Entscheidungsdatum
18.04.2018Norm
AVG §66 Abs2Spruch
W162 2105774-1/4E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 29.01.2014, AZ XXXX , betreffend Einheitliche Betriebsprämie 2011 beschlossen:
A)
Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben und die Angelegenheit gemäß § 28 Abs. 3, 2. Satz Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Agrarmarkt Austria zurückverwiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang:
Die Beschwerdeführer stellten am 28.03.2011 einen Mehrfachantrag-Flächen für das Antragsjahr 2011 und beantragten u.a. die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie (EBP) für das Antragsjahr 2011 für in den Beilagen Flächenbogen und Flächennutzung näher konkretisierte Flächen. Die Beschwerdeführer waren zu dieser Zeit Almbewirtschafter der Alm XXXX mit der BNr. XXXX und Auftreiber auf die Alm XXXX mit der BNr. XXXX , auf die XXXX mit der BNr. XXXX und auf die XXXX -Alm mit der BNr. XXXX .
Am 17.10.2011 fand eine Vor-Ort-Kontrolle auf der Alm XXXX mit der BNr. XXXX statt.
Mit Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom 30.12.2011, AZ XXXX , wurde aufgrund des Antrages auf Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie dem Beschwerdeführer für das Jahr 2011 eine Betriebsprämie in Höhe von EUR 1.936,96 gewährt. Dabei wurden 29,97 ausbezahlte flächenbezogene Zahlungsansprüche und eine beantragte Gesamtfläche von 32,54 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 22,77 ha) zugrunde gelegt. Die ermittelte Gesamtfläche betrug 29,97 ha und entsprach der Anzahl der ZA von 29,97. Dieser Bescheid wurde nicht angefochten.
Am 28.08.2012 fand eine Vor-Ort-Kontrolle auf der XXXX -Alm mit der BNr. XXXX statt.
Am 01.10.2012 fanden Vor-Ort-Kontrollen auf der Alm XXXX mit der BNr. XXXX und auf der Alm XXXX mit der BNr. XXXX statt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Agrarmarkt Austria vom 29.01.2014, AZ XXXX , wurde der vorzitierte Bescheid der AMA dahingehend abgeändert, dass dem Beschwerdeführer für das Jahr 2011 eine Betriebsprämie in Höhe von EUR 1.749,21 gewährt wurde. Dabei wurden 26,94 ausbezahlte flächenbezogene Zahlungsansprüche und eine beantragte Gesamtfläche von 32,54 ha (davon anteilige Almfutterfläche von 22,77 ha) zugrunde gelegt. Die ermittelte Gesamtfläche betrug 26,94 ha und entsprach der Anzahl der ZA von 26,94. Es ergab sich keine Differenzfläche. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass für Futterflächen auf Almen die anlässlich einer Vor-Ort-Kontrolle und im Rahmen von AMA-internen Überprüfungen festgestellten beihilfefähigen Flächen für die Auszahlung berücksichtigt werden. Als Basis für die weitere Berechnung könne maximal die Fläche, die der Anzahl der ZA entspricht, verwendet werden.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer fristgerecht am 26.02.2014 Beschwerde. Darin wird beantragt:
1. die ersatzlose Behebung des Bescheides, andernfalls
2. die Abänderung des Bescheides in der Weise, dass die Bemessung der Rückzahlung nach Maßgabe der Berufungsgründe erfolgt und jedenfalls keine Kürzungen und Ausschlüsse verfügt werden,
3. die Zahlungsansprüche im beantragten Ausmaß zu nutzen,
4. die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen
5. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, sowie
6. den offensichtlichen Irrtum anzuerkennen und den Beihilfenantrag zuzulassen.
Der Beschwerde liegen die Darstellungen der Almbewirtschafter der XXXX zur Vorgangsweise der Almfutterflächenfeststellung seit dem Jahr 2000 bei. Darin wurde insbesondere ausgeführt, dass der Beschwerdeführer alle Angeben immer nach besten Wissen und Gewissen erledigt habe und ersuchte um Befreiung von Sanktionierungen und Rückforderung bei den Auftreibern auf seiner Alm. Gleichfalls liegen die Darstellungen zur Alm XXXX mit der BNr. XXXX bei.
Am 25.06.2014 übermittelte der Beschwerdeführer der zuständigen Bezirksbauernkammer eine "Erklärung des Auftreibers gemäß § 8i MOG" betreffend die Alm XXXX mit der BNr. XXXX , die XXXX mit der BNr. XXXX und die XXXX -Alm mit der BNr. XXXX .
Die belangte Behörde legte die Beschwerde und den bezughabenden Verwaltungsakt dem Bundesverwaltungsgericht am 10.04.2015 zur Entscheidung vor.
Mit einer Nachreichung zur Beschwerdevorlage übermittelte die belangte Behörde am 12.06.2015 einen so genannten "Report - Einheitliche Betriebsprämie 2011, Berechnungsstand: 08.05.2015", aus dem hervorgeht, dass sich eine Änderung der Zahlungsansprüche ergeben habe. Aus dem Begleitschreiben geht hervor, dass sich die Aktenlage dahingehend geändert habe, dass die Beschwerdeführer durch Vorlage einer Erklärung glaubhaft gemacht habe, dass ihnen keine Umstände erkennbar waren, die sie an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm mit den BNr. XXXX und XXXX zweifeln hätten lassen können. Da sie demnach keine Schuld an der Abweichung der Flächen treffe, sei eine Richtigstellung der Fläche ohne Sanktion vorzunehmen. Die in ihrer Erklärung für das Jahr 2011 angegebene Alm mit der BNr. XXXX weise zwar Flächenabweichungen auf, das Flächenausmaß dieser Alm sei jedoch von den Beschwerdeführern als Almbewirtschafter festgestellt worden, weshalb sie auch ein Verschulden an Flächenabweichungen treffe. Es würden demnach für Futterflächen die im Rahmen AMA-interner Überprüfungen oder Vor-Ort-Kontrollen festgestellten beihilfefähigen Flächen für die Auszahlung berücksichtigt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Zu A)
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß Abs. 2 leg.cit. hat über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG das Verwaltungsgericht selbst zu entscheiden, wenn 1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder 2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Gemäß § 28 Abs. 3 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vorliegen und die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhaltes unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist.
Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus. Voraussetzung für eine Aufhebung und Zurückverweisung ist allgemein (nur) das Fehlen behördlicher Ermittlungsschritte. Sonstige Mängel, abseits jener der Sachverhaltsfeststellung, legitimieren nicht zur Behebung auf Grundlage von § 28 Abs. 3 2.
Satz VwGVG. (Fister/Fuchs/Sachs, Verwaltungsgerichtsverfahren (2013)
§ 28 VwGVG Anm. 11).
§ 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für
eine kassatorische Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.
Der angefochtene Bescheid erweist sich in Bezug auf den zu ermittelnden Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:
Aus dem von der Behörde übermittelten "Report" ergibt sich, dass sich die Anspruchsgrundlagen seit Erlassung des angefochtenen Bescheides wesentlich geändert haben bzw. dass eine Berücksichtigung bisher nicht berücksichtigter Sachverhaltselemente eine andere Entscheidung in der Sache zur Folge haben könnte.
Im konkreten Fall wurde von der AMA mit einer Nachreichung zur Beschwerdevorlage ein so genannter "Report - Einheitliche Betriebsprämie 2011, Berechnungsstand: 08.05.2015" am 12.06.2015 übermittelt, aus dem hervorgeht, dass sich eine Änderung der Zahlungsansprüche ergeben habe. Aus dem Begleitschreiben geht hervor, dass sich die Aktenlage dahingehend geändert habe, dass die Beschwerdeführer durch Vorlage einer Erklärung glaubhaft gemacht haben, dass ihnen keine Umstände erkennbar waren, die sie an der Zuverlässigkeit des Antragstellers der Alm mit den BNr. XXXX und XXXX zweifeln hätten lassen können. Da sie demnach keine Schuld an der Abweichung der Flächen treffe, sei eine Richtigstellung der Fläche ohne Sanktion vorzunehmen. Die in ihrer Erklärung für das Jahr 2011 angegebene Alm mit der BNr. XXXX weise zwar Flächenabweichungen auf, das Flächenausmaß dieser Alm sei jedoch von den Beschwerdeführern als Obmann/Almbewirtschafter festgestellt worden, weshalb sie auch ein Verschulden an Flächenabweichungen treffe. Es würden demnach für Futterflächen die im Rahmen AMA-interner Überprüfungen oder Vor-Ort-Kontrollen festgestellten beihilfefähigen Flächen für die Auszahlung berücksichtigt.
Daraus ergibt sich, dass der dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegte Sachverhalt unzureichend ermittelt wurde. In Anbetracht der Komplexität der Bezug habenden Beihilferegelung und des technischen Charakters der Entscheidung über die aus dem neuen Sachverhalt erfließenden Berechnungen läge eine Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Bundesverwaltungsgericht weder im Interesse der Raschheit noch wäre diese mit einer Kostenersparnis verbunden. Vielmehr dient die Zurückverweisung der Angelegenheit einer raschen und kostensparenden Vervollständigung des neuen Sachverhalts. Die AMA wird im Rahmen des fortgesetzten Verfahrens dem neu zu erlassenden Bescheid den bisher nicht berücksichtigten Sachverhalt zugrunde zu legen haben.
Auch wenn der VwGH der Zurückverweisung von Rechtssachen durch die Verwaltungsgerichte auf Basis des VwGVG mit seiner Grundsatz-Entscheidung vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063 bereits Grenzen gezogen hat, liegt es im vorliegenden Fall weder im Interesse der Raschheit, noch wäre es mit einer Kostenersparnis verbunden, wenn das BVwG versuchen wollte, die Beschwerde im Hinblick auf das Antragsjahr 2011 einer Entscheidung zuzuführen.
Der Bescheid war daher aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen gewesen wäre.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist nicht zulässig, da im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des VwGH (siehe die zu Punkt A angeführte Rechtsprechung des VwGH und des EuGH zu den in der Beschwerde angesprochenen Punkten).
Schlagworte
Behebung der Entscheidung, beihilfefähige Fläche, Beihilfefähigkeit,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2105774.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.05.2018