Entscheidungsdatum
19.04.2018Norm
BBG §40Spruch
W217 2175406-1/12E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Julia STIEFELMEYER als Vorsitzende und die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M sowie die fachkundige Laienrichterin Verena KNOGLER BA, MA als Beisitzerinnen über die Beschwerde von DI XXXX , geb. XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen,
Landesstelle Wien, vom 04.09.2017, OB: XXXX , betreffend die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Behindertenpasses, zu
Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Am 13.07.2017 stellte Herr DI. XXXX (in der Folge: BF), den Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Sozialministeriumservice (in der Folge: belangte Behörde) ein. Dem Ansuchen waren ärztliche Befunde beigelegt.
2. Am 29.08.2017 erfolgte eine persönliche Untersuchung des BF durch den medizinischen Sachverständigen, Dr. XXXX , Arzt für Allgemeinmedizin, der in seinem Gutachten vom 30.08.2017 folgende Funktionseinschränkung feststellte:
Lfd. Nr.
Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes
Pos.Nr.
GdB %
1
Zustand nach Prostatakarzinomoperation Heranziehung dieser Position mit dem oberen Rahmensatz, da nach operativer Entfernung keine weitere Behandlungsbedürftigkeit.
13.01.01
20
Gesamtgrad der Behinderung 20 v. H
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:
Zwangsstörung, Zwangsgedanken: ohne aktuelle Behandlungsdokumentation
X Dauerzustand"
3. Mit Bescheid vom 04.09.2017 wurde der Antrag des BF auf Ausstellung eines Behindertenpasses abgewiesen, da der Gesamtgrad der Behinderung 20 % betrage. Nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen stützte sich die belangte Behörde in der Begründung auf das eingeholte ärztliche Gutachten, das einen Gesamtgrad der Behinderung von 20 % ergeben habe und einen Bestandteil der Begründung bilde. Die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses würden daher nicht vorliegen.
4. Mit Schreiben vom 06.10.2017 erhob der BF Beschwerde gegen den Bescheid vom 04.09.2017 und brachte begründend vor, dass gemäß dem Sachverständigengutachten die Bewertung der Zwangsstörung bei der durchgeführten Begutachtung keinen Grad der Behinderung erreicht habe, weil von ihm keine aktuelle Behandlungsdokumentation vorgelegt habe werden können. In der Zwischenzeit habe er einen Psychiater konsultiert, der rezidivierende depressive Störung, Angststörung, vegetative Erschöpfungszustand am 11.9.2017 diagnostiziert habe. Er stehe nach wie vor in einem Arbeitsverhältnis und könne die täglichen beruflichen Anforderungen nur mit medikamentöser Unterstützung und großer Mühe bewältigen.
5. Am 6.11.2017 langte der Beschwerdeakt beim Bundesverwaltungsgericht ein.
Der bereits befasste Gutachter, Dr. XXXX , führt in seinem vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Aktengutachten vom 20.11.2017 wie folgt aus:
"Aus den neu vorgelegten Unterlagen Aktenblatt 34 und 35 lässt sich ableiten, dass der Beschwerdeführer nach der amtsseitigen Untersuchung am 29.8.2017 einen Psychiater konsultiert hat. Ein kontinuierlicher Verlauf eines diesbezüglichen Krankheitsbildes beziehungsweise dessen therapeutische Behandlungnotwendigkeit in der Vergangenheit, ist daraus nicht ableitbar.
Es handelt sich hierbei um frisch diagnostiziertes Leiden.
Eine diesbezügliche aktuelle Behandlungsbedürftigkeit ist ebenfalls aus den vorgelegten Rechnungen nicht ableitbar. Demnach liegt hier ein neu vorgebrachtes Beschwerdebild vor, dessen Behandlung unklar ist, dessen Heilungsprozeß noch nicht abgeschlossen ist und deshalb auch keine mehr als 6 Monaten andauernde Behinderung bedingt.
Keine Änderung des Gutachtens."
6. Hierzu nahm der BF Stellung: Es handle sich nicht um ein frisch diagnostiziertes Leiden, sondern um eines, welches seit 2011 rezidivierend auftrete und ihn beruflich mehr oder weniger behindere. Eine mehr als sechs Monate andauernde Behinderung liege also eindeutig vor. Eine Behandlungsbedürftigkeit liege, im Sinne einer nachhaltigen Erholung, ebenso vor.
