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L22007 Landesbedienstete Tirol;Norm
BDG 1979 §40 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer sowie Hofrat Mag. Feiel als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Samonig, über die Revision des HH in L, vertreten durch Seirer & Weichselbraun, Rechtsanwälte in 9900 Lienz, Tirolerstraße 30/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Tirol vom 30. Juni 2015, GZ. LVwG- 2014/27/3465-4, betreffend Feststellung i.A. Verwendungsänderung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Tiroler Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Aufgrund von Anträgen des Revisionswerbers stellte die Tiroler Landesregierung mit Bescheid vom 12. November 2014 fest, dass es sich bei den mit den Weisungen der Bezirkshauptfrau Dr. X der Bezirkshauptmannschaft Y (BH) vom 1. Februar 2014, 5. Mai 2014 und 15. Mai 2014 verfügten Änderungen des Aufgabenbereichs des Revisionswerbers nicht um qualifizierte, sondern um "einfache" Verwendungsänderungen handle.
2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Landesverwaltungsgericht Tirol die dagegen vom Revisionswerber erhobene Beschwerde als unbegründet ab und sprach aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
3 Begründend führte es zusammengefasst aus, es sei lediglich zu beurteilen, ob eine qualifizierte Verwendungsänderung vorliege, weil (nach den Behauptungen des Revisionswerbers) seine neue Verwendung der bisherigen nicht gleichwertig sei.
4 Der Revisionswerber sei nach wie vor an derselben Dienststelle, nämlich der BH, tätig. Er sei öffentlich-rechtlicher Bediensteter der Verwendungsgruppe B, Dienstklasse VII, wobei es sich um die Enddienstklasse dieser Verwendungsgruppe handle. Er falle daher unter das "Dienstklassensystem", nach dem sämtliche Beamte in Verwendungsgruppen eingeteilt würden, je nach beruflicher Vorbildung.
5 Der Revisionswerber habe durch die angeordneten Verwendungsänderungen niemals die Verwendungsgruppe oder die Dienstklasse verlassen. Auch nach den Behauptungen des Revisionswerbers sei eine Laufbahnverschlechterung und eine Entgeltminderung nicht erfolgt. Lediglich bei der Verwendungsänderung vom 5. Mai 2014 habe ein Referatswechsel stattgefunden, sodass nur diese nicht § 2 lit a sublit ee Tiroler Landesbeamtengesetz (LBG) zu unterstellen sei, wonach § 40 Abs. 2 BDG 1979 nicht für die Zuweisung neuer Aufgaben innerhalb des Aufgabenbereichs derselben Organisationseinheit einer Dienststelle oder den Entzug von Aufgaben, die vom Leiter dieser Organisationseinheit im Rahmen der ihm nach den organisationsrechtlichen Vorschriften übertragenen Leitungsbefugnis vorgenommen würden, gelte.
6 § 40 Abs. 3 BDG 1979 halte ausdrücklich fest, dass eine neue Verwendung der bisherigen Verwendung gleichwertig sei, wenn sie innerhalb derselben Verwendungsgruppe derselben Funktions- und Dienstlagengruppe zugeordnet sei. Dies sei hier der Fall.
7 Wenn der Revisionswerber behaupte, die von ihm nunmehr ausgeübten Tätigkeiten seien nicht B-, sondern C-wertig, sei darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde zu Recht ausgeführt habe, dass es sich beim Niederlassungs- und Aufenthaltswesen um einen kritischen Rechtsbereich handle, bei dem die jeweiligen Sachbearbeiter eine entsprechende Eigenverantwortung und Selbstständigkeit an den Tag legen müssten, um die anfallenden konzeptiven Arbeiten zu bewältigen.
8 Wenn der Revisionswerber vorbringe, dass bislang nur die "Negativentscheidungen" von Beamten der Verwendungsgruppe B durchgeführt worden seien, werde auf die Tatsache verwiesen, dass mit dem FNG-Anpassungsgesetz, BGBl. I Nr. 68/2013 gerade auch im Bereich des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes wesentliche Änderungen vorgenommen worden seien, wodurch die Vorgaben der Richtlinie 2011/98/EU über ein einheitliches Verfahren zur Beantragung und Erteilung einer kombinierten Erlaubnis für Drittstaatsangehörige, sich im Hoheitsgebiet eines Mitgliedsstaates aufzuhalten und zu arbeiten, sowie eines Bündels von Rechten für Drittstaatsarbeitnehmer, die sich rechtmäßig in einem Mitgliedsstaat aufhielten, ABl. Nr. L343 vom 23. Dezember 2011, umgesetzt und auch eine Ausweitung der sich aus der Richtlinie 2011/51/EU ergebenden Rechte auch auf subsidiär Schutzberechtigte angeordnet worden sei (Hinweis auf RV 2144 24. GP, 8). Es sei daher von einer geänderten Rechtslage auszugehen, die mit der vom Revisionswerber geschilderten nicht zu vergleichen sei.
9 Im Niederlassungs- und Aufenthaltswesen könne keinesfalls davon ausgegangen werden, dass lediglich "Formularbescheide", bei denen die Begründung des schriftlichen Bescheides und damit die notwendige und schwierige Argumentation entfallen könnten, vorlägen. Für Beamte der Verwendungsgruppe B sei charakteristisch und damit seien dieser Verwendungsgruppe - nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - Dienste vom Rang einer selbstständigen und selbstverantwortlichen konzeptiven Arbeit zuzuordnen, deren klaglose Bewältigung im Allgemeinen einerseits eine durch (die grundsätzlich als Anstellungserfordernis vorgeschriebene) Absolvierung einer höheren Lehranstalt erworbene Bildung, andererseits Fachkenntnisse voraussetze, wie sie durch Zurücklegung der als Definitivstellungserfordernisse vorgeschriebenen Zeiten praktischer Verwendung und der Ablegung der geforderten entsprechenden Prüfungen erlangt zu werden pflegten. In sachlich beschränktem Umfang sei einem Beamten der Verwendungsgruppe B auch die Verfassung von Bescheiden höheren Schwierigkeitsgrades und die Übernahme der Verantwortung hiefür zumutbar. Demgemäß ist für die Zuordnung von Diensten eines in die Verwendungsgruppe C eingestuften Beamten nicht das Merkmal der "selbstständigen Problemlösung" entscheidend, sondern, wie das einzelne Problem geartet und welches Wissen zu seiner Bewältigung benötigt werde. Konsequenterweise sei nicht maßgebend, dass ein solcher Beamter Erledigungsentwürfe konzipiere und die hiefür erforderlichen Ermittlungen selbstständig durchführe, sondern ihr Schwierigkeitsgrad, d.h., ob diese Tätigkeiten im obgenannten Sinn für Beamte der Verwendungsgruppe B charakteristisch seien. Auch insofern sei der belangten Behörde nicht entgegenzutreten, wenn sie davon ausgegangen sei, dass die vom Revisionswerber ausgeübten Tätigkeiten jedenfalls seiner Verwendungsgruppe zuzuordnen seien.
10 Die weiters vom Revisionswerber ausgeübten Tätigkeiten "Wahlen, Volksabstimmungen, Volksbegehren, und Volksbefragungen" sowie die Vertretung von Amtsdirektor Z, seien auch nach Ansicht des Revisionswerbers B-wertig.
11 Da - wie bereits ausgeführt - auch dessen Aufgaben im Bereich des Niederlassungs- und Fremdenwesens als B-wertig anzusehen und von Beamten der Verwendungsgruppe B auszuüben seien, liege eine qualifizierte Verwendungsänderung nicht vor.
12 Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis dahin abzuändern, dass der Beschwerde des Revisionswerbers Folge gegeben und festgestellt werde, dass es sich bei den drei verfügten Verwendungsänderungen um qualifizierte Verwendungsänderungen handle, die Versetzungen gleichzuhalten seien, in eventu wird beantragt, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
13 Die Zulässigkeit der Revision wird auch damit begründet, dass aus der Begründung des angefochtenen Erkenntnisses nicht hervorgehe, inwiefern die Tätigkeiten im Niederlassungs- und Aufenthaltswesen nach der neuen Rechtslage sich vom Anspruch bzw. der Komplexität für den anwendenden Beamten von jenen gemäß der alten Rechtslage (konkret) unterschieden. Der einzige Unterschied, welcher sich ausmachen lasse, liege in nunmehr neuen als Grundlage zu erarbeitenden Rechtsnormen. Zur Frage, ob nach der neuen Rechtslage nicht mehr C-wertige, sondern nunmehr Bwertige Tätigkeiten vorlägen, fände sich keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes.
14 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
15 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Hat das Verwaltungsgericht - wie im gegenständlichen Fall - ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird.
16 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof hingegen nur im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
17 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage der Gleichwertigkeit der Tätigkeiten im Dienstklassensystem grundsätzlich die Zuordnung der Tätigkeit zur Verwendungsgruppe des Beamten ausschlaggebend (vgl. VwGH 17.10.2001, 96/12/0053).
18 Die Frage, welcher Verwendungsgruppe einem Beamten zugewiesene Tätigkeiten angehören, stellt keine grundsätzliche Rechtsfrage, sondern eine einzelfallbezogene Beurteilung dar, welche jedenfalls dann keine Zulässigkeit der Revision begründet, wenn sie zumindest vertretbar gelöst wurde.
19 Das Verwaltungsgericht hat dargestellt, unter welchen Voraussetzungen nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Tätigkeiten eines Beamten der Verwendungsgruppe B ?bzw. C zuzuordnen sind und auf nicht unvertretbare Art und Weise begründet, weshalb es zu dem Ergebnis gelangte, dass die dem Revisionswerber mit den drei Verwendungsänderungen zugewiesenen Aufgaben im Niederlassungs- und Aufenthaltswesen als B-wertig anzusehen seien. Dieser Zuordnung wurde in der Zulassungsbegründung der Revision nicht (konkret) entgegengetreten, sondern lediglich die Frage aufgeworfen, inwiefern sich die neuen Aufgaben von den früher zugewiesenen in ihrer Wertigkeit unterscheiden. Diese Rechtsfrage ist jedoch nicht entscheidungswesentlich. Argumente, die dafür sprächen, dass die neuen Aufgaben C- und nicht B-wertig wären, wurden hingegen nicht vorgetragen.
20 Der Zulassungsbegründung ist es sohin nicht gelungen, Zweifel an der Vertretbarkeit der Beurteilung der neuen Aufgaben des Revisionswerbers durch das Verwaltungsgericht als B-wertig aufkommen zulassen, sodass insoweit von der Unzulässigkeit der Revision auszugehen ist.
21 Die Frage, ob § 2 lit. a sublit. ee LBG auch auf die Verwendungsänderung vom 5. Mai 2014 anzuwenden ist, ist bei diesem Ergebnis nicht entscheidungswesentlich, weil eine Zuweisung von Bwertigen Aufgaben durch Weisung hier jedenfalls zulässig ist, jene von C-wertigen Aufgaben jedoch auch nach § 2 lit. a sublit. ee LBG unzulässig wäre (vgl. § 8 Abs. 2 BDG 1979 iVm § 2 lit. a LBG; vgl. VwGH 24.1.1996, 95/12/0026).
22 Die Revision war daher nach § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung mangels Aufzeigens einer Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zurückzuweisen.
23 Wien, am 11. April 2018
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European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2018:RA2015120035.L00Im RIS seit
04.05.2018Zuletzt aktualisiert am
14.05.2018