TE Bvwg Beschluss 2018/4/20 W215 1404955-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.04.2018
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Entscheidungsdatum

20.04.2018

Norm

AsylG 2005 §3 Abs1
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §28 Abs3

Spruch

W215 1404955-3/4E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. STARK über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , Staatsangehörigkeit Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2018, Zahl 770731210-14017752, beschlossen:

A)

In Erledigung der Beschwerde wird der Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß

§ 28 Abs. 3 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 (VwGVG), zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückverwiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig.

Text

BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation aus der Teilrepublik XXXX und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe, reiste zu einem nicht feststellbaren Zeitpunkt illegal in das österreichische Bundesgebiet und stellte am 10.08.2007 seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz. In einer Erstbefragung am selben Tag behauptete der Beschwerdeführer, dass er am XXXX geboren sei. Sein Cousin habe aktiv an Kampfhandlungen teilgenommen und der Beschwerdeführer habe diesen mit Lebensmitteln unterstützt. Dieser Cousin sei getötet worden und der Beschwerdeführer sei selbst aus diesem Grund von russischen Soldaten verfolgt und gefoltert worden.

Am 30.08.2007 wurde der Beschwerdeführer im Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich befragt.

Am 18.03.2008 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vom Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich befragt. In dieser Einvernahme legte der Beschwerdeführer einen XXXX XXXX . Bei entsprechender Therapie und förderlichen Bedingungen sei mit einer relativen Rehabilitierung zu rechnen.

Nachdem mit Bescheid vom 15.05.2008, Zahl: 07 07.312-BAW, XXXX , im Asylverfahren zum nichtamtlichen Sachverständigen bestellt worden war, langte am XXXX ein XXXX Gutachten ein, in welchem im Wesentlichen Folgendes ausgeführt wurde: Beim Beschwerdeführer fand sich XXXX Mit Bescheid vom 10.02.2009, Zahl 07 07.312-BAW, wies das Bundesasylamt den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 3 Abs. 1 iVm

§ 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab und erkannte dem Beschwerdeführer den Status des Asylberechtigten nicht zu (Spruchpunkt I.). Das Bundesasylamt erkannte dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß

§ 8 Abs. 4 AsylG bis zum 10.02.2010. Begründend führte das Bundesasylamt im Bescheid aus, dass sich die Angaben des Beschwerdeführers als widersprüchlich und unglaubwürdig erwiesen hätten. Hinsichtlich der Situation im Falle einer Rückkehr in den Herkunftsstaat führte das Bundesasylamt aus, dass aus den vom Beschwerdeführer vorgelegten Befunden und dem vom Bundesasylamt eingeholten XXXX Gutachten hervorgehe, dass XXXX Im Zusammenhang mit den Länderfeststellungen haben sich Hinweise ergeben, dass aufgrund seines persönlichen Gesundheitszustandes und der allgemeinen Gegebenheiten in seinem Heimatland, insbesondere den fehlenden XXXX Behandlungsmöglichkeiten, die Überstellung in die Russische Föderation unzulässig sei.

Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides erhob der Beschwerdeführer am 25.02.2009 fristgerecht Beschwerde, in welcher er Spruchpunkt I. des Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften anfocht. Die Spruchpunkte II. und III. erwuchsen in Rechtskraft.

Mit Aktenvermerk vom 23.03.2009, Zahl D13 404955-1/2009/2E, wurde das Beschwerdeverfahren des Beschwerdeführers vom Asylgerichtshof gemäß § 24 Abs. 2 iVm Abs. 1 Z 1 AsylG eingestellt, da der Beschwerdeführer laut Auskunft des Zentralen Melderegisters vom 13.03.2009 von der letzten Adresse abgemeldet wurde und keine neue aktuelle Meldung vorlag. Nachdem der Beschwerdeführer am 11.05.2009 einen Antrag auf Fortsetzung seines Asylverfahrens gestellt hatte, wurde sein Beschwerdeverfahren mit Aktenvermerk vom 15.05.2009, Zahl D13 404955-1/2009/5Z, fortgesetzt.

Mit Schreiben an das Bundesasylamt vom 25.01.2010 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG. Mit Bescheid vom 22.02.2010, Zahl 07 07.312-BAW, verlängerte das Bundesasylamt die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG bis zum 10.02.2011.

Am 08.06.2010 führte der Asylgerichtshof eine öffentliche mündliche Beschwerdeverhandlung durch, zu welcher der Beschwerdeführer unentschuldigt nicht erschien, obwohl er rechtzeitig durch persönliche Verständigung geladen wurde.

Mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes vom 12.10.2010, Zahl D13 404955-1/2009/17E, wurde die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 10.02.2009, Zahl 07 07.312-BAW, gemäß § 3 Abs. 1 AsylG als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 16.10.2010 in Rechtskraft.

2. Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen XXXX, vom XXXX (Rechtskraft XXXX ), XXXX , gemäß §§ 15, 127, 130 (1.Fall) StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten, davon sechs Monate bedingt, Probezeit drei Jahre, verurteilt.

Mit Schreiben an das Bundesasylamt vom 16.02.2011 stellte der Beschwerdeführer einen Antrag auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG. Mit Bescheid vom 04.11.2011, Zahl 07 07.312-BAW, verlängerte das Bundesasylamt die befristete Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 10.02.2012.

Am 05.03.2012 wurde der Beschwerdeführer im Zuge einer Kontrolle am Busbahnhof XXXX in einem aus Paris ankommenden Reisebus angetroffen und aufgrund des Ablaufes der befristeten Aufenthaltsberechtigung und mangels gestellten Verlängerungsantrags vom Landespolizeikommando XXXX wegen rechtswidrigen Aufenthaltes im Bundesgebiet zur Anzeige gebracht.

Der Beschwerdeführer beantragte am 09.03.2012 schriftlich die Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung gemäß § 8 Abs. 4 AsylG.

Nachdem XXXX , vom Bundesasylamt zum nichtamtlichen Sachverständigen bestellt worden war, langte am 10.05.2012 ein XXXX Gutachten vom XXXX beim Bundesasylamt ein. Darin wird im Wesentlichen ausgeführt, dass sich beim Beschwerdeführer aus XXXX XXXX XXXX sei festzuhalten, dass sich der Beschwerdeführer damals in einer Behandlung befunden habe. Jetzt gebe er an, dass er nunmehr seit Jahren keine Behandlung mehr benötige und auch keine Medikamente regelmäßig einnehme. Es sei davon auszugehen, dass durch die Behandlung, die 2008/ 2009 stattgefunden habe, das damals festgestellte Beschwerdebild wiederum remittiert sei.

Der Beschwerdeführer wurde am 31.05.2012 vom Bundesasylamt im Beisein eines Dolmetschers für die russische Sprache niederschriftlich befragt.

Mit Bescheid vom 20.06.2012, Zahl 07 07.312-BAW, erkannte das Bundesasylamt dem Beschwerdeführer den Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt I.) und entzog ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG die Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter (Spruchpunkt II.). Weiters wies das Bundesasylamt den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet in die Russische Föderation aus (Spruchpunkt III.). Das Bundesasylamt stellte fest, dass die ursprünglich für die Gewährung des subsidiären Schutzes maßgebliche XXXX beim Beschwerdeführer nicht mehr bestehe und es dem Beschwerdeführer aufgrund seiner Volljährigkeit möglich sei in der Russischen Föderation, auch außerhalb von XXXX , zu leben.

Mit Schriftsatz vom 30.06.2012 wurde fristgerecht Beschwerde gegen diesen Bescheid erhoben und mit Erkenntnis des Asylgerichtshofes, vom 24.04.2012, Zahl

D13 404955-2/2012/2E, in Spruchpunkt I. die Beschwerde gemäß § 9 Abs. 1 und

§ 10 Abs. 1 Z 4 AsylG hinsichtlich der Spruchpunkte I. und III. des angefochtenen Bescheides als unbegründet abgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde in Erledigung der Beschwerde Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides ersatzlos behoben. Dieses Erkenntnis wurde mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 30.04.2013, Zahl D13 404955-2/2012/3Z, insoweit berichtigt, als das Datum des Erkenntnisses des Asylgerichtshofes statt 24.04.2012 richtigerweise 24.04.2013 zu lauten hat.

3. Der Beschwerdeführer kam seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach, blieb illegal im Bundesgebiet, musste in Schubhaft genommen werden und stellte am 10.01.2014 gegenständlichen zweiten Antrag auf internationalen Schutz. Der Beschwerdeführer wurde niederschriftlich am 10.01.2014 zu seinen Gründen für die neuerliche Stellung eines Antrags auf internationalen Schutz befragt und berief sich zusammengefasst, auf die allgemeine Sicherheitslage in XXXX und in seiner Heimatortschaft. Es herrsche Chaos, es gäbe Anschläge und Menschen würden verschwinden. Der letzte große Anschlag sei in Wolgograd gewesen. Die Polizei verdiene Geld wenn sie Leute freilasse, stehe unter Drogen und sei brutal. Nachdem der Beschwerdeführer erklärt worden war, dass "entschiedene Sache" vorliege und gefragt, ob er neue Gründe nennen könne, gab er zusammengefasst an, dass sein jüngerer Bruder ca. im Sommer 2013 seine Elternhaus besucht habe. Ein Polizist und andere Personen hätten ihn nach dem Aufenthaltsort des Vaters und des Beschwerdeführers gefragt. Sie hätten gedacht, dass sein Vater und der Beschwerdeführer kämpfen würden und nicht geglaubt, dass der Beschwerdeführer in Europa sei. Davon habe der Bruder dem Beschwerdeführer ca. im August 2013 erzählt. Der Beschwerdeführer ersuche nicht in seinen Herkunftsstaat geschickt zu werden. Die alten Fluchtgründe seien immer noch aufrecht, daran habe sich nichts geändert. Anschließende wiederholte der Beschwerdeführer Auszüge aus seinem Vorbringen im ersten Asylverfahren.

Der Beschwerdeführer wurde am 02.08.2017 neuerlich zu den Gründen für die Stellung eines zweiten Antrages auf internationalen Schutz befragt und wiederholte auszugsweise die im ersten Asylverfahren genannten Fluchtgründe. Sein Vater lebe mittlerweile wieder im Elternhaus. Seine Mutter lebe nach wie vor dort. Beide hätten Arbeit, die Mutter als XXXX . Seine Schwestern würden ebenfalls in XXXX leben, der Bruder arbeite XXXX . Der Beschwerdeführer sei seit seiner ersten Asylantragstellung nicht mehr in den Herkunftsstaat zurückgekehrt. Eine Tante lebe in XXXX . Der Beschwerdeführer habe einen Deutschkurs besucht und lebe von der Grundversorgung. Er arbeite manchmal "schwarz". Der Beschwerdeführer sei ledig und kinderlos, habe aber seit zwei bis drei Jahren eine Beziehung mit einer Frau in Österreich; jedoch keine Lebensgemeinschaft. Weiters führte er wörtlich aus: F: Sind Sie jemals mit dem Gesetz in Konflikt geraten oder wurden Sie strafrechtlich verurteilt?

A: Ja, 2010.

F: Sie wurden im Bundesgebiet bereits viermal zu Freiheitsstrafen verurteilt, zuletzt im Jahr XXXX und rechtskräftig am XXXX . Was sagen Sie dazu?

A: Ja, genau.

F: Sie stellten am 12.08.2014 einen Antrag auf Rückkehrhilfe im Zuge der freiwilligen Rückkehr und widerriefen diesen kurz darauf. Wieso taten Sie das?

A: Meine Mutter hat mich besucht und wollte, dass ich unbedingt zurückgehe. Um Sie zu beruhigen habe ich den Antrag gestellt und nach Ihrer Rückkehr habe ich den Antrag widerrufen. Ich stehe mit meiner Familie im Kontakt-

F: Es besteht eine Aliasidentität, nach der Sie am XXXX geboren wären. Was sagen Sie dazu?

A: Ich habe mich jünger ausgegeben, als ich bin weil ich Angst hatte, man würde mich zurückschicken.

F: Fühlen Sie sich wohl, können Sie sich konzentrieren und verstehen Sie die Dolmetscherin einwandfrei?

A: Ja

FLUCHTGRUND:

F: Sie haben am 11.08.2007 einen Asylantrag gestellt, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 10.02.2009 abgewiesen wurde. Sie stellten daraufhin am 10.01.2014 den gegenständlichen Folgeantrag auf Asyl. In Österreich kann über eine Sache nur einmal entschieden werden. Somit sind für den neuerlichen Asylantrag ausschließlich neue Gründe entscheidend, die zwischen der Rechtskraft des Vorbescheides (= Abschluss Ihres Vorverfahrens) und dem heutigen Tag entstanden sind. Bestehen Ihre Fluchtgründe aus dem Erstverfahren noch bzw. haben Sie auch neue Fluchtgründe?

A: Ich habe neue Gründe.

F: Bitte legen Sie Ihre neuen Fluchtgründe dar.

A: Ich habe erneut um Asyl angesucht weil ich nicht zurückkehren kann.

F: Ist ein neuer Sachverhalt zu Tage getreten seit rechtskräftigem Abschluss Ihres letzten Asylverfahrens?

A: Nein, es ist nicht weiter passiert. Die alten Gründe bestehen weiterhin. Ich habe keine neuen Gründe.

F: Was befürchten Sie im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation?

A: Wie gewöhnlich, ich weiß nicht.

F: Möchten Sie noch etwas angeben oder haben Sie Fragen?

A: Ich ersuche um die Möglichkeit hier arbeiten zu können, hier bleiben zu können.

F: Ihnen wird nun die Möglichkeit eingeräumt, in die Länderfeststellungen des BFA zur Russischen Föderation, besonders in Hinsicht auf Tschetschenien, Einsicht und Stellung zu nehmen. Die Feststellungsunterlagen werden Ihnen gegebenenfalls vom Dolmetscher vorgelesen! Möchten Sie das?

A: Nein.

F: Möchten Sie noch etwas angeben?

A: Nein.

F: Konnten Sie sich konzentrieren?

A: Ja.

F: Haben Sie die Dolmetscherin verstanden?

A: Ja..."

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 13.02.2018, Zahl 770731210-14017752, wurde in Spruchpunkt I. der zweite Antrag auf internationalen Schutz vom 10.01.2014 hinsichtlich des Status des Asylberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt II. wurde der Antrag auf internationalen Schutz vom 10.01.2014 hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 68 Abs. 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen. In Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltsberechtigung "besonderer Schutz" gemäß § 57 AsylG nicht erteilt. In Spruchpunkt IV. wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen. In Spruchpunkt V. wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist. In Spruchpunkt VI. wurde ausgesprochen, dass gemäß

§ 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise besteht. In Spruchpunkt VII. wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 2 Z 1 AsylG sein Recht zum Aufenthalt im Bundesgebiet ab dem 13.10.2010 verloren hat. In Spruchpunkt VIII. wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von neun Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen.

Gegen diesen Bescheid, zugestellt am 21.02.2018, wurden fristgerecht am 12.03.2018 gegenständliche Beschwerden eingebracht. In der Beschwerde wird beantragt der Beschwerde die aufschiebende Wirkung aufgrund der drohenden Verletzung von

Art. 3 EMRK zuerkennen, eine mündliche Verhandlung gem. § 24 Abs. 1 VwGVG zur Klärung des maßgeblichen Sachverhalts durchführen, den angefochtenen Bescheid - behelfsweise unter Heranziehung anderer als der geltend gemachten Rechte - zur Gänze zu beheben und dem Beschwerdeführer Asyl gemäß § 3 AsylG gewähren, den Bescheid hinsichtlich des Einreiseverbots in der Höhe von neun Jahren unter Spruchpunkt VIII. ersatzlos zu beheben; in eventu den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit zur Gänze zu beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Durchführung des Verfahrens und Erlassung eines neuen Bescheides an das BFA zurückverweisen (§ 66 Abs. 2 AVG, § 28 Abs. 3 und 4 VwGVG), das auf neun Jahre befristet erlassene Einreiseverbot unter Spruchpunkt VIII. auf eine angemessene Dauer herabzusetzen sowie das auf eine angemessene Dauer herabgesetzte Einreiseverbot unter Spruchpunkt VIII. nur für Österreich und nicht für alle Mitgliedstaaten, für die die Rückführungsrichtlinie gilt, zu erlassen; für den Fall der Abweisung des obigen Beschwerdeantrages gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG festzustellen, dass dem Beschwerdeführer der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf "Afghanistan" (Anmerkung: Originalzitat) zukommt sowie festzustellen, dass die gem. § 52 FPG erlassene Rückkehrentscheidung gemäß § 9 Abs. 3 BVA-VG auf Dauer unzulässig ist sowie in eventu die ordentliche Revision zuzulassen.

4. Die Beschwerdevorlage vom 14.03.2018 langte am 16.03.2018 im Bundesverwaltungsgericht ein.

Für den 20.04.2018 wurde zur Ermittlung des maßgeblichen Sachverhaltes eine öffentliche mündliche Verhandlung im Bundesverwaltungsgericht anberaumt:

"...PV: Im gegenständlichen Verfahren liegen gravierende Ermittlungsmängel vor. Seit der rechtskräftigen Entscheidung des ersten Asylantrages hat sich eine maßgebliche Veränderung des Sachverhalts ergeben und es sind neue Fluchtgründe hinzugekommen. Bei der Einvernahme hinsichtlich Folgeantrags wurde zudem die XXXX Erkrankung des P nicht berücksichtigt, woraus sich ebenfalls Ermittlungsmängel sowie Verfahrensmängel ergeben. Der P ersucht seine neuen Fluchtgründe darlegen zu können, ebenso seine XXXX Erkrankungen. Ich lege einen Sozialbericht und einen Befundbericht, beide vom XXXX , vor. Aus dem Befundbericht geht hervor, dass P XXXX Probleme hat und es wurde bereits vor Bescheiderlassung ein Befundbericht vom XXXX vorgelegt. Somit bestanden die XXXX Probleme vor Bescheiderlassung und vor der letzten niederschriftlichen Befragung am 28.08.2017.

R: Der Bescheid stammt vom 13.02.2018 und wurde Ihnen nachweislich am 21.02.2018 zugestellt. Können Sie nachweisen, dass Sie Ihre XXXX Probleme, die heute von PV behauptet werden, bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides hatten und warum haben Sie diese beim BFA nicht vorgebracht?

P: Ich habe das beim letzten Termin mit meinem XXXX gesagt. Ich hatte das Gefühl, dass der Dolmetscher zum Geheimdienst gehört. Ich habe nicht alles in den niederschriftlichen Befragungen zu meinem Fluchtgrund gesagt. Ich hatte Angst.

PV: Es gibt einen neuen Sachverhalt, den P auf Grund seiner XXXX Verfassung nicht beim BFA vorbringen konnte.

R: Auf Grund des heutigen Vorbringens in Verbindung mit den in Vorlage gebrachten bzw. bereits vorliegenden Beweismitteln erübrigt sich eine Verhandlung.

R: Wollen Sie noch etwas angeben oder Anträge stellen?

P: Nein.

PV: Nein.

R: Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl wird die heutige Verhandlungsniederschrift, nach Schluss der Verhandlung übermittelt. Üblicherweise haben die Parteien die Möglichkeit binnen einer Frist von zwei Wochen eine schriftliche Stellungnahme abzugeben. In diesem Fall möchte ich so rasch wie möglich entscheiden; damit Sie nächste Woche die Erledigung in Händen halten. Es ist Ihre Entscheidung ob Sie noch eine Frist wollen bzw. falls ja wie lange.

PV: Ich möchte keine Stellungnahmefrist..."

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz, BGBl. I Nr. 10/2013 (BVwGG), entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt Einzelrichterzuständigkeit vor.

Dieses Bundesgesetz regelt das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes (§ 1 VwGVG).

Entgegenstehende Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht sind, bleiben unberührt

(§ 58 Abs. 2 VwGVG).

Sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist, hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen (§ 28 Abs. 1 VwGVG). Soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist, erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss (§ 31 Abs. 1 VwGVG).

Zu A)

1. Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Wie eben ausgeführt, ist gemäß § 17 VwGVG der IV. Teil des AVG und somit auch

§ 66 Abs. 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 (AVG), in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998, nicht anzuwenden.

Über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG hat das Verwaltungsgericht dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn

1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder

2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist (§ 28 Abs. 2 VwGVG).

Liegen die Voraussetzungen des Abs. 2 nicht vor, hat das Verwaltungsgericht im Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG in der Sache selbst zu entscheiden, wenn die Behörde dem nicht bei der Vorlage der Beschwerde unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht. Hat die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen, so kann das Verwaltungsgericht den angefochtenen Bescheid mit Beschluss aufheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Behörde zurückverweisen. Die Behörde ist hiebei an die rechtliche Beurteilung gebunden, von welcher das Verwaltungsgericht bei seinem Beschluss ausgegangen ist (§ 28 Abs. 3 VwGVG).

Das Modell der Aufhebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit an die Behörde folgt konzeptionell jenem des § 66 Abs. 2 AVG, setzt im Unterschied dazu aber nicht auch die Notwendigkeit der Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung voraus (Fister/Fuchs/Sachs, Das neue Verwaltungsgerichtsverfahren, Stand der Rechtslage 01.01.2014, § 28 VwGVG, Anmerkung 11).

§ 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG bildet damit die Rechtsgrundlage für eine kassatorische Entscheidung des Verwaltungsgerichtes, wenn "die Behörde notwendige Ermittlungen des Sachverhalts unterlassen" hat.

Aus der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der vergleichbaren Bestimmung des

§ 66 Abs. 2 AVG ergibt sich, dass nur Mängel der Sachverhaltsfeststellung d.h. im Tatsachenbereich zur Behebung des Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit berechtigen (vgl. VwGH 19.01.2009, 2008/07/0168; VwGH 23.05.1985, 84/08/0085).

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit den Erkenntnissen vom 21.11.2002, 2002/20/0315 und 2000/20/0084, grundsätzliche Ausführungen zur Anwendbarkeit des § 66 Abs. 2 AVG im Asylverfahren im Allgemeinen und durch den Unabhängigen Bundesasylsenat im Besonderen getätigt.

Dabei hat er im letztgenannten insbesondere ausgeführt:

"Bei der Abwägung der für und gegen eine Entscheidung gemäß § 66 Abs. 2 AVG sprechenden Gesichtspunkte muss nämlich auch berücksichtigt werden, dass das Asylverfahren nicht nur möglichst kurz sein soll. Zur Sicherung seiner Qualität hat der Gesetzgeber einen Instanzenzug vorgesehen, der zur belangten Behörde und somit zu einer gerichtsähnlichen, unparteilichen und unabhängigen Instanz als besonderem Garanten eines fairen Asylverfahrens führt (vgl. bereits das Erkenntnis vom 16. April 2002, Zahl 99/20/0430). Die der belangten Behörde in dieser Funktion schon nach der Verfassung zukommende Rolle einer obersten Berufungsbehörde (Art. 129c 1 B-VG) wird aber ausgehöhlt und die Einräumung eines Instanzenzuges zur bloßen Formsache degradiert, wenn sich das Asylverfahren einem erstinstanzlichen Verfahren vor der Berufungsbehörde nähert, weil es das Bundesasylamt ablehnt, auf das Vorbringen sachgerecht einzugehen und brauchbare Ermittlungsergebnisse in Bezug auf die Verhältnisse im Herkunftsstaat in das Verfahren einzuführen. Diese über die Unvollständigkeit der Einvernahme hinaus gehenden Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens sprechen auch bei Bedachtnahme auf die mögliche Verlängerung des Gesamtverfahrens unter dem Gesichtspunkt, dass eine ernsthafte Prüfung des Antrages nicht erst bei der "obersten Berufungsbehörde" beginnen und zugleich - abgesehen von der im Sachverhalt beschränkten Kontrolle der letztinstanzlichen Entscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof - bei derselben Behörde enden soll, für die mit der Amtsbeschwerde bekämpfte Entscheidung."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063-4, unter anderem ausgeführt, dass gemäß den Bestimmungen des § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG bereits nach dem Wortlaut die Aufhebung eines Bescheides einer Verwaltungsbehörde durch ein Verwaltungsgericht nicht in Betracht kommt, wenn der für die Entscheidung maßgebliche Sachverhalt feststeht (vgl. auch Art. 130 Abs. 4 Z 1 BVG). Dies wird jedenfalls dann der Fall sein, wenn der entscheidungsrelevante Sachverhalt bereits im verwaltungsbehördlichen Verfahren geklärt wurde, zumal dann, wenn sich aus der Zusammenschau der im verwaltungsbehördlichen Bescheid getroffenen Feststellungen (im Zusammenhalt mit den dem Bescheid zu Grunde liegenden Verwaltungsakten) mit dem Vorbringen in der gegen den Bescheid erhobenen Beschwerde kein gegenläufiger Anhaltspunkt ergibt. Weiters wird zusammengefasst ausgeführt, dass auch eine an der verfassungsrechtlichen Vorgabe des Art. 130 Abs. 4 B-VG orientierte Auslegung ergibt, dass eine Aufhebung des Bescheides der Verwaltungsbehörde jedenfalls erst dann in Betracht kommt, wenn die in § 28 Abs. 2 VwGVG normierten Voraussetzungen, die eine Pflicht des Verwaltungsgerichtes zur "Entscheidung in der Sache selbst" nach sich ziehen, nicht vorliegen. Aus den im Erkenntnis wiedergegeben Gesetzesmaterialien zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 ist ersichtlich, dass dem Verwaltungsgericht in den in Art. 130 Abs. 4 B-VG vorgesehenen und in § 28 Abs. 2 VwGVG angeordneten Fällen eine kassatorische Entscheidung nicht offensteht. Damit normiere § 28 VwGVG für die überwiegende Anzahl der Fälle die Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte, in der Sache selbst zu entscheiden. Derart wird (wie erwähnt) der sich schon aus Art. 130 Abs. 4 B-VG ergebenden Zielsetzung, dass die Verwaltungsgerichte grundsätzlich in der Sache selbst entscheiden sollen, Rechnung getragen. Eine Zurückverweisung der Sache an die Verwaltungsbehörde zur Durchführung notwendiger Ermittlungen wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn die Verwaltungsbehörde jegliche erforderliche Ermittlungstätigkeit unterlassen hat, wenn sie zur Ermittlung des maßgebenden Sachverhalts (vgl. § 37 AVG) lediglich völlig ungeeignete Ermittlungsschritte gesetzt oder bloß ansatzweise ermittelt hat. Gleiches gilt, wenn konkrete Anhaltspunkte annehmen lassen, dass die Verwaltungsbehörde (etwa schwierige) Ermittlungen unterließ, damit diese dann durch das Verwaltungsgericht vorgenommen werden (etwa im Sinn einer "Delegierung" der Entscheidung an das Verwaltungsgericht, vgl. Holoubek, Kognitionsbefugnis, Beschwerdelegitimation und Beschwerdegegenstand, in: Holoubek/Lang (Hrsg.), Die Verwaltungsgerichtsbarkeit, erster Instanz, 2013, Seite 127, Seite 137; siehe schon Merli, Die Kognitionsbefugnis der Verwaltungsgerichte erster Instanz, in: Holoubek/Lang (Hrsg.), Die Schaffung einer Verwaltungsgerichtsbarkeit erster Instanz, 2008, Seite 65, Seite 73f).

2. Im Fall des Beschwerdeführers erweist sich der Bescheid in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt aus folgenden Gründen als mangelhaft:

Im ersten Asylverfahren wurde zuletzt im Auftrag des Bundesasylamtes am XXXX ein XXXX Gutachten von XXXX erstellt. Darin wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich beim Beschwerdeführer XXXX . Jetzt gebe er an, dass er nunmehr seit Jahren keine Behandlung mehr benötige und auch keine Medikamente regelmäßig einnehme. Laut diesem Gutachten vom XXXX war das früher beim Beschwerdeführer festgestellte Beschwerdebild durch die Behandlung, die 2008/ 2009 remittiert.

Im gegenständlichen zweiten Asylverfahren geht jedoch aus einem im erstinstanzlichen Akt einliegenden Befundbericht eines Facharztes XXXX XXXX hervor, dass der XXXX Zustand des Beschwerdeführers mittlerweile XXXX ist, es wurden zwei Medikamente verordnet und der Beschwerdeführer steht in medizinischer und medikamentöser Behandlung. Dieser Umstand wurde allerdings in der letzten niederschriftlichen Befragung am 28.08.2017 im Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl nicht berücksichtigt; was aber vor dem Hintergrund der früheren XXXX Erkrankung des Beschwerdeführers in Verbindung mit dem Befundbericht vom XXXX indiziert gewesen wäre. Die Vertreterin des Beschwerdeführers behauptete am 20.04.2018 (siehe Verfahrensgang 4. Seite 09 dieses Beschlusses), dass sich bereits vor Erlassung des gegenständlichen Bescheides eine maßgebliche Veränderung des Sachverhalts ergeben hat und neue Fluchtgründe hinzugekommen sind, die der Beschwerdeführer anlässlich der niederschriftlichen Befragung beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl am 28.08.2017 auf Grund einer XXXX Erkrankung nicht vorbringen konnte.

Die Abklärung des Gesundheitszustandes eines Beschwerdeführers ist für die gesamtheitliche Würdigung in Hinblick darauf, ob möglicherweise die Vernehmungsfähigkeit auf Grund des Vorliegens eines Krankheitsbildes beeinträchtigt ist bzw. in Bezug auf die Wertung des Aussageverhaltens in der Vernehmung oder Verhandlung relevant (vgl. dazu VwGH 20.02.2009, 2007/19/0827 bis 0829-6; VwGH 28.06.2005, 2005/01/0080).

Der gegenständliche Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 21.02.2018, geht nicht ausreichend auf die XXXX Verfassung des Beschwerdeführers bzw. den vorgelegten Befundbericht XXXX ein. Konkrete XXXX Probleme wurden vom Beschwerdeführer zwar nicht ausdrücklich vorgebracht, könnten allerdings laut Vertreterin bereits zum Zeitpunkt der Erlassung des gegenständlichen Bescheides vorgelegen bzw. sich bereits in der letzten niederschriftlichen Befragung am 28.08.2017 abgezeichnet haben; zumal der oben genannte Befundbericht XXXX vorgelegt wurde aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer bereits damals in ärztlicher und medikamentöser Behandlung stand.

Das Ermittlungsverfahren ist jedenfalls mangelhaft geblieben. Mangels eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens seitens des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, insbesondere zum Gesundheitszustand bzw. zur Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers fehlt dem Bundesverwaltungsgericht eine ausreichende Beurteilungsgrundlage für die Lösung der Frage, ob die Voraussetzungen für entschiedene Sache vorliegen oder der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr in den Herkunftsstaat der Gefahr einer Verfolgung oder Bedrohung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention bzw. der EMRK ausgesetzt ist. Der entscheidungsrelevante Sachverhalt steht somit nicht fest.

Im fortgesetzten Verfahren wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl einen Facharzt/eine Fachärztin XXXX beiziehen müssen, um den aktuellen Gesundheitszustand und die Einvernahmefähigkeit des Beschwerdeführers zu untersuchen. So wäre durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mittels entsprechender Fragestellungen zu erheben, ob die Verhandlungs- bzw. Vernehmungsfähigkeit des Beschwerdeführers wegen eines Krankheitsbildes beeinträchtigt und der Beschwerdeführer in der Lage ist konkrete Angaben zu den Gründen für seine zweite Asylantragstellung zu machen, oder ob dem sein Gesundheitszustand entgegensteht. Erst nach Beantwortung der soeben im Detail angeführten Fragen wird das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zu erheben haben, ob im Herkunftsstaat falls nötig eine ausreichende Gesundheitsversorgung und Behandlungsmöglichkeiten vorhanden sind. Eine Auseinandersetzung mit dem individuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers durch entsprechende Ermittlungen und darauf basierenden Feststellungen ist im gegenständlichen Asylverfahren bis dato nicht erfolgt. Damit hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im Sinne der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bloß ansatzweise ermittelt.

Eine Nachholung des durchzuführenden Ermittlungsverfahrens und eine erstmalige Ermittlung und Beurteilung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Bundesverwaltungsgericht kann - im Lichte der oben zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 66 Abs. 2 AVG - nicht im Sinne des Gesetzes liegen. Wie der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sinngemäß zu entnehmen ist, sollte eine ernsthafte Prüfung eines Antrages und Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes jedenfalls nicht erst bei der Beschwerdebehörde beginnen, da dies nicht nur eine "Delegierung" der Aufgaben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl an das Bundesverwaltungsgericht bedeuten, sondern auch den in der Rechtsordnung bewusst vorgesehenen Instanzenzug zur bloßen Formsache degradieren würde.

Da der maßgebliche Sachverhalt noch nicht feststeht, war in Gesamtbeurteilung der dargestellten Erwägungen der angefochtene Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 28 Abs. 3

2. Satz VwGVG zu beheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zurückzuverweisen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 (VwGG), in der Fassung BGBl. I Nr. 33/2013, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Im konkreten Fall ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG, in der Fassung BGBl. I Nr. 51/2012, nicht zulässig weil diese Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Dieser Beschluss beschäftigt sich mit der Tatsache, dass aus dem ersten Asylverfahren eine Erkrankung bekannt war und dennoch ein aktueller Befundbericht im gegenständlichen Verfahren nicht berücksichtigt wurde. Es ergaben sich im Lauf des Verfahrens keine Hinweise auf das Vorliegen von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung.

In den rechtlichen Ausführungen zu Spruchteil A wurde ausführlich unter Bezugnahme auf die diesbezügliche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ausgeführt, dass dadurch beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Sachverhalt nicht umfassend ermittelt wurde. Betreffend die Anwendbarkeit des § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG im gegenständlichen Fall liegen keine grundsätzlichen Rechtsfragen vor, weil § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG inhaltlich

§ 66 Abs. 2 AVG (mit Ausnahme des Wegfalls des Erfordernisses der Durchführung einer mündlichen Verhandlung) entspricht und zusätzlich zur bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Zurückverweisung wegen mangelhafter Sachverhaltsermittlungen auch das Erkenntnis vom 26.06.2014, Ro 2014/03/0063-4, heranzuziehen ist. Weder weicht der gegenständliche Beschluss von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Im Übrigen trifft § 28 Abs. 3 2. Satz VwGVG eine klare im Sinne einer eindeutigen Regelung (vgl. OGH 22.03.1992, 5 Ob 105/90), weshalb keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung vorliegen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung, Ermittlungspflicht, Gesundheitszustand,
Kassation, mangelnde Sachverhaltsfeststellung, psychische Erkrankung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W215.1404955.3.00

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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