Entscheidungsdatum
23.04.2018Norm
AsylG 2005 §5Spruch
W240 2190860-1/4E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. FEICHTER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Marokko, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.03.2018,
Zl. 1181954603/180167066, zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 5 AsylG 2005 und § 61 FPG als
unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Marokko, stellte im österreichischen Bundesgebiet am 16.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.
Zu seiner Person liegen drei EURODAC-Treffer der Kategorie 1 (Asylantragstellung) zur Schweiz vom 11.09.2014, zu den Niederlanden vom 16.02.3017 und zu Luxemburg vom 24.04.2017 vor.
Im Zuge der Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am selben Tag (16.02.2018) gab der Beschwerdeführer an, keine Familienangehörigen in Österreich oder einem EU-Staat zu haben. Er könne dieser Einvernahme ohne Probleme folgen, sei im Oktober 2007 mit dem Flugzeug aus seinem Herkunftsland ausgereist und nach Italien geflogen. Im Detail wisse er die Reihenfolge der Länder in denen er unterwegs gewesen sei oder die Länder selbst nicht mehr so genau. Er habe sich aber etwa drei Jahre in Italien, zwei Jahre in Frankreich, dann wieder etwa zwei Monate in Italien, ca. vier Monate in der Schweiz, mehrfach in Belgien, zwei Monate in den Niederlanden, des Öfteren in Luxemburg und dann wieder in der Schweiz aufgehalten, bevor er nach Österreich gereist sei. Er habe in der Schweiz um Asyl angesucht, sein Asylantrag sei mit einer Aufenthaltsberechtigung abgelehnt worden. In den Niederlanden und in Luxemburg wären seine Asylanträge abgelehnt worden, da er bereits einen Antrag in der Schweiz gestellt habe. In der Schweiz habe er keine Arbeitserlaubnis erhalten, sondern habe sich lediglich dort aufhalten dürfen. Er habe nur zum Essen erhalten und eine Möglichkeit zum Schlafen. Aus Luxemburg sei er vor ca. sieben Monaten mit dem Flugzeug in die Schweiz abgeschoben worden und aus den Niederlanden habe er selbstständig ausreisen müssen. Als Fluchtgrund gab er an, dass er im Jahr 1999 vom Islam zum Christentum konvertiert sei und Jungen bekehren wollte. Dies sei der Polizei und den Behörden in seinem Herkunftsland bekannt geworden. Als Warnung sei er deswegen für drei Stunden eingesperrt worden. Bei einer Rückkehr habe er Angst, dass er wieder eingesperrt werde.
Der Beschwerdeführer legte im Zuge der Erstbefragung folgende Dokumente vor:
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Schweizer Ausländerausweis
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Schweizer Bahnticket
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Schweizer Aufenthaltsbescheid
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Flugticket (Swiss), Ausstellungsland Luxemburg
In der Folge richtete das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) am 22.02.2018 ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. d der Verordnung (EU) 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-VO) gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an die Schweiz.
Mit Schreiben vom 26.02.2018 stimmte die schweizerische Dublin-Behörde der Rückübernahme des Beschwerdeführers gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu und teilte mit, dass der Beschwerdeführer bei ihnen mit dem Geburtsdatum XXXX registriert sei.
Nach durchgeführter Rechtsberatung fand am 05.03.2018 im Beisein eines Rechtsberaters die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt. Dabei gab der Beschwerdeführer über Nachfrage an, dass er psychisch und physisch in der Lage sei, die Befragung durchzuführen. Er leide an keinen Krankheiten und benötige keine Medikamente. Der Beschwerdeführer gab weiters an, dass er in Österreich oder im Bereich der EU keine Verwandte und auch keine anderen Personen habe, zu denen ein finanzielles Abhängigkeitsverhältnis oder eine besonders enge Beziehung bestehe. Sodann erklärte der Beschwerdeführer, dass er nicht in die Schweiz zurück wolle. Sein Antrag in der Schweiz sei aus religiösen Gründen erfolgt, er sei zum Christentum konvertiert. Die Schweizer hätten kein Verständnis dafür gehabt und hätten ihn in sein Herkunftsland abschieben wollen. Dies sei für sein Leben gefährlich, der Religionswechsel sei in seinem Herkunftsland verboten. Er sei auch Mitglied bei Demonstrationen gegen die dortige Regierung gewesen. Die Behörden in seinem Herkunftsland würden ihn beurteilen und ihn schlecht behandeln. Daher brauche er Sicherheit, dass ihn die Behörden in der Schweiz nicht zurückschicken werden. In der Schweiz habe er sich zuerst vier Monate und dann nochmals acht Monate aufgehalten. Konkrete ihn betreffende Vorfälle habe es in der Schweiz nicht gegeben, sie hätten ihm aber gesagt, dass sie ihn in sein Herkunftsland zurück schieben würden. Probleme habe er mit den Behörden oder anderen Personen in der Schweiz keine gehabt. Abschließend erklärte der Beschwerdeführer noch einmal, dass er in seinem Herkunftsland schlecht behandelt werden und ins Gefängnis kommen würde.
2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 06.03.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass die Schweiz gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO für die Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei (Spruchpunkt I.). Zudem wurde gemäß § 61 Abs. 1 FPG gegen den Beschwerdeführer die Außerlandesbringung angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gemäß § 61 Abs. 2 FPG die Abschiebung des Beschwerdeführers in die Schweiz zulässig sei (Spruchpunkt II.).
Zur Lage in der Schweiz traf das BFA folgende Feststellungen (unkorrigiert und nunmehr gekürzt durch das Bundesverwaltungsgericht):
Allgemeines zum Asylverfahren
Die für das erstinstanzliche Asylverfahren in der Schweiz verantwortliche Behörde ist das Staatssekretariat für Migration (SEM). Es existiert ein rechtsstaatliches Asylverfahren mit Beschwerdemöglichkeiten:
(...)
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017
Dublin-Rückkehrer
Die Dublin III Verordnung wird seit 1 Jänner 2014 umgesetzt. Es konnten keine Zugangshindernisse für Dublin-Rückkehrer in der Schweiz festgestellt werden (AIDA 2.2017).
Bei Übernahme einer Person im Rahmen des Dublin-Verfahrens wird diese zu einer Aufnahmeeinrichtung geschickt, wo dann die Verfahrensschritte für eine Prüfung des Asylantrags eingeleitet werden. Sofern bereits zuvor ein Verfahren in der Schweiz anhängig war, wird dieses fortgesetzt. In den meisten Fällen kann ein Verfahren unabhängig von seinem früheren Status (vorherige Ablehnung, Rücknahme oder Entlassung) entweder von den Behörden oder durch einen Antrag auf erneute Überprüfung wieder aufgenommen oder fortgesetzt werden (EASO 24.10.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017
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EASO - European Asylum Support Office (24.10.2017): EASO Query.
Subject: Access to Procedures and Reception Conditions for persons transferred back from another Member State of the Dublin regulation, per E-Mail
Non-Refoulement
Die Verfassung verbietet die Abschiebung von Flüchtlingen, die in ihren Herkunftsländern Verfolgung ausgesetzt sind und stellt auch fest, dass niemand in ein Land geschickt werden darf, in dem ihm Folter oder andere entwürdigende und grausame Behandlung drohen. Die Regierung zwingt generell keine Asylwerber zur Rückkehr in Länder, in denen ihr Leben oder ihre Freiheit bedroht sein könnten. Seit Juli 2016 werden - abhängig von Einzelfallbewertungen - Abschiebungen in alle Teile Sri Lankas zugelassen. Diese Praxis wird von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe als voreilig kritisiert, da der Norden Sri Lankas für Regierungsdissidenten immer noch unsicher sei (USDOS 3.3.2017).
Am 1. Oktober 2016 traten Änderungen des Ausländergesetzes und des Strafgesetzbuchs in Kraft, wonach Ausländer, die Straftaten begehen (nicht nur schwere Straftaten, sondern beispielsweise auch Sozialhilfebetrug) leichter ausgewiesen werden können. Im Falle von Flüchtlingen oder Personen, die nach Artikel 3 EMRK behandelt werden, wird der Grundsatz des Nichtzurückweisens allerdings weiterhin eingehalten (AIDA 2.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/466976_en.html, Zugriff 10.11.2017
Versorgung
Die materielle Versorgung der Asylwerber besteht aus Unterbringung und Verpflegung, medizinischer Versorgung und finanzieller Unterstützung, sofern der Antragsteller bedürftig ist und Anspruch auf Sozialhilfe hat. Die Unterbringung in einem Zentrum steht aus organisatorischen Gründen hingegen allen Asylwerbern, unabhängig von ihren finanziellen Ressourcen, offen. Es ist zu beachten, dass soziale Unterstützungsleistungen sowie u.a. auch Kosten des Berufungsverfahrens zu einem späteren Zeitpunkt bei Vorhandensein entsprechender finanzieller Mittel zu refundieren sind. Im Rahmen der Erstaufnahme auf Bundesebene ist die Versorgung überall gleich. Diese dauert in der Regel bis zu 90 Tage. Das Recht auf Versorgung - schließlich auf kantonaler Ebene - besteht insgesamt bis zum Ende des Verfahrens, d.h. bis zum Ende der Beschwerdefrist gegen erstinstanzliche Entscheidung bzw. bis zu einer negativen Entscheidung der Beschwerdeinstanz. Momentan findet in Zürich ein Testlauf bezüglich einer Beschleunigung des Verfahrens statt. Auch wenn die Versorgung dort etwas anders geregelt ist, besteht in jedem Fall ein Recht auf Unterbringung, Sozialhilfe, Krankenversorgung und Bildung für Kinder unter 16 Jahren. Asylwerber dieser Testphase sind nicht berechtigt zu arbeiten (AIDA 2.2017).
Die Kantone sind für die Gewährleistung der Sozialhilfe an Asylwerber zuständig. Jeder Kanton erhält hierbei pro Asylwerber einen Pauschalbetrag, mit dem dann die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die obligatorische Krankenversicherung und allfällige weitere medizinische Versorgung finanziert werden. Die Unterstützungsleistungen erfolgen durch die Kantone oder Gemeinden selbst bzw. durch beauftragte Dritte. Für Asylsuchende und vorläufig aufgenommene Personen ist die Unterstützung nach Möglichkeit in Form von Sachleistungen auszurichten. Die Höhe der Sozialhilfe liegt unter dem Ansatz für die einheimische Bevölkerung. Anerkannte Flüchtlinge sind der einheimischen Bevölkerung vollkommen gleichgestellt (SEM 21.4.2017).
Mitte 2016 betrug die monatliche Zuwendung durchschnittlich CHF
1.119 / € 1.041, abhängig von der Bedürftigkeit des Empfängers. In den föderalen Zentren, wo die meiste Unterstützung in Sachleistungen geschieht, liegt die übrige Unterstützung bei lediglich 3 CHF täglich. Die Höhe der Zuwendungen richtet sich nach dem Grad der Bedürftigkeit. Mitte 2015 erhielten 94,3% aller Asylwerber in der Schweiz Sozialhilfe, wovon wiederum 94% keine weitere Einkommensquelle hatten. Dieser hohe Prozentsatz spiegelt das Arbeitsverbot während der ersten drei (auf föderaler Ebene) bis sechs Monate (je nach Kanton) des Asylverfahrens wider. Zum Teil sind aber auch arbeitende Personen aufgrund des zu geringen Verdienstes weiterhin auf Sozialhilfe angewiesen. Wenn ein Asylwerber das Land verlassen muss, kann er keine herkömmliche Versorgung mehr erhalten, sondern nur noch Unterstützung im Rahmen des Notfallschemas. Dieses umfasst kantonale Leistungen für Personen, die sich andernfalls nicht erhalten könnten und wird daher auch von den Kantonen festgelegt, ist also Schwankungen unterworfen. In manchen Kantonen ist diese Aufgabe an Gemeinden oder Hilfsorganisationen ausgelagert. Die Nothilfe besteht wann immer möglich aus Sachleistungen, inklusive Unterbringung in Notfallzentren, die für ihre eher unbequemen, minimalistischen Bedingungen bekannt sind. Die Finanzierung der Nothilfe ist pro Person mit ca. CHF 8 pro Tag festgesetzt, womit die Kosten für Essen, Transport, Haushaltsgegenstände und andere Bedürfnisse abgedeckt werden müssen. Dieser Betrag ist im Vergleich zu den hohen Lebenshaltungskosten in der Schweiz sehr niedrig und wird zudem in Sachleistungen bzw. Gutscheinen ausgegeben, die nur in bestimmten Supermärkten angenommen werden. Nothilfe muss immer gewährt werden, sie kann folglich auch nicht aberkannt werden (AIDA 2.2017).
Das Gesetz verbietet es Asylsuchenden, in den ersten drei Monaten nach ihrer Ankunft in dem Land zu arbeiten, und die Behörden können dieses Verbot um weitere drei Monate verlängern, wenn das SEM den Asylantrag innerhalb der ersten drei Monate ablehnt. Nach drei Monaten können Asylsuchende eine Beschäftigung in Branchen mit Arbeitskräftemangel suchen, etwa im Gastgewerbe, im Baugewerbe, im Gesundheitswesen oder in der Landwirtschaft (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017
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SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,
https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017
Unterbringung
In den Zentren auf föderaler Ebene sind die Bedingungen für Familien, Frauen und Kinder eher hart. Es wird versucht, für diese Personen möglichst rasch eine geeignete kantonale Unterbringung zu finden, wo Familien nach Möglichkeit individuell untergebracht werden. Insbesondere die Unterbringung von unbegleiteten Minderjährigen wird in den jeweiligen Kantonen unterschiedlich gehandhabt. Nicht alle verfügen über spezialisierte Zentren, was auf Kritik von NGOs stößt. Kinder werden oft in Pflegefamilien oder Kinderheimen untergebracht. Da die Umsetzung der Bundesbestimmungen weitgehend den Kantonen obliegt, können sich die Bedingungen deutlich unterscheiden (AIDA 2.2017).
Während der Bearbeitungsphase übernehmen die Kantone die Hauptverantwortung für die Bereitstellung von Wohnraum sowie die allgemeine Unterstützung und Betreuung der Asylbewerber. Diese haben das Recht auf medizinische Grundversorgung, deren Kinder Anspruch auf Schulbesuch bis zur neunten Klasse und somit bis zum Ende der Pflichtschulzeit. NGOs und Freiwillige führten im Allgemeinen Sprachkurse für Asylsuchende durch. Der Mangel an ausreichenden und angemessenen Unterkünften bleibt ein Problem; häufig werden Asylwerber in entlegenen ländlichen Gebieten oder ehemaligen - vielfach unterirdisch angelegten - Militäreinrichtungen untergebracht (USDOS 3.3.2017).
Quellen:
-
AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017
-
USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017
Medizinische Versorgung
Asylwerber haben ein Recht auf medizinische Basisversorgung (USDOS 3.3.2017). Sie werden bei Ankunft einer medizinischen Untersuchung unterzogen und erhalten dann während des gesamten Verfahrens und bei negativer Entscheidung auch im Rahmen des Notfallschemas Zugang zu medizinischer Versorgung. Außerdem sind Asylwerber bei der nationalen Krankenversicherung versichert, die auch die Behandlung mentaler Probleme durch einen Psychiater abdeckt. Während des Aufenthalts in föderaler Unterbringung ist die medizinische Versorgung föderale Angelegenheit, danach geht sie auf den jeweiligen Kanton über. Spezialbehandlungen für Opfer von Folter und traumatisierte Menschen mit psychischen Gesundheitsproblemen werden zwar angeboten, spezialisierte Psychiater und geeignete Dolmetscher sind allerdings oftmals nicht im erforderlichen Ausmaß verfügbar (AIDA 2.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 9.11.2017
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USDOS - US Department of State (3.3.2017): Country Report on Human Rights Practices 2016 - Switzerland, https://www.ecoi.net/local_link/337216/479979_de.html, Zugriff 15.11.2017
Schutzberechtigte
Erhält ein Asylwerber einen Schutztitel, wird er im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe unterstützt (AIDA 2.2017).
Die Kantone sind auch bei anerkannten Flüchtlingen für die Gewährung der Sozialhilfe zuständig. Für die Ausrichtung und Bemessung der Sozialhilfeleistungen gilt kantonales Recht. Aufgrund der Genfer Flüchtlingskonvention sind Flüchtlinge bei der Sozialhilfe Schweizer Staatsbürgern gleichgestellt. Das Bundesrecht hält zudem fest, dass der besonderen Lage von Flüchtlingen bei der Unterstützung Rechnung zu tragen ist; namentlich soll die berufliche und soziale Integration erleichtert werden. Die Hälfte der Kantone hat Hilfswerke mit der Führung der Sozialdienste für die anerkannten Flüchtlinge beauftragt. In den anderen Kantonen sind die Sozialdienste der Gemeinden zuständig oder es wurden spezielle kantonale Sozialdienste für Flüchtlinge geschaffen. Der Bund erstattet den Kantonen die Kosten der Sozialhilfe für anerkannte Flüchtlinge. Pro Flüchtling, der von der Sozialhilfe unterstützt werden muss, erhält der Kanton einen Pauschalbetrag, mit dem die gesamten Ausgaben für die Unterbringung, die Unterstützung, die Gesundheitsversorgung und für allfällig weitere besondere Bedürfnisse einzelner Flüchtlinge finanziert werden. Der Bund beteiligt sich an den Kosten der Kantone für die Integration der anerkannten Flüchtlinge (SFH o.D.b; vgl. SEM 2015; SEM 21.4.2017).
Quellen:
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AIDA - Asylum Information Database of the European Council on Refugees and Exiles and Swiss Refugee Council (2.2017): Country Report: Switzerland,
http://www.asylumineurope.org/sites/default/files/report-download/aida_ch_2016update.pdf, Zugriff 15.11.2017
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SEM - Staatssekretariat für Migration (21.4.2017): Subventionen des Bundes,
https://www.sem.admin.ch/sem/de/home/asyl/sozialhilfesubventionen/bundessubventionen.html, Zugriff 15.11.2017
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SEM - Staatssekretariat für Migration (2015): Kurzinformationen Anerkannte Flüchtlinge et.al,
https://www.sem.admin.ch/dam/data/sem/publiservice/publikationen/info-flue-va/info-flue-va-de.pdf, Zugriff 15.11.2017
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SFH - Schweizerische Flüchtlingshilfe (o.D.b): Anerkannte Flüchtlinge,
https://www.fluechtlingshilfe.ch/asylrecht/rechtlicher-status/anerkannte-fluechtlinge-asylgewaehrung.html, Zugriff 16.11.2017)
Begründend führte das BFA zusammengefasst aus, dass gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO die Schweiz für die inhaltliche Prüfung des gestellten Antrages auf internationalen Schutz zuständig sei.
Ein im besonderen Maße substantiiertes, glaubhaftes Vorbringen betreffend das Vorliegen außergewöhnlicher Umstände, welche die Gefahr einer Verletzung der EMRK im Falle einer Überstellung des Beschwerdeführers ernstlich für möglich erscheinen ließe, sei im Verfahren nicht erstattet worden. Die Regelvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG sei nicht erschüttert worden und es habe sich kein Anlass zur Ausübung des Selbsteintrittsrechts gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin III-VO ergeben. Es seien auch weder schützenswerte familiäre, noch besondere private Anknüpfungspunkte in Österreich gegeben, weshalb die Außerlandesbringung keinen ungerechtfertigten Eingriff in das Grundrecht nach Art. 8 EMRK darstelle.
3. Gegen den Bescheid des BFA vom 06.03.2018 erhob der Beschwerdeführer durch seine Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde und stellte den Antrag, den gegenständlichen Bescheid zu beheben und das Asylverfahren in Österreich zuzulassen. Gleichzeitig wurde der Antrag gestellt, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Inhaltlich wurde auf das bereits erstattete Vorbringen verwiesen und ausgeführt, dass der Schweizer Asylantrag abgelehnt worden sei. Bei einer Rückkehr in die Schweiz würde der Beschwerdeführer in seinen Heimatstaat abgeschoben werden. Im Falle einer Rückkehr in seine Heimat, befürchte er der Verletzung von Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein, da er zum Christentum konvertiert sei und ins Gefängnis kommen würde. .
4. Mit Schreiben vom 04.04.2018 setzte das BFA die Schweizer Dublin-Behörde davon in Kenntnis, dass der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes sei, weshalb sich die Überstellungsfrist gemäß Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO auf 18 Monate verlängere.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Marokko, gelangte in die Schweiz, wo er am 11.09.2014 um Gewährung von internationalem Schutz ansuchte. Nachdem sein Antrag in der Schweiz negativ entschieden worden war, reiste der Beschwerdeführer durch verschiedene europäische Länder, stellte am 16.02.2017 in den Niederlanden sowie am 24.04.2017 in Luxemburg je einen Antrag auf internationalen Schutz und gelangte schließlich nach Österreich, wo er am 16.02.2018 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.
Das BFA richtete am 22.02.2018 ein Wiederaufnahmegesuch an die Schweiz, dem die schweizerische Dublin-Behörde mit Schreiben vom 26.02.2018 gemäß Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zustimmte.
Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich den oben wiedergegebenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides zur Allgemeinsituation in der Schweiz an.
Konkrete, in der Person des Beschwerdeführers gelegene Gründe, welche für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung im zuständigen Mitgliedstaat sprechen, liegen nicht vor.
Der Beschwerdeführer leidet an keinen gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen.
Besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen bestehen im österreichischen Bundesgebiet nicht.
Laut aktuellem ZMR-Auszug war der Beschwerdeführer bis 28.03.2018 in Österreich gemeldet, seither verfügt er über keine aufrechte Meldeadresse in Österreich.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen hinsichtlich der gestellten Asylanträge in der Schweiz, in den Niederlanden und in Luxemburg sowie in Österreich ergeben sich aus den Angaben des Beschwerdeführers im Zusammenhang mit der vorliegenden EURODAC-Treffermeldung.
Die Feststellungen betreffend das Wiederaufnahmegesuch seitens der österreichischen Dublin-Behörde an die Schweiz und die erfolgte Zustimmung der Schweiz zur Wiederaufnahme des Beschwerdeführers beruhen auf dem durchgeführten Konsultationsverfahren zwischen der österreichischen und der Schweizer Dublin-Behörde. Der diesbezügliche Schriftwechsel ist Teil des Verwaltungsaktes.
Die Gesamtsituation des Asylwesens im zuständigen Mitgliedstaat resultiert aus den umfangreichen und durch aktuelle Quellen belegten Länderfeststellungen des angefochtenen Bescheides, welche auf alle entscheidungsrelevanten Fragen eingehen. Das BFA hat in seiner Entscheidung neben Ausführungen zur Versorgungslage von Asylwerbern in der Schweiz auch Feststellungen zur dortigen Rechtslage und Vollzugspraxis von asyl- und fremdenrechtlichen Bestimmungen (darunter konkret auch im Hinblick auf Rückkehrer nach der Dublin-III-VO) samt dem jeweiligen Rechtsschutz im Rechtsmittelweg getroffen.
Aus den im angefochtenen Bescheid dargestellten Länderinformationen ergeben sich keine ausreichend begründeten Hinweise darauf, dass das Schweizer Asylwesen grobe systemische Mängel aufweisen würde. Insofern war aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts insbesondere in Bezug auf die Durchführung des Asylverfahrens, die medizinische Versorgung sowie die Sicherheitslage von Asylsuchenden in der Schweiz den Feststellungen der erstinstanzlichen Entscheidung zu folgen.
Individuelle, unmittelbare und vor allem hinreichend konkrete Bedrohungen in der Schweiz hat der Beschwerdeführer nicht substantiiert vorgebracht.
Dass der Beschwerdeführer weder unter gravierenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen leidet, noch über besonders ausgeprägte private, familiäre oder berufliche Bindungen zu Österreich verfügt, ergibt sich aus seinen eigenen Angaben.
Dass der Beschwerdeführer unbekannten Aufenthaltes ist, ergibt sich aus dem Zentralen Melderegister, dem sich entnehmen lässt, dass der Beschwerdeführer zuletzt bis 28.03.2018 an einer näher genannten Adresse mit Hauptwohnsitz gemeldet war. Nach diesem Zeitpunkt scheint keine aufrechte Meldung im Bundesgebiet mehr auf.
Dass sich die Überstellungsfrist auf 18 Monate verlängert hat, ergibt sich aus dem rechtzeitig an die Schweizer Behörden gerichteten Mitteilungsschreiben des BFA vom 04.04.2018.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde
Das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) ist im vorliegenden Fall in der Fassung nach dem Bundesgesetz BGBl. I 70/2015 anzuwenden. Die maßgeblichen Bestimmungen lauten:
§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.
(2) Gemäß Abs. 1 ist auch vorzugehen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung dafür zuständig ist zu prüfen, welcher Staat zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist.
(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.
§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn
1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,
2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,
3. ...
und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird sowie in den Fällen der Z 1 bis 5 kein Fall der §§ 8 Abs. 3a oder 9 Abs. 2 vorliegt.
§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:
§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.
(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:
1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,
2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,
3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,
4. der Grad der Integration,
5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,
6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,
7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,
8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,
9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.
§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idF BGBl. I 70/2015 lautet:
§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine
Außerlandesbringung anzuordnen, wenn
1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder
2. ...
(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.
(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.
(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird.
Die maßgeblichen Bestimmungen der Dublin III-VO lauten:
KAPITEL II
ALLGEMEINE GRUNDSÄTZE UND SCHUTZGARANTIEN
Art. 3
Verfahren zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz
(1) Die Mitgliedstaaten prüfen jeden Antrag auf internationalen Schutz, den ein Drittstaatsangehöriger oder Staatenloser im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats einschließlich an der Grenze oder in den Transitzonen stellt. Der Antrag wird von einem einzigen Mitgliedstaat geprüft, der nach den Kriterien des Kapitels III als zuständiger Staat bestimmt wird.
(2) Lässt sich anhand der Kriterien dieser Verordnung der zuständige Mitgliedstaat nicht bestimmen, so ist der erste Mitgliedstaat, in dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, für dessen Prüfung zuständig.
Erweist es sich als unmöglich, einen Antragsteller an den zunächst als zuständig bestimmten Mitgliedstaat zu überstellen, da es wesentliche Gründe für die Annahme gibt, dass das Asylverfahren und die Aufnahmebedingungen für Antragsteller in diesem Mitgliedstaat systemische Schwachstellen aufweisen, die eine Gefahr einer unmenschlichen oder entwürdigenden Behandlung im Sinne des Artikels 4 der EU-Grundrechtecharta mit sich bringen, so setzt der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat, die Prüfung der in Kapitel III vorgesehenen Kriterien fort, um festzustellen, ob ein anderer Mitgliedstaat als zuständig bestimmt werden kann.
Kann keine Überstellung gemäß diesem Absatz an einen aufgrund der Kriterien des Kapitels III bestimmten Mitgliedstaat oder an den ersten Mitgliedstaat, in dem der Antrag gestellt wurde, vorgenommen werden, so wird der die Zuständigkeit prüfende Mitgliedstaat der zuständige Mitgliedstaat.
(3) Jeder Mitgliedstaat behält das Recht, einen Antragsteller nach Maßgabe der Bestimmungen und Schutzgarantien der Richtlinie 32/2013/EU in einen sicheren Drittstaat zurück- oder auszuweisen.
KAPITEL III
KRITERIEN ZUR BESTIMMUNG DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATS
Art. 7
Rangfolge der Kriterien
(1) Die Kriterien zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats finden in der in diesem Kapitel genannten Rangfolge Anwendung.
(2) Bei der Bestimmung des nach den Kriterien dieses Kapitels zuständigen Mitgliedstaats wird von der Situation ausgegangen, die zu dem Zeitpunkt gegeben ist, zu dem der Antragsteller seinen Antrag auf internationalen Schutz zum ersten Mal in einem Mitgliedstaat stellt.
(3) Im Hinblick auf die Anwendung der in den Artikeln 8, 10 und 6 (Anmerkung: gemeint wohl 16) genannten Kriterien berücksichtigen die Mitgliedstaaten alle vorliegenden Indizien für den Aufenthalt von Familienangehörigen, Verwandten oder Personen jeder anderen verwandtschaftlichen Beziehung des Antragstellers im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats, sofern diese Indizien vorgelegt werden, bevor ein anderer Mitgliedstaat dem Gesuch um Aufnahme- oder Wiederaufnahme der betreffenden Person gemäß den Artikeln 22 und 25 stattgegeben hat, und sofern über frühere Anträge des Antragstellers auf internationalen Schutz noch keine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist.
Art. 13
Einreise und/oder Aufenthalt
(1) Wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 dieser Verordnung genannten Verzeichnissen, einschließlich der Daten nach der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 festgestellt, dass ein Antragsteller aus einem Drittstaat kommend die Land-, See- oder Luftgrenze eines Mitgliedstaats illegal überschritten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig. Die Zuständigkeit endet zwölf Monate nach dem Tag des illegalen Grenzübertritts.
(2) Ist ein Mitgliedstaat nicht oder gemäß Absatz 1 dieses Artikels nicht länger zuständig und wird auf der Grundlage von Beweismitteln oder Indizien gemäß den beiden in Artikel 22 Absatz 3 genannten Verzeichnissen festgestellt, dass der Antragsteller - der illegal in die Hoheitsgebiete der Mitgliedstaaten eingereist ist oder bei dem die Umstände der Einreise nicht festgestellt werden können - sich vor der Antragstellung während eines ununterbrochenen Zeitraums von mindestens fünf Monaten in einem Mitgliedstaat aufgehalten hat, so ist dieser Mitgliedstaat für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
Hat sich der Antragsteller für Zeiträume von mindestens fünf Monaten in verschiedenen Mitgliedstaaten aufgehalten, so ist der Mitgliedstaat, wo er sich zuletzt aufgehalten hat, für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz zuständig.
KAPITEL IV
ABHÄNGIGE PERSONEN UND ERMESSENSKLAUSELN
Art. 16
Abhängige Personen
(1) Ist ein Antragsteller wegen Schwangerschaft, eines neugeborenen Kindes, schwerer Krankheit, ernsthafter Behinderung oder hohen Alters auf die Unterstützung seines Kindes, eines seiner Geschwister oder eines Elternteils, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, angewiesen oder ist sein Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil, das/der sich rechtmäßig in einem Mitgliedstaat aufhält, auf die Unterstützung des Antragstellers angewiesen, so entscheiden die Mitgliedstaaten in der Regel, den Antragsteller und dieses Kind, dieses seiner Geschwister oder Elternteil nicht zu trennen bzw. sie zusammenzuführen, sofern die familiäre Bindung bereits im Herkunftsland bestanden hat, das Kind, eines seiner Geschwister oder der Elternteil in der Lage ist, die abhängige Person zu unterstützen und die betroffenen Personen ihren Wunsch schriftlich kundgetan haben.
(2) Hält sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil im Sinne des Absatzes 1 rechtmäßig in einem anderen Mitgliedstaat als der Antragsteller auf, so ist der Mitgliedstaat, in dem sich das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil rechtmäßig aufhält, zuständiger Mitgliedstaat, sofern der Gesundheitszustand des Antragstellers diesen nicht längerfristig daran hindert, in diesen Mitgliedstaat zu reisen. In diesem Fall, ist der Mitgliedstaat, in dem sich der Antragsteller aufhält, zuständiger Mitgliedstaat. Dieser Mitgliedstaat kann nicht zum Gegenstand der Verpflichtung gemacht werden, das Kind, eines seiner Geschwister oder ein Elternteil in sein Hoheitsgebiet zu verbringen.
(3) Der Kommission wird die Befugnis übertragen gemäß Artikel 45 in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung des Abhängigkeitsverhältnisses zu berücksichtigen sind, in Bezug auf die Kriterien zur Feststellung des Bestehens einer nachgewiesenen familiären Bindung, in Bezug auf die Kriterien zur Beurteilung der Fähigkeit der betreffenden Person zur Sorge für die abhängige Person und in Bezug auf die Elemente, die zur Beurteilung einer längerfristigen Reiseunfähigkeit zu berücksichtigen sind, delegierte Rechtsakte zu erlassen.
(4) Die Kommission legt im Wege von Durchführungsrechtsakten einheitliche Bedingungen für Konsultationen und den Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten fest. Diese Durchführungsrechtsakte werden nach dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.
Art. 17
Ermessensklauseln
(1) Abweichend von Artikel 3 Absatz 1 kann jeder Mitgliedstaat beschließen, einen bei ihm von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen gestellten Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, auch wenn er nach den in dieser Verordnung festgelegten Kriterien nicht für die Prüfung zuständig ist.
Der Mitgliedstaat, der gemäß diesem Absatz beschließt, einen Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, wird dadurch zum zuständigen Mitgliedstaat und übernimmt die mit dieser Zuständigkeit einhergehenden Verpflichtungen. Er unterrichtet gegebenenfalls über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet worden ist, den zuvor zuständigen Mitgliedstaat, den Mitgliedstaat, der ein Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder den Mitgliedstaat, an den ein Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuch gerichtet wurde.
Der Mitgliedstaat, der nach Maßgabe dieses Absatzes zuständig wird, teilt diese Tatsache unverzüglich über Eurodac nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 603/2013 mit, indem er den Zeitpunkt über die erfolgte Entscheidung zur Prüfung des Antrags anfügt.
(2) Der Mitgliedstaat, in dem ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist und der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats durchführt, oder der zuständige Mitgliedstaat kann, bevor eine Erstentscheidung in der Sache ergangen ist, jederzeit einen anderen Mitgliedstaat ersuchen, den Antragsteller aufzunehmen, aus humanitären Gründen, die sich insbesondere aus dem familiären oder kulturellen Kontext ergeben, um Personen jeder verwandtschaftlichen Beziehung zusammenzuführen, auch wenn der andere Mitgliedstaat nach den Kriterien in den Artikeln 8 bis 11 und 16 nicht zuständig ist. Die betroffenen Personen müssen dem schriftlich zustimmen.
Das Aufnahmegesuch umfasst alle Unterlagen, über die der ersuchende Mitgliedstaat verfügt, um dem ersuchten Mitgliedstaat die Beurteilung des Falles zu ermöglichen.
Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt alle erforderlichen Überprüfungen vor, um zu prüfen, dass die angeführten humanitären Gründe vorliegen, und antwortet dem ersuchenden Mitgliedstaat über das elektronische Kommunikationsnetz DubliNet, das gemäß Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 1560/2003 eingerichtet wurde, innerhalb von zwei Monaten nach Eingang des Gesuchs. Eine Ablehnung des Gesuchs ist zu begründen.
Gibt der ersuchte Mitgliedstaat dem Gesuch statt, so wird ihm die Zuständigkeit für die Antragsprüfung übertragen.
KAPITEL V
PFLICHTEN DES ZUSTÄNDIGEN MITGLIEDSTAATES
Artikel 18
Pflichten des zuständigen Mitgliedstaats
(1) Der nach dieser Verordnung zuständige Mitgliedstaat ist verpflichtet:
a) einen Antragsteller, der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat, nach Maßgabe der Artikel 21, 22 und 29 aufzunehmen;
b) einen Antragsteller, der während der Prüfung seines Antrags in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
c) einen Drittstaatsangehörigen oder einen Staatenlosen, der seinen Antrag während der Antragsprüfung zurückgezogen und in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen;
d) einen Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen, dessen Antrag abgelehnt wurde und der in einem anderen Mitgliedstaat einen Antrag gestellt hat oder der sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats ohne Aufenthaltstitel aufhält, nach Maßgabe der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen.
(2) Der zuständige Mitgliedstaat prüft in allen dem Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstaben a und b unterliegenden Fällen den gestellten Antrag auf internationalen Schutz oder schließt seine Prüfung ab.
Hat der zuständige Mitgliedstaat in den in den Anwendungsbereich von Absatz 1 Buchstabe c fallenden Fällen die Prüfung nicht fortgeführt, nachdem der Antragsteller den Antrag zurückgezogen hat, bevor eine Entscheidung in der Sache in erster Instanz ergangen ist, stellt dieser Mitgliedstaat sicher, dass der Antragsteller berechtigt ist, zu beantragen, dass die Prüfung seines Antrags abgeschlossen wird, oder einen neuen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, der nicht als Folgeantrag im Sinne der Richtlinie 2013/32/EU behandelt wird. In diesen Fällen gewährleisten die Mitgliedstaaten, dass die Prüfung des Antrags abgeschlossen wird.
In den in den Anwendungsbereich des Absatzes 1 Buchstabe d fallenden Fällen, in denen der Antrag nur in erster Instanz abgelehnt worden ist, stellt der zuständige Mitgliedstaat sicher, dass die betreffende Person die Möglichkeit hat oder hatte, einen wirksamen Rechtsbehelf gemäß Artikel 46 der Richtlinie 2013/32/EU einzulegen.
Art 29 Modalitäten und Fristen
(1) ..............
(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige M