TE Vwgh Beschluss 2018/3/28 Ra 2017/07/0312

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Veröffentlicht am 28.03.2018
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG);
10/07 Verwaltungsgerichtshof;
19/05 Menschenrechte;
40/01 Verwaltungsverfahren;

Norm

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7;
B-VG Art130 Abs1;
B-VG Art133 Abs4;
MRK Art6;
VwGG §31 Abs2;
VwGVG 2014 §17;
VwGVG 2014 §25 Abs5;
VwGVG 2014 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision der AP in A, vertreten durch Dr. Klaus Nuener, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Anichstraße 40, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 7. November 2017, Zl. LVwG-2016/44/2285-21, betreffend ein Verfahren zur Aufhebung vorgeschriebener Auflagen nach § 21b WRG 1959 und ein Überprüfungsverfahren nach § 121 WRG 1959 (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Innsbruck), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin verfügt aufgrund des rechtskräftigen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck (BH) vom 1. März 2010 über die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung einer Hofstelle samt Versickerung von 50 l/s Niederschlagswässer aus Dachflächen über Sickerschächte sowie zur Einleitung der Niederschlagswässer aus den Vorplatz- und Verkehrsflächen im Ausmaß von 49,4 l/s in einen Regenwasserkanal der Gemeinde.

2 Die mit diesem Bescheid bewilligte Anlage befand sich - wie sich auch aus dem diesem zugrunde liegenden Antrag ergibt - bei Erlassung des Bewilligungsbescheides im Grundwasserschongebiet, das zum Schutz des wasserrechtlich bewilligten Tiefbrunnens Ruifach der Wasserversorgungsanlage der Gemeinde A. mit Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol vom 30. November 2000, LGBl. Nr. 77/2000, bestimmt wurde. Diese Verordnung ist seither unverändert in Geltung.

3 Der Bescheid vom 1. März 2010 stützt sich neben dem (allgemeinen) Bewilligungstatbestand für Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird, nach § 32 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 lit. c WRG 1959 auf diverse Bewilligungstatbestände des § 4 vorzitierter Verordnung.

4 In Spruchpunkt VII.) des Bewilligungsbescheides wurden unter anderen folgende Auflagen gemäß § 105 WRG 1959 vorgeschrieben:

"...

8. Für die Anlage ist eine Betriebsordnung auszuarbeiten und der Behörde mit der Fertigstellung vorzulegen.

...

12. Die in befestigten Flächen (Verkehrsflächen, Parkplätze, usw.) angeordneten Sickerschächte der Dachentwässerung sind mit einer tagwasserdichten Schachtabdeckung auszustatten.

...

16. Die Dachhaut (kunststoffbeschichtete Blecheindeckung) ist jährlich im Frühjahr einer optischen Kontrolle zu unterziehen. Sollten dabei Ablösungen der Beschichtung festgestellt werden, sind diese schadhaften Bereiche auszutauschen bzw. der Nachweis zu erbringen, dass die Dachwässer trotz dieser Ablösungen der Dachhautbeschichtung für eine Versickerung unbedenklich sind.

...

18. Der Regenwasserkanal ist so zu dimensionieren, dass das anfallende Niederschlagswasser schadlos und rückstaufrei abfließen kann. Das hydraulische Abfuhrvermögen ist im Ausführungsoperat nachzuweisen.

...

20. Durch den Bau in Anspruch genommene Liegenschaften sind nach Abschluss der Bauarbeiten sofort wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand zu versetzen (Wiederherstellung, Rekultivierung, Asphaltierung von Verkehrsflächen etc.).

...

28. Sämtliche Kanäle (Regen- und Schmutzwasserkanäle, Kanal von der Mistlege zur Güllegrube) sowie die Güllegrube selbst, sind alle 5 Jahre einer fachgerechten Dichtheitsprüfung zu unterziehen. Das Protokoll und die Prüfzeugnisse sind der Behörde unaufgefordert vorzulegen.

...

32. Die Dimensionierung des Regenwasserkanals für die Vorplatzwässer hat im Einvernehmen mit der Gemeinde A zu erfolgen. Dabei sind allfällige Retentionsmaßnahmen zu berücksichtigen.

...

36. Die Vorplatzgestaltung hat derart zu erfolgen, dass keine Niederschlagswässer in das umliegende Gelände abfließen und dort versickern, sondern sämtliche anfallende Niederschlagswässer über die Straßeneinläufe dem Regenwasserkanal zugeleitet werden. Gegebenenfalls sind Abgrenzungen in Form von Randleisten vorzusehen.

..."

5 Die BH wies den Antrag der Revisionswerberin vom 26. August 2016 auf Aufhebung der im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen Nr. 8., 12., 16., 18., 28. und 32. mit dem vor dem Verwaltungsgericht angefochtenen Bescheid vom 21. September 2016 gemäß § 21b WRG 1959 ab (Spruchpunkt I.) und trug der Revisionswerberin gemäß § 121 Abs. 1 WRG 1959 auf, die anlässlich einer zur Überprüfung der Übereinstimmung der Anlage mit der erteilten Bewilligung durchgeführten Verhandlung festgestellten Mängel und Abweichungen insofern zu beseitigen, als die Vorplatz- und Verkehrsflächen bis zum 30. April 2017 zu asphaltieren und die in Spruchpunkt VII. des Bescheides vom 1. März 2010 vorgeschriebenen Auflagen Nr. 8., 12., 18., 20., 28., 32. und 36. zu erfüllen sind (Spruchpunkt II.).

6 Dagegen erhob die Revisionswerberin Beschwerde an das Verwaltungsgericht.

7 Anlässlich der am 12. April 2017 durchgeführten (und am 12. September 2017 fortgesetzten) öffentlichen mündlichen Verhandlung lehnte der Rechtsvertreter der Revisionswerberin den Richter des Verwaltungsgerichts wegen Befangenheit ab. Der Verhandlungsschrift vom 12. April 2017 ist diesbezüglich folgende Protokollierung zu entnehmen:

"... RA Dr. Nuener wirft dem Richter vor, nicht objektiv zu sein. Und zwar, weil der Richter die Fragen sofort nach Fragestellung in einseitiger Richtung abtue. Und zwar soweit RA Dr. Nuener die Frage an die Amtssachverständigen stellt, ob die Asphaltierung der Hoffläche als Auflage nach wie vor notwendig ist oder nicht. RA Dr. Nuener begehrt wörtlich folgende Protokollierung: "Der Richter fällt nach Fragestellung dem Nuener ins Wort und erklärt, dass es sich hierbei um eine kulturbautechnische Frage handelt. Damit in Verbindung wird der im Verhandlungssaal anwesende Amtssachverständige Dr. M befragt, ob eine durchgehende Deckschicht einen Einfluss auf diese Auflage der Asphaltierung hat. Was dieser bestätigt und daraus resultierend zeigt sich, dass diese Fragestellung an die Amtssachverständige für Geologie sehr wohl berechtigt ist. Und der Einwand des Verhandlungsrichters somit unberechtigt ist.".

Dazu hält der Richter fest, dass er den Amtssachverständigen Dr. M nicht gefragt hat, ob die Deckschicht ausreichend sei, sondern ob er im Rahmen des Lokalaugenscheins mit GP Aussagen getätigt habe, inwiefern die Auflagen erforderlich seien bzw. welche Fragen er beantworten könne und welche Fragen er nicht beantworten könne.

RA Dr. Nuener lehnt den Richter wegen Befangenheit ab und begründet dies wie folgt: "Die gesamte Verhandlungsführung lässt den Eindruck erkennen, dass der Verhandlungsrichter suggestiv und einseitig gegen den Beschwerdeführer eingestellt ist bzw. sich im Vorfeld ein einseitiges Bild über das gesamte gegenständliche Verfahren augenscheinlich gemacht hat und daraus resultierend mehr als Zweifel bestehen, dass bei ihm die Objektivität hinsichtlich der Beurteilung des gegenständlichen Sachverhaltes gegeben ist.".

Der Richter hält fest, dass er lediglich aus seiner Sicht hinterfragt, ob die an die hydrogeologische Amtssachverständige gestellten Fragen deren Fachbereich betreffen. ..."

8 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides der BH als unbegründet ab (Spruchpunkt 1.) und bestätigte Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides der BH, den es mit der Maßgabe neu formulierte, dass festgestellt werde, dass die Ausführung der mit Bescheid vom 1. März 2010 wasserrechtlich bewilligten Anlage nicht vollständig mit dem bewilligten Projekt übereinstimme, und der Revisionswerberin aufgetragen wurde, bis spätestens 1. Juli 2018 die mit vorzitiertem Bescheid bewilligte Asphaltierung der Vorplatz- und Verkehrsflächen und Einleitung von Niederschlagswässern aus Vorplatz- und Verkehrsflächen der Hofstelle im Ausmaß von 49,4 l/s in den Regenwasserkanal der Gemeinde umzusetzen und die in Spruchpunkt VII. dieses Bescheides vorgeschriebene Auflage Nr. 8 (Vorlage einer Betriebsordnung) zu erfüllen (Spruchpunkt 2.).

9 Es stützte sich dabei - soweit im vorliegenden Fall von Interesse - maßgeblich auf die als schlüssig und überzeugend gewerteten Gutachten der Amtssachverständigen aus den Fachbereichen Hydrogeologie und Siedlungswasserbau, denen nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten worden sei. Demnach hätten sich die Voraussetzungen für die Vorschreibung der in Spruchpunkt VII. des Bescheides vom 1. März 2010 angeführten Auflagen nicht geändert und hätten die festgestellten Abweichungen dazu geführt, dass das von der Hofstelle ausgehende Risiko einer Verunreinigung des Grundwassers steige und die öffentliche Wasserversorgung durch den Tiefbrunnen gefährdet werde. Durch die (ursprünglich) beantragte und bewilligte Asphaltierung und Einleitung der Oberflächenwässer in den Regenwasserkanal könne nämlich das mögliche Eindringen von wassergefährdenden Stoffen in das Erdreich und in weiterer Folge in das Grundwasser verhindert werden.

10 Einer Stellungnahme des Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Gewässerökologie könne entnommen werden, dass keine gewässerökologische Fragestellung vorliege. Insofern habe von der Beiziehung eines Amtssachverständigen aus diesem Fachbereich abgesehen werden können.

11 Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan habe bei seiner Äußerung im verwaltungsbehördlichen Verfahren mangels vorliegender Messergebnisse keine Schlüsse ziehen können. Aufgrund der inzwischen vorliegenden und von den Amtssachverständigen aus den Fachbereichen Hydrogeologie und Siedlungswasserbau analysierten Messergebnisse stehe fest, dass eine Gefährdung des Tiefbrunnens durch die Hofstelle nicht ausgeschlossen werden könne. Das wasserwirtschaftliche Planungsorgan komme als Partei des gegenständlichen Verfahrens zudem nicht als Amtssachverständiger in Betracht (vgl. VwGH 30.5.2017, Ra 2016/07/0099).

12 Was die beantragte Einvernahme jenes Trinkwasseranalytikers betreffe, der die Beprobung des Tiefbrunnens durchgeführt habe, sei entscheidend, dass die Amtssachverständigen aus den Fachbereichen Hydrogeologie und Siedlungswasserbau ausgesagt hätten, dass anhand der vorliegenden und im Übrigen unstrittigen Messergebnisse keine relevanten Rückschlüsse auf die von der Hofstelle ausgehenden Gefahren für das Trinkwasser gezogen werden könnten. Zur Beurteilung dieser Gefahren könne ein Trinkwasseranalytiker nichts beitragen. Im Übrigen laufe die beantragte Einvernahme des Trinkwasseranalytikers auf einen unzulässigen Erkundungsbeweis, zu dessen Aufnahme das Verwaltungsgericht nicht verpflichtet sei, hinaus.

13 Abgesehen davon, dass der Amtssachverständige aus dem Fachbereich Siedlungswasserbau dargelegt habe, dass die Auswirkungen der baulichen Anlage auf das Grundwasser aus seiner fachlichen Sicht und nicht jener eines Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Kulturbau zu beurteilen sei, handle es sich bei der hier entscheidenden Frage, ob eine Wasserwegigkeit zwischen der Hofstelle und dem Tiefbrunnen bestehe, um eine hydrogeologische und keine kulturbautechnische Frage.

14 Die ordentliche Revision wurde nicht zugelassen. 15 Dagegen richtet sich die vorliegende Revision mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

16 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

17 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

18 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

19 In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG bei einer außerordentlichen Revision gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung über die Revision zu lösen hätte (vgl. VwGH 21.11.2014, Ra 2014/02/0114, mwN).

20 Im Rahmen ihrer Zulässigkeitsausführungen stützt sich die Revision auf zwei verfahrensrechtliche Aspekte.

21 Zum einen wird eine Befangenheit des erkennenden Richters darin erblickt, in welcher Art und Weise er die Verhandlung am 12. April 2017 geleitet habe. Die oben wörtlich wiedergegebene Protokollierung lasse erkennen, dass der Richter suggestiv und einseitig gegen die Revisionswerberin eingestellt gewesen sei bzw. sich im Vorfeld ein einseitiges Bild über das gesamte Verfahren gemacht habe. Es bestünden mehr als Zweifel, dass beim erkennenden Richter die Objektivität hinsichtlich der Beurteilung des Sachverhaltes gegeben gewesen sei, sodass er sich der Ausübung seines Amtes enthalten oder zumindest darlegen hätte müssen, dass eine Befangenheit nicht vorliege. Eine Befangenheit des Richters liege auch deshalb vor, weil er angebotene Beweismittel (die Einvernahme von Amtssachverständigen bzw. Zeugen) nicht zugelassen und das Ersuchen des Rechtsvertreters an den Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Siedlungswasserbau betreffend die Ermittlung der Grenzen des Grundwasserschongebietes nicht weiter verfolgt habe.

22 Zum anderen wird die Nichtzulassung der angebotenen Beweismittel (die Einvernahme von Amtssachverständigen bzw. Zeugen) und ergänzender Ermittlungen durch den Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Siedlungswasserbau zu den Grenzen des Grundwasserschongebietes insofern als wesentlicher Verfahrensmangel ins Treffen geführt, als andernfalls die Feststellung zu treffen gewesen wäre, dass sich die Verhältnisse seit Vorschreibung der Auflagen geändert hätten und die im Bewilligungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen aufzuheben gewesen wären.

23 Die Revision zeigt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung auf.

24 Die Beurteilung, ob ein Gutachten richtig, vollständig und schlüssig ist, noch weitere Fragen an die Amtssachverständigen zu stellen und weitere Beweisaufnahmen (hier: Einholung weiterer Sachverständigengutachten und Einvernahme weiterer Zeugen; Erhebungen zur Abgrenzung des Schutzgebietes) vorzunehmen gewesen wären, betrifft die Beweiswürdigung.

25 Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Zusammenhang mit einer im Einzelfall erfolgten Beweiswürdigung liegt nur dann vor, wenn das Verwaltungsgericht die Beweiswürdigung in einer grob fehlerhaften, unvertretbaren Weise vorgenommen hat, sodass dadurch die Rechtssicherheit beeinträchtigt ist (vgl. VwGH 31.3.2016, Ro 2016/07/0002).

26 In seiner Beweiswürdigung erläuterte das Verwaltungsgericht, warum es von der Aufnahme der von der Revisionswerberin beantragten Beweise Abstand genommen hatte. Das Verwaltungsgericht klärte mit Hilfe der von ihm beigezogenen Amtssachverständigen die Notwendigkeit der Beiziehung weiterer Sachverständiger aus anderen Fachbereichen ab. Mangels einer anders lautenden Empfehlung der von ihm beigezogenen Amtssachverständigen und aufgrund der Beweislage sah das Verwaltungsgericht von der Beiziehung weiterer Sachverständiger ab. Die Revisionswerberin trat den vom Verwaltungsgericht als richtig, vollständig und schlüssig erachteten Gutachten sowie der Expertise der Amtssachverständigen, dass andere als deren Fachbereiche nicht betroffen seien, nicht durch Beibringung eines eigenen Gutachtens auf gleicher fachlicher Ebene entgegen. Die Ergebnisse solcher Sachverständigengutachten können durch bloße Wahrnehmungen von Zeugen nicht entkräftet werden (vgl. VwGH 30.4.2014, 2013/12/0123).

27 Das Ersuchen des Rechtsvertreters an den Amtssachverständigen aus dem Fachbereich Siedlungswasserbau, die Grenzen des Grundwasserschongebietes zu ermitteln, zielt im Ergebnis auf eine Feststellung, dass sich die Wasseranlage nicht (mehr) im Grundwasserschongebiet befindet, ab. Die Abgrenzung des Grundwasserschongebietes ergibt sich aus § 2 der dem Grundwasserschongebiet zugrunde liegenden Verordnung. Die Verordnung ist bis dato unverändert in Kraft, sodass sich eine zu berücksichtigende Änderung der Rechtslage nicht ergeben hat. Dass sich die Lage der bewilligten Wasseranlage inzwischen verändert hätte und es dadurch zu einer Sachverhaltsänderung gekommen wäre, ist nicht erkennbar.

28 Es ist nicht hervorgekommen, dass dem Verwaltungsgericht bei seinen Überlegungen eine fehlerhafte Beurteilung unterlaufen wäre, als es den eingeholten Gutachten folgte und keine Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahmen erkannte.

29 Nach dem klaren Wortlaut des § 6 VwGVG haben sich die dort genannten Organe - darunter auch die Mitglieder des Verwaltungsgerichtes - unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit von Amts wegen zu enthalten, wenn ein Befangenheitsgrund nach § 7 Abs. 1 AVG, vorliegt und fehlt diesbezüglich ein Ablehnungsrecht der Parteien (vgl. VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0034, mwN).

30 Da nach § 17 VwGVG für Verfahren über Beschwerden im Sinn des Art. 130 Abs. 1 B-VG auch die Bestimmung des § 7 AVG anzuwenden ist, ist die zu dieser Bestimmung ergangene Rechtsprechung auch für eine Befangenheit im Sinne des § 6 VwGVG maßgeblich (vgl. VwGH 18.2.2015, Ra 2014/03/0057); die "sinngemäß" verwiesenen Bestimmungen des AVG sind dabei nicht wörtlich, sondern mit der nach dem Kontext des VwGVG erforderlichen Anpassung anzuwenden (vgl. wiederum VwGH 29.7.2015, Ra 2015/07/0034, mwN).

31 Im vorliegenden Fall spricht die Revisionswerberin den Befangenheitsgrund des § 7 Abs. 1 Z 3 AVG an, wonach sich ein Organ des Verwaltungsgerichts der Ausübung seines Amtes zu enthalten und seine Vertretung zu veranlassen hat, wenn sonstige gewichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, seine volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen.

32 Nach der Rechtsprechung genügen zum Vorliegen des Befangenheitsgrundes nach § 7 Abs. 1 Z 3 AVG Umstände, die die volle Unbefangenheit zweifelhaft erscheinen lassen und die eine gewisse Wahrscheinlichkeit der Befangenheit begründen können. Es genügt somit, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss (auch wenn der Entscheidungsträger tatsächlich unbefangen sein sollte) oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte. Für die Beurteilung, ob eine Befangenheit in diesem Sinne vorliegt, ist maßgebend, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln. Im Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK ist die Befangenheit eines Mitglieds eines unabhängigen Tribunals dann anzunehmen, wenn diesem auch nur der äußere Anschein der Unparteilichkeit mangelt. Jeder Vorwurf einer Befangenheit hat konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiliche Entscheidung möglich ist (vgl. VwGH 30.6.2015, Ro 2015/03/0021, mwN).

33 Die Zulässigkeit einer Revision bei Behauptung einer Befangenheit setzt aus dem Grunde des Art. 133 Abs. 4 B-VG jedenfalls voraus, dass im Zuge dieser Rüge eine grundsätzliche Rechtsfrage (des Verfahrensrechtes) aufgeworfen wird. Rechtsfragen des Verfahrensrechtes (insbesondere auch solche der Befangenheit) sind nur dann von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist und zu einem die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Ergebnis geführt hat (vgl. VwGH 19.10.2016, Ra 2015/12/0081, mwN).

34 Als Verhandlungsleiter hat der Richter von Amts wegen für die vollständige Erörterung der Rechtssache zu sorgen (vgl. § 25 Abs. 5 VwGVG).

35 Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht unzweckmäßig, dass der die Verhandlung leitende Richter Fragen an einen Sachverständigen, die nicht dessen Fachbereich betreffen, nicht zulässt oder abklärt, für welche Fachfragen sich ein Sachverständiger überhaupt zuständig erachtet.

36 Aus der bloßen Abweisung der von der Revisionswerberin gestellten Beweisanträge kann eine Befangenheit nicht abgeleitet werden (vgl. VwGH 15.11.2017, Ra 2016/08/0184, mwN).

37 Im Ergebnis ist die Verfahrensführung des die Verhandlung leitenden Richters weder unvertretbar noch sind dadurch tragende Grundsätze des Verfahrensrechts verletzt worden.

38 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. März 2018

Schlagworte

Gutachten Beweiswürdigung der BehördeBeweiswürdigung Wertung der BeweismittelBeweismittel Sachverständigenbeweis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017070312.L00

Im RIS seit

04.05.2018

Zuletzt aktualisiert am

09.05.2018
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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