Entscheidungsdatum
06.03.2018Norm
BAO §4 Abs1Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich erkennt durch Mag. Lindner als Einzelrichterin über die Beschwerde der D GmbH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Stefan Stoiber, ***, ***, vom 22. September 2016 gegen den Berufungsbescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 8. August 2016, ohne Aktenzeichen, mit dem der Berufung gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 31. März 2016 betreffend Abweisung des Antrages auf Reduzierung der Kanalbenützungsgebühren keine Folge gegeben und der angefochtene Bescheid bestätigt worden war, zu Recht:
1. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
2. Eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig.
Rechtsgrundlagen:
§ 279 Bundesabgabenordnung – BAO
§ 25a Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 – VwGG
Entscheidungsgründe:
1. Sachverhalt:
1.1. Grundsätzliche Feststellungen:
Die D GmbH, nunmehr F GmbH, (in der Folge: Beschwerdeführerin) ist alleinige grundbücherliche Eigentümerin der Liegenschaften Grundstück Nr. ***, KG *** (Top 1) und Grundstück Nr. ***, KG *** (Top 2) mit der topographischen Anschrift ***, ***. Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein Fachmarktzentrum, welches an den öffentlichen Schmutzwasserkanal angeschlossen ist.
1.2. Abgabenbehördliches Verfahren:
1.2.1.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 26. Jänner 2010, EDV-Nummer ***, wurde der Beschwerdeführerin für die in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft ***, ***, unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 1.002,24 m² und eines Einheitssatzes von € 1,16 eine jährlich zu entrichtende Kanalbenützungsgebühr (mit Wirkung ab 1. Jänner 2010) im Betrag von € 1.162,60 (exkl. USt.) für die Benützung des öffentlichen Schmutzwasserkanals vorgeschrieben.
Mit Abgabenbescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 26. Jänner 2010, EDV-Nummer ***, wurde der Beschwerdeführerin für die in ihrem Eigentum befindliche Liegenschaft ***, ***, unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche von 1.005,23 m² und eines Einheitssatzes von € 1,46 eine jährlich zu entrichtende Kanalbenützungsgebühr (mit Wirkung ab 1. Jänner 2010) im Betrag von € 1.467,64 (exkl. USt.) für die für die Benützung des öffentlichen Schmutzwasserkanals vorgeschrieben.
Diese Bescheide sind in Rechtskraft erwachsen.
1.1.2.
Mit Veränderungsanzeigen gemäß § 13 NÖ Kanalgesetz 1977, datiert mit 22.07.2014 (richtig wohl: 22.07.2015), wurden seitens der Beschwerdeführerin die Anträge auf Verminderung der Kanalbenützungsgebühr im höchstmöglichen Ausmaß (80%) ab 1. August 2015 gestellt. Begründend wurde ausgeführt, dass sich durch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und Umsatzprognosen sowie Einsparungen in der Mitarbeiterzahl neue Kennzahlen ergeben hätten, woraus sich ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der berechneten Höhe der Kanalbenützungsgebühr und dem verursachten Kostenaufwand ergebe.
1.1.3.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde *** vom 31. März 2016, ohne Zahl, wurden die Anträge auf Reduzierung der Kanalbenützungsgebühr betreffend das Objekt ***, Top 1 (Abgabenbescheid vom 26.1.2010, Zl. ***) sowie betreffend das Objekt ***, Top 2 (Abgabenbescheid vom 26.1.2010, Zl. ***) abgewiesen.
Begründend wurde ausgeführt, dass mit Bescheid vom 26.1.2010, Zl. ***, der D GmbH die jährliche Kanalbenützungsgebühr betreffend die Liegenschaft *** betreffend Top 1 (bestehend aktuell aus den Objekten K, B und A) mit einer Berechnungsfläche von 1002,24 m² und einem Einheitssatz von € 1,16 vorgeschrieben worden sei. Dieser Bescheid basiere auf den anlässlich einer Berufung gegen den Bescheid zur Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr vom 26.5.2004 zu Gesamtmitarbeiterzahl und Gesamtbetriebszeiten gemachten Angaben. Das daraufhin von der Stadtgemeinde in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten habe eine maximale Reduktion um 46,4% ergeben, weshalb der Einheitssatz im daraufhin ergangenen Abgabenbescheid vom 16.1.2006, Zl. ***, von € 2,17 auf € 1,16 (Anmerkung: Reduktion um 46,4%) gesenkt worden sei. Der nunmehr zugrunde liegende Abgabenbescheid vom 26.1.2010, Zl. ***, basiere auf den damals erfolgten Berechnungen und sei – indem der Einheitssatz seit dem Jahr 2010 € 2,54 betrage – ohnedies eine Reduktion von 54,33% gewährt worden.
Unter Berücksichtigung der seitens der betreffenden Gewerbebetriebe K, B und A an die Stadtgemeinde gemeldeten Kommunalsteuerbemessungsgrundlagen sei die von der Antragstellerin angegebene Gesamt-Beschäftigungszahl von 5 Personen nicht plausibel.
Mit Bescheid vom 26.1.2010, Zl. ***, sei der D GmbH die jährliche Kanalbenützungsgebühr betreffend die Liegenschaft *** betreffend Top 2 (bestehend aktuell aus den Objekten T und M) mit einer Berechnungsfläche von 1005,32 m² und einem Einheitssatz von € 1,46 vorgeschrieben worden sei. Dieser Bescheid basiere auf den anlässlich einer Berufung gegen den Bescheid zur Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr vom 26.5.2004 zu Gesamtmitarbeiterzahl und Gesamtbetriebszeiten gemachten Angaben. Das daraufhin von der Stadtgemeinde in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten habe eine maximale Reduktion um 32,89% ergeben, weshalb der Einheitssatz im daraufhin ergangenen Abgabenbescheid vom 16.1.2006, Zl. ***, von € 2,17 auf € 1,46 (Anmerkung: Reduktion um 32,89%) gesenkt worden sei. Der nunmehr zugrunde liegende Abgabenbescheid vom 26.1.2010, Zl. ***, basiere auf den damals erfolgten Berechnungen und sei – indem der Einheitssatz seit dem Jahr 2010 € 2,54 betrage – ohnedies eine Reduktion von 42,52% gewährt worden.
Unter Berücksichtigung der seitens der betreffenden Gewerbebetriebe T und M an die Stadtgemeinde gemeldeten Kommunalsteuerbemessungsgrundlagen sei die von der Antragstellerin angegebene Gesamt-Beschäftigungszahl von 5 Personen nicht plausibel, zumal gemäß den Angaben in der Berufung aus dem Jahr 2004 im Objekt T 5 Mitarbeiter und im Objekt M 8 Mitarbeiter beschäftigt gewesen seien.
1.1.4.
Dagegen wurde fristgerecht Berufung erhoben und begründend ausgeführt, dass die Prüfung, ob ein Härtefall im Sinne des § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 vorliege, von der Abgabenbehörde amtswegig durchzuführen sei. Die Heranziehung der Kommunalsteuerbemessungsgrundlage sei nicht geeignet, die tatsächliche Beschäftigtenzahl festzustellen, sondern hätte eine Anfrage bei der zuständigen Krankenkasse vorgenommen werden müssen. Darüber hinaus hätten jegliche konkreten Berechnungen gefehlt, habe die Behörde es unterlassen darzustellen, wie auch bei den von ihr angenommenen Beschäftigtenzahlen kein Härtefall vorliegen solle.
In der Folge wurde seitens der Abgabenbehörde ein Ermittlungsverfahren durchgeführt.
1.1.5.
Mit Bescheid des Stadtrates der Stadtgemeinde *** vom 8. August 2016, ohne Zahl, wurde die Berufung als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt. Begründend wurde ausgeführt, dass die Antragstellerin die Mitwirkungspflicht verletzt habe, indem die seitens der Abgabenbehörde geforderten Daten nicht bekannt gegeben worden seien. Das amtswegige Ermittlungsverfahren (Anfrage beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger und bei der NÖ Gebietskrankenkasse) habe ebenfalls keine Ergebnisse erbracht. Aufgrund Unschlüssigkeit der im Antrag angeführten Angaben habe die erstinstanzliche Abgabenbehörde richtigerweise den Antrag abgewiesen und diese anhand eigener Schätzungen ausführlich und schlüssig begründet.
1.2. Beschwerdeverfahren:
Mit Schreiben vom 22. September 2016 erhob die Beschwerdeführerin durch ihre ausgewiesene Vertretung rechtzeitig das Rechtsmittel der Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich und begründete diese im Wesentlichen damit, dass die Antragstellerin an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt und die entsprechende Mitarbeiterzahl entsprechend den Angaben der eingemieteten Firmen bekannt gegeben habe. Es wären daher von Amts wegen durch entsprechende Ermittlungen, insbesondere Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens, die auf der Liegenschaft anfallenden Schmutzwassermengen festzustellen gewesen. Der tatsächliche für die Schmutzwasserentsorgung entstehende Kostenaufwand hätte dem Gebührenanteil für die Schmutzwasserentsorgung gegenüber gestellt werden müssen. Die von der Behörde geforderten Daten hätten von Amtswegen erhoben werden müssen bzw. seien für die Erhebung der Schmutzwasserfracht gar nicht relevant. Es werde daher der Antrag auf Behebung des angefochtenen Bescheides und Zurückverweisung der Angelegenheit zur Ergänzung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Stadtgemeinde *** gestellt.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wurde ausdrücklich nicht beantragt.
1.3. Verfahren vor dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich:
1.3.1.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 legte die Stadtgemeinde *** dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich die Beschwerde und den Bezug habenden Verwaltungsakt vor.
Seitens des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich wurde das Gutachten des SC, Amtssachverständiger der Abteilung WA4 – Siedlungswasserwirtschaft – des Amtes der NÖ Landesregierung, vom 17. Oktober 2017 eingeholt. Dieses kam bezüglich Top 1 unter Zugrundelegung von 8,4 Einwohnergleichwerten (EGW) und einer Berechnungsfläche von 1.002,24 m² auf 119,31 m²/EGW und folglich aus dem Verhältnis zwischen der spezifischen Berechnungsfläche der Stadtgemeinde *** je EGW zu der spezifischen Berechnungsfläche des Fachmarktzentrums in Top 1 der gegenständlichen Liegenschaft auf eine Reduktion von 45,14%.
Bezüglich Top 2 kam das Gutachten zu dem Ergebnis, dass unter Zugrundelegung von 10,66 EGW und einer Berechnungsfläche von 1.005,23 m² (94,30 m²/EGW) die Reduktion für Top 2 30,59 % zu betragen habe.
Mit Schreiben des Landesverwaltungsgerichtes vom 20. Jänner 2017 wurde der Beschwerdeführerin sowie dem Stadtrat der Stadtgemeinde *** dieses Gutachten zur Kenntnisnahme und allfälligen Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens übermittelt.
Mit Schriftsatz vom 15. November 2017 wurde seitens der Beschwerdeführerin dazuausgeführt, dass das A Lokal nicht als „Gaststätte ohne Küchenbetrieb“ qualifiziert werden könne, sondern sei gemäß ÖNORM B 2502-1 die „Anfallstelle des Abwassers“ als Versammlungsstätte mit 15 Sitzplätzen entsprechend 1 EGW gleichzusetzen.
Die Einwohnergleichwerte für TOP 1 errechneten sich somit:
0,333 x 6 = 2,0 EGW von den Beschäftigten
0,02 x 120 = 2,4 EGW von den Besuchern
0,07 x 12 = 0,8 EGW von Wettbüro und Spielautomatenhalle
Summe TOP 1 = 5,2 EGW
1.002,24 m²/5,2 = 192,74
1,0 – (65,45/192,74) = 0,66
Ausmaß der Reduktion somit 66%
TOP 2:
Es würden 2 Bedienstete bei T und 4 Bedienstete bei M angegeben, in Summe 6 Bedienstete und nicht 8 Bedienstete wie angeführt.
M sei ein Drogeriemarkt mit angeschlossenem Friseurladen, folglich nicht als Friseurbetrieb anzusehen und werde daher pro Arbeitsplatz 0,5 EGW berechnet.
Die Einwohnergleichwerte für TOP 2 errechneten sich somit:
0,333 x 6 = 2,0 EGW von den Beschäftigten
0,02 x 200 = 4,0 EGW von den Besuchern
0,5 x 4 = 2,0 EGW von Wettbüro und Spielautomatenhalle
Summe TOP 2 = 8,0 EGW
1.005,23 m²/8,0 = 125,66
1,0 – (65,45/125,66) = 0,48
Ausmaß der Reduktion somit 48%
Im Übrigen werde darauf hingewiesen, dass die Berechnungsfläche und nicht der Einheitssatz zu reduzieren sei.
Der Antrag auf Reduzierung der Kanalbenützungsgebühr betreffend beider Objekte in angemessener Höhe werde sohin aufrecht erhalten.
Seitens der belangten Behörde wurde mit Schriftsatz vom 14. November 2017 ausgeführt, dass von einer wesentlich höheren Anzahl von Mitarbeitern als angegeben auszugehen sei. Auch im gegenständlichen Gutachten werde die Anzahl der Mitarbeiter lediglich aufgrund einer Momentaufnahme am 5.10.2017 zwischen 9 und 11 Uhr angenommen und entspreche dies vermutlich nicht dem tatsächlichen Mitarbeiterstand. Weiters seien die Angaben der EGW in den Ausführungen zu Top 2 nicht nachvollziehbar, da hier nochmals – wohl versehentlich – „Wettbüro und Spielautomatenhalle“ angeführt seien. Aus den weiteren Erläuterungen ergebe sich der Bezug zu den Abwasser-Anfallstellen für Frisörgeschäfte, wobei die Anzahl nicht nachvollziehbar erscheine.
Ergänzend wurde mit Schriftsatz vom 5. Dezember 2017 ausgeführt, dass die Angaben des Sachverständigen lediglich auf Schätzungen der Mitarbeiter-Anzahl basierten, zur Vornahme fundierter Berechnungen es jedenfalls konkreter Angaben der Mieter zur Anzahl der tatsächlich beschäftigten Mitarbeiter (pro Monat und keine Stichtags-Betrachtung) bedürfe.
1.4. Zum durchgeführten Ermittlungsverfahren:
Das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich hat Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den Akt der Stadtgemeinde ***, Einsichtnahme in das öffentliche Grundbuch sowie Firmenbuch und Einholung eines Gutachtens eines Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft.
1.5. Feststellungen:
Die Beschwerdeführerin ist Eigentümerin der Liegenschaft mit der topographischen Anschrift ***, ***(Grundstücke Nr. *** und ***, KG ***). Auf dieser Liegenschaft befindet sich ein Fachmarktzentrum, welches an den öffentlichen Schmutzwasserkanal angeschlossen ist.
Das Fachmarktzentrum gliedert sich in Top 1, in welchem die Gewerbebetriebe K GmbH (2 Bedienstete, je nach Lieferung bis zu 4 Bedienstete (nur kurzfristig), mit einem WC für Bedienstete), B Ges.m.H. & Co KG (3 Bedienstete mit einem WC für Bedienstete) und A GmbH (1 Bediensteter mit einem WC für Bedienstete, zwei öffentlichen WC, Verpflegungsautomaten und 20 Sitzgelegenheiten an Tischen) eingemietet sind.
In Top 2 sind die Gewerbebetriebe T GmbH (2 Bedienstete mit einem WC für Bedienstete und einem öffentlichen WC) sowie M (5 Bedienstete im Drogeriemarkt und 6 Bedienstete im Frisörbereich, mit einem WC für Bedienstete und einem öffentlichen WC, Waschmaschine, 2 Waschplätzen für Frisör, 2 Frisierplätzen) eingemietet.
Auf Basis einer Berechnungsfläche von 1.002,24 m² und 8,4 EGW im Verhältnis zur gesamten üblichen Vergleichsfläche in der Stadtgemeinde *** von 65,45 m² pro EW ist ein Wert von 119,31 m² pro EGW für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft anzusetzen. Dies führt zu einer Reduktion von 45,14% für Top 1 und 45,14% für Top 2 (Berechnungsfläche von 1.005,23 m² und 10,66 EGW; 94,30 m²/EGW).
1.6. Beweiswürdigung:
Im Wesentlichen ergibt sich dieser Sachverhalt aus dem Akteninhalt in Verbindung mit dem bekämpften Bescheid und den Ergebnissen des nachvollziehbaren Gutachtens des Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft.
2. Anzuwendende Rechtsvorschriften:
2.1. Bundesabgabenordnung (BAO):
§ 1. ( 1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten in Angelegenheiten der öffentlichen Abgaben (mit Ausnahme der Verwaltungsabgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden) sowie der auf Grund unmittelbar wirksamer Rechtsvorschriften der Europäischen Union zu erhebenden öffentlichen Abgaben, in Angelegenheiten der Eingangs- und Ausgangsabgaben jedoch nur insoweit, als in den zollrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmt ist, soweit diese Abgaben durch Abgabenbehörden des Bundes, der Länder oder der Gemeinden zu erheben sind.
§ 2a. Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten sinngemäß in Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, soweit sie im Verfahren vor der belangten Abgabenbehörde gelten. In solchen Verfahren ist das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG) nicht anzuwenden. …
§ 4. (1) Der Abgabenanspruch entsteht, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft.
§ 115. (1) Die Abgabenbehörden haben die abgabepflichtigen Fälle zu erforschen und von Amts wegen die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zu ermitteln die für die Abgabepflicht und die Erhebung der Abgaben wesentlich sind. …
§ 278. (1) Ist die Bescheidbeschwerde mit Beschluss des Verwaltungsgerichtes
a) weder als unzulässig oder nicht rechtzeitig eingebracht zurückzuweisen (§ 260) noch
b) als zurückgenommen (§ 85 Abs. 2, § 86a Abs. 1) oder als gegenstandlos (§ 256 Abs. 3, § 261) zu erklären,
so kann das Verwaltungsgericht mit Beschluss die Beschwerde durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides und allfälliger Beschwerdevorentscheidungen unter Zurückverweisung der Sache an die Abgabenbehörde erledigen, wenn Ermittlungen (§ 115 Abs. 1) unterlassen wurden, bei deren Durchführung ein anders lautender Bescheid hätte erlassen werden oder eine Bescheiderteilung hätte unterbleiben können. Eine solche Aufhebung ist unzulässig, wenn die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
(2) Durch die Aufhebung des angefochtenen Bescheides tritt das Verfahren in die Lage zurück, in der es sich vor Erlassung dieses Bescheides befunden hat.
2.2. NÖ Kanalgesetz 1977, LGBl. 8230-9:
Begriffe
§ 1a. Im Sinne dieses Gesetzes gelten als: …
6. Geschoßfläche: die sich aus den äußersten Begrenzungen jedes Geschoßes ergebende Fläche. (…)
§ 5. (1) Für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage ist eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat.
(2) Die Kanalbenützungsgebühr errechnet sich aus dem Produkt der Berechnungsfläche und dem Einheitssatz zuzüglich eines schmutzfrachtbezogenen Gebührenanteiles. Dieser wird nur dann berücksichtigt, wenn die eingebrachte Schmutzfracht den Grenzwert von 100 Berechnungs-EGW überschreitet. Werden von einer Liegenschaft in das Kanalsystem Schmutzwässer und Niederschlagswässer eingeleitet, so gelangt in diesem Fall ein um 10 % erhöhter Einheitssatz zur Anwendung.
(3) Die Berechnungsfläche ergibt sich aus der Summe aller an die Kanalanlage angeschlossenen Geschoßflächen. Die Geschoßfläche angeschlossener Kellergeschoße und nicht angeschlossener Gebäudeteile wird nicht berücksichtigt. Angeschlossene Kellergeschoße werden jedoch dann berücksichtigt, wenn eine gewerbliche Nutzung vorliegt, ausgenommen Lagerräume, die mit einem Unternehmen im selben Gebäude in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. Wird die Liegenschaft trotz bestehender Anschlussverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so ist die Berechnungsfläche so zu ermitteln, als ob die Liegenschaft an die Kanalanlage angeschlossen wäre.
§ 5b. (1) Ergibt sich bei der Berechnung der Kanalbenützungsgebühr ein offensichtliches Mißverhältnis, zwischen der berechneten Höhe und dem verursachten Kostenaufwand, so ist die Kanalbenützungsgebühr entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme, unter Berücksichtigung der sonst in der Gemeinde zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühren höchstens jedoch um 80 % zu vermindern.
(2) Ein offensichtliches Mißverhältnis im Sinne des Abs. 1 liegt jedenfalls vor, wenn die Schmutzfracht pro 300 m2 Berechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW ist.
(3) Eine Verminderung der Kanalbenützungsgebühr kommt nur dann in Betracht, wenn die Berechnungsfläche mehr als 700 m2 beträgt.
§ 12. (3) Die Abgabenschuld für die Kanalbenützungsgebühr entsteht mit dem Monatsersten des Monats, in dem erstmalig die Benützung des Kanals möglich ist oder die Abfuhr der Fäkalien erfolgt. Wird eine Liegenschaft trotz bestehender Anschlußverpflichtung nicht an die Kanalanlage angeschlossen, so entsteht die Kanalbenützungsgebühr mit dem Monatsersten des Monats in dem der Anschluß an den Kanal möglich ist. Diese Gebühren sind, soferne der Gemeinderat in der Kanalabgabenordnung nichts anderes bestimmt, im vorhinein in vierteljährlichen Teilzahlungen, und zwar jeweils bis zum 15. Jänner, 15. April, 15. Juli und 15. Oktober, zu entrichten.
§ 13. (1) Treten nach Zustellung der Abgabenentscheidung derartige Veränderungen ein, daß die der seinerzeitigen Festsetzung der Kanalerrichtungsabgabe und Kanalbenützungsgebühr oder der Fäkalienabfuhrgebühr zugrunde gelegten Voraussetzungen nicht mehr zutreffen, so hat der Abgabepflichtige diese Veränderungen binnen zwei Wochen nach dem Eintritt der Veränderung bzw. nach dem Bekanntwerden derselben dem Bürgermeister (Magistrat) schriftlich anzuzeigen (Veränderungsanzeige).
(2) Eine auf Grund einer im Abs. 1 genannten Veränderung festgestellte niedrigere oder höhere Gebühr (§ 14 Abs. 1 lit. c) ist, soferne sich nicht aus § 12 etwas anderes ergibt, ab dem Monatsersten des dem Tage des Eintrittes der Veränderung zunächst folgenden Monates zu entrichten.
§ 14. (1) Den Abgabepflichtigen ist die Abgabenschuld mit Abgabenbescheid vorzuschreiben. Durch je einen besonderen Abgabenbescheid sind vorzuschreiben:
a) die Kanaleinmündungsabgaben, Ergänzungsabgaben und Sonderabgaben (§§ 2 und 4);
b) die Kanalbenützungsgebühren und die Fäkalienabfuhrgebühren (§§ 5 und 8);
c) Änderungen der im Abgabenbescheid nach lit. b festgesetzten Gebühren;
d) die Kosten für die Behebung von Kanalverstopfungen (§ 17 Abs. 5) und der Behebung von Schäden auf fremden Liegenschaften (§ 18 Abs. 1).
(2) Der Abgabenbescheid hat zu enthalten:
a) die Bezeichnung als Abgabenbescheid;
b) den Grund der Ausstellung;
c) bei der Fäkalienabfuhr die Zahl der jährlichen Einsammlungen;
d) die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Abgabe;
e) den Fälligkeitstermin, im Falle des Abs. 1 lit.b und c die Fälligkeitstermine und die Höhe der jeweiligen Teilbeträge;
f) die Rechtsmittelbelehrung und
g) den Tag der Ausfertigung.
(3) Die in der Abgabenentscheidung festgesetzte Kanalbenützungsgebühr oder Fäkalienabfuhrgebühr ist so lange zu entrichten, solange nicht ein neuer Abgabenbescheid ergeht.
(4) Der Abgabenbescheid nach Abs. 1 lit. c ist insbesondere auf Grund einer im § 13 Abs. 1 genannten Veränderung, ferner bei Änderung der Einheitssätze, bei der Fäkalienabfuhr auch bei Änderung des Einsammlungsplanes zu erlassen.
2.4. Kanalabgabenordnung 2009 für die öffentliche Kanalanlage der Stadtgemeinde Deutsch-Wagram:
§ 5 Kanalbenützungsgebühren für den Mischwasserkanal
(1) Zur Berechnung der laufenden Gebühren für die Benützung der öffentlichen Kanalanlage (Kanalbenützungsgebühr) werden für die Schmutzwasserentsorgung folgende Einheitssätze festgesetzt:
- Einheitssatz (ohne Niederschlagswässer): EUR 2,54
- um 10% erhöhter Einheitssatz EUR 2,79
(Schmutzwässer und Niederschlagswässer)
….
2.5.Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG:
§ 25a. (1) Das Verwaltungsgericht hat im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
(2) Eine Revision ist nicht zulässig gegen:
1. Beschlüsse gemäß § 30a Abs. 1, 3, 8 und 9;
2. Beschlüsse gemäß § 30b Abs. 3;
3. Beschlüsse gemäß § 61 Abs. 2.
(3) Gegen verfahrensleitende Beschlüsse ist eine abgesonderte Revision nicht zulässig. Sie können erst in der Revision gegen das die Rechtssache erledigende Erkenntnis angefochten werden. …
(5) Die Revision ist beim Verwaltungsgericht einzubringen.
3. Würdigung:
3.1. Zu Spruchpunkt 1:
Die Beschwerde ist nicht begründet.
3.1.1.
In der Sache selbst ist eingangs festzuhalten, dass die von den Abgabenbehörden des mitbeteiligten Gemeindeverbandes der Abgabenfestsetzung zugrunde gelegten Berechnungsflächen dem Grunde nach außer Streit stehen. Das Beschwerdevorbringen lässt sich vielmehr auf die Fragen reduzieren, ob die Berücksichtigung der Härtefallregel nach § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 zu erfolgen hat.
3.1.2.
Bei der Kanalbenützungsgebühr iSd § 5 NÖ Kanalgesetz 1977 handelt es sich um eine Gebühr für die Benützung von Gemeindeeinrichtungen und Gemeindeanlagen. Gebührentatbestand ist die Möglichkeit zur Benützung der öffentlichen Kanalanlagen. Dafür ist vom Liegenschaftseigentümer eine flächenbezogen berechnete Gebühr zu entrichten. Werden jedoch von einer Liegenschaft entweder besonders geringe Mengen an Abwässern (bei großem Flächenausmaß) oder besonders stark verschmutzte Abwässer eingeleitet, so ist die Gebühr entsprechend der tatsächlichen Inanspruchnahme des Kanals zu vermindern (Härteklausel, vgl. § 5bNÖ Kanalgesetz 1977) oder zu erhöhen (um einen schmutzfrachtbezogenen Anteil, vgl. § 5 Abs. 2 iVm § 5 Abs. 4 leg.cit.). Ziel der Regelung ist es, auch in jenen Fällen, in denen große Flächen zur Berechnung herangezogen werden, jedoch nur eine relativ geringe Inanspruchnahme erfolgt, jene Gebührenbelastung herbeizuführen, die üblicherweise in der Gemeinde vorliegt (vgl. VwGH vom 11. Dezember 2000, Zl. 97/17/0460).
3.1.3.
Nach § 4 Abs. 1 der von den Verwaltungsbehörden (und dem erkennenden Gericht) anzuwendenden BAO entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den das Gesetz die Abgabepflicht knüpft. Angesichts der Komplexität der Sachlage ist zunächst darauf hinzuweisen, dass aus der rechtlichen Konstruktion der Abgabenschuldverhältnisse folgt, dass dieses bereits mit Verwirklichung eines gesetzlich normierten Abgabentatbestandes entsteht. Der Abgabenbescheid ist seinen wesentlichen Merkmalen nach lediglich feststellender Natur. Er bringt den Abgabenanspruch nicht zum Entstehen, sondern stellt den aus dem Gesetz erwachsenden Anspruch lediglich fest (vgl. VwGH vom 25. Juni 1996, Zl. 94/17/0419). Daraus ergibt sich, dass die Abgabenbehörde die Abgabe festzusetzen hat, sobald der Abgabenanspruch entstanden ist. Da sich der Abgabenanspruch der Gemeinde aus der Sicht des Abgabepflichtigen als Abgabenschuld darstellt, ist die Abgabenfestsetzung zulässig, sobald die Abgabenschuld entstanden ist.
3.1.4.
Gegenstand der Abgabenbescheide vom 26. Jänner 2010, EDV-Nr. *** und ***, ist die Festsetzung der Kanalbenützungsgebühr gewesen. Dem in § 5 Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 normierten Abgabentatbestand zufolge ist für die Möglichkeit der Benützung der öffentlichen Kanalanlage eine jährliche Kanalbenützungsgebühr zu entrichten, wenn der Gemeinderat die Einhebung einer solchen Gebühr beschlossen hat. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bei der Festsetzung von Abgaben nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften jene Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegolten hat (vgl. VwGH vom 10. Dezember 2008, Zl. 2005/17/0055, und vom 7. Oktober 2005, Zl. 2005/17/0168).
3.1.5.
Ein Härtefall iSd § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 liegt dann vor, wenn bei einer Liegenschaft mit einer Berechnungsfläche von mehr als 700 m² ein offensichtliches Missverhältnis zwischen der berechneten Höhe der Kanalbenützungsgebühr und dem Kostenaufwand für die Entsorgung der von der Liegenschaft verursachten Abwässer besteht. Diese Härten sollen durch die Bestimmung des § 5b leg.cit. vermieden werden, sodass diese Bestimmung insbesondere bei Objekten, bei denen die Nutzungsmöglichkeit aufgrund der zur Verfügung stehenden Fläche über die tatsächliche Nutzung deutlich hinaus geht und damit die tatsächliche Belastung der Kanalanlage wesentlich geringer ist als bei Objekten vergleichbarer Größe, Anwendung finden (vgl. VwGH vom 11. Dezember 2000, Zl. 97/17/0460). Bei der Prüfung des Vorliegens eines Härtefalles ist die Gebühr für die Abwasserentsorgung dem tatsächlich für die Abwasserentsorgung entstehenden Kostenaufwand durch die Benützung der Liegenschaft gegenüberzustellen (vgl. VwGH vom 24. Mai 1996, Zl. 94/17/0373).
Ein offensichtliches Missverhältnis ist nach § 5b Abs. 2 NÖ Kanalgesetz 1977 jedenfalls dann gegeben, wenn die Schmutzfracht pro 300 m² Berechnungsfläche bei widmungsgemäßer Verwendung geringer als ein EGW (=EW) ist. Ein offensichtliches Missverhältnis kann aber auch in anderen Fällen, in denen die Schmutzfracht pro 300 m² Berechnungsfläche größer oder gleich einem EGW ist, aufgrund besonderer Umstände vorliegen. Bei der Bemessung des Ausmaßes der Verminderung der Gebühr sieht § 5b Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 vor, dass auch die sonst in der Gemeinde zu entrichtenden Kanalbenützungsgebühren zu beachten sind. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass in einer Gemeinde für alle Liegenschaften Kanalbenützungsgebühren eingehoben werden können, die den jeweils anteiligen tatsächlichen Kostenaufwand überschreiten. Die Anwendung der Härtefallregelung soll also nicht zu einer Bevorzugung einer Liegenschaft gegenüber allen anderen Liegenschaften einer Gemeinde führen. Darüber hinaus darf die Verminderung aufgrund der Anwendung der Härtefallregelung höchstens 80 % betragen.
3.1.6.
Im Beschwerdefall betragen die Berechnungsflächen der Liegenschaften der Beschwerdeführerin 1.002,24 m² bzw. 1.005,23 m², sodass diese in
§ 5b Abs. 3 NÖ Kanalgesetz 1977 angeführte Voraussetzung zur Anwendung der Härtefallregelung grundsätzlich erfüllt ist.
3.1.7.
Gegenüberzustellen war in der Folge die Kanalbenützungsgebühr je Einwohnergleichwert in Ansehung der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft einerseits, mit den im Gemeindegebiet durchschnittlich (für die Entsorgung einer der gleichen Zahl von Einwohnergleichwerten entsprechenden Schmutzfracht) entstehenden Kosten andererseits (vgl. VwGH vom 18. Oktober 2004, Zl. 2000/17/0029).
Der dem Verfahren beigezogene ASV für Siedlungswasserwirtschaft kommt zum Schluss, dass die einzige, nachvollziehbare Möglichkeit einen Unterschied in der Intensität der Benützung durch die Beschwerdeführerin im Verhältnis zum Durchschnitt in der Gemeinde zu ermitteln, über die Flächen der durchschnittlich im Gemeindegebiet *** je EW zur Verfügung stehenden Fläche im Vergleich mit der Fläche der Liegenschaften der Beschwerdeführerin je EW erfolgen muss. Bei Ansätzen von 7.260 EW für die Stadtgemeinde *** bei einer gesamten Berechnungsfläche von 475.168,00 m² ergibt dies 65,45 m² je EW. Bei der Berechnung der Nutzfläche pro EGW auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin (Top 1) ergibt sich bei der Nutzfläche von 1.002,24 m² und 8,4 EGW eine Benützungsfläche von 119,31 m² pro EGW. Diese beiden Werte ins Verhältnis gesetzt, ergeben einen Unterschied von 45,14 %.
Bei der Berechnung der Nutzfläche pro EGW auf der Liegenschaft der Beschwerdeführerin (Top 2) ergibt sich bei der Nutzfläche von 1.005,23 m² und 10,66 EGW eine Benützungsfläche von 94,30 m² pro EGW. Diese beiden Werte ins Verhältnis gesetzt, ergeben einen Unterschied von 30,59 %.
Wenn seitens der Beschwerdeführerin die Berechnungen des Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft zu Top 1 dahingehend in Frage gestellt werden, als das „A“ nicht als „Gaststätte ohne Küchenbetrieb“ qualifiziert werden könne (daher nicht 3 Sitzplätze = 1 EGW), sondern als „Versammlungsstätte“ (15 Sitzplätze = 1 EGW), so ist dem entgegen zu halten, dass entsprechend den Ausführungen des Amtssachverständigen im Lokal keine offene Ausschank besteht, für die Selbstnutzung durch Besucher jedoch Versorgungsgeräte mit Getränken bestehen, das Konzept der Sitzgelegenheiten an Tischen und das Vorhalten von TV-Anlagen auf ein längeres Verweilen der Kunden im Lokal schließen lasse. Nach Auffassung des erkennenden Gerichtes lassen diese Umstände, wofür auch die Bezeichnung der Betriebsstätte als „Wettcafé“ spricht, durchaus den Schluss zu, dass in dieser Betriebsstätte die Konsumation von Getränken einen ähnlichen hohen Stellenwert einnimmt wie der Unterhaltungswert (Automatenspiel, Wetten), daher die Einstufung als „Gaststätte ohne Küchenbetrieb“ eher zutrifft als die Einstufung als „Versammlungsstätte“.
Wenn seitens der Beschwerdeführerin die Berechnungen des Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft zu Top 2 dahingehend in Frage gestellt werden, als in Summe lediglich 6 Bedienstete heranzuziehen seien, so ist dem mit den sachverständigen Ausführungen entgegen zu halten, dass zum Zeitpunkt des Lokalaugenscheins in der Betriebsstätte der T GmbH 2 Bedienstete und in der Betriebsstätte der M GmbH 4 Bedienstete angetroffen wurden. Indem seitens der Filialleitung der M GmbH insgesamt 11 Bedienstete (6 Frisör und 5 Markt) angegeben wurden, wurden seitens des Amtssachverständigen für seine Berechnungen 8 Bedienstete als Mittelwert in Ansatz gebracht, um keine der Parteien zu bevorzugen oder zu benachteiligen und größtmögliche Objektivität walten zu lassen.
Wenn beschwerdeführerseits ausgeführt wird, es handle sich bei der Betriebsstätte der M GmbH primär um einen Drogeriemarkt mit angeschlossenem Friseurladen, nicht um einen klassischen Friseurbetrieb und seien daher pro Arbeitsplatz 0,5 EGW (statt 1 EGW) in Ansatz zu bringen, so ist dem entgegen zu halten, dass wegen des Vorhandenseins von 4 Friseursesseln (Arbeitsplätzen) von 4 EGW auszugehen ist, ist es doch unerheblich, ob es sich um einen „reinen“ Friseurbetrieb oder einen an eine andere Betriebsstätte „angeschlossenen“ Friseurbetrieb handelt. In diesem Zusammenhang ist ergänzend darauf hinzuwiesen, dass es sich im Amtssachverständigengutachten Seite 4 vorletzter Absatz „Einwohnergleichwerte errechnet für Top 2“ bei der vorletzten Zeile „4,0 EGW von Wettbüro und Spielautomatenhalle“ um einen offenkundigen Irrtum handelt, indem es richtigerweise „4,0 EGW von Friseurbetrieb“ heißen müsste. Des Weiteren lautet die letzte Zeile satt „Summe Top 1“ richtigerweise „Summe Top 2“, die erste Zeile im letzten Absatz statt „Berechnungsfläche Top 1“ richtigerweise „Berechnungsfläche Top 2“. Diese Richtigstellungen konnten aufgrund der Offenkundigkeit dieser Schreib- bzw. Übertragungsfehler vorgenommen werden.
Wenn seitens der belangten Behörde zum bezogenen Gutachten des Amtssachverständigen für Siedlungswasserwirtschaft eingewendet wird, dieses basiere lediglich auf Schätzungen der Mitarbeiter-Anzahl bzw. einer „Momentaufnahme“ während des vom Amtssachverständigen durchgeführten Lokalaugenscheins, es bedürfe jedenfalls konkreter Angaben der Mieter zur Anzahl der tatsächlich beschäftigten Mitarbeiter pro Monat und keine Stichtagsbetrachtung, so ist dem entgegen zu halten, dass seitens des Amtssachverständigen durchaus die Anzahl der tatsächlich am Stichtag angemeldeten Dienstnehmer durch Befragen der jeweiligen Filialleitung erhoben hat. In diesem Zusammenhang ist weiters auszuführen, dass die Mitarbeiterzahlen, die einerseits von der Beschwerdeführerin bekannt gegeben, andererseits vom Verwaltungsgericht durch Anfrage bei den Mietern des Fachmarktzentrums erhoben wurden, von den Mitarbeiterzahlen, die anlässlich des Lokalaugenscheins festgestellt bzw. erfragt wurden, durchaus differieren. Dies ist mit dem Umstand erklärbar, dass es in der Natur kleiner Einzelhandelsbetriebe liegt, dass auf die Flexibilität des Arbeitsanfalls mit entsprechender Flexibilität der Mitarbeiterzahlen kurzfristig reagiert wird. Des weiteren muss Berücksichtigung finden, dass im Gegenstand Beschäftigungsmodelle von Vollzeit, Teilzeit mit unterschiedlichen Beschäftigungsausmaßen, Beschäftigung auf Geringfügigkeitsbasis (mit nur fallweisem Einsatz bei Bedarf) zur Anwendung gelangen. Auch starke Schwankungen der Kundenfrequenz sind evident.
Es kann daher den sachverständigen Ausführungen nicht entgegen getreten werden, der die Heranziehung von Mittelwerten mit der größtmöglichen Objektivität begründet hat.
3.1.9.
Es trifft zu, dass zur Vermeidung von Härtefällen gemäß § 5b NÖ Kanalgesetz 1977 nicht der Einheitssatz, sondern die Kanalbenützungsgebühr um den ermittelten Prozentsatz zu vermindern ist.
Nach diesem Berechnungsmodell beträgt die jährlich zu entrichtende Kanalbenützungsgebühr – unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche bezüglich Top 1 von 1.002,24 m² und eines Einheitssatzes von 2,54 Euro - sohin € 2.545,69. Dieser Betrag ist entsprechend der sachverständigen Ausführungen iSd § 5b Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 um 45,14% Prozent zu mindern. Die reduzierte jährliche Kanalbenützungsgebühr beträgt somit € 1.396,56 (exklusive Umsatzsteuer).
Nach diesem Berechnungsmodell beträgt die jährlich zu entrichtende Kanalbenützungsgebühr – unter Zugrundelegung einer Berechnungsfläche bezüglich Top 2 von 1.005,23 m² und eines Einheitssatzes von 2,54 Euro - sohin € 2.553,28. Dieser Betrag ist entsprechend der sachverständigen Ausführungen iSd § 5b Abs. 1 NÖ Kanalgesetz 1977 um 30,59% Prozent zu mindern. Die reduzierte jährliche Kanalbenützungsgebühr beträgt somit € 1.772,23 (exklusive Umsatzsteuer).
Indem sich eine Verminderung der vorgeschriebenen Kanalbenützungsgebühr laut Abgabenbescheiden vom 26. Jänner 2010 solchermaßen nicht ergibt, haben die Abgabenbehörden zu Recht den Antrag auf Reduzierung der Kanalbenützungsgebühren abgewiesen und war daher spruchgemäß zu entscheiden.
3.2. Zu Spruchpunkt 2 - Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß
Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil die Entscheidung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Im Hinblick auf die obigen Ausführungen (siehe 3.1.) liegen jedoch keine Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor.
Schlagworte
Finanzrecht; Kanalbenützungsgebühr; Abgabenbescheid; Feststellungsbescheid; Sach- und Rechtslage;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGNI:2018:LVwG.AV.1049.001.2016Zuletzt aktualisiert am
02.05.2018