Entscheidungsdatum
19.04.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2191102-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Feichter über die Beschwerde der XXXX , geb. XXXX , StA.: Iran, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018, Zahl: IFA: 1178193002-180016755, zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin ist eine iranische Staatsangehörige und stellte am 04.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz.
Am 04.01.2018 wurde in einer Meldung bei einer österreichischen Polizeiinspektion festgehalten, dass ein Asylwerber aus dem Iran angab, er sei von einem Freund aus dem Iran darum ersucht worden, dessen Mutter (Anmerkung BVwG: die Beschwerdeführerin) vom Flughafen in Österreich abzuholen. Dies habe er gemacht und habe der Beschwerdeführerin einige Tage Unterkunft in seiner Wohnung gewährt. Die Beschwerdeführerin stellte gegenständlichen Asylantrag und gab an, dass sie den Reisepass mit dem Visum in der Toilette am Flughafen Schwechat hinuntergespült habe. Die Beschwerdeführerin legte ihren iranischen Personalausweis vor.
Zu ihrer Person liegen keine EURODAC-Treffermeldungen vor.
Eine VIS-Abfrage ergab, dass die Beschwerdeführerin im Besitz eines Schengenvisums ist, ausgestellt von der französischen Botschaft in Teheran, gültig für den Zeitraum 20.12.2017 bis zum 14.01.2018.
Im Verlauf ihrer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes vom 05.01.2018 gab die Beschwerdeführerin zu Protokoll, ihr Ehemann sei verstorben, ihr rund 26jähriger Sohn sei unbekannten Aufenthalts, jedoch auch am Weg nach Österreich. In Österreich seien keine Familienangehörigen aufhältig. Sie sei am 28.12.2017 in Frankreich gewesen und weiter nach Österreich gelangt am gleichen Tag. Sie sei nur am Flughafen in einen anderen Flieger umgestiegen. Sie bestätigte über ein französisches Visum, gültig ab 20.12.2017 bis zum 14.01.2018, zu verfügen.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 10.01.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich.
Mit Schreiben vom 12.02.21018 stimmten die französischen Behörden dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Am 22.02.2018 erfolgte die niederschriftliche Einvernahme der Beschwerdeführerin vor dem BFA im Beisein einer Rechtsberaterin nach durchgeführter Rechtsberatung. Die Beschwerdeführerin gab auf die Frage, ob sie Befunde oder Unterlagen hinsichtlich ihrer Krebserkrankung vorlegen könne, an, sie habe eine Einladung zur Brustkrebs-Früherkennung von der Versicherungsanstalt erhalten. Andere Unterlagen aus ihrem Heimatland habe sie in ihrem Zimmer und werde sie vorlegen. Die Medikamente, welche sie einnehme, seien auch in ihrem Zimmer. Sie befinde sich derzeit nicht in Behandlung, sie habe lediglich die Einladung zur Brustkrebs-Früherkennung erhalten. Sie sei momentan gesund.
Befragt nach ihren laut ihren Angaben hohen Cholesterinwerten gab die Beschwerdeführerin an, sie habe diese Werte bereits seit drei bis vier Monaten, sie sei deshalb in Österreich jedoch nicht beim Arzt gewesen. Sie habe Medikamente genommen, welche sie im Iran erhalten habe, sie sei in Frankreich nur am Flughafen gewesen, jedoch bei keinem Arzt. Sie sei gesund, in Deutschland lebe die Tochter ihres Bruders. In Österreich sei keine andere Bezugsperson. Der Bekannte, welcher sie zur Erstbefragung begleitet habe, sei nur ein Freund, er sei verheiratet und habe ein Kind, sie kenne noch einen 23jährigen Mann, der ihr Freund sei und in Österreich lebe, diesen habe sie noch nie besucht. Der Freund ihres Sohnes habe sie in Österreich vom Flughafen abgeholt und bei diesem habe sie fünf bis sechs Tage gewohnt, bevor sie am 05.01.2018 zur Polizei gegangen sei. Mit diesem telefoniere sie alle zwei Wochen einmal, zuvor habe sie nur Kontakt zu dessen Mutter gehabt. Eine Abhängigkeit zu diesem Mann bestehe nicht.
Die Beschwerdeführerin bestätigte, dass sie im Besitz eines französischen Visums sei. In Frankreich habe sie keinen Asylantrag gestellt, weil ihr Sohn ihr gesagt hätte, sie solle nach Österreich kommen. Sie wolle nicht nach Frankreich, weil ihr Sohn nach Österreich komme. Außer ihm habe sie niemanden, es sei im Iran üblich, dass sich die Kinder kümmern. Sie wolle mit ihrem Sohn in Österreich sein, sie habe diesen seit zwei Monaten nicht gesehen.
Befragt gab die Beschwerdeführerin an, sie wolle zu Frankreich keine Stellungnahme abgeben, sie habe sich am Flughafen nicht ausgekannt. Sie sei mit einer iranischen Familie, welche auch nach Österreich gereist sei, nach Österreich geflogen. Sie wolle, dass ihr Sohn gefunden werde. Müsste sie Österreich verlassen, würde sie die Freunde verlieren.
Hinsichtlich der Beschwerdeführerin wurde eine Einladung zur Brustkrebs-Früherkennung vom österreichischen Brustkrebsfrüherkennungsprogramm vorgelegt. Weiters wurden Unterlagen in englischer Sprache von Anfang Dezember 2017 vorgelegt, aus welchen sich im Wesentlichen ergibt, dass keine auffälligen Merkmale an den Brüsten der Beschwerdeführerin ersichtlich sind nach einer Mammographie, es seien auch keine besonderen pathologischen Lymphknoten ersichtlich in beiden achselständigen Regionen. Es seien einfache kortikale Zysten an der linken und rechten Niere ersichtlich und es seien beide Eierstöcke athropisch (Anmerkung BVwG: Minderung der Funktion). Weiters ergibt sich aus den Unterlagen, dass bei einer Colonoscopy zwei Polypen entfernt wurden, bei einer Esophago-Gastro Duodenoscopy wurde diagnostiziert "normale Speiseröhre, Gastritis, normaler Zwölffingerdarm", bei einer anderen Colonoscopy wurden innere Hämorrhoiden festgestellt. Laut weitern Unterlagen wurde bei einer Untersuchung Osteopenie (Anmerkung BVwG: Minderung der Knochendichte) am Rücken und am Unterarm festgestellt.
Die Beschwerdeführerin legte weiters folgende Medikamente vor, welche sie laut Ihren Angaben einnimmt:
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Alendronsäure Sandoz, 70 mg (Anmerkung BVwG: zur Osteoporose-Therapie)
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Betahistin Actavis , 16mg (Anmerkung BVwG: zur Behandlung von Schwindelgefühl, Ohrengeräusche, Hörverlust und Übelkeit)
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Calciduran Vit. D3 (Anmerkung BVwG: zur Behandlung von Calcium- und Vitamin D-Mangelzuständen)
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Motilium, 10 mg (BVwG: zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen)
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Multivit B-Ampullen (BVwG: zB bei Nervenschmerzen, Neurologischen Erkrankungen und bei Vitamin-B-Mangelzuständen)
2. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf internationalen Schutz ohne in die Sache einzutreten gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Frankreich für die Prüfung des Antrages gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO zuständig sei (Spruchpunkt I.). Gleichzeitig wurde gegen die Beschwerdeführerin gemäß § 61 Abs. 1 FPG die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge eine Abschiebung nach Frankreich gemäß § 61 Abs. 2 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Die Sachverhaltsfeststellungen zur Lage in Frankreich wurden im angefochtenen Bescheid im Wesentlichen folgendermaßen zusammengefasst (unkorrigiert durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit gerichtlicher Beschwerdemöglichkeit (OFPRA 31.10.2017; vgl. AIDA 2.2017, USDOS 3.3.2017 für weitere Informationen siehe dieselben Quellen).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:
France,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018
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OFPRA - Office français de protection des réfugiés et apatrides (31.10.2017): Demander l'asile en France, https://www.ofpra.gouv.fr/fr/asile/la-procedure-de-demande-d-asile/demander-l-asile-en-france, Zugriff 24.1.2018
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018
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Dublin-Rückkehrer
Anträge von Dublin-Rückkehrern werden wie jeder andere Asylantrag behandelt. Kommt der Betreffende aus einem sicheren Herkunftsstaat, wird das beschleunigte Verfahren angewandt. Hat der Rückkehrer bereits eine endgültig negative Entscheidung der 2. Instanz (CNDA) erhalten, kann er einen Folgeantrag stellen, so dieser neue Elemente enthält. Dublin-Rückkehrer werden wie normale Asylwerber behandelt und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese (AIDA 2.2017).
Wenn Dublin-Rückkehrer am Flughafen Roissy - Charles de Gaulle ankommen, erhalten die Rückkehrer von der französischen Polizei ein Schreiben, an welche Präfektur sie sich wegen ihres Asylverfahrens zu wenden haben. Dann werden sie zunächst an die Permanence d'accueil d'urgence humanitaire (PAUH) verwiesen. Das ist eine humanitäre Aufnahmeeinrichtung des französischen Roten Kreuzes, die im Bereich des Flughafens tätig ist. Es kann ein Problem darstellen, wenn die zuständige Präfektur weit entfernt liegt, denn die Rückkehrer müssen die Anfahrt aus eigenem bestreiten. Es gibt dafür keine staatliche Hilfe und auch die PAUH hat nicht die Mittel sie dabei zu unterstützen. In Paris und Umgebung wiederum kann man sich nicht direkt an die Präfekturen wenden, sondern muss den Weg über die sogenannten Orientierungsplattformen gehen, die den Aufwand für die Präfekturen mindern sollen, aber mitunter zu Verzögerungen von einigen Wochen in der Antragsstellung führen können. Viele der Betroffenen wenden sich daher an das PAUH um Hilfe bei der Antragstellung und Unterbringung. Einige andere Präfekturen registrieren die Anträge der Rückkehrer umgehend und veranlassen deren Unterbringung durch das Büros für Immigration und Integration (OFII). In Lyon am Flughafen Saint-Exupéry ankommende Rückkehrer haben dieselben Probleme wie jene, die in Paris ankommen (AIDA 2.2017).
Im Falle der Übernahme von vulnerablen Dublin-Rückkehrern muss die französische Behörde vom jeweiligen Mitgliedsstaat mindestens einen Monat vor Überstellung informiert werden, um die notwendigen Vorkehrungen treffen zu können. Je nach medizinischem Zustand, kann der Dublin-Rückkehrer mit speziellen Bedürfnissen bei Ankunft medizinische Betreuung erhalten. Auch Dublin-Rückkehrer, haben generell Zugang zur staatlichen medizinischen Versorgung (MDI 10.10.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:
France,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018
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Ministére de l¿intérieur - Direction générale des étrangers en France - Chef du Département de l'accès à la procédure d'asile (10.10.2017): Auskunft per E-Mail
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Non-Refoulement
Menschenrechtsgruppen kritisieren regelmäßig die strikt dem Gesetz folgende Abschiebepraxis Frankreichs (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018
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Versorgung
Laut Asylgesetz sind die materiellen Aufnahmebedingungen allen Asylwerbern (inkl. beschleunigtes und Dublin-Verfahren) anzubieten. Die Verteilung von Asylwerbern erfolgt zentral, parallel werden regionale Vorschriften definiert und von den Präfekten in jeder Region umgesetzt. Asylwerber im Dublin-Verfahren unterliegen jedoch einer Einschränkung: sie haben keinen Zugang zu CADA-Einrichtungen und leben in der Praxis oft auf der Straße oder in besetzten Häusern. Dublin-Rückkehrer hingegen werden behandelt wie reguläre Asylwerber und haben daher denselben Zugang zu Unterbringung im regulären bzw. beschleunigten Verfahren wie diese. Die nationalen Aufnahmestrukturen liegen in der Zuständigkeit des Französischen Büros für Immigration und Integration (Office français de l'immigration et de l'intégration - OFII). Es wurde eine Beihilfe für Asylwerber (Allocation pour demandeurs d'asile - ADA) eingeführt, welche die vorherige monatliche Zahlung (Allocation Mensuelle de Subsistance - AMS) bzw. die temporäre Wartezeitzulage (Allocation Temporaire d'Attente - ATA) ersetzt (AIDA 2.2017). Die Höhe der ADA hängt von verschiedenen Faktoren wie die Art der Unterkunft, Alter, Anzahl der Kinder usw. ab. Asylwerber erhalten in der Regel eine monatliche finanzielle Unterstützung/Gutscheine in der Höhe von 204 Euro. Ein zusätzlicher Tagessatz wird an Asylwerber ausgezahlt, die Unterbringungsbedarf haben, aber nicht über das nationale Aufnahmesystem aufgenommen werden können (AIDA 2.2017). Seit April 2017 beträgt der tägliche Kostenzuschuss für Unterkunft 5,40 Euro (FTA 4.4.2017). Es wird jedoch kritisiert, dass die Empfänger der ADA in der Praxis mit Problemen (z.B. Verzögerungen bei der Auszahlung, intransparente Berechnung usw.) konfrontiert sind (AIDA 2.2017).
Asylwerber haben Zugang zum Arbeitsmarkt, wenn OFPRA ihren Asylantrag innerhalb von neun Monaten nicht entschieden und diese Verzögerung nicht vom Antragssteller verschuldet wurde (AIDA 2.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:
France,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf , Zugriff 24.1.2018
-
FTA - France terre d'asile (4.4.2017): L'Allocation pour demandeur d'asile revalorisée de 1,20€,
http://www.france-terre-asile.org/actualites/actualites/actualites-choisies/l-allocation-pour-demandeur-d-asile-revalorisee-de-1-20, Zugriff 24.1.2018
Unterbringung
In Frankreich gibt es 303 Unterbringungszentren für Asylwerber (Centre d'Accueil pour Demandeurs d'Asile - CADA) mit rund 34.000 Plätzen, ein spezielles Zentrum für UMA, zwei Transitzentren mit 600 Plätzen, 262 Notunterbringungen mit rund 18.000 Plätzen, sowie eine nicht näher genannte Anzahl an privaten Unterbringungsplätzen. Damit verfügt das Land über etwa 56.000 Unterbringungsplätze (AIDA 2.2017).
Der Zugang zu Unterbringung erweist sich in der Praxis jedoch als sehr kompliziert. Bei der Zuweisung zur CADA muss mit längerer Wartezeit gerechnet werden, die je nach Region zwischen 51 bis 101 Tage beträgt. In Paris gibt es auch Beispiele dafür, dass Asyl gewährt wurde, ohne dass die Personen jemals Zugang zu Unterbringung gehabt hätten. Berichten zufolge reichen die derzeitigen Unterbringungsplätze der CADA nicht aus (AIDA 2.2017). Die Schaffung weiterer Unterbringungsplätze (insgesamt 12.500 Plätze davon 7.500 in CADA) ist in den nächsten zwei Jahren geplant (FRC 12.1.2018; vgl. FRC 22.12.2017).
Im Oktober 2016 wurde die informelle Siedlung in Calais, der sog. Dschungel, geräumt, in der tausende von Migranten und Asylsuchende (laut AI mehr als 6.500 Personen, laut USDOS 5.600) lebten. Man brachte 5.243 Bewohner in Erstaufnahmelager (CAO) in ganz Frankreich und stellte ihnen Informationen über das Asylverfahren zur Verfügung (AI 2.22.2017; vgl. AI 1.6.2017, USDOS 3.3.2017, AIDA 2.2017). Trotzdem leben noch etwa 350 bis 600 Migranten unter prekären Bedingungen in und um Calais. Großbritannien und Frankreich wollen die Sicherheit an der gemeinsamen Grenze jedoch verbessern. Der französische Präsident und die britische Premierministerin unterzeichneten dazu im Januar 2018 ein neues Abkommen (Zeit 19.1.2018).
Trotz der Bestrebungen der lokalen Behörden und Interessenvertreter bleiben viele Migranten und Asylwerber weiterhin obdachlos und leben landesweit in illegalen Camps (AIDA 2.2017).
Quellen:
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AI - Amnesty International (2.22.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - France, http://www.ecoi.net/local_link/336482/479137_de.html, Zugriff 24.1.2018
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AI - Amnesty International (1.6.2017): France: At a crossroads:
Amnesty International submission for the UN Universal Periodic Review, 29th session of the UPR Working Group, http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1503902006_eur2167922017english.pdf, Zugriff 24.1.2018
-
AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:
France,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018
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FRC - Forum Réfugiés Cosi (12.1.2018): Réforme de l'asile : le raccourcissement des délais ne doit pas se faire au détriment des conditions d'accès à la protection, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/reforme-de-l-asile-le-raccourcissement-des-delais-ne-doit-pas-se-faire-au-detriment-des-conditions-d-acces-a-la-protection, Zugriff 24.1.2018
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FRC - Forum Réfugiés Cosi (22.12.2017): Asile et Immigration :
Forum réfugiés-Cosi salue l'ouverture par le Premier ministre d'une consultation et alerte sur plusieurs enjeux, http://www.forumrefugies.org/s-informer/communiques/asile-et-immigration-forum-refugies-cosi-salue-l-ouverture-par-le-premier-ministre-d-une-consultation-et-alerte-sur-plusieurs-enjeux, Zugriff 24.1.2018
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018
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Zeit (19.1.2018): May und Macron verschärfen Grenzschutz, http://www.zeit.de/politik/ausland/2018-01/grossbritannien-theresa-may-emmanuel-macron-calais-frankreich-grenzschutz-sandhurst, Zugriff 29.1.2018
Medizinische Versorgung
Am 1. Januar 2016 wurde in Frankreich der neue allgemeine Krankenversicherungsschutz (protection universelle maladie - PUMA) eingeführt. Deren medizinischen Leistungen können Asylwerber im ordentlichen, aber auch im Schnell- und im Dublinverfahren in Anspruch nehmen, sobald sie die Bestätigung über ihr laufendes Asylverfahren erhalten (Cleiss 2017; vgl. AIDA 2.2017, Ameli 12.10.2017). Bei PUMA besteht Beitragsfreiheit, wenn das jährliche Einkommen pro Haushalt unter 9.534 Euro liegt (AIDA 2.2017). In Frankreich besteht generell die Möglichkeit, eine Zusatzversicherung abzuschließen, um die Gesundheitsausgaben zu decken, die nicht von der Pflichtversicherung übernommen werden. Einkommensschwachen Personen kommt jedoch kostenfrei ein Allgemeiner Zusatzkrankenschutz (couverture maladie universelle complémentaire - CMU-C) zu, der die vollständige Kostenübernahme von Leistungen sichert (Cleiss 2017; vgl. Ameli 15.11.2017, RSB o.D.). Dies kann auch von Asylwerbern in Anspruch genommen werden (Ameli 12.10.2017). Weiters besteht die Möglichkeit für illegale Einwanderer nach drei Monaten Aufenthalt in Frankreich, von der sogenannten staatlichen medizinische Hilfe (aide médicale de l'état - AME) zu profitieren, selbst wenn andere Sozialleistungen reduziert oder entzogen worden sein sollten (AIDA 2.2017; vgl. Le Fonds CMU 2.5.2017, Ameli 13.10.2017). Neben Personen mit einem niedrigen Einkommen können auch Asylwerber die in Krankenhäusern eingerichteten Bereitschaftsdienste zur ärztlichen Versorgung der Bedürftigsten (permanences d'accès aux soins de santé - PASS) in Anspruch nehmen, während sie auf den Zugang zu CMU oder AME warten. Obwohl gesetzlich vorgeschrieben ist, dass alle Krankenhäuser die PASS anbieten müssen, ist das in der Praxis nicht immer der Fall (AIDA 2.2017).
Zugang zu mentaler Gesundheitsversorgung wird von der Gesetzgebung nicht explizit erwähnt, Asylwerber können aber im Rahmen der PUMA oder AME theoretisch psychiatrische oder psychologische Hilfe in Anspruch nehmen. Viele Therapeuten nehmen jedoch keine nicht-frankophonen Patienten. Traumatisierte oder Opfer von Folter können sich von einigen NGOs betreuen lassen, die sich speziell diesen Themen widmen, z.B. Primo Levi in Paris oder die Osiris-Zentren in Marseille, Mana in Bordeaux, das Forum réfugiés-Cosi Essor-Zentrum in Lyon oder Awel in La Rochelle. Die Zahl dieser spezialisierten Zentren in Frankreich ist aber gering und ungleich verteilt und kann den wachsenden Bedarf nicht decken (AIDA 2.2017).
Die Mitarbeiter der CADA sind verpflichtet, innerhalb von 15 Tagen nach Ankunft im Unterbringungszentrum eine ärztliche Untersuchung durchzuführen (AIDA 2.2017).
Im Falle der Ablehnung des Asylantrags haben Personen ein Jahr lang ab der Ausstellung des negativen Beschieds Anspruch auf medizinische Versorgung bei Krankheiten oder Mutterschaft, solange sie sich weiterhin in Frankreich aufhalten (Ameli 12.10.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database (2.2017): Country Report:
France,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_fr_2016update.pdf, Zugriff 24.1.2018
-
Ameli - L'Assurance Maladie (12.10.2017): Vous êtes demandeur d'asile,
https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/europe-international/protection-sociale-france/demandeur-dasile, Zugriff 24.1.2018
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Ameli - L'Assurance Maladie (13.10.2017): Aide médicale de l'État (AME) : vos démarches,
https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/situations-particulieres/situation-irreguliere-ame, Zugriff 24.1.2018
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Ameli - L'Assurance Maladie (15.11.2017): CMU complémentaire :
conditions et démarches,
https://www.ameli.fr/assure/droits-demarches/difficultes-financieres/complementaire-sante/cmu-complementaire, Zugriff 24.1.2018
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Cleiss - Centre des liaisons européennes et internationales de sécurité sociale (2017): Das französische Sozialversicherungssystem, http://www.cleiss.fr/docs/regimes/regime_france/al_1.html, Zugrif 24.1.2018
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Le Fonds CMU - Fonds de financement de la protection complémentaire de la couverture universelle du risque maladi (2.5.2017): Are you an undocumented immigrant?, http://www.cmu.fr/undocumented-immigrant.php, Zugriff 24.1.2018
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RSB - Rosny sous-Bois (o.D.): ACS - AME - CMU-C - PUMA, http://www.rosny93.fr/ACS-AME-CMU-C-PUMA, Zugriff 24.1.2018
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - France, https://www.ecoi.net/local_link/337141/479905_de.html, Zugriff 24.1.2018
Der Antrag auf internationalen Schutz sei zurückzuweisen, weil gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO Frankreich für die Prüfung des Antrages zuständig sei. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.
3. Gegen den Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Beschwerde, mit der auch deren aufschiebende Wirkung beantragt wurde. Es wurde im Wesentlichen geltend gemacht, dass die Beschwerdeführerin angegeben habe, sie habe Krebs gehabt und würde an hohem Cholesterin leiden. Sie habe zwischen der Einreise in Österreich und der Antragstellung fünf bis sechs Tage bei einem Freund ihres Sohnes in Österreich gelebt. Sie wolle in Österreich bleiben, weil auch ihr Sohn nach Österreich nachkomme. Die Beschwerdeführerin sei der Ansicht, dass Österreich einerseits im Sinne des Art. 17 Dublin III-VO zum Selbsteintritt in das Verfahren verpflichtet sei und dass sie aufgrund ihres hohen Alters und den (erlittenen) Erkrankungen auf die Unterstützung ihres nachkommenden Sohnes und den angegebenen Freund des Sohnes angewiesen sei. Aufgrund des Alters bestehe keine Überstellungsfähigkeit. Daher wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung iSd Art. 17 Abs. 1 BFA-VG gestellt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist iranische Staatsangehörige, sie reiste mit einem von der französischen Botschaft in Teheran ausgestellten Schengenvisum, gültig für den Zeitraum 20.12.2017 bis zum 14.01.2018, in das österreichische Bundesgebiet ein, wo sie am 04.01.2018 einen Antrag auf internationalen Schutz stellte.
Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: "BFA") richtete am 10.01.2018 ein auf Art. 12 Abs. 2 oder Abs. 3 Dublin III-VO gestütztes Aufnahmeersuchen an Frankreich.
Mit Schreiben vom 12.02.21018 stimmten die französischen Behörden dem Aufnahmeersuchen gemäß Art. 12 Abs. 2 Dublin III-VO ausdrücklich zu.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation im Mitgliedstaat Frankreich an.
Konkrete, in den Personen der beschwerdeführenden Partei gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Die Beschwerdeführerin gab an, dass sie Krebs hatte und ihre Cholesterinwerte erhöht sind. Sie brachte Unterlagen aus der Zeit vor Ihrer Einreise in Österreich in Vorlage, aus welchen sich keine akut lebensbedrohenden Erkrankungen ergaben. Befragt, ob sie in Österreich behandelt wird, gab die Beschwerdeführerin an, sie werde in Österreich nicht behandelt und sie legte einzig eine Einladung zur Brustkrebs-Früherkennung einer österreichischen Versicherungsanstalt vor. Sie gab an, gesund zu sein und nicht behandelt zu werden. Alendronsäure Sandoz, 70 mg (Anmerkung BVwG: zur Osteoporose-Therapie), Betahistin Actavis , 16mg (Anmerkung BVwG: zur Behandlung von Schwindelgefühl, Ohrengeräusche, Hörverlust und Übelkeit), Calciduran Vit. D3 (Anmerkung BVwG: zur Behandlung von Calcium- und Vitamin D-Mangelzuständen), Motilium, 10 mg (BVwG: zur Behandlung von Übelkeit und Erbrechen), Multivit B-Ampullen (BVwG: zB bei Nervenschmerzen, Neurologischen Erkrankungen und bei Vitamin-B-Mangelzuständen) ein, welche sie bereits im Iran erhalten habe laut eigenen Angaben. Erst in der Beschwerde wurde ganz vage und allgemein ausgeführt, es sei bei der 70jährigen Beschwerdeführerin aufgrund des Alters keine Überstellungsfähigkeit gegeben. Unterlagen, aus welchen sich Anhaltpunkte dafür ergeben würden, wurden jedoch nicht vorgelegt. Für eine lebensbedrohliche Erkrankung, bzw. dafür, dass die Beschwerdeführerin nicht transportfähig oder akut stationär behandlungsbedürftig wäre, besteht kein konkreter Anhaltspunkt und es ist zudem davon auszugehen, dass die in Frankreich erhältliche medizinische Versorgung europäischen Standards entspricht.
In Österreich befinden sich weder Familienangehörige, noch sonstige Verwandte der Beschwerdeführerin. Ebenso befinden sich in Österreich keine Personen, zu denen ein besonderes finanzielles oder sonstiges Abhängigkeits- bzw. Naheverhältnis vorliegt. Die Beschwerdeführerin lebt weder in einer Familiengemeinschaft, noch in einer familienähnlichen Lebensgemeinschaft. Laut ihren Angaben lebt in Österreich ein Bekannter ihres Sohnes, bei dem sie fünf bis sechs Tage gelebt hat und diesen rund einmal in zwei Wochen kontaktiere, sowie ein anderer Bekannter, den sie laut ihren Angaben in Österreich noch nicht getroffen hat. Die Beschwerdeführerin äußerte insbesondere den Wunsch in Österreich zu bleiben, weil ihr 26jähriger Sohn, dessen Aufenthalt unbekannt sei, angeblich auch nach Österreich gelangen wolle.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellte Tatsache hinsichtlich der Einreise ins Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten sowie des Schengenvisums ergibt sich aus der - im Verwaltungsakt dokumentierten - Vis-Abfrage.
Die Feststellung bezüglich der Zustimmung zur Aufnahme der Beschwerdeführerin seitens Frankreichs leitet sich aus dem durchgeführten Konsultationsverfahren - der diesbezügliche Schriftwechsel liegt dem Verwaltungsakt ein - zwischen der österreichischen und der französischen Dublin-Behörde ab.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in Frankreich auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Überstellte nach der Dublin-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Die Feststellungen zum Gesundheitszustand der Beschwerdeführerin ergeben sich auf ihren eigenen Angaben und aus den vorgelegten medizinischen Unterlagen, in denen der Beschwerdeführerin auch handelsübliche Medikamente verschrieben wurden. Die Beschwerdeführerin hatte ausdrücklich angegeben, sie sei momentan gesund und hatte laut ihren Angaben in Österreich einzig eine Einladung zu einer Brustkrebs-Früherkennung erhalten.
Die Feststellungen des Nichtvorliegens besonderer privater, familiärer oder beruflicher Bindungen der Beschwerdeführerin in Österreich basieren auf ihren eigenen Angaben bzw. der vorliegenden Aktenlage. Die Beschwerdeführerin ist weder besonders schutz- noch pflegebedürftig.
3. Rechtliche Beurteilung:
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine
Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Artikel 12
Ausstellung von Aufenthaltstiteln oder Visa
(1) Besitzt der Antragsteller einen gültigen Aufenthaltstitel, so ist der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel ausgestellt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(2) Besitzt der Antragsteller ein gültiges Visum, so ist der Mitgliedstaat, der das Visum erteilt hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig, es sei denn, dass das Visum im Auftrag eines anderen Mitgliedstaats im Rahmen einer Vertretungsvereinbarung gemäß Artikel 8 der Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft ( 1 ) erteilt wurde. In diesem Fall ist der vertretene Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
(3) Besitzt der Antragsteller mehrere gültige Aufenthaltstitel oder Visa verschiedener Mitgliedstaaten, so sind die Mitgliedstaaten für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz in folgender Reihenfolge zuständig:
a) der Mitgliedstaat, der den Aufenthaltstitel mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der den zuletzt ablaufenden Aufenthaltstitel erteilt hat;
b) der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat, wenn es sich um gleichartige Visa handelt;
c) bei nicht gleichartigen Visa der Mitgliedstaat, der das Visum mit der längsten Gültigkeitsdauer erteilt hat, oder bei gleicher Gültigkeitsdauer der Mitgliedstaat, der das zuletzt ablaufende Visum erteilt hat.
(4) Besitzt der Antragsteller nur einen oder mehrere Aufenthaltstitel, die weniger als zwei Jahre zuvor abgelaufen sind, oder ein oder mehrere Visa, die seit weniger als sechs Monaten abgelaufen sind, aufgrund deren er in das Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einreisen konnte, so sind die Absätze 1, 2 und 3 anwendbar, solange der Antragsteller das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten nicht verlassen hat.
Besitzt der Antragsteller einen oder