Entscheidungsdatum
16.04.2018Norm
AsylG 2005 §9 Abs1Spruch
W182 1263536-4/3E
BESCHLUSS
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER als Einzelrichter über die Beschwerde vonXXXX, geb. XXXX, StA. Russische Föderation, vertreten durchXXXX, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 27.02.2018, Zl. XXXX, beschlossen:
A) Der Beschwerde wird gemäß § 18 Abs. 5 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I. Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 (B-VG), nicht zulässig.
Text
BEGRÜNDUNG:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der zum damaligen Zeitpunkt 9-jährige Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger der Russischen Föderation und Angehöriger der tschetschenischen Volksgruppe aus der Republik Tschetschenien, reiste gemeinsam mit seinen Eltern und Geschwistern im Juli 2005 illegal ins Bundesgebiet ein, wobei für ihn durch seine gesetzliche Vertretung am 04.07.2005 ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wurde. Der Antrag wurde im Wesentlichen mit den individuellen Fluchtgründen des Vaters des BF begründet.
Das Bundesasylamt wies mit Bescheid vom 22.11.2005, Zl. 05 09.776-BAG, den Asylantrag des BF gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBL. I Nr. 101/2003 ab, erklärte seine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung "nach Russland" gemäß § 8 Abs. 1 AsylG für zulässig und wies ihn gemäß § 8 Abs. 2 AsylG dorthin aus. Begründend ging das Bundesasylamt im Wesentlichen von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Vaters des BF aus.
Die dagegen erhobene Berufung wurde nach einer Verhandlung am 30.10.2006 mit Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 07.11.2006, Zl. 263.536/2-III/07/05, gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG), BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBL. I Nr. 101/2003 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wurde festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des BF nach Russland nicht zulässig sei, wobei ihm eine befristete Aufenthaltsberechtigung bis zum 07.11.2007 erteilt wurde (Spruchpunkt II. und III.).
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 07.10.2010, Zlen 2007/20/0456 -0461-6, wurde der hinsichtlich Spruchpunkt I. angefochtene Bescheid vom 07.11.2006 in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
In einer öffentlich mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof am 25.01.2011 wurde für den damals immer noch minderjährigen BF seitens seiner gesetzlichen Vertretung die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesasylamtes vom 22.11.2005, Zl. 05 09.776-BAG, zurückgezogen, welcher sohin rechtskräftig wurde.
1.2. Mit dem nunmehr angefochtenen, oben angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: Bundesamt) wurde der dem BF mit Erkenntnis vom 07.11.2006, Zahl 263.536/2-III/07/05, zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 9 Absatz 1 Asylgesetz 2005, BGBl I Nr. 100/2005 (AsylG) idgF, von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt I.), dem BF die ihm mit Erkenntnis vom 07.11.2006, Zahl 263.536/2-III/07/05, erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 9 Absatz 4 AsylG entzogen (Spruchpunkt II.), ihm ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Absatz 1 Ziffer 5 AsylG iVm § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 (BFA-VG) idgF, gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Absatz 2 Ziffer 4 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr 100/2005 (FPG) idgF, erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Absatz 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF gemäß § 46 FPG in die Russische Föderation zulässig ist (Spruchpunkt V.), einer Beschwerde gegen diese Entscheidung gemäß § 18 Absatz 1 Ziffer 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. Nr. 87/2012, (BFA-VG) idgF, die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt IV.) und gemäß § 55 Absatz 4 FPG eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt VII.) sowie gemäß § 53 Absatz 1 iVm Absatz 3 Ziffer 1 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 (FPG) idgF, ein auf 6 Jahre befristetes Einreiseverbot gegen den BF erlassen (Spruchpunkt VIII.). Begründend wurde ausgeführt, dass sich die Lage in der Russischen Föderation, vor allem in Bezug auf Tschetschenien nicht mehr so darstelle, dass dies zu Gewährung von subsidiärem Schutz führen würde, weshalb dem BF bereits aus diesem Grund der Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuerkennen gewesen sei. Außerdem habe er den Tatbestand gem. § 9 Abs. 2 Z 2 AsylG 2005 erfüllt, indem er mehrmals straffällig geworden und zu Freiheitsstrafen von insgesamt 3 Jahren und 4 Monaten verurteilt worden sei. Gem. § 9 Abs. 4 AsylG sei die Aberkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten mit dem Entzug der Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter zu verbinden gewesen. Die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 lägen nicht vor, eine Rückkehrentscheidung wurden nach § 9 Abs. 1-3 BFA-VG und seine Abschiebung gemäß § 46 FPG als zulässig erachtet. Gemäß § 18 BFA-VG stelle sein Verbleib in Österreich eine gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar und sei seine sofortige Ausreise erforderlich. Gem. § 55 Abs. 4 FPG habe das BFA von der Festlegung einer Frist für die freiwillige Ausreise abzusehen, wenn die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 BFA-VG aberkannt werde, was der Fall sei. Schließlich sei gegen den BF gemäß § 53 Abs. 3 Z 1 FPG ein Einreiseverbot zu verhängen gewesen.
Gegen diese Entscheidung erhob der BF durch seinen anwaltlichen Vertreter fristgerecht Beschwerde und machte darin die Verletzung von Rechten im Sinne des Art. 3 und Art. 8 EMRK geltend.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I 2013/33 idgF, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.
Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung - BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes - AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 - DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl I Nr. 10/2013 idgF, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Eine derartige Regelung wird in den einschlägigen Normen (VwGVG, BFA-VG, AsylG) nicht getroffen und es liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 31 Abs. 1 VwGVG erfolgen die Entscheidungen und Anordnungen durch Beschluss, soweit nicht ein Erkenntnis zu fällen ist.
Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.
Die Entscheidung über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist nicht als Entscheidung in der Sache selbst zu werten; vielmehr handelt es sich dabei um eine der Sachentscheidung vorgelagerte (einstweilige) Verfügung, die nicht geeignet ist, den Ausgang des Verfahrens vorwegzunehmen. Es ist in diesem Zusammenhang daher lediglich darauf abzustellen, ob es - im Sinne einer Grobprüfung - von vornherein ausgeschlossen erscheint, dass die Angaben des BF als "vertretbare Behauptungen" zu qualifizieren sind, die in den Schutzbereich der hier relevanten Bestimmungen der EMRK reichen.
Im vorliegenden Fall kann eine Entscheidung über die dem Bundesverwaltungsgericht vorliegende Beschwerde innerhalb der relativ kurzen Frist des § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht getroffen werden. Die BF machte ein reales Risiko einer Verletzung der hier zu berücksichtigenden Konventionsbestimmungen (Art. 3 und 8 EMRK) geltend. Bei einer Grobprüfung dieses Vorbringens kann nicht ausgeschlossen werden, dass es sich dabei um "vertretbare Behauptungen" handelt, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt hinsichtlich der behaupteten individuellen Situation der BF im Herkunftsland in Zusammenschau mit der im Bescheid vorgenommenen Beweiswürdigung und den in der Beschwerdeschrift dagegen gerichteten Argumenten nicht in ausreichender Weise geklärt erscheint (vgl. etwa VwGH 08.09.2015, Zl. Ra 2015/18/0090).
Daher war der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Schlagworte
aufschiebende WirkungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2018:W182.1263536.4.00Zuletzt aktualisiert am
02.05.2018