunftsstaat der Beschwerdeführerin:

Zur Lage in der Volksrepublik China wird auf die von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen verwiesen.

Aus den herangezogenen Berichten ergibt sich im Wesentlichen, dass keine bürgerkriegsähnlichen Zustände oder Kampfhandlungen in der Volksrepublik China bestehen und es auch sonst zu keinen nennenswerten sicherheitsrelevanten Vorfällen gekommen ist. Auch herrscht in der Volksrepublik China kein Klima ständiger latenter Bedrohung, struktureller Gewalt und unmittelbarer Einschränkung, durch welche alle Einwohner einer erhöhten Wahrscheinlichkeit von Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sind. Obwohl Korruption in China auch bei Behörden und Gerichten verbreitet ist, lässt sich daraus nicht ableiten, dass der Schutz vor Übergriffen durch kriminelle Personen nicht gewährleistet wäre und in China hinsichtlich krimineller Aktivitäten generell ein unverhältnismäßig hohes Sicherheitsrisiko bestehen würde. Auch sonst geht nicht hervor, dass die Beschwerdeführerin, die nicht politisch aktiv bzw. auffällig war, ohne religiöses Bekenntnis ist und der Volksgruppe der Han angehört, angesichts der allgemeinen Verhältnisse Verfolgung befürchten müsste. Auch im Hinblick auf die allgemeine Versorgungslage ergibt sich kein Anhaltspunkt, wonach die Beschwerdeführerin im Herkunftsstaat in eine ausweglose Situation (Verpflegung/Unterkunft) geraten würde oder, dass Personen in China allein deshalb politisch oder strafrechtlich verfolgt werden, weil sie im Ausland einen Asylantrag gestellt haben. Allfällige Einschränkungen der Bewegungsfreiheit durch eine restriktive Registrierungspraxis ("Hukou"-System) in der Volksrepublik China bewirken jedoch keine exzeptionellen Umstände, die von Art. 3 EMRK erfasst werden.

3. Beweiswürdigung

3.1. Die Identität der Beschwerdeführerin konnte mangels Vorlage unbedenklicher Personaldokumente nicht zweifelsfrei festgestellt werden. Lediglich die Staatsangehörigkeit erscheint - basierend auf Sprachkenntnissen und der glaubhaft relevierten ethnischen Zugehörigkeit - hinreichend gesichert. Ebenso erweist sich die vorgebrachte Konfessionslosigkeit der Beschwerdeführerin als glaubhaft.

3.2. Die darüber hinausgehenden Feststellungen zum Privatleben der Beschwerdeführerin in Österreich ergeben sich aus deren insofern objektiv nachvollziehbaren Ausführungen (EV 11.01.2018, AS 73). Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin in Österreich strafgerichtlich unbescholten ist, ergibt sich aufgrund eines amtswegig eingeholten Auszuges aus dem Strafregister.

3.3. Die Feststellung, dass die Beschwerdeführerin an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Krankheiten leidet, ergibt sich aufgrund ihrer Angaben bzw. wurde derartiges im gegenständlichen Verfahren schlichtweg nicht vorgebracht und finden sich auch im Verwaltungsakt keine Hinweise, die auf das Vorliegen einer solchen Erkrankung schließen lassen.

3.4. Die Beschwerdeführerin hat im gesamten Verfahren keinen asylrelevanten Fluchtgrund vorgebracht. Sie berief sich ausschließlich auf - nicht feststellbare - private Gründe, aufgrund derer sie ihren Herkunftsstaat verlassen habe.

Zusammengefasst brachte die Beschwerdeführerin vor, sie sei geflohen, weil ihr alkoholisierter Ehegatte sie verprügelt habe (EB 12.12.2017, AS 15; EV 11.01.2018, AS 73). Sie dürfe nicht nach China zurück, weil sie sonst sterben würde (EB 12.12.2017, AS 15).

Im Verfahren hatte die Beschwerdeführerin ausreichend Gelegenheit, um ihre Fluchtgründe darzulegen. Die Beschwerdeführerin konnte ihr Vorbringen in keiner Weise substantiieren oder belegen. Insbesondere konnte sie keine Auskunft auf die Frage geben, warum sie befürchte, bei einer Rückkehr nach China zu sterben. Nachgefragt, ob sie sich in China an die Behörden gewandt habe, gab sie widersprüchliche Antworten (EV 11.01.2018, AS 75).

Ebenso konnte die Beschwerdeführerin nicht nachvollziehbar erklären, warum sie vor ihrem Ehegatten nicht innerhalb Chinas geflohen sei (EV 11.01.2018, AS 75).

Ihr Vorbringen im Zuge der Antragstellung, ihr Haus sei von der Regierung abgerissen worden und ihr Mann habe im Zuge dessen mit einem Beamten einen Konflikt gehabt und sei von diesem geschlagen worden, wiederholte die Beschwerdeführerin in der darauf folgenden Erstbefragung sowie in der niederschriftlichen Einvernahme nicht und konnte dieses Vorbringen somit den Feststellungen ebenfalls nicht zugrunde gelegt werden.

3.5. Die Feststellungen zu den entscheidungsrelevanten Aspekten der Situation in der Volksrepublik China, die diesem Erkenntnis zu Grunde liegen, stützen sich auf die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde gelegten Länderdokumente. Die Beschwerdeführerin konnte die Richtigkeit der entsprechenden, seitens der Verwaltungsbehörde getroffenen, Feststellungen und den daraus gezogenen Schlussforderungen nicht substantiell bestreiten. In der Beschwerde findet sich überhaupt kein substantiiertes Vorbringen hinsichtlich der Länderfeststellungen. Hinsichtlich der Sicherheitslage in der Volksrepublik China ist jedenfalls kein Zustand erkennbar, wonach keinem chinesischen Staatsbürger, noch dazu einer Angehörigen der Mehrheitsethnie der Han, mehr eine Rückkehr aus dem Ausland zumutbar wäre (im Sinne eines völligen Zusammenbruchs aller staatlicher Strukturen, wie zeitweise etwa in Somalia der Fall); besondere Gefährdungsfaktoren sind im Fall der Antragstellerin ebenso nicht gegeben. An der Aktualität der herangezogenen Quellen hat sich, wie bereits angesprochen, bezogen auf das zu beurteilende Verfahren, keine entscheidungsmaßgebliche Änderung ergeben.

3.6. Aus den dargestellten Angaben der Beschwerdeführerin in Zusammenschau mit den aus den herangezogenen Herkunftslandberichten ersichtlichen Informationen ergibt sich zweifelsfrei, dass diese keine begründete Furcht vor Verfolgung aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Motive aufweist. Weiters hat diese im Falle einer Rückkehr aus sonstigen Gründen keine existenzbedrohende Notlage zu erwarten, welche vom Schutzbereich des Art. 3 EMRK erfasst wäre.

4. Rechtliche Beurteilung:

4.1. Zuständigkeit, Entscheidung durch Einzelrichter:

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden (BFA-Verfahrensgesetz; BFA-VG), BGBl I 87/2012 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz; BVwGG), BGBl I 10/2013 idgF entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor.

4.2. Anzuwendendes Verfahrensrecht:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz; VwGVG) BGBl I Nr. 22/2013 idgF geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl 51/1991 (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung BGBl 194/1961 (BAO), des Agrarverfahrensgesetzes BGBl 173/1950 (AgrVG), und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 BGBl 29/1984 (DVG), und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

§ 1 BFA-VG bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt.

Gemäß §§ 16 Abs. 6, 18 Abs. 7 BFA-VG sind für Beschwerdevorverfahren und Beschwerdeverfahren die §§ 13 Abs. 2 bis 5 und 22 VwGVG nicht anzuwenden.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Zu A)

4.3. Nichtzuerkennung des Status der Asylberechtigten:

Gemäß § 3 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005; AsylG 2005) BGBl I 100/2005 idgF hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg.cit. zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Flüchtling iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 Genfer Flüchtlingskonvention (idF des Art. 1 Abs. 2 des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge BGBl. 78/1974; GFK) ist, wer sich "aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren".

Zentraler Aspekt dieses Flüchtlingsbegriffs der GFK ist die "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung".

Wohlbegründet kann eine Furcht nur dann sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers und unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. etwa VwGH 22.12.1999, 99/01/0334; 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde.

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht; die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (vgl. VwGH 21.12.2000, 2000/01/0131; 25.01.2001, 2001/20/011). Für eine "wohlbegründete Furcht vor Verfolgung" ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (vgl. VwGH 26.02.1997, 95/01/0454; 09.04.1997, 95/01/0555), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH 18.04.1996, 95/20/0239; 16.02.2000, 99/01/097), sondern erfordert eine Prognose. Verfolgungshandlungen, die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318).

Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK nennt (vgl. VwGH 09.09.1993, 93/01/0284; 15.03.2001, 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorherigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (vgl. VwGH 16.06.1994, 94/19/0183; 18.02.1999, 98/20/0468). Relevant kann aber nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss vorliegen, wenn der Asylbescheid erlassen wird; auf diesen Zeitpunkt hat die Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den genannten Gründen zu befürchten habe (vgl. VwGH 09.03.1999, 98/01/0318; 19.10.2000, 98/20/0233).

Eine Verfolgung, dh. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der GFK genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (vgl. VwGH 27.01.2000, 99/20/0519;

22.03.2000, 99/01/0256; 04.05.2000, 99/20/0177; 08.06.2000, 99/20/0203; 21.09.2000, 2000/20/0291; 07.09.2000, 2000/01/0153;

u. a.).

Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK genannten Gründen zu befürchten hat (vgl. VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Im vorliegenden Fall ist aus den Gesamtangaben der Beschwerdeführerin nicht ableitbar, dass sie zum gegenwärtigen Zeitpunkt bzw. in Zukunft im Herkunftsstaat konkrete Verfolgungsmaßnahmen von gewisser Intensität zu befürchten hätte. Die dargestellten Voraussetzungen, nämlich aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund, sind nicht gegeben. Wie bereits ausgeführt, reduzieren sich die Antragsmotive der Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall ausschließlich darauf, dass sie von ihrem gewalttätigen Ehemann fliehen wolle.

Allfällige asylrelevante Probleme oder das potentielle Vorliegen einer Bedrohungs- respektive Verfolgungssituation wurden schlichtweg nicht vorgebracht. Sonstige, in diesem Zusammenhang rechtlich zwingend zu berücksichtigende Hinweise sind im Verfahren ebenfalls nicht hervorgetreten. Der Fluchtgrund der Beschwerdeführerin lässt sich jedenfalls unter keines der in der GFK normierten Tatbestandselemente subsumieren und erweist sich daher im Ergebnis folgerichtig als nicht asylrelevant, weshalb der negative Ausspruch der Erstinstanz zu bestätigen war.

4.4. Nichtzuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten:

Gemäß § 8 Abs.1 AsylG 2005 ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn er in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Ist ein Asylantrag abzuweisen, so hat die Behörde gemäß § 8 AsylG von Amts wegen bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist; diese Entscheidung ist mit der Abweisung des Asylantrages zu verbinden.

Die nationale Rechtsgrundlage des § 8 AsylG 2005 stellt aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichtes die Umsetzung der die europarechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären Schutzes festlegenden Bestimmungen der Statusrichtlinie dar. Die genannte Richtlinie normiert demgemäß als "Voraussetzungen für den Anspruch auf subsidiären Schutz", dass der Drittstaatsangehörige (der die Voraussetzungen für die Anerkennung als Flüchtling nicht erfüllt), bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland (...) tatsächlich Gefahr liefe, einen "ernsthaften Schaden" im Sinne des Art. 15 der Richtlinie zu erleiden (Art. 2 lit. e RL 2004/83/EG).

Unter "ernsthaftem Schaden" versteht die RL 2004/83/EG die folgenden drei Fälle: a) die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe oder b) Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung eines Antragstellers im Herkunftsland oder c) eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

In Hinblick auf die Auslegung der genannten Richtlinienbestimmung ist auf die hiezu ergangenen Judikatur des EuGH, insbesondere die Urteile Elgafaji, 30.01.2014, C-285/12, und M'Bodj, 18.12.2014, C-542/13, hinzuweisen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten oder nicht effektiv verhinderbaren Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.06.1997, 95/18/1293; 17.07.1997, 97/18/0336).

Bei der Entscheidungsfindung ist - neben oben angeführter EuGH-Judikatur - die Rechtsprechung des EGMR zur Auslegung der EMRK, auch unter dem Aspekt eines durch die EMRK zu garantierenden einheitlichen europäischen Rechtsschutzsystems als relevanter Vergleichsmaßstab zu beachten. Dabei kann bei der Prüfung von außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegender Gegebenheiten nur dann in der Außerlandesschaffung des Antragsstellers eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegen, wenn außergewöhnliche, exzeptionelle Umstände, glaubhaft gemacht sind (vgl. EGMR 6.2.2001, 44599/98, Bensaid gegen Vereinigtes Königreich; EGRM Unzulässigkeitsentscheidung 24.06.2003, 13669/03, Henao gegen Niederlande).

Unter Berücksichtigung der Ergebnisse des Beweisverfahrens kann bei einer Gesamtschau im vorliegenden Fall nicht angenommen werden, dass die Antragstellerin im Falle ihrer Rückkehr in ihr Herku

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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