TE Lvwg Erkenntnis 2015/10/8 LVwG-328-002/R3-2015

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.10.2015
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

08.10.2015

Norm

AVG §13 Abs2
AVG §63 Abs5

Text

Im Namen der Republik!

Erkenntnis

Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg hat durch sein Mitglied Dr. Böhler über die Beschwerde der M K, G, vertreten durch A & M Rechtsanwälte OG, F, gegen den Bescheid der Gemeindevertretung der Gemeinde G vom 20.04.2015, zu Recht erkannt:

Gemäß § 28 Abs 1 und 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) wird der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.

Gegen dieses Erkenntnis ist gemäß § 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG) eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof zulässig.

Begründung

1.   Mit angefochtenem Bescheid wurde der Berufung von M K gegen den Bescheid der Gemeinde G vom 07.01.2000, keine Folge gegeben.

2.   Gegen diesen Bescheid hat die Beschwerdeführerin rechtzeitig Beschwerde erhoben.

3.   Folgender Sachverhalt steht fest:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde G vom 07.01.2000 wurde der Beschwerdeführerin als Eigentümerin des Objektes G Nr XXX gemäß § 3 Abs 3 und § 5 Abs 1 Kanalgesetz aufgetragen, das genannte Objekt bis zum 30.04.2000 an die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage unter Einhaltung verschiedener Vorschreibungen anzuschließen.

Auf der im Akt erliegenden Ausfertigung dieses Bescheides ist ein gelbes Post-it mit folgendem Vermerk angebracht: „Frau K will noch nicht anschließen! Landw. Haus. Gülle wird auf Wiesen ausgebracht! Tel. 19.01.00“; unter diesem Vermerk ist eine Paraphe des (ehemaligen) Gemeindekassiers angebracht.

Mit Schreiben an die Beschwerdeführerin vom 12.02.2014 wurde die Beschwerdeführerin unter Hinweis auf den Bescheid vom 07.01.2000 aufgefordert, das gegenständliche Gebäude anzuschließen, da der Anschluss noch nicht erfolgt sei. Dieses Schreiben wurde der Beschwerdeführerin am 17.02.2014 zugestellt. Mit Schreiben vom 20.04.2014 (eingelangt beim Gemeindeamt G am 27.05.2014) hat die Beschwerdeführerin gegen dieses Schreiben unter Anführung näherer Ausführungen „Einspruch“ erhoben.

Am 17.07.2014 hat die Gemeinde G beim Amt der Vorarlberger Landesregierung, Abteilung Wasserwirtschaft, eine Stellungnahme zur Frage eingeholt, ob die Ausbringung der Abwässer des gegenständlichen Objektes auf die von der Beschwerdeführerin bewirtschafteten landwirtschaftlichen Flächen zulässig sei bzw unter welchen Bedingungen dies genehmigt werden könnte.

Die Abteilung Wasserwirtschaft des Amtes der Vorarlberger Landesregierung erstattete am 11.08.2014 eine Stellungnahme. Diese Stellungnahme wurde der Beschwerdeführerin mit Schreiben der Gemeinde G vom 09.01.2015 am 15.01.2015 zugestellt.

Mit Schreiben vom 25.02.2015 hat die Beschwerdeführerin „Einspruch“ gegen dieses Schreiben vom 09.01.2015 erhoben. In diesem Schreiben tätigt die Beschwerdeführerin nähere Ausführungen darüber, aus welchem Grund ihrer Meinung nach hinsichtlich des gegenständlichen Gebäudes keine Anschlusspflicht bestehe.

In der Folge erging der nunmehr in Beschwerde gezogene Bescheid.

4.   Dieser Sachverhalt wird auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grund des vorliegenden Behördenaktes und der mündlichen Beschwerdeverhandlung als erwiesen angenommen.

5.   Gemäß § 63 Abs 5 AVG ist die Berufung von der Partei binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Nach § 13 Abs 2 AVG sind Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind, schriftlich einzubringen.

Die Berufung muss demnach, wenn in den Verwaltungsvorschriften nicht ausdrücklich anderes vorgesehen ist, in Schriftform erhoben werden.

Im vorliegenden Fall ging die Behörde davon aus, dass die Beschwerdeführerin gegen den Anschlussbescheid vom 07.01.2000 mündlich Berufung erhoben habe und diese Berufung mit Schreiben vom 25.05.2005 schriftlich ausgefertigt habe.

Die Beschwerdeführerin hat darauf hingewiesen, dass der Verwaltungsgerichtshof die Erfüllung des Erfordernisses der Schriftlichkeit auch dann angenommen habe, wenn die Behörde ein mündliches Vorbringen in einer Niederschrift beurkundet habe.

Zunächst ist festzuhalten, dass nach Ansicht des Landesverwaltungsgerichtes die Beschwerdeführerin – dem im Sachverhalt dargestellten Inhalt des Aktenvermerkes zufolge – gegen den Bescheid des Bürgermeisters vom 7.1.2000 tatsächlich Berufung erheben wollte. Allerdings ist die Berufung der Beschwerdeführerin nicht in einer Niederschrift, sondern (nur) in einem Aktenvermerk festgehalten worden ist, wobei es rechtlich nicht von Belang ist, ob diese Berufung telefonisch oder mündlich erhoben worden ist.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis VwSlg 16.356 VS in Abkehr von seiner bisherigen Judikatur zwar dargetan, dass mündlich erhobene Berufungen zulässig seien, wenn sie von der Behörde in einer Niederschrift beurkundet seien. Da im vorliegenden Fall über das mündliche (Berufungs-)vorbringen der Beschwerdeführerin aber keine Niederschrift aufgenommen worden ist, konnte ihr mündliches Anbringen nicht schon durch die Dokumentation in einem Aktenvermerk durch ein Amtsorgan Wirksamkeit erlangen, zumal die Beschwerdeführerin diesen Aktenvermerk nicht unterschrieben hat (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13, Rz 17/2; auch aus Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht, 5. Auflage, S 114, läßt sich nichts Gegenteiliges ableiten).

Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass der Anschlussbescheid vom 07.01.2000 rechtskräftig geworden ist, da davon auszugehen war, dass die Beschwerdeführerin gegen diesen Bescheid keine wirksame Berufung eingelegt hat. Der angefochtene Bescheid war daher ersatzlos zu beheben.

6.   Die Revision ist zulässig, da im gegenständlichen Verfahren eine Rechtsfrage zu lösen war, der im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im konkreten Fall zu der Frage fehlt, ob eine mündlich erhobene Berufung, die (nur) durch einen, ausschließlich von einem Amtsorgan unterschriebenen Aktenvermerk dokumentiert worden ist, zulässig ist.

Schlagworte

mündliche Berufung, Aktenvermerk, unzulässig

Anmerkung

Revision wurde vom Verwaltungsgerichtshof (27.03.2018. Ro 2015/06/0022) zurückgewiesen (keine Abweichung von Judikatur des VwGH).

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:LVWGVO:2015:LVwG.328.002.R3.2015

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2018
Quelle: Landesverwaltungsgericht Vorarlberg LVwg Vorarlberg, http://www.lvwg-vorarlberg.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten