Entscheidungsdatum
20.04.2018Norm
B-VG Art.133 Abs4Spruch
W167 2119471-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Daria MACA-DAASE als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , BNr. XXXX , vertreten durch XXXX , gegen den Bescheid der Agrarmarkt Austria (AMA) vom XXXX , AZ. XXXX , zu Recht erkannt:
A)
Der Beschwerde wird teilweise stattgegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass die Rückforderung entfällt.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer stellte für das Antragsjahr 2014 einen Mehrfachantrag Flächen.
2. Mit Bescheid vom XXXX , AZ. XXXX , wurde dem Beschwerdeführer eine Einheitliche Betriebsprämie für das Jahr 2014 in der Höhe von EUR 11.794,43 gewährt. Zudem verfielen zwei Zahlungsansprüche (FZA XXXX und FZA XXXX ).
3. Mit angefochtenem Bescheid vom XXXX wurde die Einheitliche Betriebsprämie 2014 mit EUR 10.788,28 festgesetzt und eine Rückforderung von EUR 1.006,15 ausgesprochen. Es kam zudem - im Gegensatz zum Bescheid vom XXXX - zu keinem Verfall von Zahlungsansprüchen.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer anwaltlich vertreten rechtzeitig die zulässige Beschwerde. Er brachte zusammengefasst vor, dass ein Schuldausschließungsgrund im Sinne
Artikel 76 Verordnung 1122/2009 vorliege, der sowohl Sanktionen als auch Rückforderungen verbiete. Es liege jedenfalls ein Irrtum der zuständigen Behörde vor, der nicht zu Lasten des Beschwerdeführers im Sinne von Reduktionen von Betriebsprämien führen könne. Auch ein Abzug "Haushaltsdisziplin" im Nachhinein sowie eine allgemeine Kürzung der Ansprüche des Beschwerdeführers im Nachhinein um EUR 8,55% widerspreche den angeführten Bestimmungen und erfolge unberechtigt.
5. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde samt Verwaltungsakt vor.
6. Mit Schreiben vom 18.12.2017 nahm die AMA zum Beschwerdevorbringen Stellung und erläuterte das Vorgehen bei der Berechnung in den Bescheiden vom XXXX und XXXX . Die neuerliche Bescheiderlassung am XXXX war aufgrund unionsrechtlicher Verpflichtungen erforderlich, welche wegen eines technischen Problems nicht bereits im Bescheid vom XXXX umgesetzt werden konnten.
7. Dieses Schreiben der AMA wurde dem anwaltlich vertretenen Beschwerdeführer im Rahmen des Parteiengehörs übermittelt, eine Stellungnahme gab dieser dazu nicht ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Der Beschwerdeführer beantragte im Antragsjahr 2013 mehr als EUR 5.000 an Direktzahlungen.
1.2. Der Beschwerdeführer beantragte für das Antragsjahr 2014 die Gewährung der Einheitlichen Betriebsprämie.
1.3. Aufgrund eines technischen Problems bei der Erlassung des ersten Bescheides erfolgte die unionsrechtlich gebotene Kürzung aller Zahlungsansprüche erst mit dem angefochtenen Bescheid. Wegen der vorzunehmenden Kürzung der Zahlungsansprüche um 8,55 % beträgt der Wert der Zahlungsansprüche des Beschwerdeführers im Antragsjahr 2014 für die FZA XXXX EUR 488,87, für die übrigen sieben FZA jeweils EUR 239,60.
1.4. Der Beschwerdeführer ist in der Beschwerde dem nachträglichen Abzug "Haushaltdisziplin", der allgemeinen Kürzung der Ansprüche und der Rückzahlungsverpflichtung entgegen getreten.
2. Beweiswürdigung:
Die Feststellungen ergaben sich aus dem Verwaltungs- und Gerichtsakt und stehen mit den Angaben des Beschwerdeführers nicht im Widerspruch.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 i. d.g.F., ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.
Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl. 376/1992 i.d.g.F., können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.
3.1. Zu A) Teilweise Stattgabe der Beschwerde
Artikel 40 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in der Fassung der Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 865, lautet:
"Artikel 40
Nationale Obergrenzen
(1) Für jeden Mitgliedstaat und für jedes Jahr muss der Gesamtwert aller zugewiesenen Zahlungsansprüche, der nationalen Reserve gemäß Artikel 41 und der gemäß Artikel 51 Absatz 2, Artikel 69 Absatz 3 und Artikel 72b festgesetzten Obergrenzen seiner nationalen Obergrenze nach Anhang VIII entsprechen.
(2) Zur Einhaltung ihrer in Anhang VIII festgelegten nationalen Obergrenze nehmen die Mitgliedstaaten gegebenenfalls eine lineare Kürzung oder Erhöhung des Wertes sämtlicher Zahlungsansprüche, oder des Betrags der in Artikel 41 genannten nationalen Reserve oder beides vor.
Die Mitgliedstaaten, die beschließen, Titel III Kapitel 5a dieser Verordnung nicht anzuwenden und von der in Artikel 136a Absatz 1 genannten Möglichkeit keinen Gebrauch zu machen, können zum Zweck der Erreichung der notwendigen Kürzung des Wertes der Zahlungsansprüche gemäß UnterAbsatz 1 beschließen, diejenigen Zahlungsansprüche nicht zu kürzen, die im Jahr 2013 von Betriebsinhabern aktiviert wurden, die im Jahr 2013 weniger als einen von dem betroffenen Mitgliedstaat festzulegenden Betrag an Direktzahlungen beantragt haben, wobei der Betrag dieser Kürzung 5 000 EUR nicht übersteigen darf.
(3) Unbeschadet des Artikels 26 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates dürfen die Beträge der Direktzahlungen, die in einem Mitgliedstaat für das Kalenderjahr 2014 gemäß den Artikeln 34, 52, 53, 68 und 72a der vorliegenden Verordnung und bei der Beihilfe für Seidenraupenzüchter gemäß Artikel 111 der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 gewährt werden dürfen, die in Anhang VIII der vorliegenden Verordnung für das betreffende Jahr aufgeführten Obergrenzen, verringert um die Beträge, die sich aus der Anwendung von Artikel 136b der vorliegenden Verordnung für das Kalenderjahr 2014 gemäß Anhang VIIIa der vorliegenden Verordnung ergeben, nicht übersteigen.
Zur Einhaltung der in Anhang VIII der vorliegenden Verordnung festgelegten Obergrenzen, verringert um die Beträge, die sich aus der Anwendung von Artikel 136b der vorliegenden Verordnung für das Kalenderjahr 2014 gemäß Anhang VIIIa der vorliegenden Verordnung ergeben, nehmen die Mitgliedstaaten erforderlichenfalls eine lineare Kürzung der Direktzahlungen für das Kalenderjahr 2014 vor."
Mit Verordnung (EU) Nr. 1310/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates wurde betreffend Österreich für das Antragsjahr 2014 die nationale Obergrenze gemäß Artikel 40 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 mit EUR 693.716.000 - statt bisher EUR 751.788.000 - festgelegt.
Gemäß Artikel 80 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 ist der Betriebsinhaber bei zu Unrecht gezahlten Beträgen zur Rückzahlung dieser Beträge zuzüglich der gemäß Absatz 2 berechneten Zinsen verpflichtet.
Gemäß Artikel 80 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 gilt die Verpflichtung zur Rückzahlung gemäß Absatz 1 nicht, wenn die Zahlung auf einen Irrtum der zuständigen Behörde oder einer anderen Behörde zurückzuführen ist, der vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden konnte. Bezieht sich der Irrtum auf Tatsachen, die für die Berechnung der betreffenden Zahlung relevant sind, so gilt Unterabsatz 1 nur, wenn der Rückforderungsbescheid nicht innerhalb von zwölf Monaten nach der Zahlung übermittelt worden ist.
Gemäß § 8h Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 47/2014, sind Zahlungsansprüche, die im Jahr 2013 von Betriebsinhabern aktiviert wurden, die höchstens EUR 5.000 an Direktzahlungen beantragt haben, von der linearen Kürzung gemäß Artikel 40 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 ausgenommen.
Gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007, BGBl. I Nr. 55/2007 idF BGBl. I Nr. 89/2015, können Bescheide zu den in §§ 7, 8 bis 8h und 10 angeführten Maßnahmen zusätzlich zu den in § 68 AVG angeführten Gründen von Amts wegen von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, aufgehoben oder abgeändert werden, soweit dies zur Erfüllung unionsrechtlicher Vorgaben erforderlich ist.
Für den Beschwerdefall bedeutet das:
Im Antragsjahr 2014 war gemäß Artikel 40 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 73/2009 in der oben angeführten Fassung in Verbindung mit § 8h MOG 2007 eine lineare Kürzung des Wertes der Zahlungsansprüche vorzunehmen, mit Ausnahme der Zahlungsansprüche, die im Jahr 2013 von Betriebsinhabern aktiviert wurden, die höchstens EUR 5.000 an Direktzahlungen beantragt haben.
Da der Beschwerdeführer im Jahr 2013 mehr als EUR 5.000 an Direktzahlungen beantragt hat, waren seine gesamten Zahlungsansprüche für das Antragsjahr 2014 zu kürzen.
Diese Kürzung hätte bereits mit Bescheid vom XXXX erfolgen sollen, aufgrund eines technischen Problems wurden die Wertkürzungen der Zahlungsansprüche nur bei jenen ZA Nummern, welche im Antragsjahr nicht genutzt werden konnten, durchgeführt (FZA XXXX und FZA XXXX ). Aufgrund der Kürzung hatten diese beiden ZA den geringsten Wert und verfielen wegen 2-jähriger Nichtnutzung in die Nationale Reserve.
Zur Erfüllung der unionsrechtlichen Vorgaben war dieser Bescheid daher gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007 abzuändern. Es waren daher auch die übrigen Zahlungsansprüche des Beschwerdeführers entsprechend zu kürzen. Dies erfolgte mit dem angefochtenen Bescheid vom XXXX , in dem - nach Richtigstellung der Software - alle ZA-Werte um 8,55% gekürzt wurden. Da nun bis auf die ZA-Nummer XXXX alle Zahlungsansprüche einen Wert von EUR 239,60 hatten, erfolgte eine Rotation der ZA Nutzung und es kam doch zu keinem Verfall der FZA XXXX und FZA XXXX .
Betreffend die Zulässigkeit der Abänderung rechtskräftiger Bescheide gemäß § 19 Abs. 2 MOG 2007 wird auf die diesbezügliche Rechtsprechung der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts verwiesen (insbesondere VwGH 16.12.2015, 2012/17/0129, und die dort zitierte Judikatur des VfGH und Literatur). Hinsichtlich des Abzugs "Haushaltsdisziplin", wird darauf hingewiesen, dass bereits im Bescheid vom XXXX ein derartiger Abzug in der Höhe von EUR 129,23 erfolgte, der sich im angefochtenen Bescheid aufgrund der Neuberechnung auf EUR 115,95 reduzierte. Die Kürzung der Ansprüche war - wie oben dargestellt - unionsrechtlich geboten und wurde durch den angefochtenen Bescheid umgesetzt.
Im Beschwerdefall hat die AMA allerdings angegeben, dass im ersten Bescheid eine falsche Wertkürzung durchgeführt wurde und die (unions-)rechtskonforme Kürzung erst nach Richtigstellung der Software mit dem angefochtenen Bescheid erfolgte. Die ursprünglichen Softwareprobleme sind als Rechtsirrtum im Sinne des Artikel 80 Abs. 3 erster Satz der Verordnung (EG) Nr. 1122/2009 anzusehen, welcher zur Festsetzung und Auszahlung des ursprünglich festgesetzten Betrags führte. Dieser Rechtsirrtum konnte vom Betriebsinhaber billigerweise nicht erkannt werden, weshalb im Beschwerdefall keine Rückzahlungsverpflichtung entsprechend der Berechnung im angefochtenen Bescheid besteht.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG abgesehen werden, da eine mündliche Erörterung keine weitere Klärung der Rechtssache erwarten ließ - zumal es sich im Beschwerdefall unbestritten um eine reine Rechtsfrage handelt - und einem Entfall der Verhandlung weder Artikel 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten noch Artikel 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entgegenstehen.
3.2. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
Abzug, Berechnung, Bescheidabänderung, einheitliche Betriebsprämie,European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W167.2119471.1.00Zuletzt aktualisiert am
03.05.2018