TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/23 W137 2179870-4

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Veröffentlicht am 23.04.2018
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Entscheidungsdatum

23.04.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76

Spruch

W137 2179870-4/6E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER, als Einzelrichter, über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA Marokko, gegen die Anhaltung in Schubhaft zu Recht erkannt:

I. Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG idgF iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

II. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

1. Der Beschwerdeführer wurde zur gegenständlichen Schubhaft am 01.12.2017 niederschriftlich befragt und gab dazu im Wesentlichen an, auf keinen Fall nach Marokko zurückkehren zu wollen. Er wolle sofort freigelassen werden um nach Italien reisen zu können. Dort könne man "einfach bleiben".

Am selben Tag wurde über den Beschwerdeführer - dessen Antrag auf internationalen Schutz bereits abgewiesen und mit einem Einreiseverbot verbunden worden war - die Schubhaft angeordnet. Der Asylbescheid war mangels Anfechtung im Juli 2017 in Rechtskraft erwachsen.

2. Eine gegen diese Entscheidung gerichtete Beschwerde vom 18.12.2017 wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 21.12.2017, W197 212179870-1/7E, abgewiesen. Unter einem wurde ausgesprochen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen.

3. Am 14.03.2018 erfolgte die Identifizierung des Beschwerdeführers als marokkanischer Staatsbürger. Darüber hinaus wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikats seitens der marokkanischen Botschaft zugesichert. Für den Beschwerdeführer ist ein Abschiebflug für den 25.04.2018 gebucht.

4. Mit Erkenntnis vom 29.03.2018 (W174 2179870-3/14E) bestätigte das Bundesverwaltungsgericht die weitere Aufrechterhaltung der Schubhaft. Verwiesen wurde insbesondere auf die nahe Abschiebung.

5. Mit Schreiben vom 20.04.2018 legte das Bundesamt dem Bundesverwaltungsgericht den Verwaltungsakt (Schubhaftakt) erneut vor und ersuchte um Bestätigung der Fortsetzung der Schubhaft gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG. Ausdrücklich wurde auf das Vorverhalten des Beschwerdeführers - insbesondere etwa auch die Nutzung verschiedener Identitäten und unterschiedlicher Staatsangehörigkeiten hingewiesen.

Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:

Bezüglich des Beschwerdeführers liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme vor. An den Gründen, die zur Anordnung der Schubhaft und insbesondere zur (amtswegig geprüften) Aufrechterhaltung der Schubhaft geführt haben, hat sich nichts geändert. Von der Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist weiterhin auszugehen. Eine Abschiebung in den Herkunftsstaat Marokko ist für den 25.04.2018 anberaumt. Der Beschwerdeführer ist haftfähig.

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen zum Sachverhalt ergeben sich aus dem Verwaltungsakt und den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichts. Darüber hinaus treffen die Feststellungen aus der Entscheidung des BVwG vom 29.03.2018, W174 2179870-3/14E, weiterhin zu. Zweifel an der Haftfähigkeit des Beschwerdeführers sind zwischenzeitlich nicht hervorgekommen.

II. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt I. (Vorliegen der Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft):

Entsprechend dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2015 - FrÄG 2015 vom 18.06.2015, BGBl. I Nr. 70/2015, lautet §22a Abs. 4 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG) wie folgt:

§ 22a. (4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

§22a Abs. 4 bildet im gegenständlichen Fall die formelle Grundlage, da der Beschwerdeführer seit 01.12.2017 in Schubhaft angehalten wird.

Die in diesem Zusammenhang maßgeblichen (innerstaatlichen) verfassungsrechtlichen Bestimmungen des Art 5 Abs. lit. f EMRK und des Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG sowie einfachgesetzlichen Normen des mit 20. Juli 2015 im Rahmen des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2015 - FrÄG 2015 in Kraft getretenen Fremdenpolizeigesetzes 2005 lauten:

Art 5 Abs. 1 lit. f

(1) Jedermann hat ein Recht auf Freiheit und Sicherheit. Die Freiheit darf einem Menschen nur in den folgenden Fällen und nur auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

f) wenn er rechtmäßig festgenommen worden ist oder in Haft gehalten wird, um ihn daran zu hindern, unberechtigt in das Staatsgebiet einzudringen oder weil er von einem gegen ihn schwebenden Ausweisungs- oder Auslieferungsverfahren betroffen ist.

Art 2 Abs. 1 Z. 7 PersFrBVG

(1) Die persönliche Freiheit darf einem Menschen in folgenden Fällen auf die gesetzlich vorgeschriebene Weise entzogen werden:

7. wenn dies notwendig ist, um eine beabsichtigte Ausweisung oder Auslieferung zu sichern.

§ 76 FPG

(1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen oder Meldeverpflichtungen gemäß §§ 56 oder 71 FPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder 15a AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

Gemessen also an § 76 Abs. 3, konkret an dessen ersten Satz "liegt eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 - immer noch - vor, da "bestimmte Tatsachen", nämlich jene bereits im Rahmen der angeführten Beweiswürdigung relevierten, indizieren, dass sich der Beschwerdeführer einer drohenden Abschiebung nach Marokko entziehen wird.

Die Gründe, aus denen das Bundesverwaltungsgericht am 29.03.2018 die "für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen" als gegeben erachtet hat, haben sich seither nicht geändert. Hinzugekommen ist vielmehr, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nun unmittelbar bevorsteht.

Mit der Verhängung gelinderer Mittel kann dementsprechend weiterhin nicht das Auslangen gefunden werden. Darüber hinaus steht die Abschiebung des Beschwerdeführers unmittelbar (am 25.04.2018) bevor, weshalb sich daraus auch ein besonders verdichteter Sicherungsbedarf ergibt.

Der Beschwerdeführer war bei Anordnung der Schubhaft haftfähig und ist dies auch weiterhin.

Aus diesen Gründen ist festzustellen, dass im Zeitpunkt der Entscheidung die Voraussetzungen für die Fortsetzung der Schubhaft vorliegen.

Zu Spruchpunkt II. (Revision):

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Aufgrund der reinen Tatsachenlastigkeit des gegenständlichen Falles - es sind keine Rechtsfragen, schon gar nicht von grundsätzlicher Bedeutung hervorgekommen - war die Revision für nicht zulässig zu erklären.

Schlagworte

Abschiebungsnähe, Amtswegigkeit, Fluchtgefahr, Fortsetzung der
Schubhaft, Identität, Schubhaft, Sicherungsbedarf,
Staatsangehörigkeit, Überprüfung, Verhältnismäßigkeit,
Verschleierung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W137.2179870.4.00

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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