TE Bvwg Erkenntnis 2018/4/16 W226 1435205-2

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Veröffentlicht am 16.04.2018
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Entscheidungsdatum

16.04.2018

Norm

B-VG Art.133 Abs4
FPG §88 Abs2a

Spruch

W226 1435205-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. WINDHAGER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 14.09.2017, Zl. 821270909-1548335, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 88 Abs. 2a FPG idgF als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gem. Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text

ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen der Russischen Föderation, wurde mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 06.05.2013, Zl. 12 12.709-BAG, subsidiärer Schutz und eine befristete Aufenthaltsberechtigung erteilt, welche zuletzt bis 05.05.2018 verlängert wurde.

Am 02.08.2016 beantragte die Beschwerdeführerin beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion XXXX , die Ausstellung eines Fremdenpasses mit der Begründung, keine russischen Dokumente zu besitzen (weder Reise-, noch Inlandspass), daher werde von der Russischen Botschaft kein Reisepass ausgestellt.

Die Beschwerdeführerin verwies dabei auf ein beigelegtes Schreiben der Botschaft der Russischen Föderation in Österreich an den vorangehenden Rechtsvertreter, einen Rechtsanwalt, der sich vorangehend mit Schreiben vom XXXX offensichtlich zwecks Ausstellung russischer Reisedokumente an die Botschaft der Russischen Föderation gewandt hatte. Die Botschaft führte diesbezüglich aus, dass die Beschwerdeführerin neue russische Reisedokumente bei der Botschaft der Russischen Föderation beantragen darf, wenn sie über einen gültigen russischen Reise- oder Inlandspass verfügt. Falls die Beschwerdeführerin keine russischen Pässe habe, solle sie dann im Voraus einen Antrag auf die Prüfung ihrer Angehörigkeit zum russischen Staatsverband stellen (AS 28).

In einer schriftlichen Eingabe vom 07.11.2016 führte die Beschwerdeführerin aus, dass von einer konkreten Möglichkeit, sich ein Reisedokument des Heimatstaates zu besorgen, nur dann gesprochen werden könne, wenn die Antragstellerin "auch psychisch und physisch in der Lage" sei, einen solchen Antrag zu stellen.

Die Beschwerdeführerin verwies diesbezüglich auf ihr Vorbringen im Asylverfahren, wonach sie - verkürzt wiedergegeben - von nahen Angehörigen misshandelt worden sei, deshalb sei zwar keine Asylrelevanz erkannt worden, jedoch festgestellt worden, dass eine Rückkehr auf Grund individueller, sie betreffender Faktoren gemäß § 8 Asylgesetz nicht zulässig sei.

Die Beschwerdeführerin sei schwer traumatisiert und leide heute noch unter psychischen Problemen und befinde sich, bestätigt durch ein arbeitsmedizinisches Gutachten, in einem sehr schlechten Zustand. Sie leide unter einer Posttraumatischen Belastungsstörung, welche sich durch den schlechten körperlichen Zustand noch verschlimmert habe. Sie habe große Angst, dass durch den Kontakt mit der Botschaft der Russischen Föderation die Familie des Mannes erfahre, dass sie noch lebe und dass die Familie daraufhin sie aufsuchen und ihr etwas antun werde. Auf Grund der speziellen Situation sei es der Antragstellerin nicht zumutbar, sich der Gefahr und der psychischen Belastung auszusetzen, die ein solcher Behördengang (gemeint:

Vorsprache bei bzw. Kontaktierung der Botschaft der Russischen Föderation) mit sich bringen würde.

Am 28.06.2017 brachte die rechtsfreundlich vertretene Beschwerdeführerin eine Säumnisbeschwerde bei der belangten Behörde ein, worauf diese der Beschwerdeführerin ein schriftliches Parteiengehör übermittelte.

Die belangte Behörde verwies dabei auf den bereits erwähnten Schriftverkehr des vorangehenden Rechtsanwaltes mit der Russischen Botschaft und führte aus, dass laut Auskunft der Botschaft der Russischen Föderation in Wien grundsätzlich für Staatsbürger der Russischen Föderation Reisepässe ausgestellt werden. Die belangte Behörde verwies weiters auf eine Mitteilung der Russischen Botschaft, dass sich ein Antragsteller einem Prüfungsverfahren zu unterziehen habe und alle vorhandenen Unterlagen, wie z.B. Geburtsurkunde und eventuell bereits vorhandene ausgestellte russische Reisepässe bei der Antragstellung vorzulegen habe. Sollte die Prüfung bei der Russischen Botschaft ergeben, dass ein Antragsteller nicht im Russischen Staatsverband verzeichnet sei, so werde ihm über diese Tatsache eine Bestätigung ausgestellt.

Aus dem Akteninhalt gehe jedoch hervor, dass die Beschwerdeführerin im Besitz eines Russischen Reisepasses (gewesen) sei und sei somit anzunehmen, dass sie Staatsbürgerin der Russischen Föderation sei und versuchen könne, bei der Botschaft einen Antrag auf Ausstellung eines Russischen Reisepasses zu stellen.

Mit Bescheid vom 14.09.2017 wurde der Antrag auf Ausstellung eines Fremdenpasses vom 02.08.2016 (im Bescheid irrtümlich mit 05.07.2016 erwähnt) gemäß § 88 Absatz 2a FPG abgewiesen. Im Wesentlichen verwies die belangte Behörde auf die gleichen Argumente, die bereits im schriftlichen Parteiengehör übermittelt worden waren, so habe die Beschwerdeführerin keinen schriftlichen Nachweis erbracht, dass sie kein Reisedokument des Herkunftsstaates erlangen könne. Sie sei laut Aktenlage im Besitz eines russischen Inlandspasses (gewesen), die Staatsangehörigkeit stehe eindeutig fest. Unter Vorlage dieses Inlandspasses wäre die Erlangung eines russischen Reisepasses leicht möglich und habe die Beschwerdeführerin keinerlei Verfolgungsgründe durch den russischen Staat vorgetragen.

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht Beschwerde erhoben und wurde dabei im Wesentlichen erneut vorgetragen, dass die Beschwerdeführerin aus Angst vor ihrem Schwager und dessen Sohn und nach erfolgten schweren Körperverletzungen die Russische Föderation verlassen habe. Auch der Ehemann habe ihr regelmäßig Gewalt angetan und sei festgestellt worden, dass eine Rückkehr auf Grund individueller Faktoren gemäß § 8 Asylgesetz nicht zulässig sei. Bis auf die Schwester, die heute noch in Tschetschenien lebe, wisse niemand, dass die BF noch am Leben sei. Sie habe große Angst, dass durch den Kontakt mit der Botschaft der Russischen Föderation die Familie ihres Mannes erfahre, dass die Beschwerdeführerin noch lebe und sie daraufhin aufsuchen und ihr etwas antun werde. Auf Grund dessen sei es der BF nicht zumutbar, sich der Gefahr und der psychischen Belastung auszusetzen, die ein solcher Behördengang mit sich bringen würde. Sie habe somit keine Möglichkeit, sich ein Reisedokument des Heimatstaates zu beschaffen und sei deshalb nicht in der Lage, die gewünschten Dokumente beizubringen.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweis wurde erhoben durch die Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsakt, den Bescheidinhalt, in den Asylakt der Beschwerdeführerin sowie den Inhalt der gegen den Bescheid der belangten Behörde erhobenen Beschwerde.

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesamtes vom 16.05.2013 wurde ausgesprochen, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wird. Der Beschwerdeführerin wurde gemäß § 8 Abs. 4 AsylG eine befristete Aufenthaltsberechtigung gewährt, die zuletzt bis 05.05.2018 verlängert wurde. Der Antrag auf internationalen Schutz der Beschwerdeführerin wurde hinsichtlich des Status einer Asylberechtigten abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat im Rahmen einer Beschwerdeverhandlung vom 08.04.2014 selbst die eingebrachte Beschwerde zu § 3 AsylG zurückgezogen.

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen betreffend die Erteilung von subsidiärem Schutz und den Grund hiefür ergeben sich aus dem Asylakt der Beschwerdeführerin. Die Beschwerdeführerin hat in ihrem Verfahren letztlich keine konkreten, individuellen Verfolgungsgründe aus in der GFK genannten Gründen darlegen können.

Es war demnach eine individuelle - vor allem staatliche - Verfolgung im Herkunftsstaat klar zu verneinen. Der Beschwerdeführerin droht demnach keine individuelle Verfolgung aus Gründen der Genfer Flüchtlingskonvention, weshalb für das erkennende Gericht keine Umstände erkennbar sind, weshalb es der Beschwerdeführerin nicht möglich und zumutbar sein sollte, sich an die Botschaft des Herkunftsstaat zu wenden, um die Ausstellung eines Reisepasses zu beantragen.

Die Beschwerdeführerin hat selbst zugegeben, sich nicht an die Botschaft ihres Herkunftsstaates gewendet zu haben, um einen Reisepass zu beantragen, weshalb die dahingehende Feststellung zu treffen war.

Die Beschwerdeführerin bestreitet im Rahmen des Beschwerdeverfahrens auch nicht, dass sie die russische Staatsbürgerschaft besitzt und dass sie im Zuge des Asylverfahrens Dokumente zum Beweis der Staatsbürgerschaft vorgelegt hat. Demzufolge kann der Überlegung der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführerin angesichts der Existenz von Beweismitteln zum Beweis der Staatsbürgerschaft die Kontaktierung der russischen Auslandsvertretung grundsätzlich zumutbar und möglich ist, ihr darüber hinaus angesichts der vorhandenen Dokumente auch offensichtlich ein russisches Reisedokument ausgestellt werden wird, nicht widersprochen werden.

In diesem Zusammenhang ist darüber hinaus festzuhalten, dass die Beschwerdeführerin selbst einen Schriftverkehr vorgelegt hat, den offensichtlich der vorangehende Rechtsanwalt initiativ mit der Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation in Österreich in Wien geführt hat. Wenn aber der rechtsfreundliche Vertreter der Beschwerdeführerin selbst die Konsularabteilung der Botschaft der Russischen Föderation in Österreich kontaktiert und dahingehend Erkundigungen anstellt, auf welchem Wege die Beschwerdeführerin einen Reisepass der Russischen Föderation erhalten kann, dann kann die nachfolgende Argumentation, dass der Beschwerdeführerin jegliche Form der Kontaktaufnahme mit der Botschaft der Russischen Föderation nicht zumutbar sei, schlichtweg nicht nachvollzogen werden.

Bereits vor dem Hintergrund dieses bereits existierenden Schriftverkehrs ist somit evident, dass die Botschaft der Russischen Föderation ohnedies bereits vom Aufenthalt der Beschwerdeführerin in Österreich Kenntnis hat, jedoch offensichtlich seit diesem Schriftverkehr, somit seit mehr als dreieinhalb Jahren, für die Beschwerdeführerin daraus kein Nachteil dahingehend entstanden ist, dass etwa sich Familienmitglieder an die Botschaft der Russischen Föderation in Österreich gewandt hätten bzw. diese das Wissen des Aufenthaltes in Österreich an Familienmitglieder weitergegeben hätte.

Zudem ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerdeführerin im Rahmen ihrer Einvernahme vor dem Bundesasylamt im Jahr 2012 darauf hingewiesen hat, weiterhin mit ihrer Schwester XXXX in Tschetschenien in Kontakt zu stehen, sodass offensichtlich auch die Kontaktaufnahme mit nahen Angehörigen in Tschetschenien eben nicht dazu geführt hat, dass der Auslandsaufenthalt der Beschwerdeführerin jenen Familienmitgliedern, vor denen sie im Jahr 2012 geflohen ist, bekannt geworden wäre.

Für das erkennende Gericht ist somit überhaupt nicht nachvollziehbar, aus welchen konkreten, somit objektiv beurteilbaren Gründen es der Beschwerdeführerin nicht möglich sein sollte, sich ein Reisedokument des Herkunftsstaates zu besorgen und kann keinesfalls davon ausgegangen werden, dass der Antragstellerin die Ausstellung eines Reisedokumentes seitens der Vertretungsbehörde tatsächlich verweigert werde. Im Gegenteil, die Beschwerdeführerin hat selbst über ihren vorangehenden Rechtsvertreter initiativ Kontakt mit der Russischen Botschaft in Österreich aufgenommen und wurde ihr über den vorangehenden Rechtsvertreter sogar initiativ der Rat gegeben, im Fall der Nichtverfügbarkeit von Inlands- oder Reisepass einen Antrag auf die Prüfung der Angehörigkeit zum Russischen Staatsverband zu stellen.

Es ist somit konkret möglich, einen Reisepass des Herkunftsstaates zu erlangen, mag die konkrete Beschwerdeführerin auf Grund ihrer psychischen Verfassung auch möglicherweise subjektiv den Eindruck haben, dass damit eine Gefahr verbunden sein könnte. Damit wird jedoch nicht dargelegt, dass der konkreten Beschwerdeführerin durch Inanspruchnahme von rechtsfreundlicher Vertretung - wie in der Vergangenheit bereits geschehen - es nicht leicht möglich sein sollte, den notwendigen Behördentermin bei der Botschaft der Russischen Föderation in Österreich wahrzunehmen.

3. Rechtlich folgt:

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 33/2013 idF BGBl. I 122/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis

zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist.

Gemäß § 6 des Bundesgesetzes über die Organisation des Bundesverwaltungsgerichtes (Bundesverwaltungsgerichtsgesetz - BVwGG), BGBl I 10/2013 entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

§ 1 Bundesgesetz, mit dem die allgemeinen Bestimmungen über das Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl zur Gewährung von internationalem Schutz, Erteilung von Aufenthaltstiteln aus berücksichtigungswürdigen Gründen, Abschiebung, Duldung und zur Erlassung von aufenthaltsbeendenden Maßnahmen sowie zur Ausstellung von österreichischen Dokumenten für Fremde geregelt werden, (BFA-Verfahrensgesetz, BFA-VG), BGBl I 87/2012 idF BGBl I 144/2013 bestimmt, dass dieses Bundesgesetz allgemeine Verfahrensbestimmungen beinhaltet, die für alle Fremden in einem Verfahren vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, vor Vertretungsbehörden oder in einem entsprechenden Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gelten. Weitere Verfahrensbestimmungen im AsylG und FPG bleiben unberührt

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 BFA-VG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht über Beschwerden gegen Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl.

Gegenständlich liegt somit mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen Einzelrichterzuständigkeit vor und ist der angefochtene Bescheid mittels Erkenntnis zu erledigen.

Zu A)

Gemäß § 88 Abs. 2a Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 i. d.g.F. sind Fremdenpässe Fremden, denen in Österreich der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt und die nicht in der Lage sind, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatstaates zu beschaffen, auf Antrag auszustellen, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu BGBl. I 2009/122, Z 73 und 74 (§ 88 Abs. 2 und 2a) wird wie folgt ausgeführt:

"Die Statusrichtlinie sieht die Angleichung der Rechte von Asylberechtigten und subsidiär Schutzberechtigten, unter anderem in Bezug auf den Anspruch auf Ausstellung von Reisedokumenten durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat, vor. Art. 25 Abs. 2 Statusrichtlinie sieht diesbezüglich vor, dass subsidiär Schutzberechtigten, die keine Reisedokumente ihres Herkunftsstaates erhalten können, durch den schutzgewährenden Mitgliedstaat Reisedokumente auszustellen sind, es sei denn, dass zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung dem entgegenstehen. Diese Richtlinienbestimmung wird durch § 88 Abs. 2a umgesetzt, indem subsidiär Schutzberechtigten nunmehr ein Rechtsanspruch auf Ausstellung eines Fremdenpasses eingeräumt wird, der nur aus Gründen der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung beschränkt werden kann. Humanitäre Gründe für die Anwesenheit in einem anderen Staat sind nicht mehr erforderlich."

Subsidiär Schutzberechtigte sind dann nicht in der Lage, sich ein Reisedokument ihres Heimatstaates (Herkunftsstaates) zu beschaffen, wenn deren Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert. Mit der Ausstellung eines Fremdenpasses an den Betroffenen übernimmt Österreich die völkerrechtliche Rücknahmeverpflichtung. Die "zwingende Gründe der nationalen Sicherheit oder öffentlichen Ordnung" müssen sich auf dem Betroffenen mit dem Fremdenpass eröffnete Reisefreiheit beziehen. (Schrefler-König/Szymanski, Fremdenpolizei- und Asylrecht (2014) Anm 2 zu § 88 FPG)

Neben dem Status des subsidiär Schutzberechtigten ist Voraussetzung für die Ausstellung eines Fremdenpasses, dass der Fremde nicht in der Lage ist, sich ein gültiges Reisedokument seines Heimatstaates zu beschaffen.

Im vorliegenden Fall wurde bereits beweiswürdigend dargelegt, dass es der Beschwerdeführerin möglich und zumutbar ist - wie im übrigen bereits geschehen - sich an die Vertretungsbehörde in XXXX zu wenden, um ein Reisedokument zu beantragen.

Aufgrund des Umstandes, dass die Beschwerdeführerin - trotz Aufforderung durch das Bundesamt - nicht versucht hat, sich einen Reisepass von der Vertretungsbehörde ihres Herkunftsstaates in XXXX zu besorgen, obwohl ihr dies aufgrund der dargelegten Umstände objektiv betrachtet möglich und zumutbar ist, hat das Bundesamt zu Recht festgehalten, dass die Beschwerdeführerin in der Lage ist, ein gültiges Reisedokument bei der Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates in XXXX zu beantragen. Der Beschwerdeführerin steht es frei, sich mit rechtsfreundlicher Vertretung an die Botschaft zu wenden, eine Unzumutbarkeit der Kontaktierung der Botschaft ist objektiv nicht feststellbar.

Die Beschwerdeführerin wird demnach ein gültiges Reisedokument bei der Vertretungsbehörde ihres Herkunftsstaates in XXXX zu beantragen haben. Auch die Befürchtungen der BF, durch den Kontakt mit der Botschaft könnten theoretisch Familienmitglieder vom Aufenthalt in Österreich erfahren, sind objektiv nicht nachvollziehbar. Die BF hat mit der eigenen Schwester in Tschetschenien Kontakt weiterhin gepflegt, bereits 2014 ist die BF durch den damaligen Rechtsvertreter selbst initiativ an die Botschaft der Russischen Föderation herangetreten. Die Unmöglichkeit, sich ein gültiges Reisedokument des Heimatstaates zu beschaffen, muss objektiv gegeben sein, subjektive Befürchtungen sind nicht ausreichend.

Da die Beschwerdeführerin - mangels eines entsprechenden Antrages bei dieser - nicht darlegen konnte, dass ihr die Vertretungsbehörde des Herkunftsstaates in XXXX die Ausstellung eines Reisedokumentes verweigert, ist die Voraussetzung zur Erteilung eines Fremdenpasses an Fremde, denen in Österreich der Status von subsidiär Schutzberechtigten zukommt, nicht erfüllt. Die Beschwerdeführerin konnte nicht darlegen, nicht in der Lage zu sein, sich ein gültiges Reisedokument ihres Herkunftsstaates zu beschaffen.

Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl hat zutreffend festgestellt, dass die Beschwerdeführerin die Voraussetzung zur Ausstellung eines Fremdenpasses gemäß § 88 Abs. 2a FPG nicht erfüllt. Zum aktuellen Zeitpunkt ist kein objektiv nachvollziehbarer Grund ersichtlich, weshalb die Beschwerdeführerin nicht in der Lage sein sollte, sich ein gültiges Reisedokument ihres Heimatlandes zu beschaffen bzw. wurde nicht dargelegt, dass die Vertretungsbehörde die Ausstellung verweigert.

Zumal die Ausstellung eines Reisedokumentes durch einen anderen Staat einen massiven Eingriff in die Hoheitsreiche des Herkunftsstaates bedeutet, ist für die Ausstellung eines Fremdenpasses ein restriktiver Maßstab anzulegen und geht das Fremdenpolizeigesetz von der Prämisse aus, dass Fremde sich zuerst an ihre Heimatvertretung für ein Reisedokument wenden müssen. Erst wenn der Fremde, was im Fall der Beschwerdeführerin nicht zutrifft, kein Reisedokument erhält, ist bei Erfüllen der sonstigen Voraussetzungen ein Fremdenpass auszustellen.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Gemäß § 24 Abs. 1 des VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

Nach § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Gemäß Art. 47 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (2010/C 83/02) - folgend: GRC - hat jede Person, deren durch das Recht der Union garantierte Rechte oder Freiheiten verletzt worden sind, das Recht, nach Maßgabe der in diesem Artikel vorgesehenen Bedingungen bei einem Gericht einen wirksamen Rechtsbehelf einzulegen. Zufolge Abs. 2 leg.cit. hat jede Person ein Recht darauf, dass ihre Sache von einem unabhängigen, unparteiischen und zuvor durch Gesetz errichteten Gericht in einem fairen Verfahren, öffentlich und innerhalb angemessener Frist verhandelt wird. Jede Person kann sich beraten, verteidigen und vertreten lassen.

Nach Art. 52 Abs. 1 GRC muss jede Einschränkung der Ausübung der in dieser Charta anerkannten Rechte und Freiheiten gesetzlich vorgesehen sein und den Wesensgehalt dieser Rechte und Freiheiten achten. Unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dürfen Einschränkungen nur vorgenommen werden, wenn sie notwendig sind und den von der Union anerkannten dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen oder den Erfordernissen des Schutzes der Rechte und Freiheiten anderer tatsächlich entsprechen.

Der VwGH hat sich mit Erkenntnis vom 28.05.2014, Zl. Ra 2014/20/0017, mit der Frage des Entfalls einer mündlichen Verhandlung unter Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG befasst, wobei dem Grunde nach die zuvor zitierte Judikaturlinie der Höchstgerichte beibehalten wird. Daraus resultierend ergeben sich für die Auslegung des § 21 Abs. 7 BFA-VG folgende maßgeblichen Kriterien: Der für die rechtliche Beurteilung entscheidungswesentliche Sachverhalt muss von der Verwaltungsbehörde vollständig in einem ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahren erhoben worden sein und bezogen auf den Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG immer noch die gesetzlich gebotene Aktualität und Vollständigkeit aufweisen. Die Verwaltungsbehörde muss die die entscheidungsmaßgeblichen Feststellungen tragende Beweiswürdigung in gesetzmäßiger Weise offen gelegt haben und das BVwG diese tragenden Erwägungen der verwaltungsbehördlichen Beweiswürdigung teilen. In der Beschwerde darf kein dem Ergebnis des behördlichen Ermittlungsverfahrens entgegenstehender oder darüber hinausgehender für die Beurteilung relevanter Sachverhalt behauptet werden, wobei bloß unsubstantiiertes Bestreiten ebenso außer Betracht bleibt wie ein Vorbringen, das gegen das in § 20 BFA-VG festgelegte Neuerungsverbot verstößt.

Projiziert auf den vorliegenden Beschwerdefall bedeutet dies, dass aus dem Akteninhalt des Bundesamtes die Grundlage des bekämpften Bescheides unzweifelhaft nachvollziehbar ist. Es hat sich auch in der Beschwerde - mit welcher die Beweiswürdigung des Bundesamtes nicht erschüttert bzw. substantiiert bekämpft werden konnte - kein zusätzlicher Hinweis auf die Notwendigkeit ergeben, den maßgeblichen Sachverhalt mit der Beschwerdeführerin zu erörtern. Der maßgebliche Sachverhalt war aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde als geklärt anzusehen.

Dem Bundesverwaltungsgericht liegt sohin kein Beschwerdevorbringen vor, das mit der Beschwerdeführerin mündlich zu erörtern gewesen wäre, sodass die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht unterbleiben konnte.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung, weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Das Bundesverwaltungsgericht konnte sich bei allen erheblichen Rechtsfragen auf eine ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bzw. auf eine ohnehin klare Rechtslage stützen. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde unter A) wiedergegeben.

Schlagworte

Familienangehöriger, Fremdenpass, Herkunftsstaat, Reisedokument,
Verfolgungsgefahr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2018:W226.1435205.2.00

Zuletzt aktualisiert am

02.05.2018
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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