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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §66 Abs4;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte DDr. Jakusch, Dr. Stöberl, Dr. Blaschek und Dr. Baur als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Breunlich, über die Beschwerde der E in W, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in W, gegen den Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. September 1998, Zl. 317.665/2-III/A/13/98, betreffend Verfahren gemäß § 78 Abs. 2 GewO 1994 (mitbeteiligte Partei: H in W), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom 16. September 1995 beantragte die mitbeteiligte Partei die gewerbebehördliche Genehmigung zur Änderung ihrer mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 16. Juni 1993 rechtskräftig genehmigten Gastgewerbebetriebsanlage. Die Änderung bestehe darin, dass anstelle der Abluftführung bis über Dach eine Aktivkohleanlage mit Ausblasöffnung in die G.-Gasse eingerichtet werden solle.
Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien (Magistratisches Bezirksamt für den 9. Bezirk) vom 20. Februar 1996 wurde der mitbeteiligten Partei die beantragte Änderung nach Maßgabe der vorgelegten Projektsunterlagen gemäß § 81 GewO 1994 genehmigt.
Die unter anderem von der Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des - im Devolutionswege angerufenen - Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 2. Mai 1997 abgewiesen.
Dieser Bescheid wurde mit hg. Erkenntnis vom 25. November 1997, Zl. 97/04/0100, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben und zwar mit der Begründung, eine Gegenüberstellung der - näher dargestellten - Auflagen des Genehmigungsbescheides vom 16. Juni 1993 mit dem dem gegenständlichen Verfahren zugrunde liegenden Antrag der mitbeteiligten Partei und dem darüber ergangenen Bescheid ergebe, dass die genehmigte "Änderung" lediglich dem Zweck diene, die mitbeteiligte Partei von der Notwendigkeit zu entbinden, die ihr vorgeschriebenen Auflagen zur Entlüftung des Geschäftslokales und des Lagerraumes zu erfüllen und ihr die Möglichkeit zu geben, an dessen Stelle ein anderes Lüftungsprojekt zu verwirklichen. Für ein derartiges, allenfalls nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 zu beurteilendes Begehren stehe das Verfahren nach § 81 GewO 1994 allerdings nicht zur Verfügung.
Mit dem im fortgesetzten Verfahren ergangenen Bescheid des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 10. September 1998 wurde der Spruch des erstbehördlichen Bescheides vom 20. Februar 1996 dahin geändert, "dass er sich auf § 78 Abs. 2 GewO 1994 gründet"; im Übrigen wurde die von der Beschwerdeführerin erhobene Berufung abgewiesen.
Hiezu wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem eingeholten Gutachten eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen zufolge sei zwar mit dem neuen Lüftungsprojekt mit einer Vergrößerung von Geruchstoffimmissionen in den Räumlichkeiten der Beschwerdeführerin zu rechnen. Da diese aber zu einem wesentlichen Anteil durch die Ausbreitung über den Lichthof gekennzeichnet sei, werde die Immissionszunahme im Vergleich zur Ausbreitungssituation im Falle des ursprünglichen Lüftungsprojektes keine wesentliche Änderung nach sich ziehen. Eine Beeinträchtigung der Nachbarn sei daher nicht gegeben, sodass spruchgemäß zu entscheiden gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte. Die mitbeteiligte Partei beteiligte sich am verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid u.a. im Recht auf "Nichtabstandnahme von von der Behörde erteilten Auflagen, wenn nicht außer Zweifel steht, dass die Abweichungen die durch den Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringern", verletzt.
Die Beschwerde erweist sich schon aus folgenden Gründen als berechtigt:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 11. November 1998, Zl. 96/04/0126, ausgeführt hat, überschreitet die Berufungsbehörde, die in Abänderung eines gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 ergangenen erstinstanzlichen Genehmigungsbescheides eine Genehmigung nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 erteilt, ihre Zuständigkeit zur Entscheidung "in der Sache" im Sinne des § 66 Abs. 4 AVG. Während es im Genehmigungsverfahren nach § 81 Abs. 1 GewO 1994 um die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage geht, regelt § 78 Abs. 2 leg. cit. nämlich den Fall, dass Abweichungen vom Genehmigungsbescheid bescheidgemäß für zulässig erklärt werden, wenn dadurch bzw. durch den ersatzlosen Entfall vorgesehener Vorkehrungen die im Genehmigungsbescheid getroffene Vorsorge nicht verringert wird.
Die belangte Behörde hat daher, indem sie - in Verkennung der Rechtslage - die der mitbeteiligten Partei von der Erstbehörde gemäß § 81 GewO 1994 erteilte Genehmigung zur Änderung ihrer Betriebsanlage im Instanzenzug in eine Genehmigung nach § 78 Abs. 2 GewO 1994 wandelte, den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet. Dieser war deshalb - ohne auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 22.März 2000
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Bindung an den Gegenstand des vorinstanzlichen Verfahrens AllgemeinEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1998040186.X00Im RIS seit
20.11.2000