TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/23 W165 2160802-1

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Veröffentlicht am 23.04.2018
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Entscheidungsdatum

23.04.2018

Norm

AsylG 2005 §5
BFA-VG §21 Abs3 Satz1
B-VG Art.133 Abs4
FPG §61

Spruch

W165 2160802-1/9E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ilse LESNIAK als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Afghanistan, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.05.2017, Zl. 1140625706-170075261, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 21 Abs. 3 erster Satz BFA-VG stattgegeben, das Verfahren über den Antrag auf internationalen Schutz wird zugelassen und der bekämpfte Bescheid wird behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, gelangte illegal in das österreichische Bundesgebiet, wo dieser am 18.01.2017 den vorliegenden Antrag auf internationalen Schutz einbrachte.

Zur Person des Beschwerdeführers liegen EURODAC-Treffermeldungen der Kategorie "2" zu Ungarn (HU2...13.08.2015) und der Kategorie "1" zu Ungarn (HU1...13.08.2015) und der Kategorie "1" zu Norwegen (NO1...18.08.2015) vor.

In der polizeilichen Erstbefragung vom 18.01.2017 gab der Beschwerdeführer eingangs sein Geburtsdatum mit XXXX an. Er könne der Einvernahme ohne Probleme folgen. Er sei über den Iran, die Türkei, Griechenland, Mazedonien, Serbien, Ungarn, Österreich (einen Tag Aufenthalt), Deutschland, Dänemark und Schweden nach Norwegen gelangt, wo er sich ein Jahr aufgehalten und um Asyl angesucht habe. Norwegen sei ein tolles Land, "für ihn sei es aber nicht so besonders gewesen." Man habe ihm gesagt, dass er bis zum 18. Lebensjahr in Norwegen bleiben könne, jedoch in der Folge das Land verlassen müsse, worauf er sich freiwillig dazu entschieden habe, Norwegen zu verlassen. Gegen eine Rückkehr nach Norwegen brachte der Beschwerdeführer vor, dass er befürchte, von Norwegen nach Afghanistan zurückgeschoben zu werden. Er habe in keinem anderen Land ein Visum oder einen Aufenthaltstitel erhalten und kein bestimmtes Reiseziel gehabt. In Norwegen lebe sein Bruder, in Österreich habe er keine Familienangehörigen.

Aus einem Aktenvermerk des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), "Indikatoren für Altersfeststellung" vom 24.01.2017 geht hervor, dass begründete Zweifel an der behaupteten Minderjährigkeit des Beschwerdeführers bestanden hätten.

Einem mit 27.01.2017 datierten Schreiben eines Röntgeninstitutes ist zu entnehmen, dass beim Beschwerdeführer eine Bestimmung des Knochenalters der linken Hand vorgenommen worden sei, wonach "sämtliche Epiphysenfugen an den Phalangen und den Metacarpalia geschlossen seien und sich am Radius eine zarte Epiphysennarbe zeige". Ergebnis: Schmeling 4, GP 31.

Am 02.02.2017 richtete das BFA ein auf Art. 18 Abs. 1 lit. b Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmeersuchen an Ungarn. Hingewiesen wurde darin auch auf die behauptete Minderjährigkeit des Beschwerdeführers und darauf, dass aufgrund dessen äußerer Erscheinung die Minderjährigkeit nicht glaubwürdig sei und der Beschwerdeführer daher einer ärztlichen Untersuchung zur Altersfeststellung unterzogen werde.

Mit Schreiben vom 07.02.2017, dem BFA per E-Mail übermittelt am 08.02.2017, lehnte die ungarische Dublin-Behörde die Wiederaufnahme des Beschwerdeführers unter Hinweis darauf ab, dass Ungarn bereits im Jahr 2015 ein norwegisches Wiederaufnahmegesuch abgelehnt habe und anschließend von Norwegen informiert worden sei, dass anhand einer medizinischen Untersuchung festgestellt worden sei, dass es sich beim Beschwerdeführer um einen Minderjährigen handle.

Mit Schreiben vom 09.02.2017 ersuchte das BFA die ungarische Dublin-Behörde um Übermittlung einer Kopie der in Norwegen zur Altersfeststellung des Beschwerdeführers durchgeführten medizinischen Untersuchung, derzufolge der Beschwerdeführer minderjährig sein solle. Den österreichischen Behörden würden keine Beweise für die Minderjährigkeit des Beschwerdeführers vorliegen.

Am 07.03.2017 übermittelte die ungarische Dublin-Behörde dem BFA das Schreiben Norwegens vom 07.12.2015, wonach der Beschwerdeführer einer medizinischen Untersuchung zufolge rund 17 Jahre alt sei und Norwegen den Antrages auf internationalen Schutz somit gem. Art. 8 Abs. 4 Dublin III-VO prüfen werde. Unter einem setzte Norwegen die ungarische Dublin-Behörde von der Zurückziehung seines Wiederaufnahmegesuches in Kenntnis.

Am 16.03.2017 richtete das BFA ein auf Art. 8 Dublin III-VO gestütztes Wiederaufnahmegesuch an Norwegen.

Mit Schreiben vom 21.03.2017 stimmte Norwegen dem Ersuchen gem. Art. 3 Abs. 2 iVm Art. 18 Abs. 1 lit. d Dublin III-VO ausdrücklich zu.

Am 11.04.2017 fand eine Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem BFA statt.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 16.05.2017 wurde I. der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gem. § 5 Abs. 1 AsylG 2005 als unzulässig zurückgewiesen und ausgesprochen, dass Norwegen gem. Art. 18 lit. d Dublin III-VO zur Prüfung des Antrages zuständig sei sowie II. gem. § 61 Abs. 1 Z 1 FPG die Außerlandesbringung des Beschwerdeführers angeordnet und festgestellt, dass demzufolge gem. § 61 Abs. 2 FPG dessen Abschiebung nach Norwegen zulässig sei.

Gegen den Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde eingebracht.

Mit E-Mail vom 11.04.2018 teilte das BFA mit, dass die Überstellungsfrist am 21.09.2017 abgelaufen sei.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Festgestellt wird der unter I. dargelegte Verfahrensgang.

Obwohl grundsätzlich die Zuständigkeit Norwegens zur Führung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers vorlag, erfolgte dessen Überstellung nicht innerhalb der in Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO festgelegten Frist, konkret bis zum Ablauf des 21.09.2017.

Das Verfahren wurde nicht ausgesetzt bzw. fand keine sonstige Fristverlängerung im Sinne des Art. 29. Abs. 2 Dublin III-VO statt.

Der Beschwerdeführer war in Österreich durchgehend aufrecht behördlich gemeldet.

2. Beweiswürdigung:

Die festgestellten Tatsachen ergeben sich aus dem Akt des BFA, insbesondere aus den im Akt einliegenden Schriftstücken zum geführten Konsultationsverfahren.

Die Überschreitung der Frist nach Art. 29 Abs. 1 Dublin III-VO ergibt sich aus der zitierten Bestimmung, wonach die Überstellung innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme- oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedsstaat zu erfolgen hat.

Die Feststellung, dass der Beschwerdeführer im Bundesgebiet ununterbrochen aufrecht gemeldet war, folgt aus einem ZMR-Auszug.

Die Feststellung, dass eine Überstellung des Beschwerdeführers bis zum Ablauf des 21.09.2017 nicht erfolgt ist, ergibt sich aus der mit dem Auszug aus dem IZR übereinstimmenden E-Mail-Mitteilung des BFA vom 11.04.2017.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Stattgebung der Beschwerde:

Die maßgeblichen Bestimmungen des Asylgesetzes 2005 (AsylG 2005) idgF lauten:

§ 5 (1) Ein nicht gemäß §§ 4 oder 4a erledigter Antrag auf internationalen Schutz ist als unzulässig zurückzuweisen, wenn ein anderer Staat vertraglich oder auf Grund der Dublin-Verordnung zur Prüfung des Asylantrages oder des Antrages auf internationalen Schutz zuständig ist. Mit der Zurückweisungsentscheidung ist auch festzustellen, welcher Staat zuständig ist. Eine Zurückweisung des Antrages hat zu unterbleiben, wenn im Rahmen einer Prüfung des § 9 Abs. 2 BFA-VG festgestellt wird, dass eine mit der Zurückweisung verbundene Anordnung zur Außerlandesbringung zu einer Verletzung von Art. 8 EMRK führen würde.

...

(3) Sofern nicht besondere Gründe, die in der Person des Asylwerbers gelegen sind, glaubhaft gemacht werden oder beim Bundesamt oder beim Bundesverwaltungsgericht offenkundig sind, die für die reale Gefahr des fehlenden Schutzes vor Verfolgung sprechen, ist davon auszugehen, dass der Asylwerber in einem Staat nach Abs. 1 Schutz vor Verfolgung findet.

...

§ 10 (1) Eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz ist mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn

1. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4 oder 4a zurückgewiesen wird,

2. der Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 5 zurückgewiesen wird,

...

und in den Fällen der Z 1 und 3 bis 5 von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 nicht erteilt wird.

§ 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG) idgF lautet:

§ 9 (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine

Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1. die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7. Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

§ 21 Abs. 3 BFA-VG idgF lautet:

§ 21 (3) Ist der Beschwerde gegen die Entscheidung des Bundesamtes

im Zulassungsverfahren stattzugeben, ist das Verfahren zugelassen. Der Beschwerde gegen die Entscheidung im Zulassungsverfahren ist auch stattzugeben, wenn der vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

§ 61 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) idgF lautet:

§ 61 (1) Das Bundesamt hat gegen einen Drittstaatsangehörigen eine

Außerlandesbringung anzuordnen, wenn

1. dessen Antrag auf internationalen Schutz gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 zurückgewiesen wird oder nach jeder weiteren, einer zurückweisenden Entscheidung gemäß §§ 4a oder 5 AsylG 2005 folgenden, zurückweisenden Entscheidung gemäß § 68 Abs. 1 AVG oder

2. ...

(2) Eine Anordnung zur Außerlandesbringung hat zur Folge, dass eine Abschiebung des Drittstaatsangehörigen in den Zielstaat zulässig ist. Die Anordnung bleibt binnen 18 Monaten ab Ausreise des Drittstaatsangehörigen aufrecht.

(3) Wenn die Durchführung der Anordnung zur Außerlandesbringung aus Gründen, die in der Person des Drittstaatsangehörigen liegen, eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde und diese nicht von Dauer sind, ist die Durchführung für die notwendige Zeit aufzuschieben.

(4) Die Anordnung zur Außerlandesbringung tritt außer Kraft, wenn das Asylverfahren gemäß § 28 AsylG 2005 zugelassen wird."

Die maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates (Dublin III-Verordnung) lauten:

Art. 20

Einleitung des Verfahrens

(1) Das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats wird eingeleitet, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird.

(2) Ein Antrag auf internationalen Schutz gilt als gestellt, wenn den zuständigen Behörden des betreffenden Mitgliedstaats ein vom Antragsteller eingereichtes Formblatt oder ein behördliches Protokoll zugegangen ist. Bei einem nicht in schriftlicher Form gestellten Antrag sollte die Frist zwischen der Abgabe der Willenserklärung und der Erstellung eines Protokolls so kurz wie möglich sein.

(3) Für die Zwecke dieser Verordnung ist die Situation eines mit dem Antragsteller einreisenden Minderjährigen, der der Definition des Familienangehörigen entspricht, untrennbar mit der Situation seines Familienangehörigen verbunden und fällt in die Zuständigkeit des Mitgliedstaats, der für die Prüfung des Antrags auf internationalen Schutz dieses Familienangehörigen zuständig ist, auch wenn der Minderjährige selbst kein Antragsteller ist, sofern dies dem Wohl des Minderjährigen dient. Ebenso wird bei Kindern verfahren, die nach der Ankunft des Antragstellers im Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten geboren werden, ohne dass ein neues Zuständigkeitsverfahren für diese eingeleitet werden muss.

(4) Stellt ein Antragsteller bei den zuständigen Behörden eines Mitgliedstaats einen Antrag auf internationalen Schutz, während er sich im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält, obliegt die Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet sich der Antragsteller aufhält. Dieser Mitgliedstaat wird unverzüglich von dem mit dem Antrag befassten Mitgliedstaat unterrichtet und gilt dann für die Zwecke dieser Verordnung als der Mitgliedstaat, bei dem der Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde.

Der Antragsteller wird schriftlich von dieser Änderung des die Zuständigkeit prüfenden Mitgliedstaats und dem Zeitpunkt, zu dem sie erfolgt ist, unterrichtet.

(5) Der Mitgliedstaat, bei dem der erste Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde, ist gehalten, einen Antragsteller, der sich ohne Aufenthaltstitel im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats aufhält oder dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, nachdem er seinen ersten Antrag noch während des Verfahrens zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zurückgezogen hat, nach den Bestimmungen der Artikel 23, 24, 25 und 29 wieder aufzunehmen, um das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats zum Abschluss zu bringen.

Diese Pflicht erlischt, wenn der Mitgliedstaat, der das Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats abschließen soll, nachweisen kann, dass der Antragsteller zwischenzeitlich das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten für mindestens drei Monate verlassen oder in einem anderen Mitgliedstaat einen Aufenthaltstitel erhalten hat.

Ein nach einem solchen Abwesenheitszeitraum gestellter Antrag im Sinne von Unterabsatz 2 gilt als neuer Antrag, der ein neues Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedstaats auslöst.

Art. 25

Antwort auf ein Wiederaufnahmegesuch

(1) Der ersuchte Mitgliedstaat nimmt die erforderlichen Überprüfungen vor und entscheidet über das Gesuch um Wiederaufnahme der betreffenden Person so rasch wie möglich, in jedem Fall aber nicht später als einen Monat, nachdem er mit dem Gesuch befasst wurde. Stützt sich der Antrag auf Angaben aus dem Eurodac-System, verkürzt sich diese Frist auf zwei Wochen.

(2) Wird innerhalb der Frist von einem Monat oder der Frist von zwei Wochen gemäß Absatz 1 keine Antwort erteilt, ist davon auszugehen dass dem Wiederaufnahmegesuch stattgegeben wird, was die Verpflichtung nach sich zieht, die betreffende Person wieder aufzunehmen und angemessene Vorkehrungen für die Ankunft treffen.

Art. 29

Modalitäten und Fristen

(1) Die Überstellung des Antragstellers oder einer anderen Person im Sinne von Artikel 18 Absatz 1 Buchstabe c oder d aus dem ersuchenden Mitgliedstaat in den zuständigen Mitgliedstaat erfolgt gemäß den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des ersuchenden Mitgliedstaats nach Abstimmung der beteiligten Mitgliedstaaten, sobald dies praktisch möglich ist und spätestens innerhalb einer Frist von sechs Monaten nach der Annahme des Aufnahme - oder Wiederaufnahmegesuchs durch einen anderen Mitgliedstaat oder der endgültigen Entscheidung über einen Rechtsbehelf oder eine Überprüfung, wenn diese gemäß Artikel 27 Absatz 3 aufschiebende Wirkung hat.

Wenn Überstellungen in den zuständigen Mitgliedstaat in Form einer kontrollierten Ausreise oder in Begleitung erfolgen, stellt der Mitgliedstaat sicher, dass sie in humaner Weise und unter uneingeschränkter Wahrung der Grundrechte und der Menschenwürde durchgeführt werden.

Erforderlichenfalls stellt der ersuchende Mitgliedstaat dem Antragsteller ein Laissez-passer aus. Die Kommission gestaltet im Wege von Durchführungsrechtsakten das Muster des Laissez-passer. Diese Durchführungsrechtsakte werden gemäß dem in Artikel 44 Absatz 2 genannten Prüfverfahren erlassen.

Der zuständige Mitgliedstaat teilt dem ersuchenden Mitgliedstaat gegebenenfalls mit, dass die betreffende Person eingetroffen ist oder dass sie nicht innerhalb der vorgegebenen Frist erschienen ist.

(2) Wird die Überstellung nicht innerhalb der Frist von sechs Monaten durchgeführt, ist der zuständige Mitgliedstaat nicht mehr zur Aufnahme oder Wiederaufnahme der betreffenden Person verpflichtet und die Zuständigkeit geht auf den ersuchenden Mitgliedstaat über. Diese Frist kann höchstens auf ein Jahr verlängert werden, wenn die Überstellung aufgrund der Inhaftierung der betreffenden Person nicht erfolgen konnte, oder höchstens auf achtzehn Monate, wenn die betreffende Person flüchtig ist.

Der Beschwerdeführer war in Österreich durchgehend aufrecht gemeldet. Eine Fristverlängerung aus den in Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO genannten Gründen ist nicht erfolgt bzw. wurde ein Rechtsbehelf mit aufschiebender Wirkung seitens des Bundesverwaltungsgerichtes nicht gewährt.

Ein Übergang der Zuständigkeit gem. Art. 29 Abs. 2 Dublin III-VO hat im gegenständlichen Verfahren somit stattgefunden und ist Österreich demnach nunmehr zur Führung des materiellen Verfahrens des Beschwerdeführers zuständig. Dementsprechend war der die Zuständigkeit Österreichs zurückweisende Bescheid des Beschwerdeführers zu beheben und das Verfahren zuzulassen.

Eine mündliche Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 6a und 7 BFA-VG unterbleiben, zumal sämtliche verfahrenswesentliche Abklärungen, insbesondere die im gegenständlichen Verfahren relevante Frage des Vorliegens eines Fristablaufes, eindeutig aus dem vorliegenden Verwaltungsakt beantwortet werden konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Im Übrigen treffen Art. 29 Dublin III-VO und § 21 Abs. 3 BFA-VG klare eindeutige Regelungen (vgl. OGH 22.03.1992, 5Ob105/90), weshalb keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt.

Schlagworte

Fristablauf, Fristversäumung, Überstellungsfrist, Verfristung,
Zulassungsverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W165.2160802.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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