TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/24 W162 2192271-1

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Veröffentlicht am 24.04.2018
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Entscheidungsdatum

24.04.2018

Norm

AlVG §10
AlVG §38
B-VG Art.133 Abs4
VwGVG §13 Abs2
VwGVG §13 Abs5

Spruch

W162 2192271-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ulrike LECHNER, LL.M. als Vorsitzende und die fachkundigen Laienrichter Mag. Benjamin NADLINGER und Dr. Alfred OBERMAIR als Beisitzer über die Beschwerde von XXXX, SVNR: XXXX, gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 23.03.2018, GZ.:

XXXX, nach Durchführung einer nichtöffentlichen Beratung zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 02.03.2018 wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer den Anspruch auf Notstandshilfe gemäß § 38 iVm § 10 AlVG für den Zeitraum von 19.12.2017 bis 12.02.2018 verloren habe. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer durch sein Verhalten das Zustandekommen einer vom Arbeitsmarktservice zugewiesenen zumutbaren Beschäftigung bei der Firma XXXX vereitelt hätte. Gründe für eine Nachsicht der Rechtsfolgen würden nicht vorliegen bzw. könnten nicht berücksichtigt werden.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 13.03.2018 das Rechtsmittel der Beschwerde.

Mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 23.03.2018, GZ.:XXXX, wurde ausgesprochen, dass die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 02.03.2018 gemäß § 13 Abs 2 VwGVG idgF ausgeschlossen werde. Zur Begründung wurde ausgeführt, dass das Arbeitslosenversicherungsrecht bezwecke, arbeitslos gewordene Versicherte durch Vermittlung einer zumutbaren Beschäftigung wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern und in die Lage zu versetzen, den Lebensunterhalt ohne Zuhilfenahme öffentlicher Mittel zu bestreiten.

§ 10 AlVG sanktioniere durch befristeten Leistungsausschluss diejenigen Personen, die erforderliche Anstrengungen zur Beendigung der Arbeitslosigkeit schuldhaft unterlassen oder vereiteln.

Hierzu wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer eine Lehrabschlussprüfung als Tischler absolviert hätte und erstmals im Jahre 1994 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld beantragt hätte. Seitdem wäre er wiederholt im Leistungsbezug. Sein letztes nicht vom AMS gefördertes Dienstverhältnis hätte per 16.12.2007 geendet. Er sei von 06.03.2017 bis 07.03.2017 in einem vom AMS geförderten vollversicherten Dienstverhältnis gestanden. Außer dieser 2 Tage beziehe er seit 21.08.2008 laufend Transferleistungen. Im vergangenen Jahr seien ihm insgesamt 94 Vermittlungsvorschläge ausgefolgt worden, keiner dieser Vorschläge hätte zu einer Arbeitsaufnahme geführt. Seitens des AMS sei ihm am 04.12.2017 eine zumutbare Beschäftigung als Katalogausteiler beim Dienstgeber XXXX zugewiesen worden. Er hätte diese Beschäftigung aus gesundheitlichen Gründen abgelehnt, wobei laut arbeitsmedizinischem Gutachten vom 19.01.2018 die Stelle zumutbar sei.

Die individuelle Interessensabwägung habe ergeben, dass die zwingenden Interessen des Arbeitsmarktservice aufgrund der Tatsache, dass Langzeitarbeitslosigkeit vorliege, überwiegen. Eine aufschiebende Wirkung würde den aus generalpräventiven Gründen im öffentlichen Interesse gelegenen Normzweck unterlaufen. Insgesamt diene dieses Vorgehen dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung. Aus diesem Grund überwiege im gegenständlichen Fall das öffentliche Interesse gegenüber dem mit der Beschwerde verfolgten Einzelinteresse. Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde sei daher auszuschließen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer fristgerecht mit Schreiben vom 03.04.2018, eingelangt am 04.04.2018, das Rechtsmittel der Beschwerde. Darin wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bereits vorgebrachtes Beschwerdebegehren. Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gab es kein entsprechendes Vorbringen und wurden keinerlei Beweismittel vorgelegt.

Die Beschwerde und der Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht einlangend am 13.04.2018 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der unter Punkt I. dargelegte Verfahrensgang wird als Sachverhalt festgestellt und der Entscheidung zugrunde gelegt.

Festgestellt wird, dass mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Wien Laxenburger Straße vom 02.03.2018 gemäß § 10 iVm § 38 AlVG der Verlust der Notstandshilfe für den Zeitraum von 19.12.2017 bis 12.02.2018 ausgesprochen wurde, wobei Nachsicht nicht erteilt wurde. Dagegen wurde Beschwerde erhoben.

Gegenständlich wurde mit Bescheid des Arbeitsmarktservice Laxenburger Straße vom 23.03.2018 die aufschiebende Wirkung der Beschwerde gegen den Bescheid vom 02.03.2018 ausgeschlossen.

Der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung wurde seitens des Arbeitsmarktservice einerseits aus generalpräventiven Überlegungen zum Normzweck, sowie andererseits unter Verweis auf die bestehende Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers begründet. Hierzu wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer erstmals im Jahre 1994 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld beantragt hat. Seitdem stand er wiederholt im Leistungsbezug. Sein letztes nicht vom AMS gefördertes Dienstverhältnis endete per 16.12.2007. Er stand von 06.03.2017 bis 07.03.2017 in einem vom AMS geförderten vollversicherten Dienstverhältnis. Außer dieser 2 Tage bezieht er seit 21.08.2008 laufend Transferleistungen. Im vergangenen Jahr wurden dem Beschwerdeführer insgesamt 94 Vermittlungsvorschläge ausgefolgt, wobei keiner dieser Vorschläge zu einer Arbeitsaufnahme geführt hat.

Die individuelle Interessensabwägung hat ergeben, dass die zwingenden Interessen des Arbeitsmarktservice aufgrund der Tatsache, dass Langzeitarbeitslosigkeit vorliegt, überwiegen. Im vorliegenden Fall ist die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides zur Abwendung eines gravierenden Nachteils im Einzelfall dringend notwendig.

In der gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erhobenen Beschwerde vom 03.04.2018 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen sein bereits vorgebrachtes Beschwerdebegehren. Hinsichtlich des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gab es kein entsprechendes Vorbringen und wurden keinerlei Beweismittel vorgelegt.

2. Beweiswürdigung:

Die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unzweifelhaften Verwaltungsakt der belangten Behörde.

Die Begründung des von der belangten Behörde verfügten Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung ergibt sich aus dem angefochtenen Bescheid vom 23.03.2018.

Bezüglich der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung wird auf die rechtlichen Ausführungen verwiesen.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Die Anordnung einer Senatszuständigkeit enthält § 56 Abs. 2 AlVG, wonach das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide einer Geschäftsstelle durch einen Senat entscheidet, dem zwei fachkundige Laienrichter angehören, je einer aus dem Kreis der Arbeitgeber und aus dem Kreis der Arbeitnehmer.

In den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.09.2017, Ra 2017/08/0065 und Ra 2017/08/0081, wurde ausgesprochen, dass Entscheidungen über Beschwerden gegen die aufschiebende Wirkung ausschließende Bescheide des AMS gemäß § 56 Abs. 2 AlVG in Senatsbesetzung (und nicht durch Einzelrichter) zu treffen sind.

Gegenständlich liegt somit Senatszuständigkeit vor.

3.2. Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.

Die gegenständliche Beschwerde richtet sich gegen den - durch verfahrensrechtlichen Bescheid ausgesprochenen - Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde gegen den die Hauptsache betreffenden Bescheid.

Gemäß § 13 Abs. 2 letzter Satz VwGVG ist ein Ausspruch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung "tunlichst" schon in den über die Hauptsache ergehenden Bescheid aufzunehmen. Beim Ausspruch des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG in dem die Hauptsache erledigenden Bescheid handelt es sich um einen von der Hauptsache trennbaren, selbstständigen Nebenabspruch. Dies gilt auch für den hier vorliegenden Fall, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung (erst) im Anschluss an den in der Hauptsache ergangenen Bescheid ausgesprochen wird.

Treten die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erst nach Erlassung des Bescheides ein, kann die Behörde der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nachträglich durch gesonderten verfahrensrechtlichen Bescheid aberkennen (vgl. zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Berufungen VwGH 24.01.1995, 93/04/0203; 17.02.2000, 97/18/0564). Aber auch, wenn die Voraussetzungen bei Erlassung des Bescheides bereits vorlagen, die Behörde jedoch die aufschiebende Wirkung der Beschwerde nicht ausgeschlossen hat, kann sie nachträglich ihrer Verpflichtung nachkommen und einen dahingehend lautenden verfahrensrechtlichen Bescheid erlassen. Ab Vorlage der Beschwerde an das Verwaltungsgericht kommt diesem die Zuständigkeit zur Entscheidung über die aufschiebende Wirkung zu (vgl. § 22 Abs. 3 VwGVG).

Mit der gegenständlichen Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes wird lediglich über die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der in der Hauptsache eingebrachten Beschwerde abgesprochen. Die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 03.10.2017 ist im gegenständlichen Verfahren hingegen nicht zu prüfen (vgl. z.B. VwGH 11.01.2012, AW 2011/07/0062).

Zu A) Abweisung der Beschwerde:

3.3. Das VwGVG sieht vor, dass eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG aufschiebende Wirkung hat (§ 13 Abs. 1 VwGVG), solange diese Wirkung nicht mit Bescheid (§ 13 Abs. 2 VwGVG) oder mit Beschluss (§ 22 Abs. 2 VwGVG) ausgeschlossen worden ist.

Gemäß § 13 Abs. 2 VwGVG kann die aufschiebende Wirkung mit Bescheid der Behörde ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Nach § 13 Abs. 5 VwGVG hat die Behörde die Beschwerde gegen einen Bescheid gemäß Abs. 2 - sofern sie nicht als verspätet oder unzulässig zurückzuweisen ist - dem Verwaltungsgericht unter Anschluss der Akten des Verfahrens unverzüglich vorzulegen. Angemerkt wird, dass dem Bundesverwaltungsgericht die am 23.01.2018 beim AMS eingelangte Beschwerde gegen den Bescheid vom 12.01.2018 am 30.01.2018 vorgelegt wurde.

Das Verwaltungsgericht hat über die Beschwerde ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden und der Behörde, wenn diese nicht von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung absieht, die Akten des Verfahrens zurückzustellen. Dass das Verwaltungsgericht ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat, bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam in einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). "Unverzüglich" und "ohne weiteres Verfahren" heißt demnach wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).

3.4. Was die Voraussetzungen für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nach § 13 Abs. 2 VwGVG anlangt, entsprechen diese großteils jenen, die § 64 Abs. 2 AVG normiert (vgl. Lehhofer, Die aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5 ff.). Auch die Erläuterungen zur Regierungsvorlage weisen darauf hin, dass § 13 VwGVG weitgehend der Bestimmung des § 64 AVG nachgebildet wurde (RV 2009 BlgNR 24. GP). Wie auch dem Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.09.2014, Ra 2014/03/0028, zu entnehmen ist, kann somit auf die bisherige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zurückgegriffen werden, um die Rechtmäßigkeit des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung anhand der dort aufgestellten Kriterien zu überprüfen. Dementsprechend genügt es für den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Berufung (nunmehr: Beschwerde) nicht, dass ein Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles an der vorzeitigen Vollstreckung des Bescheides besteht, sondern es muss darüber hinaus noch die Umsetzung des Bescheides in die Wirklichkeit wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sein (Hengstschläger/Leeb, AVG, zu § 64 Rz 31). "Gefahr im Verzug" bedeutet, dass den berührten öffentlichen Interessen oder den Interessen einer anderen Partei (als des Beschwerdeführers) ein derart gravierender Nachteil droht, dass die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides dringend geboten ist. Die Annahme, dass Gefahr im Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde mit dem Ergebnis, dass die Gefahr für den Fall des Zuwartens konkret besteht (Eder/Martschin/Schmid, Verwaltungsgerichte, K10 f. zu § 13 VwGVG mit Hinweis auf VwGH 24.05.2002, 2002/18/0001, und VwGH 22.03.1988, 87/07/0108; Hengstschläger/Leeb, AVG zu § 64 Rz 31).

Die Entscheidung über die Zuerkennung oder die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung kann nur das Ergebnis einer im Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung sein, welche die berührten öffentlichen Interessen und die Interessen der Verfahrensparteien berücksichtigt (VwGH 01.09.2014, Ra 2014/03/0028; VfGH 02.12.2014, G74/2014). Es muss sich um ein besonderes öffentliches Interesse handeln, aus dem wegen der "triftigen Gründe" des konkreten Falles die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides sachlich geboten ist (Hengstschläger/Leeb, AVG § 64 Rz 29 mHa VfSlg 11.196/1986; 16.460/2002; 17.346/2004).

3.5. Die belangte Behörde begründete den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einerseits aus generalpräventiven Überlegungen zum Normzweck, sowie andererseits unter Verweis auf die bestehende Langzeitarbeitslosigkeit des Beschwerdeführers. Hierzu wurde festgestellt, dass der Beschwerdeführer erstmals im Jahre 1994 die Zuerkennung von Arbeitslosengeld beantragt hat. Seitdem stand er wiederholt im Leistungsbezug. Sein letztes nicht vom AMS gefördertes Dienstverhältnis endete per 16.12.2007. Er stand von 06.03.2017 bis 07.03.2017 in einem vom AMS geförderten vollversicherten Dienstverhältnis. Außer dieser 2 Tage bezieht er seit 21.08.2008 laufend Transferleistungen. Im vergangenen Jahr wurden dem Beschwerdeführer insgesamt 94 Vermittlungsvorschläge ausgefolgt, wobei keiner dieser Vorschläge zu einer Arbeitsaufnahme geführt hat. Nach Vornahme einer individuellen Interessensabwägung hat die belangte Behörde ausgesprochen, dass die zwingenden Interessen des Arbeitsmarktservice aufgrund der Tatsache, dass Langzeitarbeitslosigkeit vorliegt, überwiegen. Deshalb sei im vorliegenden Fall die vorzeitige Vollstreckung des Bescheides zur Abwendung eines gravierenden Nachteils dringend notwendig.

Der Beschwerdeführer ist diesem Vorhalt in seiner Beschwerde nicht entgegengetreten, als er einen mit dem sofortigen Vollzug des Bescheides vom 23.03.2018 für ihn verbundenen unverhältnismäßigen Nachteil nicht geltend machte und diesbezüglich kein Vorbringen erstattete, sondern im Wesentlichen sein Beschwerdevorbringen gegen den Bescheid in der Sache vom 02.03.2018 wiederholte. Seitens des Beschwerdeführers wurde nicht auf das Bestehen einer außergewöhnlichen Belastung oder finanziellen Notlage verwiesen.

Im Hinblick auf die im Einzelfall vorzunehmende Interessensabwägung ist die aufschiebende Wirkung etwa dann nicht zu gewähren, wenn begründete Zweifel an der späteren Einbringlichkeit der Forderung bestehen, da in diesem Fall das Interesse der Versichertengemeinschaft, somit das öffentliche Interesse an der Verfügbarkeit von Mitteln für Leistungen aus der Arbeitslosenversicherung überwiegen würde (VwGH 13.05.2009, 2007/08/0285).

Soweit die belangte Behörde sich auf die Langzeitarbeitslosigkeit stützt, erblickt das erkennende Gericht hierin einen Bezug auf das Interesse der öffentlichen Hand, Leistungen der Arbeitslosenversicherung, die zu Unrecht ausgezahlt wurden, zurückzufordern und zurückzuerhalten. Auf der anderen Seite führt die belangte Behörde das öffentliche Interesse an einer Verhinderung missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung ins Treffen. So besteht einerseits ein öffentliches Interesse am Ausschluss der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde und andererseits auch eine konkrete Gefahr, dass ohne Ausschluss der aufschiebenden Wirkung die dann möglicherweise zu Unrecht ausbezahlte Notstandshilfe nicht einbringlich gemacht werden kann. Auf das weitere von der belangten Behörde ins Treffen geführte öffentliche Interesse der Verhinderung missbräuchlicher Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung muss sohin nicht weiter eingegangen werden. Der Beschwerdeführer ist diesen Feststellungen in seiner Beschwerde auch nicht entgegengetreten. In einer Gesamtschau der Umstände bestehen im konkreten Einzelfall somit auch für das Bundesverwaltungsgericht Zweifel an der Einbringlichkeit der Forderung nach Abschluss des Rechtsmittelverfahrens.

3.6. Nach Maßgabe des vom Bundesverwaltungsgericht im Lichte der übermittelten Aktenteile festgestellten Sachverhalts und unter Berücksichtigung des im Rahmen eines Provisorialverfahrens eingeschränkten Prüfungsmaßstabes vermag das Bundesverwaltungsgericht die Erwägungen der belangten Behörde über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung nicht von vornherein als unschlüssig zu erkennen:

Die belangte Behörde stellt - gestützt auf die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes - darauf ab, dass der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung dem gerechtfertigten Ziel der Verhinderung der missbräuchlichen Inanspruchnahme von Leistungen der Arbeitslosenversicherung diene. Die langandauernde Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers gehe zu Lasten der Versichertengemeinschaft. Die Weitergewährung der Leistung würde ein Risiko bzw. eine Gefährdung der Einbringlichkeit bedeuten. In einer Gesamtschau der Interessenabwägung würden daher die zwingenden öffentlichen Interessen überwiegen.

Das Bundesverwaltungsgericht sieht es somit - und zwar losgelöst von der Frage, ob der angefochtene Bescheid einem Vollzug zugänglich ist (vgl. VwGH 03.03.1999, AW 97/08/0091, wonach die Einstellung der Notstandshilfe grundsätzlich kein Bescheid sei, der dem Vollzug zugänglich ist) - nicht als unverhältnismäßig an, wenn im Ergebnis das Interesse der Versicherungsgemeinschaft an der Einbringlichkeit von (vermeintlich) zu Unrecht gewährten Leistungen besonders stark gewichtet wird.

Der Beschwerdeführer ist in seiner Beschwerde gegen den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung diesem Vorhalt auch nicht substantiiert entgegengetreten. Vielmehr führt der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift lediglich aus, dass der Standpunkt der belangten Behörde unrichtig sei. Die Beschwerde lässt ein weiteres Vorbringen zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung jedoch vollkommen vermissen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes vom 14.02.2014, Ro 2014/02/0053, trifft den Beschwerdeführer hinsichtlich des unverhältnismäßigen Nachteils allerdings eine Konkretisierungspflicht. Dieser Verpflichtung ist der Beschwerdeführer in seinen Beschwerdeausführungen jedoch in keiner Weise nachgekommen. In der Beschwerde wird nicht einmal ansatzweise dargelegt, worin seine - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkreten Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht liegen, die ihr in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen (VwGH 03.06.2011, AW 2011/10/0016). Gemäß ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zum Antrag auf aufschiebende Wirkung hat ein Antragsteller in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre. Nur durch die glaubhafte Dartuung konkreter - tunlichst ziffernmäßiger - Angaben über die finanziellen Verhältnisse des Antragstellers wird das erkennende Verwaltungsgericht überhaupt erst in die Lage versetzt, zu beurteilen, ob der Vollzug des angefochtenen Bescheides für den Antragsteller einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich brächte (vgl. zB. VwGH 11.03.1996, AW 96/17/0071; 27.06.1996, AW 96/17/0028, 10.08.2011, AW/2011/17/0028). Vorliegend führt der Beschwerdeführer nicht näher aus, welche konkreten wirtschaftlichen, finanziellen oder rechtlichen Nachteile für ihn mit der Durchsetzbarkeit des Bescheides verbunden wären, damit die erforderliche Abwägung gegenüber den - unstrittig bestehenden - Interessen der Öffentlichkeit an dem Sanktionszweck der Arbeitslosenversicherung, vorgenommen hätte werden können. Diese - zur Konkretisierungspflicht von Anträgen auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ergangene - Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist nach Ansicht des erkennenden Gerichtes im Wesentlichen auch auf die Erfordernisse von Beschwerden gegen einen durch die belangte Behörde vorgenommenen Ausschluss der aufschiebenden Wirkung zu übertragen, zumal Entscheidungen über die Zuerkennung wie auch über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung von Beschwerden - der Systematik der §§ 13 und 22 VwGVG folgend - stets eine Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien voraussetzen.

§ 13 Abs. 5 VwGVG bestimmt, dass Beschwerden gegen Bescheide über den Ausschluss oder die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrerseits keine aufschiebende Wirkung haben. Es ist ohnehin eine unverzügliche Aktenvorlage an das Verwaltungsgericht und eine unverzügliche Entscheidungspflicht des Verwaltungsgerichtes ohne weiteres Verfahren vorgesehen. Dass das Verwaltungsgericht ohne weiteres Verfahren zu entscheiden hat, bedeutet, dass das Verwaltungsgericht (gleichsam einem Eilverfahren) ohne Setzung der sonstigen üblichen Verfahrensschritte über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung erkennen kann (vgl. Eder/Martschin/Schmid, K17 zu § 13). "Unverzüglich" und "ohne weiteres Verfahren" bedeutet wohl, ohne jede Möglichkeit, ergänzende Sachverhaltsfeststellungen zu treffen (vgl. Fister/Fuchs/Sachs, Anm. 8 zu § 13).

Da das Bundesverwaltungsgericht somit keine Anhaltspunkte für einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Beschwerdeführer erkennen kann, war die Beschwerde abzuweisen.

Gemäß § 14 VwGVG steht der Behörde die Möglichkeit offen, eine Beschwerdevorentscheidung zu treffen.

3.7. Eine mündliche Verhandlung ist entfallen, da das Bundesverwaltungsgericht nach der Regelung des § 13 Abs. 5 VwGVG verpflichtet ist, über die Beschwerde "ohne weiteres Verfahren unverzüglich zu entscheiden", was impliziert, dass grundsätzlich keine mündliche Verhandlung durchzuführen ist (vgl. VwGH 09.06.2015, Ra 2015/08/0049).

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausschluss der aufschiebenden Wirkung auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter Pkt. II.3. wiedergegeben. Insoweit die in der rechtlichen Beurteilung angeführte Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu früheren Rechtslagen ergangen ist, ist diese nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichtes auf die inhaltlich vergleichbaren Bestimmungen der nunmehr geltenden Rechtslage unverändert übertragbar zumal die Bestimmung des § 64 Abs. 2 AVG Vorbild für jene des § 13 Abs. 2 VwGVG war (vgl. Lehhofer, aufschiebende Wirkung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, ÖJZ 2014, 5ff.). Schließlich liegen auch keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor. Es handelt sich bei der vom Bundesverwaltungsgericht vorgenommenen Interessenabwägung vielmehr um eine Einzelfallentscheidung.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung, Interessenabwägung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W162.2192271.1.00

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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