TE Vwgh Erkenntnis 2018/3/28 Ra 2017/07/0096

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Veröffentlicht am 28.03.2018
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Index

001 Verwaltungsrecht allgemein
10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
81/01 Wasserrechtsgesetz

Norm

B-VG Art10 Abs1 Z10
B-VG Art102
VwGG §42 Abs2 Z1
VwGG §47 Abs5
VwGG §59
VwRallg
WRG 1959
WRG 1959 §102 Abs1 litb
WRG 1959 §105
WRG 1959 §111
WRG 1959 §15 Abs1

Beachte


Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):
Ra 2017/07/0097
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ra 2017/07/0094 E 28.03.2018

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck sowie die Hofrätin Dr. Hinterwirth und die Hofräte Dr. N. Bachler, Dr. Lukasser und Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schubert-Zsilavecz, über die Revision 1. des G V und 2. des H V, beide in U, beide vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom 8. August 2017, Zl. 405-1/133/1/7-2017, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde in einer Angelegenheit des Wasserrechts (Partei gemäß § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG: Bezirkshauptmannschaft Zell am See; mitbeteiligte Partei: Club A, Inhaber T K in B), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Der Antrag der Revisionswerber auf Kostenersatz wird abgewiesen.

Begründung

1        Mit Bescheid vom 30. November 2016 erteilte die Bezirkshauptmannschaft Zell am See (im Weiteren: BH) der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Canyoning-Touren am Fischbach in der Gemeinde Unken im Bereich zwischen dem „Fischbachfall“ und dem „Staubfall“ auf einer Gesamtstrecke von rund 800 m (Spruchpunkt I.). Zudem setzte die BH eine Entschädigung für die Revisionswerber als Fischereiberechtigte gemäß §§ 26 und 117 WRG 1959 fest (Spruchpunkt II.). Unter Punkt A.) legte die BH folgende Auflagen zugunsten des Gewässerschutzes fest:

„1.Die Anzahl der geführten Touren ist auf maximal 4 Gruppen, im Schnitt auf 2 Gruppen pro Tag zu beschränken, eine Gruppe darf aus maximal 8 Personen bestehen.

2.Die Touren sind auf den Bereich zwischen dem Staubfall und dem Fischbachfall zu beschränken.

3.Die geplanten Maßnahmen sind im Einvernehmen und bzw. in Abstimmung mit Fischereiberechtigten durchzuführen.“

2        In der dagegen eingebrachten Beschwerde brachten (ua) die Revisionswerber als Fischereiberechtigte zusammengefasst vor, die BH habe bereits dem Unternehmen „B“ die wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Canyoning-Touren am Fischbach erteilt, welche in Rechtskraft erwachsen sei. Entsprechend dem Gutachten des Sachverständigen für Gewässerschutz sei damals zum Schutz des Gewässers die Anzahl der Touren, der Touristen sowie die Größe der Gruppen beschränkt worden. Nun habe der nunmehrige Konsenswerber das idente Vorhaben bewilligt erhalten. Weitere Canyoning-Touren seien gewässerschädigend und mit schwerwiegenden Schäden für die Fischerei und das ökologische Gefüge des Fischbaches verbunden.

3        Die Revisionswerber verwiesen zudem auf ihre Stellungnahme vom 30. Juni 2015, in welcher sie konkrete Vorschläge zum Schutz der Fischereirechte im Fall einer wasserrechtlichen Bewilligung gemacht hatten. So hatten die Revisionswerber beantragt, die Bewilligung nur eingeschränkt und zwar so zu erteilen, dass die mitbeteiligte Partei berechtigt sei, auf der Strecke beginnend 400 m bachabwärts vom Fischbachfall bis zur Staatsgrenze täglich einmal - eingeschränkt auf die Monate 15. Mai bis 15. September in der Zeit zwischen 10 Uhr bis 15 Uhr - eine Canyoning-Tour mit einer Gruppe bestehend aus maximal acht Personen unter Einhaltung näher bezeichneter Auflagen durchzuführen. Drei zusätzliche Touren pro Tag könnten nur dann durchgeführt werden, wenn die anderen berechtigten Tourenunternehmer an diesem Tag nachweislich keine Touren durchführten. Weiters schlugen sie etwa vor, dass der Führer der Canyoning-Tour an seiner Kleidung ein deutlich sichtbares Kennzeichen zu führen habe, dem sein Name und das Unternehmen, für das er die Tour durchführe, zu entnehmen sei.

4        Das Landesverwaltungsgericht Salzburg (LVwG) wies die Beschwerde - nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung - mit Beschluss vom 8. August 2017 gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG iVm §§ 8, 9, 15 Abs. 1, 102 Abs. 1 lit. b und 117 WRG 1959 als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und erklärte gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG die ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gegen diesen Beschluss für nicht zulässig (Spruchpunkt II.).

5        Begründend führte das LVwG aus, bereits seit dem Jahr 2015 bemühten sich insgesamt vier Unternehmen um eine wasserrechtliche Bewilligung zur Durchführung von Canyoning-Touren am Fischbach im Gewässerabschnitt zwischen „Fischbachfall“ und „Staubfall“. Der betroffene Gewässerabschnitt sei durch eine Abfolge von Wasserfällen, teilweise in kaskadenförmiger Abfolge, und Gumpen von unterschiedlicher Wassertiefe gekennzeichnet. Das Gewässerbett sei meist felsig, abschnittsweise finde sich hier grobes Gestein.

6        Eines dieser vier Unternehmen sei zwischenzeitig in Konkurs gegangen und sei der diesbezügliche Antrag zurückgezogen worden. Je eine Bewilligung sei, unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen, an D A („B“), T K („Club A“) sowie an A V („M Center“) erteilt worden. In Spruchabschnitt I. dieser Bescheide sei die wasserrechtliche Bewilligung erteilt worden, in Spruchabschnitt II. sei jeweils eine Entschädigung zugunsten der Fischereiberechtigten festgesetzt worden. Die Höhe der von der Behörde festgesetzten Entschädigung basiere auf der Stellungnahme des Dip.-Ing. P. vom 9. November 2016. In den Spruchabschnitten A.) und B.) seien zudem Auflagen zugunsten des Gewässerschutzes und aus wasserbautechnischer Sicht normiert worden.

7        Die wasserrechtliche Bewilligung des D A sei zwischenzeitig in Rechtskraft erwachsen. In diesem Fall bestehe eine zivilrechtliche Vereinbarung mit den Fischereiberechtigten.

8        Gegen die wasserrechtliche Bewilligung, die T K und A V für ihre Unternehmen erteilt worden sei, hätten die Fischereiberechtigten Beschwerden erhoben.

9        Die Fischereirechte am gegenständlichen Gewässerabschnitt hätten derzeit H V sowie der Zweitrevisionswerber inne. Der Erstrevisionswerber habe im Jahr 2015 die Fischereirechte an den Zweitrevisionswerber übertragen.

10       Im behördlichen Verfahren seien mehrere Sachverständige beigezogen worden, darunter auch ein Amtssachverständiger für Gewässerschutz. Dieser habe in Befund und Gutachten vom 5. Mai 2015 festgestellt, dass eine Beeinträchtigung des Gewässers (Schädigungen des Makrozoobenthos sowie der Makrophyten und des Phytobenthos) im Wesentlichen von der Frequenz der Canyoning-Touren und der Anzahl der teilnehmenden Personen abhängig sei. Er habe daher in seinem Gutachten empfohlen, die Gesamtanzahl der geführten Touren (aller Betreiber) auf maximal vier Gruppen pro Tag zu beschränken, wobei eine Gruppe aus maximal acht Personen bestehen dürfe. Zudem habe er festgestellt, dass es sich beim betroffenen Gewässerabschnitt um keinen natürlichen Fischlebensraum handle, sondern um einen sekundären Fischlebensraum. Er habe auch die Empfehlung ausgesprochen, die geplanten Maßnahmen im Einvernehmen und in Abstimmung mit den Fischereiberechtigten durchzuführen. Die von ihm vorgeschlagenen Forderungen seien in jede der drei erteilten Bewilligungen als Auflagen zugunsten des Gewässerschutzes in den Spruch übernommen worden.

11       Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte das LVwG aus, eine Parteibeschwerde sei nur insoweit zu prüfen, als die Frage einer Verletzung von subjektiv-öffentlichen Rechten Gegenstand sei. Es könne daher nicht aufgrund einer Beschwerde einer auf bestimmte Rechte beschränkten Partei eine Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Bescheides aus öffentlichen Interessen vorgenommen werden.

12       Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes habe der Fischereiberechtigte im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren nur eine eingeschränkte Parteistellung. § 15 Abs. 1 WRG 1959 verleihe dem Fischereiberechtigten keinen Anspruch auf Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung, sondern könne dieser lediglich Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Ein Fischereiberechtigter sei Inhabern bestehender Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 nicht gleichgestellt und könne auch nicht öffentliche Interessen geltend machen. Die Rechtsposition eines Fischereiberechtigten sei im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren daher eine sehr eingeschränkte und es könne zulässigerweise in dessen Rechte eingegriffen werden, wobei dieser Eingriff nach dem Gesetz regelmäßig durch die Leistung einer Entschädigung zu kompensieren sei.

13       Auch der Verfassungsgerichtshof hege keine Bedenken unter dem Gesichtspunkt des Eigentumsschutzes und des Gleichheitsgebotes gegen § 15 Abs. 1 WRG 1959. Es sei nicht unsachlich, wenn Fischereirechte nicht im gleichen Maß wie anderweitige Wasserbenutzungen (§ 12 Abs. 2 WRG 1959) geschützt würden.

14       Zum Vorbringen der Revisionswerber, wonach die BH die Forderungen des Amtssachverständigen für Gewässerschutz betreffend die Anzahl der geführten Touren und die Gruppengröße aufgrund der Zahl der erteilten Bewilligungen nicht hinreichend umgesetzt und dies Einfluss auf den Gewässerzustand und die Gewässerökologie und damit zwangsläufig auf den Fischbestand habe, sei zu entgegnen: Dem LVwG sei es verwehrt, auf Grundlage der Beschwerde der Fischereiberechtigten, öffentliche Interessen aufzugreifen. Die Frage des Gewässerzustands, der Gewässerbelastung sowie der Ökologie betreffe zweifelsfrei die Wahrung von öffentlichen Interessen (§ 105 WRG 1959), daran vermöge auch eine allfällige geringfügige Überschneidung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Fischereiberechtigten mit den öffentlichen Interessen nichts zu ändern. Die Wahrnehmung öffentlicher Interessen im Sinne des § 105 WRG 1959 obliege den Behörden; Parteien des wasserrechtlichen Verfahrens könnten aus dieser Bestimmung keine subjektiven Rechte ableiten. Da den Fischereiberechtigten zudem kein Recht auf Versagung der wasserrechtlichen Bewilligung zukomme, was diese aber forderten und die Berücksichtigung ihrer Vorbringen zur Folge hätte, sei diesbezüglich auch der Prüfungsumfang des LVwG eingeschränkt; dies selbst dann, wenn die BH bei korrekter Einschätzung des Gewässerzustandes die Bewilligung nicht erteilen hätte dürfen. Das Beschwerdevorbringen erweise sich in diesem Punkt daher als unzulässig.

15       Die BH habe im angefochtenen Bescheid (Spruchabschnitt II.) festgestellt, dass durch die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung in die Rechte der Fischereiberechtigten zu deren Nachteil eingegriffen werde und es sei gleichzeitig die Höhe der Entschädigung festgesetzt worden. Bezüglich des Antrages auf Neufestsetzung (Erhöhung) der Entschädigung verweise die BH auf die Bestimmung des § 117 Abs. 4 WRG 1959, wonach in diesen Fällen eine Beschwerde an das LVwG nicht zulässig sei. Für dieses Entschädigungsbegehren gelte die sukzessive Gerichtszuständigkeit und sei diesbezüglich allenfalls das Zivilgericht anzurufen.

16       Betreffend die Beschwerde des Erstrevisionswerbers sei festzuhalten, dass es diesem - seit der Übertragung seiner Fischereirechte im Jahr 2015 an den Zweitrevisionswerber - an der Parteistellung im gegenständlichen Verfahren und somit auch an der Beschwerdelegitimation mangle. Der Kreis der an einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren als Parteien beizuziehenden Personen sei in § 102 Abs. 1 WRG 1959 abschließend erfasst. Diesem Personenkreis gehöre der Erstrevisionswerber seit der Übertragung der Fischereirechte nicht mehr an. Eine Berechtigung zur Wahrung wasserrechtlich geschützter Rechte anderer komme weder ihm noch den Fischereiberechtigten zu. Die Beschwerde des Erstrevisionswerbers erweise sich damit jedenfalls als unzulässig.

17       Zusammenfassend sei daher festzuhalten, dass sich die Beschwerden der Fischereiberechtigten insgesamt als unzulässig erwiesen. Einerseits beziehe sich das Beschwerdevorbringen auf die Gewässerbelastung, Ökologie und den Gewässerzustand, somit auf öffentliche Interessen, die aufgrund der eingeschränkten Parteistellung der Fischereiberechtigten im Verfahren nicht rechtswirksam vorgebracht werden könnten. Andererseits sei die Zuständigkeit des LVwG betreffend die Frage der Höhe der Entschädigung nicht gegeben. Beim Erstrevisionswerber komme zusätzlich die fehlende Beschwerdelegitimation hinzu. Vor diesem Hintergrund erwiesen sich die Beschwerden als nicht zulässig und seien daher mittels Beschluss als unzulässig abzuweisen.

18       Das LVwG führte im Hinblick auf die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision aus, dass keine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu beurteilen gewesen sei, der grundsätzliche Bedeutung zukomme. Die gegenständliche Entscheidung hänge wesentlich von der Frage ab, wie weit die Rechte der Fischereiberechtigten im Verfahren ausgestaltet und damit auch der Prüfungsumfang des LVwG begrenzt sei. Diese Fragen seien hinlänglich geklärt. In seiner Entscheidung sei das LVwG weder von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, noch fehle es an Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu. Weiters sei die zu den maßgebenden Bestimmungen vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen und es lägen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

19       In der gegen den Beschluss des LVwG erhobenen außerordentlichen Revision machen die Revisionswerber Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

20       Die BH erstattete eine Revisionsbeantwortung, in der sie die Abweisung der gegenständlichen Revision als unbegründet beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

21       1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

22       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

23       Gemäß § 34 Abs. 1a erster Satz VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

24       Die Revisionswerber machen zur Zulässigkeit der Revision unter anderem geltend, das LVwG hätte ihre Beschwerde nicht mangels Beschwerdelegitimation zurückweisen dürfen; vielmehr hätte es inhaltlich prüfen müssen, ob die BH der mitbeteiligten Partei angemessene bzw. ausreichende Maßnahmen zum Schutz der Fischerei auferlegt habe.

25       Damit sprechen die Revisionswerber den Umstand an, dass ihre Beschwerde mangels Beschwerdelegitimation ohne inhaltliche Prüfung zurückgewiesen worden ist. Dies wurde damit begründet, dass die von ihnen geltend gemachten Interessen ungeachtet der genannten „geringfügigen Überschneidung“ (lediglich) als öffentliche Interessen anzusehen seien und sich das Beschwerdevorbringen deshalb als unzulässig erweise; der Erstrevisionswerber habe schließlich seine Fischereirechte an den Zweitrevisionswerber übertragen und auch dadurch seine Beschwerdelegitimation verloren.

26       Die Revision erweist sich als zulässig. Sie ist auch berechtigt.

27       2. § 15 Abs. 1 sowie § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 lauten:

§ 15. (1) Die Fischereiberechtigten können anläßlich der Bewilligung von Vorhaben mit nachteiligen Folgen für ihre Fischwässer Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehren. Dem Begehren ist Rechnung zu tragen, insoweit hierdurch das geplante Vorhaben nicht unverhältnismäßig erschwert wird. Für sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenden vermögensrechtlichen Nachteile gebührt den Fischereiberechtigten eine angemessene Entschädigung (§ 117).

§ 102. (1) Parteien sind:

...

b)diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;...“

28       2.1. Parteistellung kommt den Inhabern der im § 12 Abs. 2 WRG 1959 genannten Rechte sowie den Fischereiberechtigten dann zu, wenn eine Berührung ihrer Rechte durch die projektgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist; ob eine Beeinträchtigung dieses Rechtes tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, berührt aber nicht die Parteieigenschaft (VwGH 21.10.2004, 2004/07/0104; 28.9.2006, 2005/07/0019; 15.11.2007, 2006/07/0037).

29       Die Parteistellung des Fischereiberechtigten ist eine beschränkte. Der Fischereiberechtigte ist darauf beschränkt, Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu begehren. Zu einer Ablehnung des zur Bewilligung beantragten Vorhabens ist er nicht berufen. Die Verletzung von Rechten des Fischereiberechtigten durch einen wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid findet demnach nur dann statt, wenn seinem Begehren nach Maßnahmen zum Schutz der Fischerei zu Unrecht nicht Rechnung getragen wurde (VwGH 25.5.2000, 99/07/0072; 18.11.2010, 2008/07/0194).

30       Hat der Fischereiberechtigte Maßnahmen zum Schutz der Fischerei begehrt, hat die Wasserrechtsbehörde zu prüfen, ob diese Maßnahme geeignet ist, zum Schutz der Fischerei beizutragen, und ob bei Verwirklichung dieser Maßnahme das geplante Vorhaben unverhältnismäßig erschwert würde (VwGH 2.7.1998, 98/07/0031).

31       Eine Geringfügigkeitsgrenze oder eine Einschränkung auf einen Schutz vor „Akutschäden am Fischbestand durch Schädigung von Fischen oder Fischsterben“ enthält § 15 WRG 1959 nicht. Er erfasst „sämtliche aus einem Vorhaben erwachsenen vermögensrechtlichen Nachteile“. Auch eine bloß geringfügige Beeinträchtigung seines Rechtes berechtigt den Fischereiberechtigten, Maßnahmen zur Abwehr dieser Beeinträchtigung bzw. eine Entschädigung zu fordern (VwGH 15.9.2005, 2005/07/0071).

32       Den Fischereiberechtigten ist die Obliegenheit auferlegt, dem projektierten Vorhaben mit solchen konkretisierten Vorschlägen zu begegnen, die sich dazu eignen, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens durch Vorschreibung von Auflagen Eingang zu finden (VwGH 10.6.1997, 97/07/0007).

33       2.2. Der fischereifachliche Sachverständige führte in seiner Stellungnahme vom 14. September 2015 zu den Auswirkungen des gegenständlichen wasserrechtlichen Vorhabens der mitbeteiligten Partei auf die Fischereirechte der Revisionswerber (auszugsweise) Folgendes aus (Hervorhebung nicht im Original):

„...

Unstrittig ist der sog. Verseuchungseffekt auf Fische durch die Vertreibung bachabwärts bei Ausübung des Canyonings und die Verunmöglichung des Wiederaufstieges der Fischbestände bedingt durch die Geländemorphologie, somit eine Ausdünnung des Fischbestandes im gegenständlichen Fließgewässerabschnitt.

Unverständlich erscheint die bereits erfolgende Ausübung des Antragsgegenstandes, der bereits mehrfach im Internet dokumentiert ist.

Aus fischereifachlicher Sicht werden in Anlehnung an die Stellungnahme des Amtssachverständigen für Gewässerschutz bei einer allfälligen Bewilligung des Antragsgegenstandes folgende Auflagepunkte empfohlen vorzuschreiben:

*) Beschränkung im Fischbach auf den Bereich zwischen Staubabfall und Fischbachabfall, Festlegung der Ein- und Ausstiegsstellen.

*) Jahreszeitliche Beschränkung zur Ausübung der Canyoning-Touren von Anfang Mai bis Ende September, tageszeitlich mit Beginn frühestens 10 Uhr und letzter Beginn 15 Uhr.

*) Beschränkung der Ausübung durch Vorhandensein einer Mindestwassermenge von 1 m3.

*) Beschränkung der Anzahl der Personen (max. 4 Gruppen mit max. je 8 Personen).

*) Ersichtlichmachung der jeweils ausübenden Gruppen bezogen auf die Zuordnung zu einer der antragstellenden Unternehmungen (zB durch ein Logo auf der Schutzkleidung des Gruppenführers oä).

*) Führen einer Liste über die veranstalteten Touren (Zeit, Personenanzahl), die jeweils am Jahresende der bewilligenden Behörde zu übermitteln ist.

Unberücksichtigt sind bei diesen fischereiwirtschaftlich errechneten Beeinträchtigungen allerdings die vielfachen Störeffekte im Bach während der im Fischereigesetz vorgesehenen Ausübung der Befischung zur Zeit der Mehrfachnutzung des Fließgewässers durch Canyoning, sowie die Beeinträchtigung der Fortpflanzung der natürlichen und gesetzten Fischpopulation durch konzentriertes Betreten von ufernahen Bereichen am Rande der Gumpen...“

34       Aus dem zitierten Gutachten des fischereifachlichen Sachverständigen ergibt sich eine mögliche Beeinträchtigung der Fischpopulation durch die verfahrensgegenständliche wasserrechtliche Bewilligung. Auch aus einem weiteren fischereifachlichen Gutachten vom 16. Juni 2016 geht - mit näheren Ausführungen - ua hervor, dass sich bei Durchführung der Touren der Zustand eines gewässerökologisch als natürlich beschriebenen Bachs gegenüber dem ursprünglichen Zustand durch die gewerbliche Nutzung des Fischlebensraumes bezogen auf Einstands-, Nahrungs- und Laichplätze verschlechtere.

35       2.3. Das LVwG vertrat im Zusammenhang mit der Rechtsstellung der Fischereiberechtigten den Standpunkt, die Frage des Gewässerzustandes sowie der Ökologie betreffe zweifelsfrei die Wahrung von öffentlichen Interessen gemäß § 105 WRG 1959; daran ändere eine „allfällige geringfügige Überschneidung von subjektiv-öffentlichen Rechten der Fischereiberechtigten mit den öffentlichen Interessen nichts“. Damit ging das LVwG aber offenbar selbst vom (wenn auch „geringfügigen“) Betroffensein subjektiv-öffentlicher Rechte der Fischereiberechtigten aus; ob es dabei die in den fischereifachlichen Ausführungen beschriebenen bzw. von den Revisionswerbern ins Treffen gebrachten Beeinträchtigungen vor Auge hatte, wird nicht näher dargelegt.

36       Aus diesen Gutachten ergibt sich, dass es durch die beantragte Bewilligung auch zu einer Verletzung von Rechten des Fischereiberechtigten kommen könnte; die Revisionswerber erstatteten zudem auch konkrete Vorschläge, die das Ziel verfolgten, diese Beeinträchtigungen gering zu halten, und die nicht von vornherein als ungeeignet erscheinen, in die Bewilligung des beantragten Vorhabens (durch Vorschreibung entsprechender Auflagen) Eingang zu finden.

37       Auch wenn Teilaspekte der Interessen der Fischereiberechtigten auch als öffentliche Interessen am Gewässerschutz im Verfahren angesehen werden können, führt dieser Umstand nicht dazu, dass - wie das LVwG meint - als Folge dieser (nicht näher offengelegten) „geringfügigen Überschneidung“ der Interessen die Rechte der Fischereiberechtigen untergingen.

38       Im vorliegenden Fall steht die von den Revisionswerbern ua vorgeschlagene Einschränkung der Anzahl der Touren auf eine am Tag (mit der Möglichkeit der Erweiterung auf vier pro Tag bei gleichzeitigem Verzicht anderer Bewilligungsinhaber) im Wesentlichen im Einklang mit den Forderungen des gewässerökologischen Amtssachverständigen auf Reduktion der Touren aller Betreiber auf maximal vier pro Tag. Diese Forderung, der die Behörde nicht nachgekommen war, mag im öffentlichen Interesse der Gewässerökologie seitens des Amtssachverständigen erhoben worden sein; angesichts dessen, dass sie geeignet erscheint, unter einem der Reduktion von möglichen Beeinträchtigungen der Fischerei zu dienen, konnte sie von den Fischereiberechtigten ebenfalls vorgeschlagen werden, ohne dass ihnen vorgehalten werden könnte, sie machten unzulässigerweise nur öffentliche Interessen geltend.

39       Davon ging das LVwG allerdings aus, wies es doch die Beschwerde der Fischereiberechtigten deshalb zurück, weil die von ihnen geltend gemachten Interessen (lediglich) als öffentliche Interessen anzusehen seien und sich das Beschwerdevorbringen deshalb als unzulässig erweise. In der Annahme der Unzulässigkeit der Beschwerdeführung liegt aber eine inhaltliche Rechtswidrigkeit, die zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses führt.

40       Wenn das LVwG schließlich die Ansicht vertritt, die Forderungen der Fischereiberechtigten müssten letztlich zur Versagung der hier beantragten wasserrechtlichen Bewilligung führen, worauf diese aber keinen Anspruch hätten, so ist es darauf hinzuweisen, dass die Beurteilung der Frage, ob die bzw. welche der von den Fischereiberechtigten erhobenen Forderungen zu erfüllen seien, eine inhaltliche Entscheidung des Beschwerdevorbringens darstellt und eine zulässige Beschwerde voraussetzt. Gerade das Vorliegen einer zulässigen Beschwerde wurde vom LVwG aber verneint. Auf diese inhaltliche Beurteilung des Beschwerdevorbringens war daher nicht näher einzugehen.

41       2.4. Auch in Bezug auf den Verlust der Beschwerdelegitimation des Erstrevisionswerbers irrt das LVwG. Wie aus dem vom Landesfischereiverband Salzburg übermittelten Auszug aus dem Fischereibuch (IV/31) vom 11. Juni 2015 ersichtlich hat nicht der Erstrevisionswerber, sondern H V seine Fischereirechte an den Zweitrevisionswerber übertragen.

42       Dem Erstrevisionswerber mangelte es daher nicht an der Beschwerdelegitimation und hat das LVwG den angefochtenen Beschluss auch unter diesem Gesichtspunkt mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet.

43       3. Der angefochtene Beschluss war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

44       4. Die Vollziehung des WRG 1959 erfolgt in mittelbarer Bundesverwaltung (VwGH 28.2.1996, 96/07/0007). Kostenersatzpflichtiger Rechtsträger iSd § 47 Abs. 5 VwGG wäre daher der Bund. Da daneben keine Kostenersatzpflicht eines anderen Rechtsträgers vorgesehen ist, war der auf die Inanspruchnahme des Landes Salzburg gerichtete Antrag der Revisionswerber abzuweisen (VwGH 27.7.2017, Ro 2017/07/0003).

Wien, am 28. März 2018

Schlagworte

Besondere Rechtsgebiete Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2018:RA2017070096.L00

Im RIS seit

14.06.2021

Zuletzt aktualisiert am

14.06.2021
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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