7. In der Folge holte das Bundesverwaltungsgericht ein nervenfachärztliches Gutachten ein. Frau Dr. XXXX führt in ihrem Gutachten vom 13.02.2018, basierend auf einer persönlichen Untersuchung des BF am selben Tag, wie folgt aus:
"Anamnese:
55 Jahre alter Mann, der alleine in meine Praxis zur Untersuchung kommt. Er habe Architektur studiert und die Ziviltechnikerprüfung gemacht und bis 2000 in einem Architekturbüro gearbeitet. 10 Jahre lang. Dann sei er im XXXX für die technische Instandshaltung verantwortlich gewesen. Dazwischen sei er bei seinem Bruder, der auch Architekt sei, angestellt gewesen. Der sei 12 Jahre älter. Biografisch interessant ist, dass er aus einer Bauernfamilie stammt aus dem XXXX Land. Er der Jüngste von 4 Kindern sei. Der erste Bruder Bauer geworden sei, aber schon gestorben sei (1940 geboren), dann eine Schwester, die auch in der Landwirtschaft tätig sei, weil sie in eine eingeheiratet habe, dann sein Bruder, der über den Beruf es Maurers, HTL, Studium an der Technischen Universität Architekt geworden sei und schließlich er, der über die Hauptschule in die HTL gewechselt sei und dann studiert habe. Die Eltern seien beide schon gestorben. Er habe 10 Jahre eine Lebensgemeinschaft gehabt, aus dieser einen "Ziehsohn", der jetzt 15 sei und mit der noch Kontakt habe, obwohl die Beziehung seit 2011 zu Ende sei. Er sei alleine.
Frühere Erkrankungen:
+ Er sei immer gesund gewesen, anläßlich einer Vorsorgeuntersuchung sei der PSA Wert hoch gewesen. Die Biopsie sei aber negativ gewesen. Er habe sich gegen die Schulmedizin entschieden und sich in Deutschland einem "Heiler" anvertraut, dem er mit der Zeit insgesamt € 30.000,- bezahlt habe und damit wahrscheinlich seine Krebserkrankung verschleppt habe. November 2016 sei es dann doch zu einer Radikaloperation gekommen. Aber es gehe ihm seither schlecht. ER hadere mit seiner Entscheidung, nicht sofort etwas gegen seinen Krebs etwas unternommen zu haben. Er habe Ängste und Zwangsgedanken. ER habe sich komplett von allen zurückgezogen.
Vegetativ: Größe: 181 cm Gewicht: 80 kg Nikotin: 0 Alkohol: 0
Drogen: 0
Medikamentöse Therapie:
Concor 5 mg 1/2, Cipralex 10 mg 1 1/2, Saroten 25 mg 2, Abilify 10 mg 1/2.
2 Wochen von 6 Wochen in XXXX gewesen. 1 x in XXXX .
Neurologischer Status:
Im Kopf- und im Hirnnervenbereich keine Auffälligkeiten. Keine Halbseitenzeichen. Seitengleiche Verhältnisse bezüglich Tonus, Kraft, Sensibilität und Reflexe. Keine pathologischen Reflexe. Sämtliche Koordinationsversuche regelrecht. Romberg, Unterberger, Zehen- und Fersenstand unauffällig. Gangbild unauffällig
Psychischer Status:
Bewusstseins klar und allseits orientiert. Keine Denkstörungen. Keine psychotische Symptomatik. Konzentration, Aufmerksamkeit und Merkfähigkeit regelrecht. Gedankenductus regelrecht.
Bis auf sich aufdrängende Zwangsgedanken, ichdyston. Seit dem Jahr 2000 habe er oft die Gedanken, jemanden abstechen zu müssen, was er niemals täte, darum quäle ihn das so sehr. Sonst Angstanfälle, depressiv gestimmt. Hadert mit seiner Entscheidung, alternative Behandlung wegen seines Prostatakrebses versucht zu haben. Dysphor gestimmt. Keine Suizidalität,
Beantwortung der gestellten Fragen, die bitte dem Akt zu entnehmen sind:
1.1 Ja. Es ergibt sich auf Grund des Vorbringens des BF zu seinem psychischen Beschwerdebild in der Beschwerde AB 33 und unter Berücksichtigung der vorgelegten Befunde AB 34. 35, 48, 49 ein einschätzungswürdiger Leidenszustand nach den Bestimmungen des Behinderteneinstellungsgesetzes:
1.2. Diagnose: recidivierende Depression mit Angst
Position 03.06.01
20%
1 Stufe über unteren Rahmensatz, da unter Medikation weitgehend stabil. Includiert ist auch die Zwangsstörung.
1.3. Gesamtgrad der Behinderung beträgt: 20 v.H.
Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:
Leiden 1 (Zustand nach Prostatakarzinomoperation 13.01.01 20 % (oberer Rahmensatz, da nach operativer Entfernung keine weitere Behandlungsbedürftigkeit) wird durch Leiden 2 nicht weiter erhöht, da keine wesentliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
1.4. Eine Nachuntersuchung ist nicht erforderlich.
1.5. Der Gesamtgrad der Behinderung ist ab Antrag Stellung anzunehmen."
8. Das Gutachten Dr.in XXXX wurde den Parteien des Verfahrens mit Schreiben vom 06.03.2018 als Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme zur Kenntnis und zur Stellungnahme übermittelt. Diese Möglichkeit blieb ungenützt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Da sich der BF mit dem im angefochtenen Bescheid festgestellten Grad der Behinderung nicht einverstanden hat, war dieser zu überprüfen.
1. Feststellungen:
Der BF erfüllt die allgemeinen Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses. Der BF ist österreichischer Staatsangehöriger und hat seinen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im österreichischen Bundesgebiet.
Der Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses ist am 13.07.2017 bei der belangten Behörde eingelangt.
Beim BF bestehen folgende Funktionseinschränkungen:
1. Zustand nach Prostatakarzinomoperation 13.01.01 20 %
oberer Rahmensatz, da nach operativer Entfernung keine weitere Behandlungsbedürftigkeit
2. recidivierende Depression mit Angst Position 03.06.01 20%
1 Stufe über unteren Rahmensatz, da unter Medikation weitgehend stabil. Includiert ist auch die Zwangsstörung.
Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 20 v.H.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen zu den allgemeinen Voraussetzungen ergeben sich aus dem im Akt aufliegenden Auszug aus dem zentralen Melderegister.
Der Gesamtgrad der Behinderung in Höhe von 20% gründet sich auf das von der belangten Behörde eingeholte Sachverständigengutachten Dris. XXXX vom 30.08.2017 sowie auf das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte ergänzende Gutachten Dr.in XXXX vom 13.02.2018.
In diesen Sachverständigengutachten wird auf die Art der Leiden des BF und deren Ausmaß ausführlich, schlüssig und widerspruchsfrei eingegangen. Die Sachverständigen setzen sich mit den vorgelegten Befunden, die in den Gutachten angeführt sind, sowie auch mit der Frage der wechselseitigen Leidensbeeinflussungen und dem Zusammenwirken der zu berücksichtigenden objektivierten Gesundheitsschädigungen auseinander. Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen.
Die vorgelegten Beweismittel sind in die Beurteilung eingeflossen, die befassten Sachverständigen haben sich eingehend damit auseinandergesetzt.
So stellte Dr. XXXX in seinem Gutachten vom 30.08.2017 fest, dass beim BF ein Zustand nach Prostatakarzinomoperation besteht und stufte diese Funktionseinschränkung mit einem GdB von 20 v.H. ein, da keine weitere Behandlungsbedürftigkeit besteht.
Frau Dr. XXXX diagnostizierte beim BF nach persönlicher Untersuchung am 13.2.2018 eine rezidivierende Depression mit Angst und stufte diese Funktionseinschränkung mit einem GdB von 20 v.H. ein. Sie stellte jedoch fest, dass das Leiden 1 durch Leiden 2 nicht weiter erhöht wird, da keine wesentliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.
Als Ergebnis der durchgeführten Begutachtung wurde ein Gesamtgrad der Behinderung des BF von 20 v.H. festgestellt.
Die vom BF vorgelegten Beweismittel haben sohin zwar neue fachärztliche Aspekte beinhaltet, welche letztlich auch berücksichtigt wurden, am Gesamtgrad der Behinderung konnten diese jedoch keine Änderung herbeiführen.
Diese beiden Sachverständigengutachten werden in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:
Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 45 Abs. 3 BBG hat in Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen. Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 27 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, soweit nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben ist, den angefochtenen Bescheid auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen.
Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu Spruchpunkt A)
1. Zur Entscheidung in der Sache:
Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten auszugsweise:
"§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn
1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder
2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder
3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder
...
5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.
(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpass auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hierzu ermächtigt ist.
§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3), ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn
1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hierfür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder
2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder
3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.
...
§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum eine allfällige Versicherungsnummer und den festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.
...
§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.
(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.
(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.
(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.
...
Zunächst ist festzuhalten, dass der Grad der Behinderung im Beschwerdefall - wie dies auch die belangte Behörde zu Recht annahm - nach der Einschätzungsverordnung einzuschätzen war, was im Verfahren auch unbestritten geblieben ist.
Wie oben eingehend ausgeführt wurde, werden der gegenständlichen Entscheidung die schlüssigen Sachverständigengutachten vom 30.08.2017 und 13.02.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung des BF 20 v.H. beträgt.
Mit einem Gesamtgrad der Behinderung von 20 vH sind die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses gemäß § 40 Abs. 1 BBG, wonach behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbstätigkeit von mindestens 50 vH ein Behindertenpass auszustellen ist, nicht erfüllt.
Der BF hat jedoch die Möglichkeit, im Falle einer Verschlechterung seiner Leiden dies im Wege eines neuen Antrages bei der belangten Behörde geltend zu machen.
Die Beschwerde war daher spruchgemäß als unbegründet abzuweisen
2. Zum Entfall einer mündlichen Verhandlung
Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.
Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn
1. der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder
2. die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist.
Gemäß § 24 Abs. 3 VwGVG hat der Beschwerdeführer die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, binnen angemessener, zwei Wochen nicht übersteigender Frist einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.
Weiters kann das Verwaltungsgericht gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.
Der EGMR hat in seinen Entscheidungen vom 10. Mai 2007, Nr. 7401/04 (Hofbauer/Österreich Nr. 2), und vom 3. Mai 2007, Nr. 17.912/05 (Bösch/Österreich), unter Hinweis auf seine frühere Rechtsprechung dargelegt, dass der Beschwerdeführer grundsätzlich ein Recht auf eine mündliche Verhandlung vor einem Tribunal hat, außer es lägen außergewöhnliche Umstände vor, die eine Ausnahme davon rechtfertigten. Der EGMR hat das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Umstände angenommen, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "hoch-technische" Fragen ("exclusively legal or highly technical questions") betrifft. Der Gerichtshof verwies im Zusammenhang mit Verfahren betreffend ziemlich technische Angelegenheiten ("rather technical nature of disputes") auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
In seinem Urteil vom 18. Juli 2013, Nr. 56.422/09 (Schädler-Eberle/Liechtenstein) hat der EGMR in Weiterführung seiner bisherigen Judikatur dargelegt, dass es Verfahren geben würde, in denen eine Verhandlung nicht geboten sei, etwa wenn keine Fragen der Beweiswürdigung auftreten würden oder die Tatsachenfeststellungen nicht bestritten seien, sodass eine Verhandlung nicht notwendig sei und das Gericht auf Grund des schriftlichen Vorbringens und der schriftlichen Unterlagen entscheiden könne (VwGH 03.10.2013, Zl. 2012/06/0221).
Im gegenständlichen Fall bilden die Grundlage für die Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Ausstellung eines Behindertenpasses erfüllt sind, Gutachten von ärztlichen Sachverständigen. Zur Klärung des Sachverhaltes wurden daher ärztliche Sachverständigengutachten eingeholt. Wie oben bereits ausgeführt, wurden diese als nachvollziehbar, vollständig und schlüssig erachtet. Sohin erscheint der Sachverhalt geklärt und konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben.
Zu Spruchpunkt B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen. Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen.
Schlagworte
Behindertenpass, Grad der Behinderung, SachverständigengutachtenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W217.2175406.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.05.2018