TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/24 W137 2191131-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.04.2018
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

24.04.2018

Norm

BFA-VG §22a Abs1
BFA-VG §22a Abs3
B-VG Art.133 Abs4
FPG §76
FPG §76 Abs2 Z1
VwGVG §35

Spruch

W137 2191131-2/10E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Peter HAMMER als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX, geb. XXXX, StA. Türkei, vertreten durch XXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 06.04.2018, Zl. 791565600/180331583, sowie die fortdauernde Anhaltung der Beschwerdeführerin in Schubhaft seit 06.04.2018 zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde gegen den Bescheid vom 06.04.2018 wird gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 22a Abs. 1 BFA-VG als unbegründet abgewiesen und die Anhaltung in Schubhaft ab 06.04.2018 für rechtmäßig erklärt.

II. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 FPG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

III. Die Beschwerdeführerin hat gemäß § 35 VwGVG dem Bund (Bundesminister für Inneres) den Verfahrensaufwand in Höhe von 426,20 Euro binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt

1. Die Beschwerdeführerin ist Staatsangehörige der Türkei. Am 06.04.2018 wurde über sie im Stande der Haft aufgrund einer Zwangsstrafe die Schubhaft angeordnet. Noch am selben Tag wurde die Beschwerdeführerin in Schubhaft genommen. Begründet wurde die der Entscheidung zugrunde gelegte Fluchtgefahr mit der fehlenden Kooperationsbereitschaft der Beschwerdeführerin, der zuvor angeordneten Zwangsstrafe und der durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Seit 09.09.2017 besteht eine rechtskräftige Rückkehrentscheidung bezogen auf den Herkunftsstaat Türkei.

2. Am 12.04.2018 langte beim Bundesverwaltungsgericht die nunmehr verfahrensgegenständliche Beschwerde (zunächst vom berufsmäßigen Parteienvertreter der Beschwerdeführerin falsch eingebracht bei der belangten Behörde) ein. Darin wird im Wesentlichen vorgebracht, dass sie ihren Antrag auf einen Aufenthaltstitel zurückgezogen habe und deshalb zur Vorladung "in gutem Glauben" nicht erschienen sei. Sie habe einen neuen Reisepass beim türkischen Konsulat beantragt, sei dann jedoch "verhaftet" worden. Seit Dezember 2010 sei sie zudem mit einem türkischen Staatsbürger verheiratet. Durch diese Ehe sei sie "sozial völlig integriert".

Beantragt werde daher a) die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Inschubhaftnahme; b) die Feststellung der Rechtswidrigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft; c) die sofortige Enthaftung gegen gelinderes Mittel; d) die Anberaumung einer mündlichen Verhandlung.

3. Am 12.04.2018 langte der Verwaltungsakt beim Bundesverwaltungsgericht ein. In einer Stellungnahme am folgenden Tag verwies das Bundesamt im Wesentlichen auf das Vorverhalten der Beschwerdeführerin und ergänzte, dass diese nach Anordnung der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Die Schubhaft sei gemäß §76 Abs. 6 FPG aufrecht erhalten worden. Die Anwendung des gelinderen Mittels sei angesichts der fehlenden Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin nicht in Betracht gekommen.

Beantragt wurde die Abweisung oder Zurückweisung der Beschwerde; die Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen; sowie die Beschwerdeführerin zum Ersatz der angeführten Kosten zu verpflichten.

4. Am 16.04.2018 übermittelte das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerdeführerin im Wege ihres bevollmächtigten Rechtsanwalts einen Mängelbehebungsauftrag gemäß § 13 Abs. 3 AVG, da der (augenscheinlich) angefochtene Bescheid nicht hinreichend bezeichnet und - diesfalls - dessen behauptete Rechtswidrigkeit auch nicht hinreichend begründet worden sei.

5. Mit Schreiben vom 18.04.2018 führte der bevollmächtigte Rechtsanwalt aus, es werde auch der Mandatsbescheid (Schubhaftbescheid) vom06.04.2018 angefochten und reichte die hinreichende Bezeichnung nach.

Weiter wird ausgeführt, dass ihre Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger "geflissentlich übergangen" werde. Auch ihre strafrechtliche Verurteilung sei überbewertet worden. Sie habe nie untertauchen wollen. Ihr Antrag bei der MA35 sei nur zurückgewiesen worden, weil sie keinen gültigen Reisepass habe vorlegen können. Sie habe auch nicht versucht unterzutauchen sondern lebe in der Wohnung ihres Mannes. Die Interessensabwägung im Sinne des Art. 8 EMRK hätte daher zu ihren Gunsten ausfallen müssen.

Aufgrund der Aktenlage wird folgender Sachverhalt der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt:

Die Beschwerdeführerin ist Staatsbürgerin der Türkei. Seit 09.09.2017 besteht eine rechtskräftige und durchsetzbare Anordnung zur Außerlandesbringung (bezogen auf seinen Herkunftsstaat) gegen die Beschwerdeführerin. Gegen sie war eine Zwangsstrafe gemäß § 3 Abs. 3 BFA-VG angeordnet worden. Ein gültiger türkischer Reisepass liegt vor. Die Beschwerdeführerin wurde in Österreich rechtskräftig strafrechtlich verurteilt.

Die Beschwerdeführerin verfügt abgesehen von einer Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger über keine familiären und keine substanziellen sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet. Sie ging in Österreich nie über einen längeren Zeitraum einer legalen Beschäftigung nach. Sie verfügt über eine gesicherte Unterkunft bei ihrem Ehemann.

Es besteht zum Entscheidungszeitpunkt kein Grund zur Annahme, dass es hinsichtlich der Überstellung des Beschwerdeführers binnen angemessener Zeit in die Türkei Probleme geben könnte.

Die Beschwerdeführerin hat sich insgesamt als nicht vertrauenswürdig und nicht kooperativ erwiesen. Die Beschwerdeführerin versucht jedenfalls seit September 2017, die Durchsetzung der Anordnung zur Außerlandesbringung zu hintertreiben. Es besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass sie sich den Behörden entzieht und ihren Aufenthalt im Verborgenen fortsetzt.

Die Beschwerdeführerin verfügt aktuell über lediglich geringe Barmittel. Sie ist (und war zum Zeitpunkt der Schubhaftverhängung) grundsätzlich gesund und haftfähig. Es gibt keinen stichhaltigen Hinweis für substanzielle gesundheitliche Probleme körperlicher oder psychischer Natur.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Beweiswürdigung:

1.1. Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich aus dem Inhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes zu 791565600/180331583 und 791565600/1236142 sowie den vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes (auch zur Zahl L513 1413095). An der türkischen Staatsangehörigkeit der Beschwerdeführerin bestanden nie Zweifel und wurde ihr auch ein türkischer Reisepass ausgestellt. Die Feststellungen betreffend die strafrechtliche Verurteilung der Beschwerdeführerin, die gegen sie verhängte Zwangsstrafe und die ihre familiäre Situation in Österreich sind dem Verwaltungsakt zu entnehmen.

1.2. Abgesehen von der unstrittig bestehenden - auch vom Bundesamt der Entscheidung über die aufenthaltsbeendende Maßnahme sowie die Schubhaft zugrunde gelegten Ehe mit einem österreichischen Staatsbürger - wurden in der Beschwerde keine substanziellen familiären, sozialen oder beruflichen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet aufgezeigt. Die Möglichkeit der weiteren Unterkunftnahme beim Ehegatten ist unstrittig.

1.3. Zweifel an der grundsätzlichen Möglichkeit der Überstellung in den Herkunftsstaat wurden ebenso wenig geäußert wie Zweifel an der Möglichkeit der Behörden, dies in angemessener (zumutbarer) Zeit zu bewerkstelligen.

1.4. Die fehlende Vertrauenswürdigkeit der Beschwerdeführerin und ihre Versuche, die Durchsetzung einer rechtskräftigen Gerichtsentscheidung zu hintertreiben ergeben sich aus dem Verhalten der Beschwerdeführerin seit September 2017. Sie ist einerseits ihrer Verpflichtung zur Ausreise gemäß der rechtskräftigen Entscheidung vom 22.08.2017 nicht nachgekommen. Gleichzeitig hat sie sich - nach ihren eigenen Ausführungen im gegenständlichen Verfahren - trotz dieses Wissens um einen Aufenthaltstitel bei der MA 35 bemüht. Dies blieb - so Ausführungen ihres Vertreters im Schreiben vom 18.04.2018 - wegen des fehlenden türkischen Reisepasse erfolglos. Unstrittig wurde die Beschwerdeführerin vom Bundesamt mit Bescheid vom 08.02.2018 unter Androhung einer Zwangsstrafe zur Mitwirkung bei der Erlangung eines Ersatzreisedokuments verpflichtet. Ebenso unstrittig ist, dass sie diesem bewusst nicht nachgekommen ist und auch die Behörde davon (und ihrem diesbezüglichen Motiv) nicht vorab in Kenntnis setzte. Vielmehr begab sie sich selbst zum türkischen Konsulat um dort einen neuen (regulären) Reisepass zu erlangen - wie sie ebenfalls in ihren Eingaben im gegenständlichen Verfahren ausführte. Diesen hätte sie am 03.04.2018 abholen können. Dies wurde jedoch dadurch vereitelt, dass in den Morgenstunden des 03.04.2018 das Bundesamt die angedrohte Zwangsstrafe vollstreckte. In der Beschwerde gegen diese, brachte sie ausdrücklich das Vorhandensein des Reisepasses vor, weshalb sie vom Bundesamt auch zum türkischen Konsulat ausgeführt wurde. Dort allerdings verweigerte sie die Annahme des Reisepasses, der ihr in dieser Situation von Bundesamt zur schnelleren Effektuierung der aufenthaltsbeendenden Maßnahme hätte abgenommen werden können, womit das Bundesamt ein nicht unkompliziertes Verfahren zur Erlangung dieses Passes (oder eines Ersatzreisedokuments) einzuleiten gezwungen war.

Dieses - von der Beschwerdeführerin und ihrem berufsmäßigen Parteienvertreter (Rechtsanwalt) - im gegenständlichen Verfahren (und jenem betreffend die Zwangsstrafe) im Detail ausgeführte Verhalten lässt keinen anderen Schluss zu, als die Feststellung einer offenkundigen Obstruktionstaktik zur Hintertreibung rechtskräftiger behördlicher und gerichtlicher Entscheidungen. Daraus ergibt sich das Fehlen jeglicher Vertrauenswürdigkeit und Kooperationsbereitschaft der Beschwerdeführerin. Es besteht daher für das Bundesverwaltungsgericht auch kein Zweifel, dass die Beschwerdeführerin auch bereit wäre, ihren Aufenthalt vorübergehend im Verborgenen fortzusetzen um in dieser Phase erneut Handlungen zur Verzögerung oder Hintertreibung ihrer Abschiebung zu setzen.

1.5. Die Feststellung der verfügbaren Barmittel ergibt sich aus der Aktenlage (Haftauskunft); es wurde auch nie die Existenz eines nennenswerten Barvermögens der Beschwerdeführerin für eine etwaige Sicherheitsleistung behauptet. Für substanzielle gesundheitliche Probleme des Beschwerdeführers gibt es keinen Hinweis und sind solche auch im Verfahren nie behauptet worden.

2. Rechtliche Beurteilung

2.1. Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es gemäß § 27 VwGVG den angefochtenen Bescheid, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt und die angefochtene Weisung auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs.1 Z 3 und 4 VwGVG) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3 VwGVG) zu überprüfen. Gemäß § 9 Abs. 1 VwGVG hat die Beschwerde u.a. (Z 3) die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt, sowie (Z 4) das Begehren zu enthalten. In den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51/2012, wurde zu § 27 VwGVG ausgeführt: "Der vorgeschlagene § 27 legt den Prüfungsumfang des Verwaltungsgerichtes fest. Anders als die Kognitionsbefugnis einer Berufungsbehörde (vgl. § 66 Abs. 4 AVG) soll die Kognitionsbefugnis des Verwaltungsgerichtes durch den Inhalt der Beschwerde beschränkt sein."

2.2. Der mit "Rechtsschutz bei Festnahme, Anhaltung und Schubhaft" betitelte § 22a des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, lautet:

"§ 22a. (1) Der Fremde hat das Recht, das Bundesverwaltungsgericht mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme oder der Anhaltung anzurufen, wenn

1. er nach diesem Bundesgesetz festgenommen worden ist,

2. er unter Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, oder

3. gegen ihn Schubhaft gemäß dem 8. Hauptstück des FPG angeordnet wurde.

(1a) Für Beschwerden gemäß Abs. 1 gelten die für Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 2 B-VG anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist.

(2) Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes über die Fortsetzung der Schubhaft hat binnen einer Woche zu ergehen, es sei denn, die Anhaltung des Fremden hätte vorher geendet. Hat das Bundesverwaltungsgericht dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, innerhalb bestimmter Frist einen Mangel der Beschwerde zu beheben, wird der Lauf der Entscheidungsfrist bis zur Behebung des Mangels oder bis zum fruchtlosen Ablauf der Frist gehemmt.

(3) Sofern die Anhaltung noch andauert, hat das Bundesverwaltungsgericht jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

(4) Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

(5) Gegen die Anordnung der Schubhaft ist eine Vorstellung nicht zulässig."

Das Bundesverwaltungsgericht ist somit gemäß § 22a Abs. 1 BFA-VG für die Entscheidung der gegenständlichen Beschwerde zuständig.

Zu Spruchteil A)

2.3. Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur dann angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder der Abschiebung notwendig ist und sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

2. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebiets-beschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß.

2.4. Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

3. Zur Frage der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides, der Festnahme und der Anhaltung in Schubhaft seit 06.04.2018:

3.1. Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung kann immer nur dann verhältnismäßig sein, wenn mit dem der Möglichkeit einer Abschiebung auch tatsächlich zu rechnen ist. Ergibt sich, dass diese fremdenpolizeiliche Maßnahme innerhalb der Schubhafthöchstdauer nicht durchführbar ist, so darf die Schubhaft nicht verhängt werden bzw. ist - wenn sich das erst später herausstellt - umgehend zu beenden (VwGH 28.08.2012, 2010/21/0517; vgl. VwGH 19.04.2012, 2009/21/0047).

Die "Fluchtgefahr" ist in Österreich im § 76 Abs. 3 FPG (oben unter Punkt II.2. wiedergegeben) gesetzlich definiert. Aktuell liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bezogen auf Nigeria vor; mit der Ausstellung eines Heimreisezertifikats ist zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt realistisch zu rechnen. Einschlägige Überstellungen werden regelmäßig erfolgreich durchgeführt, der Abschiebtermin für den Beschwerdeführer ist bereits festgesetzt.

3.2. Die belangte Behörde begründete die festgestellte Fluchtgefahr im Wesentlichen mit der Umgehung/Verhinderung der Rückkehr oder (allenfalls) Abschiebung durch den Beschwerdeführer und dem Bestehen einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Das Bundesamt stützte sich dabei erkennbar auf die Ziffern 1, 1a und 3 des § 76 Abs. 3 FPG und prüfte zudem den Grad sozialer Verankerung in Österreich gemäß § 76 Abs. 3 Z 9 FPG.

Dem Vorliegen dieser Kriterien (1, 1a und 3) konnte auch in der Beschwerde nicht substanziell entgegen getreten werden, zumal sich diese auch unter Einbeziehung des Inhalts der Beschwerde als unstrittig erweisen. Dies gilt insbesondere für die Ziffern 1a und 3, wobei das Motiv der Verpflichtungsverletzung im Zusammenhang mit Ziffer 1a nach dem Gesetzeswortlaut keine Relevanz hat. Die Beschwerdeführerin war auch bereits vor Erlassung des Bescheides vom 08.02.2018 von ihrem aktuellen berufsmäßigen Parteienvertreter (Rechtsanwalt) vertreten und hatte somit jedenfalls in dieser Zeit zugriff auf professionelle rechtliche Unterstützung.

3.3. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid auch auf § 76 Abs. 3 Z 9 FPG, wonach der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes zu berücksichtigen sind und kommt zutreffend zum Ergebnis, dass die Beschwerdeführerin weder eine legale Erwerbstätigkeit ausübt (und auch nicht längerfristig ausübte), noch über hinreichende Barmittel verfügt. Ein familiärer Anknüpfungspunkt in Gestalt eines österreichischen Ehemannes wurde der Entscheidung zu Grunde gelegt; für weitere familiäre oder substanzielle soziale Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet gibt es jedoch keinerlei stichhaltigen Hinweis und wurden solche auch im Verfahren vom bevollmächtigten Rechtsanwalt weder behauptet noch belegt.

Die belangte Behörde kam daher zutreffend zu der Auffassung, dass der Beschwerdeführer über keine Bindungen in Österreich verfügt, auf Grund welcher anzunehmen sein könnte, dass er sich bis zur (realistisch möglichen) Überstellung den Behörden nicht entziehen werde.

Auf Grund dieser Erwägungen ging das Bundesamt zutreffend davon aus, dass im Falle des Beschwerdeführers insgesamt Fluchtgefahr in einem die Anordnung der Schubhaft rechtfertigenden Ausmaß besteht.

3.4. Auf Grund der festgestellten Fluchtgefahr konnte auch nicht mit der Anwendung gelinderer Mittel das Auslangen gefunden werden:

Dem Bundesamt ist darin beizupflichten, dass sich im Falle des Beschwerdeführers weniger einschneidende Maßnahmen nicht wirksam anwenden lassen: die Beschwerdeführerin hat sich in Kenntnis einer rechtskräftigen Rückkehrentscheidung in geradezu beispielhafter Weise als nicht kooperativ erwiesen. Deshalb kommt ihr auch keine persönliche Vertrauenswürdigkeit (die aber im gelinderen Mittel grundsätzlich gegeben sein müsste) zu. Die Existenz eines österreichischen Ehegatten und die damit verbundene gesicherte Unterkunft sind in diesem Zusammenhang nicht ausreichend um einer Entziehung vor dem behördlichen Zugriff und einem Aufenthalt im Verborgenen entgegen zu stehen. Auf Grund der Fluchtgefahr, die sich im bisherigen Verhalten der Beschwerdeführerin manifestiert, überwogen daher - wie im angefochtenen Bescheid richtig dargelegt - die öffentlichen Interessen an der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung die Interessen der Beschwerdeführerin an der Abstandnahme von der Verhängung der Schubhaft und ist diese als ultima-ratio-Maßnahme notwendig. Dies umso mehr, als der Beschwerdeführer auch bereits rechtskräftig strafrechtlich verurteilt worden war.

3.5. Das Bundesamt konnte aus den oben dargelegten Gründen davon ausgehen, dass die Überstellung der Beschwerdeführerin in die Türkei in zumutbarer Frist möglich ist. Auch die absehbare Dauer der Schubhaft war nicht unverhältnismäßig: Mit der Durchführung der Überstellung war tatsächlich und innerhalb der gesetzlichen Fristen zu rechnen. Überdies gab es bei Anordnung der Schubhaft keine erkennbaren Hinweise auf eine Haftunfähigkeit der Beschwerdeführerin und wurde sie auch im Beschwerdeverfahren nicht behauptet.

3.6. Aus diesen Gründen ist die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und die Anhaltung in Schubhaft ab 06.04.2018 abzuweisen.

4. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ist festzustellen, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen:

4.1. Gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht, sofern die Anhaltung noch andauert, jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

Der VwGH hat zum Fortsetzungsausspruch gemäß § 83 Abs. 4 erster Satz FPG in der bis 31.12.2013 geltenden Fassung ausgesprochen, dass der Unabhängige Verwaltungssenat (UVS) im Rahmen seines Ausspruchs gemäß § 83 Abs. 4 FPG aF nicht an die im Schubhaftbescheid herangezogenen Rechtsgrundlagen gebunden ist, sondern die Zulässigkeit der Fortsetzung der Schubhaft nach allen Richtungen zu prüfen hat; er ist auch nicht nur "ermächtigt", einen "weiteren bzw. neuen Anhaltegrund für die Fortsetzung der Schubhaft zu schaffen", sondern bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens zu einem positiven und (nur) bei deren Fehlen zu einem negativen Fortsetzungsausspruch verpflichtet. Verneint der UVS daher das Vorliegen der Voraussetzungen für die weitere Anhaltung in Schubhaft, so bedeutet dieser Ausspruch von Gesetzes wegen die Unzulässigkeit der (Fortsetzung der) Schubhaft auf Grund jeglichen zum Bescheiderlassungszeitpunkt geltenden Schubhafttatbestandes, unabhängig davon, ob der UVS dessen Voraussetzungen (erkennbar) geprüft und dies seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (VwGH 15.12.2011, Zl. 2010/21/0292; 28.08.2012, Zl. 2010/21/0388 mwN). Diese Rechtsprechung des VwGH ist unverändert auf den Fortsetzungsausspruch des Bundesverwaltungsgerichtes nach der inhaltlich gleichlautenden Bestimmung des § 22a Abs. 3 BFA-VG übertragbar.

4.2. Für die Durchsetzung einer Rückkehrentscheidung (Abschiebung) ist die Anwesenheit der Beschwerdeführerin erforderlich. Es ist angesichts seines bisherigen Verhaltens jedoch davon auszugehen, dass er sich dem behördlichen Zugriff nunmehr durch Untertauchen entziehen würde, sollte sich eine Gelegenheit dazu bieten. Da sie zudem außer ihrem Ehemann über keine feststellbaren familiären, beruflichen und sozialen Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet verfügt, ist nicht ersichtlich, was die Beschwerdeführerin im Falle einer Entlassung aus der Schubhaft von einem Untertauchen abhalten sollte. Dies insbesondere unter Berücksichtigung ihrer bisherigen Versuche zur Hintertreibung der Durchsetzung einer rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung.

Im gegenständlichen Fall sind die Kriterien der Ziffern 1, 1a und 3 des § 76 Abs. 3 FPG weiterhin gegeben. Hinweise für einen substanziellen Grad der sozialen Verankerung im Sinne der Z 9 leg. cit. sind wie dargelegt im Verfahren nicht hervorgekommen. Hinsichtlich der Z 9 ist überdies festzuhalten, dass schon nach dem Wortlaut der Bestimmung (einzelne) "familiäre Anknüpfungspunkte" für sich alleine nicht ausreichen, der Verhängung einer Schubhaft entgegenzustehen. Vielmehr geht es um den "Grad der sozialen Verankerung in Österreich", wobei familiäre Beziehungen, soziale Anknüpfungspunkte, eine legale Erwerbstätigkeit, Existenzmittel und gesicherter Wohnraum exemplarisch genannt werden. Im gegenständlichen Fall ist aber vielmehr davon auszugehen, dass die Beschwerdeführerin und ihr Mann eine vorübergehende Trennung (durch einen Aufenthalt der Beschwerdeführerin im Verborgenen) jedenfalls in Kauf nehmen würden, wenn sie dadurch die Umsetzung der rechtskräftigen Anordnung zur Außerlandesbringung der Beschwerdeführerin - womit eine längerfristige Verunmöglichung des legalen Ehelebens in Österreich verbunden wäre - verhindern könnten.

In Zusammenschau mit den obigen Ausführungen besteht damit aus Sicht des Bundesverwaltungsgerichts kein Zweifel, dass im gegenständlichen Fall (weiterhin) eine Fluchtgefahr seitens der Beschwerdeführerin sowie ein durch die Straffälligkeit bedingtes hohes staatliches Interesse an der Sicherstellung einer Abschiebung zu bejahen ist.

Aus diesen Erwägungen ergibt sich auch, dass im gegenständlichen Fall die Anwendung des gelinderen Mittels nicht ausreichend ist, um den Sicherungsbedarf zu erfüllen. Damit liegt auch die geforderte "ultima-ratio-Situation" für die Verhängung der Schubhaft vor und erweist sich diese zum gegenwärtigen Zeitpunkt auch als verhältnismäßig. Zudem ist derzeit von einer Abschiebung in einem zumutbaren Zeitraum auszugehen zumal auch in der Beschwerde nichts Gegenteiliges behauptet worden und die Existenz eines türkischen Reisepasses der Beschwerdeführerin unstrittig ist.

Der Vollständigkeit halber ist festzuhalten, dass im Rahmen der Schubhaftprüfung keine klassische "Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK" stattzufinden hat, sondern die durch Art. 8 EMRK geschützten Rechte in der Beurteilung von § 76 Abs. 3 Z 9 FPG zu berücksichtigen sind - dies allerdings unter dem vorrangigen Aspekt, ob sie geeignet sind einer Fluchtgefahr faktisch entgegen zu stehen.

4.3. Es war daher gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG festzustellen, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen.

5. Entfall einer mündlichen Verhandlung

5.1. Gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG kann eine mündliche Verhandlung unterbleiben, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint oder sich aus den bisherigen Ermittlungen zweifelsfrei ergibt, dass das Vorbringen nicht den Tatsachen entspricht. Im Übrigen gilt § 24 VwGVG.

Gemäß § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht hat auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Gemäß § 24 Abs. 2 VwGVG kann die Verhandlung entfallen, wenn (Z 1) der das vorangegangene Verwaltungsverfahren einleitende Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben, die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt oder die angefochtene Weisung für rechtswidrig zu erklären ist oder (Z 2) die Säumnisbeschwerde zurückzuweisen oder abzuweisen ist. Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen. Das Verwaltungsgericht kann gemäß § 24 Abs. 5 VwGVG von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

5.2. Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 21 Abs. 7 BFA-VG iVm § 24 VwGVG unterbleiben, da der Sachverhalt auf Grund der Aktenlage und des Inhaltes der Beschwerde geklärt war und Widersprüchlichkeiten in Bezug auf die für die gegenständliche Entscheidung maßgeblichen Sachverhaltselemente nicht vorlagen. Insbesondere hat die Beschwerdeführerin durch ihren bevollmächtigten Rechtsanwalt selbst ausführliche Angaben zu jenen Schritten gemacht, die sie - bei gleichzeitiger Nichtbefolgung ihrer Verpflichtung zur Ausreise - zur Erlangung eines Aufenthaltstitels gesetzt hat. Das übrige im Bescheid festgestellte Verhalten - insbesondere die Verweigerung der Übernahme des von ihr selbst beantragten Reisepasses - wurde in der Beschwerde in keiner Form bestritten.

In der Beschwerde finden sich auch keine substanziellen Hinweise auf einen sonstigen möglicherweise unvollständig ermittelten entscheidungsrelevanten Sachverhalt. Aus der Aktenlage haben sich zudem keine Zweifel an der Haftfähigkeit ergeben, wobei diesbezügliche Probleme auch in der Beschwerde nicht thematisiert worden sind. Die Erläuterung von Rechtsfragen in einer mündlichen Verhandlung ist nicht erforderlich.

5.3. Darüber hinaus konnte auch auf die Beischaffung des Aktes der MA35 verzichtet werden - es bestand nie ein Zweifel, dass die Beschwerdeführerin diesen Antrag gestellt hat und dass die Behörde die Vorlage eines gültigen Reisepasses gefordert hat.

6. Zustellungen

Soweit in der Beschwerde und dem Schreiben vom 18.04.2018 die Zustellung (unter anderem) des Schubhaftbescheides an die Beschwerdeführerin "gerügt" wird ist festzuhalten, dass dadurch kein Verstoß gegen die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen (§ 11 Abs. 8 BFA-VG) aufgezeigt werden konnte. Im Übrigen ist es einem berufsmäßigen Parteienvertreter auch zumutbar, notfalls in das seiner Klientin ausgefolgte Exemplar (oder den Akt) Einsicht zu nehmen, sollte die Behörde (irrtümlich) ihrer Verpflichtung zur Übermittlung einer weiteren Ausfertigung gemäß § 11 Abs. 8 BFA-VG nicht nachgekommen sein.

7. Kostenersatz

7.1. Gemäß § 22a Abs. 1a BFA-VG gelten für Beschwerden nach dieser Bestimmung die für Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anwendbaren Bestimmungen des VwGVG mit der Maßgabe, dass belangte Behörde jene Behörde ist, die den angefochtenen Schubhaftbescheid erlassen hat oder der die Festnahme oder die Anhaltung zuzurechnen ist (für die Zeit vor Inkrafttreten des § 22a Abs. 1a BFA-VG s. VwGH 23.04.2015, Ro 2014/21/0077).

7.2. Gemäß § 35 Abs. 1 VwGVG hat die im Verfahren über Beschwerden wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt obsiegende Partei hat Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist gemäß Abs. 2 der Beschwerdeführer die obsiegende und die Behörde die unterlegene Partei. Wenn die Beschwerde zurückgewiesen oder abgewiesen wird oder vom Beschwerdeführer vor der Entscheidung durch das Verwaltungsgericht zurückgezogen wird, dann ist gemäß Abs. 3 die Behörde die obsiegende und der Beschwerdeführer die unterlegene Partei. Die §§ 52 bis 54 VwGG sind gemäß Abs. 6 auf den Anspruch auf Aufwandersatz gemäß Abs. 1 sinngemäß anzuwenden.

Der Beschwerdeführerin gebührt als unterlegene Partei daher kein Kostenersatz (wobei sie einen solchen nicht einmal beantragt hat), die belangte Behörde hat als (vollständig) obsiegende Partei Anspruch auf Kostenersatz im beantragten Umfang.

8. Aufschiebende Wirkung

Für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde fehlt es in der verfahrensgegenständlichen Konstellation an einer Rechtsgrundlage. Eine solche wurde in der Beschwerde vom 12.04.2018 auch nicht angeführt und es wurde dieser Antrag vom Rechtsanwalt auch nicht inhaltlich begründet.

Zu B)

Gemäß § 25a Abs. 1 des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Dies liegt im gegenständlichen Fall nicht vor.

Die Revision war daher nicht zuzulassen.

Schlagworte

Ehe, Familienleben, Fluchtgefahr, Fortsetzung der Schubhaft,
Kostenersatz, Mittellosigkeit, Schubhaftbeschwerde,
Sicherungsbedarf, strafrechtliche Verurteilung, Verhältnismäßigkeit,
Zustellung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W137.2191131.2.00

Zuletzt aktualisiert am

03.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten