TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/24 W207 2118491-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.04.2018

Norm

BBG §40
BBG §41
BBG §43
BBG §45
B-VG Art.133 Abs4

Spruch

W207 2118491-1/7E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Michael SCHWARZGRUBER als Vorsitzender und die Richterin Mag. Natascha GRUBER sowie den fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald SOMMERHUBER als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Wolfgang Strasser, Dr. Christian Strasser, gegen den Bescheid des Sozialministeriumservice, Landesstelle Niederösterreich, vom 03.11.2015, Passnummer: XXXX , betreffend Neufestsetzung (Herabsetzung) des Grades der Behinderung (Einziehung des Behindertenpasses), zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird gemäß § 1 Abs. 2, § 40 Abs. 1, § 41 Abs. 1, § 42 Abs. 1 und 2 und § 45 Abs. 1 und 2 Bundesbehindertengesetz (BBG) stattgegeben.

Der angefochtene Bescheid wird aufgehoben.

Die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses liegen auf Grund des festgestellten Grades der Behinderung in Höhe von 50 (fünfzig) von Hundert (v.H.) weiterhin vor.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

Die Beschwerdeführerin stellte am 16.12.2005 erstmals einen Antrag auf Ausstellung eines Behindertenpasses beim Bundessozialamt, Landesstelle Niederösterreich, (in der Folge entsprechend der nunmehrigen Kurzbezeichnung als Sozialministeriumservice bzw. als belangte Behörde bezeichnet) und legte diverse Bestätigungen und ein Konvolut an medizinischen Unterlagen/Befunden bei.

Am 13.03.2006 stellt die Beschwerdeführerin beim Bundessozialamt, Landesstelle Niederösterreich, einen Antrag auf Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten gemäß §§ 2 und 14 BEinstG. Auch diesem Antrag legte sie ein Konvolut an medizinischen Unterlagen/Befunden bei. Die Unterlagen überschneiden sich teilweise mit den im Zuge des Antrags vom 16.12.2005 vorgelegten Unterlagen.

Die belangte Behörde gab in der Folge ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Richtsatzverordnung in Auftrag, in welchem nach Durchführung einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 13.03.2006 mit Gutachten vom 16.03.2006 die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Art der Gesundheitsschädigung

Position in den Richtsätzen

GdB

1

Zustand nach Herzinfarkt Wahl dieser Position mit Unterem Rahmensatz, da eingeschränkte Herzfunktion

330

50%

2

Diabetes mellitus Oberer Rahmensatz, da schwierige Einstellbarkeit

383

40%

3

Depressio 2 Stufen über Unterem Rahmensatz, da mäßiggradige Symptomatik

585

20%

zugeordnet und ein Gesamtgrad der Behinderung von 60 v.H. angeführt wurde. Zum Gesamtgrad der Behinderung wurde ausgeführt, dass das führende Leiden 1 durch die ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung um eine Stufe erhöht werde.

Mit Schreiben vom 20.04.2006 wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.03.2006 übermittelt.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.05.2006 wurde auf Grund des am 13.03.2006 eingelangten Antrages festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ab 13.03.2006 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Der Grad der Behinderung betrage 60 v.H. Dies erfolgte unter Zugrundelegung des ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 16.03.2006, wonach der Grad der Behinderung 60 v.H. betrage.

Am 02.06.2006 wurde von der belangten Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 16.12.2005 entsprochen und der Beschwerdeführerin ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt.

Am 29.03.2015 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gemäß §§ 2 und 14 Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG). Auf Grundlage dieser Antragstellung führte die belangte Behörde einer Nachuntersuchung der Beschwerdeführerin durch.

Die belangte Behörde holte in diesem Zusammenhang ein Sachverständigengutachten eines Arztes für Allgemeinmedizin unter Anwendung der Einschätzungsverordnung, datiert mit 16.07.2015, ein. Nach persönlicher Untersuchung der Beschwerdeführerin am 08.07.2015 wurden die Funktionseinschränkungen den Leidenspositionen

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Positionsnummer und des Rahmensatzes:

Pos. Nr.

GdB %

1

Diabetes mellitus Oberer Rahmensatz, da eine Kombinationstherapie aus Tabletten und Insulin erforderlich ist.

02.01.02

30

2

Wirbelsäule, degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - Funktionseinschränkungen mittleren Grades Unterer Rahmensatz, da bei Bandscheibenschäden keine neurologischen Ausfallserscheinungen bestehen, die Beweglichkeit ist schmerzbedingt eingeschränkt.

02.01.02

30

3

Depressive Verstimmung und Persönlichkeits- bzw. Verhaltensstörung mit geringer sozialer Beeinträchtigung Zwei Stufen über unterem Rahmensatz, da in medikamentöser Behandlung, berücksichtigt wird die suspizierte Somatisierungsstörung mit der Aggravationsneigung der Beschwerden wie im psychiatrischen Facharztgutachten dokumentiert.

03.04.01

30

4

Polyneuropathie - sensible Ausfälle leichten Grades Eine Stufe über unterem Rahmensatz, da eine leichtgradige Sensibilitätsstörung dokumentiert ist. Heranziehung dieser Position mit dem unteren Rahmensatz, da mehr als 5 Jahre ohne Rezidiv und ohne signifikante Funktionseinschränkungen

04.06.01

20

zugeordnet und

ein Gesamtgrad der Behinderung von nur mehr 30 v.H. angeführt.

Weiters wird in dem Gutachten vom 16.07.2015 (auszugsweise) Folgendes dargetan:

"...

Begründung für den Gesamtgrad der Behinderung:

Eine erhebliche wechselseitige negative Leidensbeeinflussung zwischen den Leiden 1-4 ist nicht bestehend. Fachärztliche Befunde die eine solche Beeinflussung bestätigen würden liegen nicht vor. Die Einschätzung erfolgte daher auf Basis der Untersuchung und des Objektivierbaren, sowie aufgrund der verfügbaren Befunde.

Folgende beantragten bzw. in den zugrunde gelegten Unterlagen diagnostizierten Gesundheitsschädigungen erreichen keinen Grad der Behinderung:

Stellungnahme zu gesundheitlichen Änderungen im Vergleich zum Vorgutachten:

Im Vergleich zum Vorgutachten wurde das Herzleiden diesmal nicht erfasst. Es liegen keine objektivierbaren Befunde hinsichtlich eines Herzleidens vor und wurden trotz Aufforderung auch nicht nachgereicht. Die Depression wurde höher eingeschätzt, der Diabetes unter Anwendung der Einschätzungsverordnung unter gegebener Therapie und aufgrund des Untersuchungsbefundes eine Stufe niedriger eingeschätzt. Neu erfasst wurden hingegen Wirbelsäulenbeschwerden und eine Nervenfunktionsstörung. Der Gesamtbehinderungsgrad beträgt 30 % und ist damit um 30 % niedriger als im Vorgutachten.

Begründung für die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung:

Die Änderung des Gesamtgrades der Behinderung ergibt sich durch die Nicht-Einschätzbarkeit eines angegebenen Herzleidens und durch die Anwendung der Einschätzungsverordnung statt der Richtsatzverordnung.

..."

Mit Schreiben vom 23.07.2015 wurde der Beschwerdeführerin das Sachverständigengutachten des Arztes für Allgemeinmedizin vom 16.07.2015 übermittelt.

Im Akt befindet sich eine Stellungnahme des Arztes für Allgemeinmedizin vom 31.08.2015, der das Sachverständigengutachten vom 16.07.2015 erstellt hat, in welcher er zu nachgereichten Befunden Stellung nimmt.

Mit als "Entwurf" gekennzeichneter Erledigung der belangten Behörde, datiert mit 28.09.2015, wurde aufgrund des am 31.03.2015 eingelangten Antrags auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gemäß §§ 2 und 14 Abs. 1 und 2 des BEinstG idgF der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin ab 31.03.2015 mit 30 v.H. festgesetzt und festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit Ablauf der Monats, der auf die Zustellung dieses Bescheides folgt, nicht mehr dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Dies erfolgte unter Zugrundelegung des von der belangten Behörde eingeholten ärztlichen Sachverständigengutachtens vom 16.07.2015, wonach der Grad der Behinderung nur noch 30 v.H. betrage. Ob diese mit 28.09.2015 datierte, als Entwurf gekennzeichnete Erledigung tatsächlich abgefertigt und der Beschwerdeführerin zugestellt wurde und damit dem Rechtsbestand angehört, ist dem von der belangten Behörde vorgelegten Verwaltungsakt allerdings nicht zu entnehmen.

Jedenfalls aber wurde mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.11.2015 unter dem Betreff "Bundesbehindertengesetz; Einziehung des Behindertenpasses" von der belangten Behörde festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle. Der Behindertenpass sei einzuziehen. Als Rechtsgrundlage wurden die §§ 41 und 43 Abs. 1 Bundesbehindertengesetz (BBG) idgF genannt. In der Begründung des Bescheides verwies die belangte Behörde auf das eingeholte Sachverständigengutachten vom 16.07.2015, wonach der ermittelte Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin nur mehr 30 v.H. betrage.

Gegen diesen Bescheid wurde von der Beschwerdeführerin mit Schreiben 25.11.2015 fristgerecht eine als "Einspruch" bezeichnete Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben. In der Beschwerde wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschwerdeführerin wegen des Gutachtens vom 16.07.2015 wieder psychologisch betreut werden müsse, um mit ihrer körperlichen Erkrankung und den Einschränkungen zurechtzukommen. Dabei hätte nur eine Erhöhung und nicht eine Neufestsetzung festgestellt werden sollen. Sie habe dem Gutachter, der das Gutachten vom 16.07.2015 erstellt hat, gesagt, dass ihr damaliger Hausarzt die Herzkrankheit festgestellt habe. Der Diabetes sei eine erbliche Krankheit. Diese Krankheiten seien keine Einbildung ihrerseits. Durch das - ihrer Meinung nach fragwürdige - Gutachten vom 16.07.2015 sei ihr ganzes Leben zerstört worden. Bei ihr sei nicht nur das Herz erkrankt, sondern auch die Lunge und die Arterien. Im Rahmen ihrer Beschwerde legte die Beschwerdeführerin ein weiteres Konvolut an medizinischen Unterlagen vor.

Die belangte Behörde legte den Verwaltungsakt am 01.12.2015 dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Das Bundesverwaltungsgericht holte in Anbetracht des Beschwerdevorbringens und der im Rahmen der Beschwerde vorgelegten medizinischen Unterlagen ein ergänzendes medizinisches Sachverständigengutachten aus der Fachrichtungen Innere Medizin auf Grundlage der Einschätzungsverordnung ein. In diesem Sachverständigengutachten eines Facharztes für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 14.02.2018 wird auf Grundlage einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14.02.2018 wie folgt ausgeführt:

"...

ANAMNESE

Erstgutachten 03/2006 (Abl. 14-19):

1. Zustand nach Herzinfarkt - 50 v.H.

2. Diabetes mellitus - 40 v.H.

3. Depression - 20 v.H.

Gesamtgrad der Behinderung: 60 v.H.

Gutachten 07/2015 (Abl. 35-41):

1. Diabetes mellitus - 30 v.H.

2. degenerative Veränderungen der Wirbelsäule - 30 v.H.

3. depressive Verstimmung - 30 v.H.

4. Polyneuropathie - 20 v.H.

Gesamtgrad der Behinderung: 30 v.H.

Die BF legt am 5 und 25.11.2015 (ABI. 24,25) Beschwerde gegen das letzte Gutachten ein.

BESCHWERDEN

Sie gibt in der Anamnese 4 komplette und einen Fast-Herzinfarkt an, der Herzmuskel sei bereits sehr beeinträchtigt, dies führe zu einer maßgeblichen Einschränkung im Alltag.

Sie lebt zu Haus alleine, ist über das AMS nicht mehr vermittelbar, arbeitet nachts als Zeitungszustellerin. Braucht für ein recht kleines Gebiet etwa 2 Stunden, muss vor ihrer Tour eine Schmerztablette nehmen, da sie sonst aufgrund der belastungsabhängigen Schmerzen in der rechten Schulter, der gesamten Wirbelsäule sowie im Bereich der Achillessehnen dieser körperlichen Belastung nicht gewachsen wäre. Nach den etwa 2 Stunden fällt sie fix und fertig ins Bett und muss schlafen. Eigentlich bräuchte sie für die kurzen Wege vom Auto zum Ablageort der Zeitungen den Rollator, mache sich jedoch in der Öffentlichkeit nicht zum Kasperl.

Sie lebt zu Haus alleine, ebenerdig, sämtliche im Alltag anfallenden Tätigkeiten kann sie noch selbstständig erledigen. Sollte sie einmal auf Fremdhilfe angewiesen sein, wisse sie vorher, was zu tun sei.

Sie hat einen Behinderten-Parkausweis, Einkäufe erledigt sie selbst, wenn kein Behindertenparkplatz frei ist, parkt sie so nahe wie möglich am Geschäft, der Rückweg zum Auto ist durch die Benutzung des Einkaufswagens mit der Möglichkeit sich hier abzustützen deutlich erleichtert.

Sie hat zu Hause 8 Stufen zu bewältigen, schafft diese nicht ohne Pause, hierbei jedoch nicht die Atemnot der limitierende Faktor sondern die Schmerzen des Bewegungsapparates.

MEDIKAMENTE

Enalapril 20 mg, Molsidolat 4 mg 2x1, Thrombo Ass 100 mg 1x1, Metformin 1000 mg 2x1, Diamicron MR 30 mg 1x1, Insulin Novorapid 5-7-3IE, Magnesium 3x1, Budiair-Jet, Berodual bei Bedarf, Aktiferrin 1x1, Esomeprazol 40 mg 1x1, Desloratadin 5 mg 1x1, Saroten retard 50 mg 1x1, Sertralin 50 mg 1x1, Orgametril 3x1, Vertirosan 50 mg 2x1, Adamon longretard 150 mg 1x1

BEFUNDE

Befundbericht Dr. XXXX , Facharzt für Innere Medizin, 11/2015:

Diabetes mellitus II, Bluthochdruck, KHK-Familienanamnese, Adipositas (BMI 39,8), Zustand nach Fettschürzensoperation 2008, mittelgradig dilatierter linker Vorhof, leichtgradig eingeschränkte Linksventrikelfunktion (50 %), Linksherzhypertrophie, minimale Aorteninsuffizienz, supraventrikuläre Extrasystolie, klinisch diagnostizierte COPD. Es besteht ein metabolisches Syndrom, ergometrisch bis 39 % belastbar.

Neurologisch psychiatrische Facharztgutachten für das Landes- und Sozialgerichts St. Pölten - 2012 Dr. XXXX , 2014 Dr. XXXX :

beschrieben wurde 2012 eine mäßiggradige diabetische Polyneuropathie, ein sensomotorisches Karpaltunnelsyndrom beidseits, eine funktionelle Gangstörung - Aggravation, Verdacht auf Somatisierungsstörung, depressive Episode. 2014 wird eine leichtgradige depressive Symptomatik mit Verdacht auf Somatisierungsstörung diagnostiziert, weiters ein Cervicalsyndrom und eine radikuläre Symptomatik L5/S1 und eine leichtgradig ausgeprägte Polyneuropathie.

Weitere mitgebrachte Gutachten, welche außerhalb der Neuerungsbeschränkung liegen:

Orthopädischer Befund Dr. XXXX 03/2016: degenerative Rotatorenmanschette links, AC-Arthrose beidseits, Adipositas permagna.

Röntgen HWS 03/2016: Spondylose, Linksdeviation.

MRT Knie links 03/2017: Läsion IV medialer Meniskus mit Ansatzruptur, Luxation der Pars intermedia, Hydrops, Chondropathia patellae.

Röntgen Fuß beidseits 11/2016: Spreizfußstellung beidseits, Fersensporn beidseits, Weichteilverkalkungen im Ansatzbereich der Achillessehne links, degenerative Veränderungen oberes Sprunggelenk, Fußwurzel beidseits.

Anamnestisch ASK Knie links 03/2017 KH XXXX .

STATUS

Caput:

sichtbare Häute und Schleimhäute gut durchblutet, Bulbusmotorik seitengleich, beidseits prompte Pupillenreaktion.

Wirbelsäule:

im Lot, Schulterhochstand rechts +1 cm, kein Beckenschiefstand, Klopfschmerz im Bereich der HWS, untere BWS, gesamte LWS. Im Seitaspekt verstärkte Lordose der LWS, FBA 30 cm, endlagige Schmerzen in der LWS.

Obere Extremitäten:

Schulter beidseits S 30/0/80, Abduktion beidseits 80°. Periphere Durchblutung und Motorik unauffällig, die Sensibilität wird herabgesetzt angegeben. Beim Bestreichen der Arme und Hände gibt sie an, dies nicht zu spüren. Zustand nach CTS-OP beidseits.

Untere Extremitäten:

Hüfte rechts S 0/0/100, Außenrotation 5°, Innenrotation 20°, Abduktion 20°. Hüfte links S 0/0/90, beugeendlagig die Innenrotation bereits aufgehoben, die Außenrotation bis 20° möglich, Abduktion 20°. Bei der Bewegungsüberprüfung Schmerzangabe im Bereich des rechten Beckenkammes. Am linken Kniegelenk bland abgeheilte Narben nach Arthroskopie, Knie beidseits S 0/0/130, retropatellares Reiben, Seiten- und Kreuzbandapparat stabil. Keine Unterschenkelödeme, Krampfadern links, Sprunggelenke und Zehen beidseits wackelbeweglich, die periphere Durchblutung in Ordnung. Periphere Sensibilität seitengleich, sie ist sehr kitzlig an den Fußsohlen, beim Bestreichen der Fußsohlen hebt sie beide Füße an, strampelt, dies führt zu starken Schmerzen im Bereich der LWS, sie muss sich prompt aufsetzen. Verstrichenes Fußgewölbe beidseits. Die Beinachse im Lot, keine Beinlängendifferenz, Reflexe seitengleich, prompt. Schmerzen im Bereich der Achillessehnenansätze beidseits mit lokaler Schwellung.

Thorax:

symmetrisch, Herzaktion rein, rhythmisch, Pulmo beidseits VA.

Abdomen:

weich, deutlich über Thoraxniveau, kein Druckschmerz, keine Abwehrspannung.

Gesamtmobilität, Gangbild:

Sie kommt alleine, selbstständig gehend zu Untersuchung, gibt wiederholt übertriebene Laute über Schmerzen, Missmutigkeit von sich, redet teilweise mit sich selbst. Das Barfußgangbild kleinschrittig, sicher, der Fuß wird im Ganzen aufgesetzt, leichtes Hinken bei Belastung des linken Beins, kein Abrollen über die Zehen. Zehenstand sei nicht möglich, ebenso der Fersenstand nur angedeutet. Der Einbeinstand nach etwa 10 Sekunden Vorbereitung kurzzeitig möglich, hierbei gibt sie sich selbst Befehle, welche Bewegung sie durchzuführen hat. Kniebeuge bis zu Kniegelenksflexion von 60° möglich, dies jedoch wiederholt im Selbstgespräch. Im Nackengriff wird mit Mühe das Hinterhaupt erreicht, im Schürzengriff wird auf Höhe der mittleren LWS die Mittellinie erreicht. Selbstständiges An- und Auskleiden teils im Sitzen, teils im Stehen selbstständig möglich.

Status psychicus:

örtlich, räumlich, zeitlich, zur eigenen Person orientiert, der Ductus kohärent.

Nach Abschluss der Untersuchung äußert sie sich erbost darüber, dass ich ihre Neigung zu Selbstgesprächen mehrfach erwähnt habe. Es gäbe andere Leute, die herumlaufen, und andere Menschen erschießen. Sie habe gelernt, mit ihrem Zustand zu leben, mache das Beste daraus. Niemand interessiere sich für ihre Schmerzen, dafür, wie viel Gewicht sie schon abgenommen habe. Jeder sage nur sie sei zu fett, ihre Beschwerden seien ausschließlich in ihrem Übergewicht begründet, das kenne sie schon, habe sie schon mehrfach gehört.

STELLUNGNAHME

Ad 1)

Lfd. Nr.

Bezeichnung der körperlichen, geistigen oder sinnesbedingten Funktionseinschränkungen, welche voraussichtlich länger als sechs Monate andauern werden: Begründung der Rahmensätze:

Pos. Nr.

GdB %

1

Herzmuskelerkrankung fortgeschrittener Ausprägung Unterer Rahmensatz, da eingeschränkte Linksventrikelfunktion. Eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Vorhofdilatation, minimale Aortenklappeninsuffizienz. Keine höhergradigen Rhythmusstörungen, kein fachärztlicher Nachweis über die anamnestisch stadtgehabten Herzinfarkte.

05.02.02

50

2

Diabetes mellitus II mit ergänzender Insulintherapie Unterer Rahmensatz, da orale und subcutane Kombinationstherapie, kein Hinweis auf instabile Stoffwechsellage.

09.02.02

30

3

COPD I Oberer Rahmensatz, da kein lungenfachärztlicher Befund oder Lungenfunktion vorliegend, inhalativer Therapiebedarf

06.06.01

20

4

Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades Unterer Rahmensatz, berücksichtigt degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bei Bandscheibenschäden ohne neurologischem Defizit, degenerative Veränderungen Schulter beidseits, Knie links, Fuß beidseits

02.02.02

30

5

Depressive Verstimmung und Persönlichkeit- bzw. Verhaltensstörungen mit geringer sozialer Beeinträchtigung 2 Stufen über dem unteren Rahmensatz, da medikamentöse Dauertherapie, berücksichtigt die suspizierte Somatisierungsstörung mit der Aggravationsneigung der Beschwerden wie im psychiatrischen Facharztgutachten dokumentiert

03.04.01

30

6

Polyneuropathie - sensible Ausfälle leichten Grades Eine Stufe über dem unteren Rahmensatz, da leichtgradige Sensibilitätsstörung obere Extremitäten beidseits

04.06.01

20

Ad 2)

Der Gesamtgrad der Behinderung beträgt 50 v.H.

Leiden 1 wird durch die Leiden 2-6 nicht erhöht, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt.

Ad 3)

Leiden 1 wird unverändert übernommen, der Diabetes wird entsprechend der aktuellen Einschätzungsverordnung bei offensichtlich stabiler Stoffwechsellage um eine Stufe reduziert, die Depression wird entsprechend den psychiatrischen Facharztgutachten um eine Stufe erhöht. Mangels wechselseitiger Leidensbeeinflussungen aufgrund des stabilisierten Diabetes reduziert sich der Gesamtgrad der Behinderung um 10 v.H.

Ad 4)

Die sehr emotionalen Einwendungen der BF (Abl. 24-25) wurden gelesen, gewertet, im Rahmen der Begutachtung berücksichtigt.

Ad 5) Die vorgelegten Befunde Abl. 46-36 werden gewertet und im aktuellen Leiden 1 berücksichtigt.

Ad 6)

Die im Gutachten von Dr. XXXX (Abl. 35-41) angeführten Leiden sind nachvollziehbar und schlüssig, die Herzerkrankung sowie die COPD konnten von ihm mangels fachärztlicher Befunde nicht eingeschätzt werden

Ad 7)

Es ist keine Nachuntersuchung erforderlich.

Ad 8)

Es wurden im Rahmen der Begutachtung Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung unterliegen, diese wurden ins aktuelle Leiden 4 integriert, führten jedoch weder zu einer Erhöhung des Rahmensatzes noch zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.

..."

Mit Schreiben des Bundesverwaltungsgerichtes vom 19.03.2018 wurden die Beschwerdeführerin und die belangte Behörde, sohin die Parteien des Verfahrens, der Beschwerdeführerin entsprechend dem im Akt aufliegenden Zustellnachweis zugestellt am 23.03.2018, der belangten Behörde per Fax zugestellt am 19.03.2018, unter Übermittlung des Sachverständigengutachtens vom 14.02.2018, das von einem Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. ausgeht, über das Ergebnis der Beweisaufnahme informiert und ihnen in Wahrung des Parteiengehörs die Gelegenheit eingeräumt, zum Ergebnis der Beweisaufnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens eine Stellungnahme beim Bundesverwaltungsgericht abzugeben.

Die belangte Behörde erstattete keine Stellungnahme.

Mit einem - erst nach Ablauf der gesetzten Frist (diese endete am 06.04.2018) und somit verspätet eingelangten - Anwaltsschriftsatz vom 09.04.2018 gab die Beschwerdeführerin, nunmehr vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Wolfgang Strasser Dr. Christian Strasser, zunächst bekannt, dass sie nunmehr anwaltlich vertreten sei. Die Vollmachtserteilung sei erst am 09.04.2018 am späten Vormittag erfolgt, eine fristgemäße ausführliche Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme sei daher nicht möglich. Mit dem Schreiben wurde ein Konvolut an medizinischen Unterlagen, datierend aus den Jahren 2008 bis 2015, vorgelegt. Es wird beantragt, die Befunde bzw. Schriftstücke zum Akt zu nehmen und der Beschwerdeführerin eine Fristverlängerung zur Stellungnahme zum Ergebnis der Beweisaufnahme bis 23.04.2018 zu bewilligen. Weiters wird beantragt, der Beschwerde der Beschwerdeführerin stattzugeben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 22.05.2006 wurde auf Grund eines am 13.03.2006 eingelangten Antrages festgestellt, dass die Beschwerdeführerin ab 13.03.2006 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört. Der Grad der Behinderung wurde damals - aufgrund eines von der belangten Behörde eingeholten Gutachtens vom 16.03.2006 - mit 60 v.H. festgestellt. Am 02.06.2006 wurde von der belangten Behörde dem Antrag der Beschwerdeführerin vom 16.12.2005 auf Ausstellung eines Behindertenpasses entsprochen und ihr ein Behindertenpass mit einem Grad der Behinderung von 60 v.H. ausgestellt.

Am 29.03.2015 stellte die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde einen Antrag auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung gemäß §§ 2 und 14 BEinstG. Auf Grundlage dieser Antragstellung - und nicht von Amts wegen - führte die belangte Behörde einer Nachuntersuchung der Beschwerdeführerin durch.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 03.11.2015 wurde von der belangten Behörde - auf Grundlage eines wegen eines Antrag der Beschwerdeführerin auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung vom 29.03.2015 nach dem BEinstG im Verfahren betreffend Feststellung der Zugehörigkeit zum Kreis der begünstigten Behinderten eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 16.07.2015, das einen Grad der Behinderung von nur mehr 30 v.H. ergab - von Amts wegen auf Rechtsgrundlage der §§ 41 und 43 BBG festgestellt, dass die Beschwerdeführerin mit einem festgestellten Grad der Behinderung von 30 v.H. die Voraussetzungen für den Besitz eines Behindertenpasses nicht mehr erfülle und der Behindertenpass einzuziehen sei.

Die Beschwerdeführerin hat ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt im Inland.

Die Beschwerdeführerin leidet unter folgenden Funktionseinschränkungen:

1. Herzmuskelerkrankung fortgeschrittener Ausprägung; eingeschränkte Linksventrikelfunktion. Eingeschränkte körperliche Belastbarkeit, Vorhofdilatation, minimale Aortenklappeninsuffizienz. Keine höhergradigen Rhythmusstörungen, kein fachärztlicher Nachweis über die anamnestisch stattgehabten Herzinfarkte

2. Diabetes mellitus II mit ergänzender Insulintherapie; orale und subcutane Kombinationstherapie, kein Hinweis auf instabile Stoffwechsellage

3. COPD I; kein lungenfachärztlicher Befund oder Lungenfunktion vorliegend, inhalativer Therapiebedarf

4. Generalisierte Erkrankungen des Bewegungsapparates mit funktionellen Auswirkungen mittleren Grades; berücksichtigt degenerative Veränderungen der Wirbelsäule bei Bandscheibenschäden ohne neurologischem Defizit, degenerative Veränderungen Schulter beidseits, Knie links, Fuß beidseits

5. Depressive Verstimmung und Persönlichkeit- bzw. Verhaltensstörungen mit geringer sozialer Beeinträchtigung; Somatisierungsstörung mit der Aggravationsneigung der Beschwerden wie im psychiatrischen Facharztgutachten dokumentiert

6. Polyneuropathie - sensible Ausfälle leichten Grades; leichtgradige Sensibilitätsstörung obere Extremitäten beidseits

Der Gesamtgrad der Behinderung der Beschwerdeführerin beträgt 50 v. H.

Hinsichtlich der bei der Beschwerdeführerin bestehenden einzelnen Funktionseinschränkungen, deren Ausmaß und der wechselseitigen Leidensbeeinflussung werden die diesbezüglichen Beurteilungen im oben wiedergegebenen, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinische Sachverständigengutachten vom 14.02.2018 der nunmehrigen Entscheidung zu Grunde gelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellung über das bisherige Verwaltungsgeschehen, insbesondere zur Herabsetzung des Grades der Behinderung von 60 v.H. auf 30 v.H. durch die belangte Behörde, basieren auf dem Akteninhalt.

Die Feststellung zum Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Inland ergibt sich ebenfalls aus dem Akteninhalt und ist unstrittig. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass die Beschwerdeführerin ihren Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Inland hätte, sind im Verfahren nicht hervorgekommen sind.

Der Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H. gründet sich auf das oben wiedergegebene, durch das Bundesverwaltungsgericht eingeholte medizinische Sachverständigengutachten eines Facharztes für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 14.02.2018. Aus diesem medizinischen Sachverständigengutachten ergibt sich nachvollziehbar ein Gesamtgrad der Behinderung von 50 v.H., dies auf Grundlage der von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde neu vorgelegten medizinischen Unterlagen sowie auf Grundlage einer neuerlichen persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14.02.2018. Der sachverständige Gutachter legt nachvollziehbar dar, dass die im aktuellen Sachverständigengutachten vom 14.02.2018 als führendes Leiden 1 festgestellte Herzmuskelerkrankung sowie die unter der Leidensposition 3 festgestellte COPD vom medizinischen Sachverständigen im Sachverständigengutachten vom 16.07.2015 mangels damals vorgelegter fachärztlicher Befunde nicht objektiviert und daher nicht eingeschätzt werden konnten. Da diesbezügliche aktuellere Befunde bei der Erstellung des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 14.02.2018 nunmehr, da sie der Beschwerde beigelegt wurden, vorlagen, konnte das führende Leiden 1 entsprechend dem ursprünglichen Sachverständigengutachten vom 16.03.2006 wieder - nunmehr allerdings nach den Bestimmungen der Anlage der Einschätzungsverordnung - mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von 50 v.H. berücksichtigt werden. Der medizinische Sachverständige führte weiters nachvollziehbar und zutreffend aus, dass der nunmehr unter der Leidensposition 2 festgestellte Diabetes mellitus Typ II bei stabiler Stoffwechsellage - das Vorgutachten aus dem Jahr 2006 ging bei der Einstufung mit einem (Einzel)Grad der Behinderung von damals 40 v.H. noch von einer schwierigen Einstellbarkeit und zudem von den Bestimmungen der Richtsatzverordnung aus - entsprechend den Bestimmungen der Einschätzungsverordnung um eine Stufe auf 30 v.H. zu reduzieren ist, was sich im Ergebnis auch mindernd auf den Gesamtgrad der Behinderung auswirkt, und dass die Depression wiederum entsprechend den psychiatrischen Facharztgutachten um eine Stufe zu erhöhen ist. Mangels wechselseitiger Leidensbeeinflussungen aufgrund des stabilisierten Diabetes, nunmehr mit 30 v.H bewertet, reduziert sich daher auch der Gesamtgrad der Behinderung um 10 v.H. auf 50 v.H. Dem medizinischen Sachverständigen kann in diesem Zusammenhang nicht entgegengetreten werden, wenn es davon ausgeht, dass das führende Leiden 1 durch die Leiden 2 bis 6 nicht erhöht wird, da keine maßgebliche wechselseitige Leidensbeeinflussung vorliegt. In der verspäteten Stellungnahme vom 09.04.2018 wird dem medizinischen Sachverständigengutachten nicht konkret und substantiiert entgegengetreten.

Die mit dieser Stellungnahme vom 09.04.2018 im Beschwerdeverfahren erstmals vorgelegten medizinischen Unterlagen, datierend aus den Jahren 2008 bis 2015, welche im Übrigen der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG unterliegen, waren zum Zeitpunkt der Erstellung des vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten medizinischen Sachverständigengutachtens vom 14.02.2018 - und, dies sei der Vollständigkeit halber erwähnt, überwiegend auch zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides sowie der Erstellung des diesem Bescheid zu Grunde liegenden medizinischen Sachverständigengutachtens - bereits existent und sind daher nicht geeignet, die durch den medizinischen Sachverständigen getroffenen Beurteilungen zu widerlegen oder zusätzliche einschätzungsrelevante Dauerleiden bzw. eine zwischenzeitlich eingetretene Verschlechterung des Zustandes der Beschwerdeführerin zu belegen.

Von der Beschwerdeführerin wurden zudem im Rahmen der Begutachtung am 14.02.2018 Befunde vorgelegt, welche der Neuerungsbeschränkung des § 46 BBG unterliegen, diese wurden dennoch zu Gunsten der Beschwerdeführerin vom begutachtenden medizinischen Sachverständigen berücksichtigt und ins aktuelle Leiden 4 integriert, führen jedoch - selbst bei hypothetischer Berücksichtigung - weder zu einer Erhöhung des Einzelgrades der Behinderung noch zu einer Erhöhung des Gesamtgrades der Behinderung.

Die getroffenen Einschätzungen entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Seitens des Bundesverwaltungsgerichtes bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit, Vollständigkeit und Schlüssigkeit des vorliegenden, vom Bundesverwaltungsgericht eingeholten Sachverständigengutachten des Facharztes für Anästhesiologie und Intensivmedizin sowie Arztes für Allgemeinmedizin vom 14.02.2018, dessen Ergebnis von den Parteien des Verfahrens trotz im Rahmen eines Parteiengehörs eingeräumter Möglichkeit zur Stellungnahme innerhalb der gewährten Frist von 2 Wochen nicht substantiiert bestritten wurde. Das medizinische Sachverständigengutachten vom 14.02.2018 wird daher in freier Beweiswürdigung der Entscheidung zu Grunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A)

1. Zur Entscheidung in der Sache

Die gegenständlich maßgeblichen Bestimmungen des Bundesbehindertengesetzes (BBG) lauten:

"§ 1. (2) Unter Behinderung im Sinne dieses Bundesgesetzes ist die Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden körperlichen, geistigen oder psychischen Funktionsbeeinträchtigung oder Beeinträchtigung der Sinnesfunktionen zu verstehen, die geeignet ist, die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft zu erschweren. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von mehr als voraussichtlich sechs Monaten.

§ 40. (1) Behinderten Menschen mit Wohnsitz oder gewöhnlichem Aufenthalt im Inland und einem Grad der Behinderung oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von mindestens 50% ist auf Antrag vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen (§ 45) ein Behindertenpass auszustellen, wenn

1. ihr Grad der Behinderung (ihre Minderung der Erwerbsfähigkeit) nach bundesgesetzlichen Vorschriften durch Bescheid oder Urteil festgestellt ist oder

2. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften wegen Invalidität, Berufsunfähigkeit, Dienstunfähigkeit oder dauernder Erwerbsunfähigkeit Geldleistungen beziehen oder

3. sie nach bundesgesetzlichen Vorschriften ein Pflegegeld, eine Pflegezulage, eine Blindenzulage oder eine gleichartige Leistung erhalten oder

...

5. sie dem Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970, angehören.

(2) Behinderten Menschen, die nicht dem im Abs. 1 angeführten Personenkreis angehören, ist ein Behindertenpaß auszustellen, wenn und insoweit das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen auf Grund von Vereinbarungen des Bundes mit dem jeweiligen Land oder auf Grund anderer Rechtsvorschriften hiezu ermächtigt ist.

§ 41. (1) Als Nachweis für das Vorliegen der im § 40 genannten Voraussetzungen gilt der letzte rechtskräftige Bescheid eines Rehabilitationsträgers (§ 3) oder ein rechtskräftiges Urteil eines Gerichtes nach dem Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, BGBl. Nr. 104/1985, ein rechtskräftiges Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes oder die Mitteilung über die Gewährung der erhöhten Familienbeihilfe gemäß § 8 Abs. 5 des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967, BGBl. Nr. 376. Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen hat den Grad der Behinderung nach der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) unter Mitwirkung von ärztlichen Sachverständigen einzuschätzen, wenn

1. nach bundesgesetzlichen Vorschriften Leistungen wegen einer Behinderung erbracht werden und die hiefür maßgebenden Vorschriften keine Einschätzung vorsehen oder

2. zwei oder mehr Einschätzungen nach bundesgesetzlichen Vorschriften vorliegen und keine Gesamteinschätzung vorgenommen wurde oder

3. ein Fall des § 40 Abs. 2 vorliegt.

(2) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens zurückzuweisen, wenn seit der letzten rechtskräftigen Entscheidung noch kein Jahr vergangen ist. Dies gilt nicht, wenn eine offenkundige Änderung einer Funktionsbeeinträchtigung glaubhaft geltend gemacht wird.

§ 42. (1) Der Behindertenpass hat den Vornamen sowie den Familien- oder Nachnamen, das Geburtsdatum, eine allfällige Versicherungsnummer, den Wohnort und einen festgestellten Grad der Behinderung oder der Minderung der Erwerbsfähigkeit zu enthalten und ist mit einem Lichtbild auszustatten. Zusätzliche Eintragungen, die dem Nachweis von Rechten und Vergünstigungen dienen, sind auf Antrag des behinderten Menschen zulässig. Die Eintragung ist vom Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen vorzunehmen.

.....

§ 45. (1) Anträge auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme einer Zusatzeintragung oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung sind unter Anschluss der erforderlichen Nachweise bei dem Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen einzubringen.

(2) Ein Bescheid ist nur dann zu erteilen, wenn einem Antrag gemäß Abs. 1 nicht stattgegeben, das Verfahren eingestellt (§ 41 Abs. 3) oder der Pass eingezogen wird. Dem ausgestellten Behindertenpass kommt Bescheidcharakter zu.

(3) In Verfahren auf Ausstellung eines Behindertenpasses, auf Vornahme von Zusatzeintragungen oder auf Einschätzung des Grades der Behinderung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts durch den Senat zu erfolgen.

(4) Bei Senatsentscheidungen in Verfahren gemäß Abs. 3 hat eine Vertreterin oder ein Vertreter der Interessenvertretung der Menschen mit Behinderung als fachkundige Laienrichterin oder fachkundiger Laienrichter mitzuwirken. Die fachkundigen Laienrichterinnen oder Laienrichter (Ersatzmitglieder) haben für die jeweiligen Agenden die erforderliche Qualifikation (insbesondere Fachkunde im Bereich des Sozialrechts) aufzuweisen.

.....

§ 46. Die Beschwerdefrist beträgt abweichend von den Vorschriften des Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetzes, BGBl. I Nr. 33/2013, sechs Wochen. Die Frist zur Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung beträgt zwölf Wochen. In Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht dürfen neue Tatsachen und Beweismittel nicht vorgebracht werden.

.....

§ 55

.....

(5) Im Falle eines Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung nach Ablauf des 31. August 2013 hat die Einschätzung unter Zugrundelegung der Bestimmungen der Einschätzungsverordnung (BGBl. II Nr. 261/2010) zu erfolgen. Im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung bleibt - bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand - der festgestellte Grad der Behinderung unberührt."

Im gegenständlichen Fall erfolgte die von der belangten Behörde durchgeführte Nachuntersuchung der Beschwerdeführerin nicht von Amts wegen, sondern wegen eines von der Beschwerdeführerin selbst am 29.03.2015 gestellten Antrages auf Neufestsetzung des Grades der Behinderung. § 55 Abs. 5 letzter Satz BBG, wonach im Falle einer von Amts wegen durchgeführten Nachuntersuchung - bei objektiv unverändertem Gesundheitszustand - der festgestellte Grad der Behinderung unberührt bleibt, kommt daher im gegenständlichen Fall - abgesehen davon, dass sich auch einer Veränderung des Gesundheitszustandes jedenfalls in Bezug auf die Herabsetzung des Leidens 2 ("Diabetes mellitus II mit ergänzender Insulintherapie") von 40 v.H. auf 30 v.H. ergeben hat; diesbezüglich wird auf die beweiswürdigenden Ausführungen und das eingeholte medizinische Sachverständigengutachten vom 14.02.2018 verwiesen - nicht zur Anwendung.

Wie oben unter Punkt II.2. im Rahmen der beweiswürdigenden Ausführungen, auf die verwiesen wird, ausgeführt wurde, wird der gegenständlichen Entscheidung das vom Bundesverwaltungsgericht eingeholte, schlüssige, nachvollziehbare und widerspruchsfreie und von den Parteien des Verfahrens nicht substantiiert bestrittene Sachverständigengutachten vom 14.02.2018 zu Grunde gelegt, wonach der Grad der Behinderung der Beschwerdeführerin aktuell 50 v.H. beträgt.

Die getroffenen Einschätzungen, basierend auf einer persönlichen Untersuchung der Beschwerdeführerin am 14.02.2018 und den von der Beschwerdeführerin im Rahmen der Beschwerde und im Rahmen der persönlichen Untersuchung vorgelegten medizinischen Unterlagen, entsprechen den festgestellten Funktionsbeeinträchtigungen. Das medizinische Sachverständigengutachten ist auch nicht zu beanstanden, wenn es im Sinne des § 3 Abs. 3 und 4 der Einschätzungsverordnung eine entscheidungswesentliche ungünstige wechselseitige Leidensbeeinflussung in dem Sinne, dass sich eine Funktionsbeeinträchtigung auf eine andere besonders nachteilig auswirken würde oder mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vorliegen würden, die gemeinsam zu einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung führen würden, im gegenständlichen Fall nicht gegeben sieht; diesbezüglich werden auch in der verspätet eingebrachten Stellungnahme vom 09.04.2018 keinerlei näher konkretisierte Ausführungen dazu getroffen, in welchem der festgestellten Leiden die Beschwerdeführerin eine besonders nachteilige Beeinflussung eines anderen Leidens erblickt. Die Beschwerdeführerin ist dem von der belangten Behörde eingeholten medizinischen Sachverständigengutachten vom 14.02.2018 im Rahmen der Stellungnahme vom 09.04.2018, wie bereits erwähnt, nicht substantiiert und nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten.

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten