TE Vwgh Erkenntnis 2000/3/22 99/01/0338

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.03.2000
beobachten
merken

Index

40/01 Verwaltungsverfahren;
41/02 Staatsbürgerschaft;

Norm

AVG §56;
StbG 1985 §16 Abs1;
StbG 1985 §19 Abs1;
StbG 1985 §39 Abs1;
StbG 1985 §41 Abs1;
StbG 1985 §41 Abs2;
StbG 1985 §42 Abs1;
StbG 1985 §42 Abs3;
StbG 1985 §44 Abs1;
StbG 1985 §45;
StbG 1985 §49 Abs2 litc;
StbG 1985 §53 Z4;
StbG 1985 §6;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Bachler, Dr. Rigler, Dr. Pelant und Dr. Büsser als Richter, im Beisein des Schriftführers DDDr. Jahn, über die Beschwerde des LV, geboren am 25. September 1974 in Managua (Nikaragua), wohnhaft ebenda, vertreten durch Dr. Josef Thaler und Mag. Wilfried Huber, Rechtsanwälte in 6280 Zell am Ziller, Dorfplatz 10, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 9. Februar 1999, Zl. MA 61/III - K 35/97, betreffend 1.) Nichtigerklärung eines Bescheides der österreichischen Botschaft in Guatemala vom 11. März 1998 in Angelegenheit Entziehung eines Staatsbürgerschaftsnachweises und

2.) Staatsbürgerschaftsfeststellung,

Spruch

a) den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen, soweit sie sich gegen Pkt. 1.) des angefochtenen Bescheides richtet.

b) zu Recht erkannt:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen, soweit sie sich gegen Pkt. 2.) des angefochtenen Bescheides richtet.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Entgegen den Behauptungen des Beschwerdeführers im "Sachverhalt" (er geht in seinem gesamten Vorbringen davon aus, es sei ihm durch den Bescheid der österreichischen Botschaft in Guatemala vom 11. März 1998 die zuvor verliehene oder sonst entstandene österreichische Staatsbürgerschaft entzogen worden) der zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und nach Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde gegen den im Betreff genannten Bescheid ergibt sich aus diesem in Verbindung mit dem Inhalt der Verwaltungsakten folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

Der in Managua lebende österreichische Staatsbürger SK beantragte mit Schreiben vom 13. Dezember 1993 die "Nostrifizierung der nikaraguanischen Adoption meines Sohnes LV" (das ist der Beschwerdeführer). In der Folge wurde in verschiedenen Schriftstücken entsprechend dem Inhalt des genannten Schreibens als Gegenstand des Verfahrens "Adoption" angeführt. In einem weiteren Schreiben vom 1. Februar 1994 erhärtet SK, dass sein Antrag die "Nostrifizierung der Adoption" betreffe. Lediglich im Ersuchschreiben der österreichischen Botschaft Mexiko an das Bundesministerium für auswärtige Angelegenheit vom 6. März 1994 (ua. weil der Botschaft "die bestehende Rechtslage unbekannt" sei) wird - über den Betreff hinausgehend und entgegen dem Inhalt der vorliegenden Unterlagen - im Text erwähnt, dass SK auch "um Erstreckung der Staatsbürgerschaft auf seinen Sohn" ersucht habe. Das folgende Verfahren betraf dennoch ausschließlich die Frage der Gültigkeit der Adoption.

Datiert mit 31. Mai 1994 stellte der Beschwerdeführer den Antrag auf Ausstellung eines österreichischen Staatsbürgerschaftsnachweises, dem ein Schreiben des SK vom gleichen Tag beilag, in dem dieser wieder von einem "Antrag auf Ausstellung eines österr. Staatsbürgerschaftsnachweises meines Sohnes L" spricht. Die folgenden Verfahrensschritte erfolgten stets unter dem Verfahrensgegenstand Ausstellung eines Staatsbürgerschaftsnachweises.

Die österreichische Botschaft Mexiko stellte dem Beschwerdeführer einen mit 11. Juli 1994 datierten Staatsbürgerschaftsnachweis aus. Sie teilte mit Schreiben vom selben Tag an "den Magistrat, Amt der Wr. Landesregierung, MA 61" gemäß § 53 Z 4 und Z 5 lit. b

Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 - StbG, BGBl. Nr. 311, die Ausstellung des "Staatsbürgerschaftsnachweises gemäß § 44 StbG" mit. In diesem Formular finden sich auch die Rubriken "Erwerb der Staatsbürgerschaft", in welche "§ 17 (1) 4 StbG in der dzt. gültigen Fassung" eingetragen ist, "Erwerbstag (wenn ohne größeren Verwaltungsaufwand feststellbar)" mit der Eintragung "11. Juli 1994" und "Nachweis und sonstige Angaben über den Erwerb und Besitz der Staatsbürgerschaft" mit der Eintragung "Adoptionsurkunde Nr. 2027523 Serie G".

Aus Anlass einer Anfrage des Rechtsanwaltes Dr. Josef Thaler beim Amt der Wiener Landesregierung über die Modalitäten einer Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft an den unehelichen Sohn des Beschwerdeführers ersuchte diese Behörde die nunmehr zuständige österreichische Botschaft in Guatemala, den Beschwerdeführer über den Nichterwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft in Kenntnis zu setzen und den für ihn zu Unrecht ausgestellten Staatsbürgerschaftsnachweis einzuziehen. Die Botschaft erliess in der Folge den Bescheid vom 11. März 1998, mit dem gemäß § 45 StbG der dem Beschwerdeführer am 11. Juli 1994 von der österreichischen Botschaft in Mexiko ausgestellte Staatsbürgerschaftsnachweis entzogen und dem Beschwerdeführer aufgetragen wird, diesen Staatsbürgerschaftsnachweis unverzüglich der österreichischen Botschaft Guatemala vorzulegen.

Mit Bescheid der Wiener Landesregierung vom 9. Februar 1999 wurde gemäß § 39 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985, BGBl. Nr. 311, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. Nr. 124/1998, entschieden, dass aus Anlass der vom Beschwerdeführer gegen den Bescheid der österreichischen Botschaft in Guatemala vom 11. März 1998 eingebrachten Berufung vom 8. Juli 1998 dieser Bescheid gemäß § 45 StbG in Verbindung mit § 68 Abs. 4 Z 1 AVG in Ausübung des Aufsichtsrechtes als nichtig erklärt werde (Pkt. 1.).

Gleichzeitig wurde von Amts wegen festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder kraft Abstammung gemäß § 7 StbG noch kraft Erstreckung der Verleihung gemäß § 17 Abs. 1 Z 4 StbG, aber auch nicht auf andere Weise die österreichische Staatsbürgerschaft erworben habe; er sei daher nicht österreichischer Staatsbürger (Pkt. 2.).

Gegen diesen Bescheid wendet sich die zunächst an den Verfassungsgerichtshof gerichtete Beschwerde. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 23. Juni 1999, B 597/99, ihre Behandlung ab und trat sie sodann dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.

Die im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzte Beschwerde macht Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer kann durch Punkt 1.) des angefochtenen Bescheides, mit dem seinem Berufungsbegehren Rechnung getragen und der ihn belastende Bescheid der österreichischen Botschaft in Guatemala vom 11. März 1998 für nichtig erklärt wurde, keinesfalls in seinen Rechten verletzt sein, weshalb die Beschwerde in diesem Punkt gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG mangels Rechtsverletzungsmöglichkeit zurückzuweisen war.

Im Übrigen ist sein Beschwerdevorbringen zu Punkt 1.) auch inhaltlich aus folgenden Gründen verfehlt:

Gemäß § 6 StbG wird die Staatsbürgerschaft erworben durch

1.

Abstammung (Legitimation)

2.

Verleihung (Erstreckung der Verleihung)

3.

Dienstantritt als ordentlicher Universitäts(Hochschul)professor gemäß § 25 Abs. 1 StbG

4.

Erklärung gemäß § 25 Abs. 2 StbG

5.

Anzeige gemäß § 58 c StbG.

Der Erwerb der Staatsbürgerschaft durch Abstammung und Legitimation ist gemäß den §§ 7, 7 a und 8 StbG nur für eheliche und uneheliche Kinder eines österreichischen Staatsbürgers vorgesehen, nicht aber für Wahlkinder (Adoptivkinder).

Die Verleihung der Staatsbürgerschaft sowie die Erstreckung der Verleihung darf gemäß § 19 Abs. 1 StbG nur auf schriftlichen Antrag verfügt werden.

Einen solchen schriftlichen Antrag hat der Beschwerdeführer nach der Aktenlage nie gestellt.

Die Erlassung eines antragsbedürftigen Verwaltungsaktes ohne Vorliegen eines Antrages ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zulässig, ein solcher Bescheid wäre mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet (vgl. die in Hauer/Leukauf, Handbuch des Verwaltungsverfahrens5, Seite 565, E 67 wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Im gegenständlichen Fall zeigt der Beschwerdeführer nicht auf, dass ein solcher - rechtswidriger - Bescheid erlassen worden wäre. Denn die im Juli 1994 gesetzten Akte sind keine Bescheide. Gemäß § 44 Abs. 1 StbG handelt es sich bei einem Staatsbürgerschaftsnachweis lediglich um die Bestätigung, dass eine bestimmte Person die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt, und nicht um die Verleihung oder Feststellung des Bestehens derselben (vgl. auch die bereits im Abtretungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes im gegenständlichen Fall angeführte hg. Rechtsprechung).

Auch die gemäß § 53 Z. 4 StbG von der österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland erfolgte Mitteilung an die Evidenzstelle ist weder von der gesetzlichen Intention noch von ihrem Aufbau her ein Bescheid über die Verleihung der Staatsbürgerschaft, sondern eine bloße Mitteilung über die von der österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft ausgestellte Bestätigung.

Zudem ist gemäß § 39 Abs. 1 StbG die Landesregierung zur Erlassung von Bescheiden in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft unbeschadet des § 41 StbG zuständig. Örtlich zuständig ist jene Landesregierung, in deren Bereich die Person, auf die sich der Bescheid bezieht, ihren Hauptwohnsitz hat, sonst die Landesregierung, in deren Bereich die Evidenzstelle (§ 49 Abs. 2 StbG) liegt. Die Zuständigkeit zur Erstreckung der Verleihung richtet sich nach der Zuständigkeit zur Verleihung der Staatsbürgerschaft. Gemäß § 41 Abs. 2 StbG ist das österreichische Berufskonsulat in den Fällen, in denen ein Hauptwohnsitz im Gebiet der Republik nicht gegeben ist, bzw. dort, wo ein Berufskonsulat nicht besteht, die österreichische diplomatische Vertretungsbehörde, zur Ausstellung von Bestätigungen in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft und zur Entscheidung über derartige Anträge zuständig, in deren Bereich der Hauptwohnsitz liegt.

Gemäß § 49 Abs. 2 lit. c StbG ist Evidenzstelle für Personen, die im Ausland geboren sind, die Gemeinde Wien.

Aus diesen Bestimmungen ergibt sich unmissverständlich, dass die österreichische diplomatische Vertretungsbehörde weder zur Entscheidung über die Verleihung bzw. Erstreckung der Staatsbürgerschaft noch zur Feststellung über das Bestehen der Staatsbürgerschaft noch zur Erlassung eines Bescheides, mit dem ein Staatsbürgerschaftsnachweis entzogen und der Betreffende aufgefordert wird, den Nachweis der Botschaft vorzulegen, zuständig ist. Denn in keinem dieser Fälle handelt es sich um die Ausstellung von Bestätigungen in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft und um eine Entscheidung über derartige Anträge.

Es ist aus dem Akteninhalt und dem Vorbringen des Beschwerdeführers auch kein Anhaltspunkt zu entnehmen, dass er aus einem anderen als den bereits abgehandelten Tatbeständen des § 6 StbG die Staatsbürgerschaft erworben hätte. Weder ist der Beschwerdeführer ordentlicher Universitäts- oder Hochschulprofessor (§ 6 Z. 3 StbG), noch Angehöriger eines solchen (§ 6 Z. 4 iVm § 25 Abs. 2 StbG). Eine Erklärung im Sinne des § 6 Z. 5 iVm § 58 c StbG hat der Beschwerdeführer nicht abgegeben und es liegen auch die Voraussetzungen des § 58 c StbG für diesen Erwerbsfall nicht vor.

Zu Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides ist noch Folgendes zu ergänzen:

Gemäß § 42 Abs. 3 StbG kann ein Feststellungsbescheid in Angelegenheiten der Staatsbürgerschaft, somit über Bestehen oder Nichtbestehen der Staatsbürgerschaft, von Amts wegen erlassen werden, wenn ein öffentliches Interesse an der Feststellung besteht.

Die Berechtigung der belangten Behörde ist im gegenständlichen Fall gemäß § 39 Abs. 1 in Verbindung mit § 42 Abs. 3 StbG gegeben, weil im Streit, ob der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder nicht, schon auf Grund der sich aus dem Besitz der Staatsbürgerschaft ergebenden Rechte und Pflichten (z.B. Wehrdienstleistung) offenkundig ein öffentliches Interesse an der Feststellung zu erkennen ist.

Die belangte Behörde ist aus den bereits zu Spruchpunkt 1.) abgehandelten Gründen im Recht, dass der Beschwerdeführer nicht österreichischer Staatsbürger ist.

Die Beschwerde gegen Spruchpunkt 2.) des angefochtenen Bescheides war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.

Wien, am 22. März 2000

Schlagworte

Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung Feststellungsbescheide Anspruch auf bescheidmäßige Erledigung und auf Zustellung, Recht der Behörde zur Bescheiderlassung konstitutive Bescheide Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Belehrungen Mitteilungen Bescheidbegriff Mangelnder Bescheidcharakter Beurkundungen und Bescheinigungen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2000:1999010338.X00

Im RIS seit

25.01.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten