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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BAO §116;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Fellner, Dr. Hargassner, Mag. Heinzl und Dr. Fuchs als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Fössl, über die Beschwerde des A in W, vertreten durch Dr. Johann W. Kazda, Rechtsanwalt in Wien I, Esslinggasse 2/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland (Berufungssenat V) vom 30. Juni 1997, Zlen. GA 16-91/3216/10, 16-91/3398/10, betreffend Umsatzsteuer 1989 und Einkommensteuer 1985 bis 1989, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit einem beim Finanzamt für den 12., 13., 14. und 23. Bezirk in Wien am 11. April 1989 eingereichten Fragebogen gab der Beschwerdeführer bekannt, dass er ab "jetzt" aus einer "Vermietung" Einnahmen erzielen werde. Der voraussichtliche Jahresumsatz werde 200.000 S, der voraussichtliche Gewinn 40.000 S betragen.
Dem genannten Finanzamt ging am 9. März 1989 eine Kontrollmitteilung des Finanzamtes für Körperschaften vom 6. Dezember 1988 zu, wonach anlässlich einer Betriebsprüfung bei der M GmbH verdeckte Gewinnausschüttungen an den Beschwerdeführer festgestellt worden seien (1984 seien dies 270.000 S, 1985 377.600 S und 1986 360.000 S gewesen). Die angeführten verdeckten Gewinnausschüttungen seien beim Beschwerdeführer Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Das Finanzamt sandte daraufhin dem Beschwerdeführer Formulare für Umsatz- und Einkommensteuererklärungen für die Jahre 1984 bis 1987 zu. Nachdem Erinnerungen zur Erklärungsabgabe vom 19. Juli 1989 und auch weiters erfolgte Festsetzungen von Zwangsstrafen vom 24. November 1989 in Höhe von jeweils 3.000 S zu keiner Erklärungsabgabe führten, veranlagte das Finanzamt den Beschwerdeführer mit Bescheiden vom 18. Dezember 1990 für die Jahre 1984 bis 1987 zur Umsatz- und Einkommensteuer, wobei es die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelte. Bei der Umsatzsteuer kamen dabei jeweils mit dem Steuersatz von 20 % versteuerte Entgelte in Höhe von 600.000 S zum Ansatz. Bei der Einkommensteuer setzte das Finanzamt für das Jahr 1984 Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 337.500 S sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 300.000 S, für das Jahr 1985 Einkünfte aus Kapitalvermögen von 472.000 S und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 300.000 S, für das Jahr 1986 Einkünfte aus Kapitalvermögen von 450.000 S und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 300.000 S sowie für das Jahr 1987 Einkünfte aus Kapitalvermögen von 450.000 S und Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung von 300.000 S an. Zur Begründung wurde jeweils darauf hingewiesen, wegen Nichtabgabe der Steuererklärungen seien die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege zu ermitteln gewesen.
Mit Schriftsatz vom 21. Februar 1991 brachte der Beschwerdeführer innerhalb verlängerter Rechtsmittelfrist über seine steuerliche Vertretung gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1984 bis 1987 das Rechtsmittel der Berufung ein. Darin machte der Beschwerdeführer geltend, das Finanzamt habe es hinsichtlich seiner schätzungsweisen Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen unterlassen, die Methode der Schätzung im Bescheid bzw. in der Begründung zu erwähnen oder zu erläutern. Auch die Berechnung der Besteuerungsgrundlagen sei nicht ausgeführt worden. Der Beschwerdeführer habe in den vom Finanzamt verlangten Jahren keinen Umsatz getätigt und auch kein steuerpflichtiges Einkommen bezogen. Es werde daher der Antrag gestellt, die Umsätze 1884 bis 1987 mit "S 0,00" festzusetzen und die Einkünfte ebenfalls mit "S 0,00" zu veranlagen.
Das Finanzamt richtete am 5. März 1991 an den Beschwerdeführer betreffend Ergänzungen der Berufungen für die Jahre 1984 bis 1987 und "Schätzungen für 1988 und 1989" (für diese Jahre waren zum Zeitpunkt dieses Vorhaltes ebenfalls noch keine Abgabenerklärungen eingelangt) einen Vorhalt. Zur Berufung betreffend die Jahre 1884 bis 1987 wurde im Vorhalt ausgeführt, der Betriebsprüfung bei der M GmbH liege ein substanzielles Beweisverfahren zugrunde, welches durch beweislose Behauptungen und Rügen allein nicht zu entkräften sei. Da für die Jahre 1984 bis 1989 keine einzige Steuererklärung abgegeben worden sei, erscheine die "Verfahrensrüge der Schätzungsberechnung schon in einem anderen Licht". Das Finanzamt habe den "Verbrauch" der Verkehrskreise des Beschwerdeführers, die "angehäuften Wertgegenstände lt. Niederschrift vom 29.1.1990", den Familienstand und die Tatsache, dass aus den "bescheidenen erklärten Einkünften der Gattin" keine weitere Unterstützung fließen könne, der Schätzung zugrunde gelegt. Dies habe geschätzte Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 300.000 S pro Jahr ergeben. Da auch für die Jahre 1988 und 1989 die Erklärungsabgabe ignoriert worden sei, sei vorgesehen für diese Jahre analog den Vorjahren im Schätzungswege vorzugehen. Eine Schätzung der jährlichen Umsätze in Höhe von 600.000 S erscheine durch die Umsatzsteuervoranmeldungen Juni und November 1990 in Höhe von rund 40.000 bzw. 65.000 S nachträglich bestätigt (Mittelwert von 50.000 S x 12).
Nachdem der Beschwerdeführer zu diesem Vorhalt trotz Erinnerung und Zwangsstrafenfestsetzung vom 30. April 1991 keine Äußerung abgegeben hatte, sandte das Finanzamt dem Beschwerdeführer am 6. Mai 1991 einen ergänzenden Vorhalt mit Unterlagen über das Besteuerungsverfahren bei der M GmbH zu. Im Vorhalt wird darauf hingewiesen, dass etwa behauptete "Nichtzuflüsse" von verdeckten Gewinnausschüttungen im Einkommensteuerverfahren erneut geprüft werden müssten und ein bloßer Hinweis auf die offenen Berufungen im Gefolge der Betriebsprüfung bei der M GmbH nicht ausreiche. Die Rüge des Beschwerdeführers betreffend Methode der Schätzung und Bemessungsgrundlagen gehe "angesichts der Ignoranz jedweder Mitwirkung Ihrerseits" ins Leere.
Die dem Beschwerdeführer mit dem Vorhalt vom 6. Mai 1991 übermittelten 12 Ablichtungen enthielten Auszüge aus dem Betriebsprüfungsbericht bei der M GmbH sowie eine Stellungnahme des Betriebsprüfers vom 10. August 1989 betreffend die bei der M GmbH eingebrachten Rechtsmittel. Den Unterlagen über die Betriebsprüfung bei der M GmbH ist im Wesentlichen zu entnehmen, dass deren Stammkapital (500.000 S) nach Ansicht des Prüfers vom Rechtsanwalt Dr. F jeweils treuhändig für den Beschwerdeführer und zwei weitere Personen (Alfred W und Friedrich Sch) gehalten worden sei. Die diesen Gesellschaftern je zu einem Drittel zuzurechnenden verdeckten Gewinnausschüttungen resultierten aus geschätzten Getränkeumsätzen in den Jahren 1984 bis 1986, die der M GmbH zuzurechnen seien (dem Vorbringen der M GmbH, die Getränkeumsätze seien nicht ihr, sondern den in dem von ihr vermieteten Gebäude tätigen Prostituierten zuzurechnen, sie selbst habe lediglich Vermietungsentgelte bezogen, habe der Betriebsprüfer nicht folgen können). Einem ebenfalls der Stellungnahme des Betriebsprüfers angeschlossenen Amtsvermerk ist unter Punkt 6 zu entnehmen, dass für 1987 und 1988 bei der M GmbH ebenfalls Schätzungen im Sinn der Betriebsprüfung durchzuführen seien.
Der Vorhalt blieb nach der Aktenlage unbeantwortet.
In den Verwaltungsakten findet sich weiters zu den Veranlagungen für die Jahre 1988 und 1989 ein Vorhalt des Finanzamtes vom 20. Juni 1991. Darin wird darauf hingewiesen, weil für diese beiden Jahre keine Steuererklärungen abgegeben worden seien, müssten die Besteuerungsgrundlagen gemäß § 184 BAO im Schätzungswege ermittelt werden. Für 1988 werde ein Gesamtbetrag der Entgelte in Höhe von 700.000 S, für 1989 ein Betrag von 750.000 S angesetzt. Als Einkünfte aus Kapitalvermögen würden 1988 und 1989 jeweils 500.000 S, als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 1988 350. 000 und 1989 380.000 S angenommen. Um Stellungnahme werde ersucht.
Nachdem auch dazu keine Äußerung eingelangt war, veranlagte das Finanzamt die Jahre 1988 und 1989 entsprechend dem Vorhalt vom 20. Juni 1991 (Bescheide vom 3. September 1991).
Mit Schriftsatz vom 7. Oktober 1991 erhob der Beschwerdeführer gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 1988 und 1989 Berufung. Das Finanzamt habe die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege festgesetzt, jedoch weder in den Bescheiden noch in der Begründung die Schätzungsmethode und Berechnungsweise erläutert. Es werde der Berufungsantrag gestellt, auf Grund der - unter einem - abgegebenen Steuererklärungen die Veranlagungen für die Jahre 1988 und 1989 durchzuführen. Da der Beschwerdeführer im Jahr 1988 keine Umsätze getätigt und keine Einkünfte erzielt habe, werde ersucht, die Umsatz- und Einkommensteuer 1988 mit "S 0,00" festzusetzen. Für 1989 werde beantragt, den Umsatz mit 288.377 S, die abzugsfähige Vorsteuer mit 16.534 S und die Zahllast mit 25.883 S festzusetzen. Der Gewinn aus Gewerbebetrieb betrage
116.885 S. Außer diesen Einkünften habe der Beschwerdeführer keine Einkünfte bezogen.
In der der Berufung angeschlossenen Umsatzsteuererklärung für das Jahr 1989 wird die Art des Unternehmens des Beschwerdeführers mit "Vermietung und Getränkeverkauf" angegeben. Der Gesamtbetrag der vereinbarten Entgelte gliederte sich in dem Normalsteuersatz von 20 % unterzogene Beträge von rund 136.000 und dem ermäßigten Steuersatz von 10 % zugeordnete Beträge von rund 152.000 S. Beilagen oder Erläuterungen zur Umsatz- und Gewinnermittlung waren den Steuererklärungen nicht angeschlossen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde den Berufungen gegen die Bescheide über Umsatzsteuer für 1984, 1985, 1986, 1987 und 1988 sowie Einkommensteuer für 1984 Folge. Im Übrigen wurde den Berufungen teilweise Folge gegeben, die Bescheide betreffend Umsatzsteuer für 1989 sowie Einkommensteuer für 1985 bis 1989 wurden abgeändert.
Im angefochtenen Bescheid wird ausgeführt, das Berufungsverfahren bei der M GmbH habe hinsichtlich der Haftungsbescheide für Kapitalertragsteuer zu einer verdeckte Gewinnausschüttungen an den Beschwerdeführer (sowie W und Sch) verneinenden Berufungsvorentscheidung für die Jahre 1984 bis 1986 geführt. Für die Jahre 1987 bis 1989 sei das Berufungsverfahren wegen erfolgter "Löschung" der liquidierten M GmbH vor Erlassung einer zweiten Berufungsvorentscheidung eingestellt worden. Ein u. a. auch gegen den Beschwerdeführer beim Landesgericht für Strafsachen anhängiges Strafverfahren (wegen §§ 15, 75 StGB) sei eingestellt worden, ein gegen Alfred W beim selben Gericht geführtes Finanzstrafverfahren betreffend die Hinterziehung der Abgaben der M GmbH habe für diesen mit einem Freispruch geendet. Das Finanzamt für Körperschaften sei in der Berufungsvorentscheidung vom 13. Jänner 1993 zur Ansicht gelangt, die GmbH-Anteile und allfällige verdeckte Gewinnausschüttungen der M GmbH seien nicht dem Beschwerdeführer und Alfred W bzw. Anton Sch zuzurechnen, sondern dem "Treuhänder" Rechtsanwalt Dr. F (die seitens der Betriebsprüfung getroffenen Feststellungen reichten nach Ansicht dieses Finanzamtes nicht aus, eine Zurechnung der verdeckten - im Übrigen als sachlich zutreffend beurteilten - Mehrergebnisse an den Beschwerdeführer, W und Sch zu begründen).
In der Folge wird im angefochtenen Bescheid ein Schreiben des Rechtsanwaltes Dr. F vom 8. April 1993 wiedergegeben, in dem dieser zum nach der Berufungsvorentscheidung hinsichtlich der Haftungsbescheide erhobenen Vorwurf, die verdeckten Gewinnausschüttungen der M GmbH seien ihm zuzurechnen, Stellung nahm. Darin führte Dr. F näher aus, er sei bei der Gründung der M GmbH im Jahr 1984 nur formal der Alleingesellschafter gewesen, wobei er die Anteile treuhändig u.a. für den Beschwerdeführer gehalten habe (diesem habe er auch - wie ebenfalls Friedrich Sch und Alfred W - die Anteile im Jahr 1985 um 1 S unbefristet zum Kauf angeboten).
Die belangte Behörde hielt im angefochtenen Bescheid weiters fest, ihr seien die Steuerakten betreffend die M GmbH, die Akten des Landesgerichtes für Strafsachen als Finanzstrafgericht betreffend Alfred W, anonyme Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen der M GmbH, ein im Gerichtsverfahren erstelltes Gutachten des Mag. Z vom 24. Juli 1995 sowie das Hauptverhandlungsprotokoll und das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen vom 15. November 1995 vorgelegen.
Die belangte Behörde beschäftigt sich im angefochtenen Bescheid mit dem in der Hauptverhandlung des Finanzstrafverfahrens vom 15. November 1995 vorgelegten Gutachten des Mag. Z. Einer dort enthaltenen "Variante 3: Getränkeumsätze ab Juni 1985" sei zu entnehmen, dass seitens der M GmbH ab Juni 1985 Getränkeumsätze hätten getätigt werden können. Auch habe der Sachverständige das gerichtsaktenkundige Faktum einer Rechnung des Rechtsanwaltes Dr. F für die 1986 geleistete Überlassung einer Domiziladresse der M GmbH als starkes Indiz dafür gewertet, dass dieser keine über einen bloßen Treuhänder hinausgehende Gesellschafterstellung in der M GmbH gehabt habe. Der Angeklagte Alfred W habe sich dahingehend verantwortet, dass nicht er, sondern der Beschwerdeführer für alle Steuerangelegenheiten, einschließlich der Buchführung, verantwortlich gewesen sei. Die rechnerische Zuschätzung der Getränkeumsätze habe der Sachverständige als an der Untergrenze des Denkbaren und somit für die allfälligen "Zurechnungssubjekte äußerst günstig" bezeichnet.
Im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides führt die belangte Behörde zu den "verdeckten Gewinnausschüttungen" aus, die ursprünglichen Feststellungen der Betriebsprüfung des Finanzamtes für Körperschaften zu den 1984 bis 1986 verdeckt erwirtschafteten Mehrergebnissen der M GmbH erschienen der belangten Behörde trotz des Ausganges der betreffend diese Gesellschaft bzw. deren Geschäftsführer Alfred W geführten Steuer - und Gerichtsverfahren im Wesentlichen schlüssig. Der Beschwerdeführer habe im vorliegenden Verfahren nichts vorgebracht, was seine "Machthaberstellung" in der M GmbH und im - wohl verdeckt eingegliederten - "Club 69" bzw. die Feststellung und Zurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen dem Grunde nach in Zweifel zu ziehen vermöge. Der Beschwerdeführer sei allerdings erst nach dem Ableben des Bernhard W am 2. Mai 1985 (Abtretungsanbot vom 15. Mai 1985) bis zur Liquidation der M GmbH mindestens Drittelgesellschafter und infolge seiner Partnerstellung im "Club 69" auch gleichberechtigter Machthaber "im Sinne einer konsequenten Erfolgsteilung unter den Gesellschaftern" gewesen. Eine Vorwegbereicherung aus verdeckten Mehrergebnissen durch andere Personen gegen den Willen des Beschwerdeführers oder seiner Partner sei in diesem Verfahren nicht einmal behauptet worden. Die bloße Behauptung, nicht er habe Mehrgewinne erhalten (der Treuhänder Dr. F habe es nach den Erkenntnissen des gerichtlich beeideten Sachverständigen Mag. Z nicht gewesen sein können), sei schon im Hinblick auf § 24 Abs. 1 lit. d BAO für sich allein ungeeignet, den Zufluss verdeckter Gewinnausschüttungen zu widerlegen. An dieser Zurechnung werde daher für die Jahre 1985 (ab Juni) und 1986 unverändert festgehalten. Zu den Jahren 1987 und 1988 habe der Betriebsprüfer im Aktenvermerk "des grünen Bogens" für die belangte Behörde überzeugend dargelegt, dass ein gleich großer Umfang des Geschäftsbetriebes wie in den Vorjahren anzunehmen sei. Der Beschwerdeführer habe dem auch nichts entgegengesetzt. Wohl habe der Gerichtssachverständige ein Handeln der behaupteten späteren Getränkeeinkäuferin und "Bordellmutter" L ab Sommer 1988 für möglich und aus dem Rechenwerk nicht widerlegbar erachtet. Die belangte Behörde beurteile aber die im Gerichtsverfahren gegen Alfred W konsequent aufgestellte Behauptung, die Mädchen hätten weder Schutzgelder noch Getränkeumsätze abzuliefern gehabt, als zum gesicherten Erfahrungsgut mit Bordellbetrieben dieser Art (verdeckte Zuhälterei; die "Wirtschafter" handeln nicht bloß als Hausverwalter zum Mieteninkasso) und zum hier beurteilten Sachverhalt in eklatantem Widerspruch stehend. Auch das einschüchternde Auftreten der GmbH-Verantwortlichen bzw. Machthaber während der Betriebsprüfung spreche gegen deren bloße Vermietungstätigkeit; es sei ferner die Vorlage der Kassabücher und Kassastandsaufzeichnungen verweigert worden. Die Berufung des Beschwerdeführers erweise sich somit für 1987 und 1988, insoweit sie sich gegen die Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen nur grundsätzlich wende, "ohne den Hintergrund seiner allenfalls einzelunternehmerisch oder in der Form einer Personengesellschaft entfalteten Tätigkeit als Beschützer offen zu legen", als unbegründet. Für 1987 und 1988 erfolge die Schätzung wie für 1986 (verdeckte Gewinnausschüttung jeweils 360.000 S). Die für 1989 vorgenommene Erhöhung des geschätzten Betrages an verdeckten Gewinnausschüttungen sei dem Beschwerdeführer zwar vorgehalten und von diesem nicht erwidert worden. Dennoch erscheine der belangten Behörde im Hinblick auf das Ergebnis der Befundaufnahme des Sachverständigen Mag. Z und den ab 1988 erheblich gestörten und sukzessive in andere "Vermietungs"-GmbHs verlagerten Bordellbetrieb ein "verdeckter Betriebserfolg 1989" durch keine materiellen Anhaltspunkte erhärtet. Für 1989 sei daher nicht mehr vom Vorliegen verdeckter Ausschüttungen an die Gesellschafter der M GmbH auszugehen. Die verdeckten Mehrgewinne 1984 bis Mai 1985 seien ebenfalls nicht dem Beschwerdeführer und seinen Partnern zuzurechnen gewesen.
Zur "Vermietung und Verpachtung" hielt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid fest, die Annahme eines selbstständigen Vermietungsbetriebes des Beschwerdeführers vor 1989 ("gemeint: ein bordellähnlicher Betrieb") erscheine der belangten Behörde durch keine konkreten Beweisumstände begründet. In Ansehung der Schätzung der Vermietungsentgelte und Vermietungseinkünfte 1989 in Anlehnung an die Umsatzgrößen des Jahres 1990 sei das Finanzamt allerdings nicht ohne substanziellen Anhaltspunkt (ausgehend von der einschlägigen Tätigkeit des Beschwerdeführers als Bordellwirtschafter) gewesen. Zu den Vorhalten habe es der Beschwerdeführer auch hier vorgezogen, untätig zu bleiben (angesichts der Erklärungsziffern für 1989 habe der Beschwerdeführer wohl über entsprechende Unterlagen verfügen müssen). Die Folgen seiner Nichtmitwirkung habe der Beschwerdeführer selbst zu tragen (das anhand des Durchschnitts von zwei Monatsvoranmeldungen für 1990 geschätzte Umsatz- und Betriebsergebnis 1989 erscheine weder unschlüssig noch mit dem menschlichen Erfahrungsgut in logischem Widerspruch stehend; trotz fehlenden Nachweises seien Werbungskosten in Höhe von knapp 50 % der Einnahmen anerkannt worden). Allerdings erscheine es der belangten Behörde nicht vertretbar, die steuerpflichtigen Mietentgelte über die für Vorjahre - wenn auch dort zu Unrecht - angenommenen und für 1990 erklärten Werte hinaus zu erhöhen, weil auch darin ein pönales Element enthalten sei, welches dem Wesen einer Schätzung nach § 184 BAO widerspreche. Betreffend des Steuersatzes von 20 % habe der Beschwerdeführer keine für eine Ermäßigung auf 10 % tauglichen Anhaltspunkte geliefert. Da auch hier ein Bordellbetrieb vorliegen dürfte, sei der ermäßigte Steuersatz nicht anzuwenden gewesen. Die Schätzung von Vermietungseinkünften und umsatzsteuerpflichtigen Mietentgelten habe daher im Ergebnis für die Jahre 1984 bis 1988 zu entfallen gehabt, jene für 1989 sei nach unten (Gesamtbetrag der steuerpflichtigen Entgelte 600.000 S, Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung 300.000 S) zu korrigieren gewesen.
In der Beschwerde erachtet sich der Beschwerdeführer, "soweit Umsatzsteuer und Einkommensteuer festgesetzt und vorgeschrieben wurden, in seinem Recht verletzt, nicht zur Entrichtung von Umsatzsteuer und Einkommensteuer verhalten zu werden, da er in den veranlagten Jahren keinen Umsatz getätigt und auch kein steuerpflichtiges Einkommen bezogen hat".
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die bei der Gewinnermittlung einer Kapitalgesellschaft unter dem Titel verdeckte Gewinnausschüttung zugerechneten Mehrgewinne, die im Betriebsvermögen der Gesellschaft keinen Niederschlag gefunden haben, sind in der Regel nach Maßgabe der Beteiligungsverhältnisse als den Gesellschaftern zugeflossen zu werten (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. April 1995, 93/15/0060, mwN). Die Abgabenbehörde trägt zwar die Feststellungslast für alle Tatsachen, die vorliegen müssen, um einen Abgabenanspruch geltend machen zu können, doch befreit dies die Partei nicht von ihrer Offenlegungs- und Mitwirkungspflicht im Sinn des § 119 BAO. In dem Ausmaß, in dem die Partei zur Mitwirkung ungeachtet ihrer Verpflichtung hiezu nicht bereit ist oder eine solche unterlässt, tritt die Verpflichtung der Behörde, den Sachverhalt nach allen Richtungen über das von ihr als erwiesen erkannte Maß hinaus zu prüfen, zurück (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. September 1998, 94/13/0099, und vom 28. Jänner 1998, 95/13/0069).
Im Beschwerdefall war das Verwaltungsverfahren dadurch geprägt, dass der Beschwerdeführer an ihn gerichtete Vorhalte unbeantwortet ließ, in Berufungen nur knappe Bestreitungen der behördlichen Annahmen vortrug und selbst für das Jahr 1989 - ohnedies auch erst im Berufungswege - beigebrachte Steuererklärungen nur bloßes Zahlenmaterial enthielten. Besonders fällt ins Gewicht, dass der Beschwerdeführer auch jenem Vorhalt des Finanzamtes vom 6. Mai 1991 nicht entgegentrat, in dem ihm die Ermittlungsgrundlagen der bei der M GmbH durchgeführten abgabenbehördlichen Prüfung (samt einer Stellungnahme des Prüfers zum Berufungsverfahren dieser Gesellschaft) zur Kenntnis gebracht wurden. Diesen Unterlagen ist durchaus in schlüssiger Form die Ermittlung der als verdeckte Gewinnausschüttung gewerteten Mehrergebnisse (resultierend aus von den Prostituierten zusammen mit den "Mietentgelten" in eine gemeinsame Kassa abgeführten Beträge für konsumierte Getränke) zu entnehmen. Die Schätzungsbefugnis bei der M GmbH war schon in Hinblick auf die Nichtvorlage von Aufzeichnungen über die erwähnte Kassa zweifellos gegeben. Die Treugeberstellung u.a. des Beschwerdeführers, die außerdem durch die im angefochtenen Bescheid wiedergegebene Vorhaltsbeantwortung des Treuhänders Dr. F plausibel erklärt wird, ist ebenfalls im erwähnten Betriebsprüfungsbericht (unter Tz. 2) dargestellt.
Es kann damit entgegen den Beschwerdeausführungen keine Rede davon sein, die belangte Behörde, die sich auch mit den übrigen ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen (so insbesondere einem Gerichtsgutachten des Dr. Z) auseinander gesetzt hat, habe es bei ihrer Beurteilung bei "reinen Vermutungen" bewenden lassen. Der Beschwerdeführer irrt, wenn er unter dem Titel einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides vorträgt, bei der in der Haftungsfrage (ohnedies nur) hinsichtlich der Zurechnung stattgebenden Berufungsvorentscheidung des Finanzamtes für Körperschaften handle es sich um eine die Einkommensteuerveranlagung bindende Vorfrage. Wie das Finanzamt zutreffend im Vorhalt vom 6. Mai 1991 festhielt, besteht nämlich hinsichtlich bei einer GmbH festgestellten verdeckten Gewinnausschüttung keine Bindungswirkung für das Einkommensteuerverfahren (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. April 1995, 92/13/0112). Dass das Schreiben Dris. F betreffend seine Treuhänderstellung vom 8. April 1993 dem Finanzamt für Körperschaften vor Erlassung der Berufungsvorentscheidung hinsichtlich der Kapitalertragsteuerhaftung vorgelegen wäre, entspricht zudem nicht der Aktenlage (die Berufungsvorentscheidung datiert vom 13. Jänner 1993 und Dr. F nahm mit seinem Schriftsatz gerade zur deshalb nunmehr an ihn gerichteten Zurechnung Stellung). Die Beschwerde lässt offen, warum der Beschwerdeführer daran gehindert gewesen wäre, eine Einvernahme des Dr. F zu beantragen. Die belangte Behörde war aufgrund der Verfahrensergebnisse nicht gehalten, Dr. F "aufzufordern, die entsprechenden Unterlagen vorzulegen, aus denen sich allenfalls die Stellung des Beschwerdeführers als Treugeber hätte ergeben können".
Die Beschwerde macht geltend, "dass die Strafgerichte in allen geführten Verfahren, welche entweder eingestellt wurden oder mit Freispruch endeten, zu dem Schluss kamen, dass verdeckte Gewinnausschüttungen jedenfalls nicht dem hier Beschwerdeführenden zuzurechnen seien". Hinsichtlich des zu den §§ 15 iVm 75 StGB gegen den Beschwerdeführer geführten (und eingestellten) Strafverfahrens ist dazu aber in keiner Weise eine Relevanz in Bezug auf die in Rede stehende Zurechnung verdeckter Gewinnausschüttungen erkennbar. Eine Bindung der Abgabenbehörden an freisprechende Urteile eines Strafgerichtes besteht schon wegen der anders gearteten Beweisregeln nicht (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. September 1998, 96/15/0255), abgesehen davon könnte das freisprechende Strafurteil vom 15. November 1995 betreffend Alfred W auch wegen mangelnder Parteienidentität keine Bindungswirkung entfalten. Warum das Unterlassen von Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach eine Fremdmittelaufnahme zum Liegenschaftserwerb der M GmbH schon vor der angeblichen Treugeberstellung des Beschwerdeführers erfolgt sei (daher ein "allfälliger Gebahrungsüberschuss den Voreigentümern und Machthabern" zuzurechnen sei), in Bezug auf die durch nicht erklärte Getränkeumsätze der M GmbH in den Jahren 1985 bis 1988 angenommenen verdeckten Gewinnausschüttungen wesentlich sein könnte, macht die Beschwerde nicht einsichtig. Die weitgehend auch unkonkret bleibende Beschwerde zeigt damit insgesamt keine Rechtswidrigkeit betreffend die Zurechnung verdeckter Gewinnausschüttungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen beim Beschwerdeführer in den Jahren 1985 bis 1988 auf.
Zu den für das Jahr 1989 angesetzten Umsätzen und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung bringt der Beschwerdeführer lediglich vor, es sei "unerklärlich", wie die Behörde zu einem Steuersatz von 20 % komme. Auch in diesem Punkt kann der Beschwerde nicht gefolgt werden. Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass eine Vermietung in der Art eines Bordellbetriebes vorliege und deshalb eine Steuersatzbegünstigung nicht in Betracht komme (in den zur Schätzung herangezogenen Umsatzsteuervoranmeldungen des Beschwerdeführers für Juni und November 1990 werden im Übrigen die Umsätze von rd. 40.000 bzw. 65.000 S auch dem Normalsteuersatz unterzogen). Mit der Beschwerdebehauptung, bei begründeter Annahme einer Überlassung von beweglichen Sachen sei jedenfalls ein Steuersatz von 10 % zugrunde zu legen, wird eine Steuersatzbegünstigung etwa nach § 10 Abs. 2 Z 5 UStG 1972 (Vermietung und Verpachtung von Grundstücken) nicht tauglich angesprochen. Ob die belangte Behörde es unterlassen hat, anzugeben, welches Objekt vermietet worden sei, ist nicht wesentlich, zumal die Steuererklärungen 1989 des Beschwerdeführers selbst diesbezüglich keine Angaben enthalten.
Die Beschwerde war somit insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl Nr. 416/1994.
Wien, am 22. März 2000
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Bindung der Verwaltungsbehörden an gerichtliche Entscheidungen VwRallg9/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2000:1997130173.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
29.11.2016