Entscheidungsdatum
16.04.2018Norm
ASVG §113 Abs1 Z1Spruch
W209 2167498-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Reinhard SEITZ als Einzelrichter über die Beschwerde der XXXX GmbH, XXXX, XXXX, gegen den Bescheid der Wiener Gebietskrankenkasse vom 03.07.2017, GZ: VA-VR 18148660/17-Gse, betreffend Vorschreibung eines Beitragszuschlages gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG in Höhe von € 400,00 wegen vor Arbeitsantritt unterlassener Anmeldung der Dienstnehmer XXXX, VSNR XXXX, und XXXX, VSNR XXXX, zur Pflichtversicherung nach Beschwerdevorentscheidung vom 01.08.2017 zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Mit beschwerdegegenständlichem Bescheid vom 03.07.2017 schrieb die Wiener Gebietskrankenkasse (im Folgenden die belangte Behörde) der beschwerdeführenden Partei gemäß § 113 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG einen Beitragszuschlag in Höhe von € 400 vor, weil sie es unterlassen habe, die Dienstnehmer XXXX, VSNR XXXX, und XXXX, VSNR
XXXX vor Arbeitsantritt zur Pflichtversicherung zu melden. Begründend führte die belangte Behörde aus, dass im Rahmen einer am 02.06.2011 um 11.00 Uhr auf einer Baustelle der Beschwerdeführerin durchgeführten Kontrolle der Finanzpolizei festgestellt worden sei, dass für die oben angeführten Dienstnehmer die Anmeldung vor Arbeitsantritt nicht erstatten worden sei. Die Anmeldungen seien erst nach der Kontrolle um 13.43 Uhr bzw. 13.47 Uhr per ELDA übermittelt worden. Der Tatbestand der Betretung sei daher zweifelsfrei gegeben. Im gegenständlichen Fall liege eine erstmalige verspätete Anmeldung mit unbedeutenden Folgen vor, weshalb von der Verhängung des Teilbetrages für die gesonderte Prüfung abgesehen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz auf € 400,00 herabgesetzt worden sei.
2. Mit Schriftsatz vom 07.07.2017 erhob die Beschwerdeführerin gegen den oben angeführten Bescheid binnen offener Rechtsmittelfrist Beschwerde, die damit begründet wird, dass die Betretenen nur für eine kurze Begehung/Besprechung bzw. Vorplanung der Einsatzpläne auf der Baustelle gewesen seien, aber nicht gearbeitet hätten. Die Personenblätter seien falsch ausgefüllt worden, da die Fragebögen nicht verständlich gewesen seien. Darüber hinaus seien die Betretenen zur Tatzeit bei einer slowenischen Firma angemeldet gewesen. Die Anmeldungen durch die Buchhaltung seien fehlerhaft erfolgt.
3. Mit Beschwerdevorentscheidung vom 01.08.2017 wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde nach Widergabe der anzuwendenden Rechtsvorschriften aus, die Betretenen seien zumindest im Zeitpunkt der Kontrolle arbeitend angetroffen worden. Die Personalblätter seien in der Landessprache aufgelegen. Schließlich sei auch eine rückwirkende Anmeldung mit 01.06.2017 erfolgt. Diese habe bis 22.06.2017 bestanden. Eine mehrfache Beschäftigung sei ebenfalls durchaus möglich. Das Beschwerdevorbringen sei daher nicht nachvollziehbar, weswegen die Beschwerde abzuweisen sei.
4. Am 08.08.2017 erstattete die Beschwerdeführerin einen Vorlageantrag, in dem ergänzend vorbracht wurde, dass die Betretenen im Personalblatt angegeben hätten, Mitarbeiter der XXXX d.o.o. zu sein.
5. Am 14.08.2017 einlangend legte die belangte Behörde die Beschwerde samt den Bezug habenden Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Der Entscheidung wird folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt:
Bei einer Kontrolle durch Organe der Finanzpolizei vom 03.07.2017 um 11:00 Uhr auf einer Baustelle der Beschwerdeführerin wurden die serbischen Staatangehörigen XXXX, VSNR XXXX, und XXXX, VSNR XXXX, in Arbeitskleidung beim Fliesenlegen angetroffen, ohne vor Arbeitsantritt dem zuständigen Krankenversicherungsträger gemeldet worden zu sein.
Während der noch laufenden Kontrolle um 13.43 Uhr bzw. 13.47 Uhr wurden die Betretenen per ELDA durch den Buchhalter der Beschwerdeführerin rückwirkend mit 01.06.2017 zu Pflichtversicherung gemeldet und am 22.06.2018 wieder abgemeldet.
Im bei der Kontrolle von den Betretenen ausgefüllten Personalblatt gab XXXX an, für die Fa. XXXX d.o.o. mit Sitz in Slowenien tätig gewesen zu sein, seine Arbeitsanweisungen aber vom Geschäftsführer ("Chef") der Beschwerdeführerin erhalten zu haben. XXXX gab sowohl an, für die Beschwerdeführerin gearbeitet als auch Arbeitsanweisungen vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erhalten zu haben.
Es handelt sich um den ersten gleichartigen Meldeverstoß der Beschwerdeführerin.
2. Beweiswürdigung:
Die Betretung (iSd § 111a ASVG) unter den o.a. Umständen sowie die Erstmaligkeit des Meldeverstoßes stehen auf Grund der Aktenlage als unstrittig fest. Dasselbe gilt auch für die Angaben der Betretenen im Personalblatt, deren Richtigkeit allerdings von der beschwerdeführenden Partei teilweise bestritten wird.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 414 Abs. 1 ASVG kann gegen Bescheide der Versicherungsträger in Verwaltungssachen Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben werden.
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch einen Senat vorgesehen ist. Gemäß § 414 Abs. 2 ASVG entscheidet in Angelegenheiten nach § 410 Abs. 1 Z 1, 2 und 6 bis 9 ASVG das Bundesverwaltungsgericht auf Antrag einer Partei durch einen Senat; dies gilt auch für Verfahren, in denen die zitierten Angelegenheiten als Vorfragen zu beurteilen sind.
Im vorliegenden Fall stellt die Frage der Versicherungspflicht eine Vorfrage dar und liegt somit eine Angelegenheit vor, die auf Antrag eine Senatszuständigkeit unter Beteiligung fachkundiger Laienrichter begründet. Mangels Stellung eines entsprechenden Antrages hat die Entscheidung jedoch mittels Einzelrichter zu erfolgen.
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I 2013/33 idF BGBl. I 2013/122, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Zu A)
Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach dem ASVG in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Gemäß § 33 Abs. 1a ASVG kann der Dienstgeber die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
Gemäß § 113 Abs. 1 ASVG können unter anderem Dienstgebern Beitragszuschläge vorgeschrieben werden, wenn
1. die Anmeldung zur Pflichtversicherung nicht vor Arbeitsantritt erstattet wurde oder
2. die vollständige Anmeldung zur Pflichtversicherung nach § 33 Abs. 1a Z 2 nicht oder verspätet erstattet wurde oder
3. das Entgelt nicht oder verspätet gemeldet wurde oder
4. ein zu niedriges Entgelt gemeldet wurde.
Der Beitragszuschlag setzt sich gemäß § 113 Abs. 2 ASVG im Fall des Abs. 1 Z 1 nach einer unmittelbaren Betretung im Sinne des § 111a aus zwei Teilbeträgen zusammen, mit denen die Kosten für die gesonderte Bearbeitung und für den Prüfeinsatz pauschal abgegolten werden. Der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung beläuft sich auf € 500,00 je nicht vor Arbeitsantritt angemeldeter Person; der Teilbetrag für den Prüfeinsatz beläuft sich auf € 800,00. Bei erstmaliger verspäteter Anmeldung mit unbedeutenden Folgen kann der Teilbetrag für die gesonderte Bearbeitung entfallen und der Teilbetrag für den Prüfeinsatz bis auf € 400,00 herabgesetzt werden. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann auch der Teilbetrag für den Prüfeinsatz entfallen.
Fallbezogen ergibt sich daraus Folgendes:
Im vorliegenden Beschwerdeverfahren ist als Vorfrage zu klären, ob eine gemäß § 33 ASVG meldepflichtige Beschäftigung der Betretenen vorlag und die Beschwerdeführerin als Dienstgeberin verpflichtet gewesen wäre, diese vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden.
Wenn jemand bei der Erbringung von Dienstleistungen arbeitend unter solchen Umständen angetroffen wird, die nach der Lebenserfahrung üblicherweise auf ein Dienstverhältnis hindeuten, dann ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinne auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen. Durfte die Behörde von einem solchen Dienstverhältnis ausgehen, dann ergibt sich der Entgeltanspruch - sofern dieser nicht ohnehin in Kollektivverträgen oder Mindestlohntarifen geregelt ist - im Zweifel aus § 1152 ABGB (vgl. VwGH 27.04.2011, 2010/08/0091, hinsichtlich der Tätigkeit einer Kellnerin in einem Gastwirtschaftsbetrieb).
Die Betretenen wurden im Zuge einer Kontrolle durch die Finanzpolizei auf einer Baustelle der Beschwerdeführerin in Arbeitskleidung beim Fliesenlegen angetroffen. Dabei handelt es sich zweifellos um eine Tätigkeit unter solchen Umständen, die im Sinne der oben angeführten Rechtsprechung die Annahme eines entgeltlichen Dienstverhältnisses rechtfertigen, sofern nicht atypische Umstände gegen eine solche Deutung sprechen.
Die Beschwerde macht geltend, die Betretenen seien bei der Fa. XXXX d. o.o mit Betriebssitz in Slowenien beschäftigt gewesen. Abgesehen von diesem Vorbringen, das zudem zumindest mit den Angaben eines der Betretenen im Widerspruch steht, liegen jedoch gegenständlich keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Beschäftigung zur Fa. XXXX d. o.o vor.
So wurden im Rahmen der Kontrolle weder entsprechende A1-Bescheinigungen des slowenischen Sozialversicherungsträgers, obwohl diese an der Baustelle bereitzuhalten gewesen wären, noch EU-Entsendebestätigungen (gem. § 18 Abs. 12 AuslBG), die für die Beschäftigung (Inanspruchnahme der Leistungen) der Betretenen (als serbische Staatsangehörige) erforderlich gewesen wären, vorgewiesen.
Auch die Angaben der Beschwerdeführerin, die rückwirkende Anmeldung mit 01.06.2017 sei irrtümlich erfolgt, erscheinen nicht nachvollziehbar, zumal die Pflichtversicherung im beschwerdegegenständlichen Zeitpunkt bis dato nicht storniert wurde und die Betretenen übereinstimmend angaben, ihre Arbeitsanweisungen vom Geschäftsführer der Beschwerdeführerin erhalten zu haben. Der Fragebogen war zweisprachig verfasst und bot - insbesondere was die Frage nach der Person anlangt, von der die Betretenen Arbeitsanweisungen erhalten haben - auch keine missverständliche Deutungsmöglichkeit.
Damit wurden keine atypischen Umstände aufgezeigt, die gegen die Annahme entgeltlicher Dienstverhältnisse zur Beschwerdeführerin sprechen, weswegen die belangte Behörde zu Recht vom Bestehen meldepflichtiger Dienstverhältnisse ausgegangen ist.
Soweit die Beschwerde releviert, eine mehrmalige Bestrafung für ein und denselben Sachverhalt sei unzulässig, ist ihr entgegenzuhalten, dass die Vorschreibung eines Beitragszuschlages keine Strafe darstellt und daher der Einwand des Doppelbestrafungsverbotes schon aus diesem Grund nicht verfängt.
Die Höhe des Beitragszuschlages wurde nicht bestritten, weswegen sich Ausführungen dazu erübrigen.
Somit erweist sich die Beschwerde mangels Darlegung atypischer Umstände, die gegen die Annahme meldepflichtiger Dienstverhältnisse sprechen, als unbegründet, weswegen sich im Lichte der o.a. Judikatur eine nähere Untersuchung, allenfalls auch in Form der Vernehmung der Parteien und von Zeugen im Rahmen einer mündlichen Verhandlung, erübrigt.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Schlagworte
Beitragszuschlag, MeldeverstoßEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W209.2167498.1.00Zuletzt aktualisiert am
02.05.2018